
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Mit Wawa und Wutz wird Urmel gerettet
Max Kruse, dessen Mutter wir die Käthe Kruse Puppen verdanken, hat für lesende Kinder und vorlesende Eltern die wunderbar vorwitzige Figur eines aufgetauten eiszeitlichen Urmel geschaffen, für Professor Tibatong, der auf der Insel Titiwu Tieren das Sprechen beibringt, das entscheidende Bindeglied in der Entwicklung vom Saurier zum Säugetier. Urmel, das in elf Büchern die Welt und den Weltraum kennen lernt, gehört neben Jim Knopf und Pumuckl zu den Klassikern deutscher Kinderbuchliteratur. Geadelt wurde Urmel durch eine frühe Aufführung der Augsburger Puppenkiste (1969) und seit August 2006 auch durch einen computeranimierten Zeichentrickfilm. Das Spiel zum Film hat kein geringer als der Autor und Verleger Klaus Zoch entwickelt, Huch & Friends hat es für drei bis sechs Urmelfreunde ab fünf Jahren mit den entsprechenden Filmmotiven produziert. Ein Merchandisingprodukt also, aber keins von der Wegwerfsorte.
Im Buch wie im Film jagt König Pumponell von Pumpolonien das Saurier-Findelkind Urmel. Daraus entwickelt Klaus Zoch für URMEL AUS DEM EIS zwei Spielziele: Urmel muss gerettet oder gefangen werden. Ein Spieler übernimmt die Rolle des Großwildjägers Pumponell, der auf dem äußersten Lauffeld einer aus 36 Einzelfeldern flexibel auslegbaren Wegstrecke startet. Vier Felder vor ihm starten die Freunde Urmels, Wawa, der Waran, Seele-Fant, der immer traurige Lieder singt, das reinliche Hausmütterchen Wutz, der Pinguin Ping und Schusch, der Schuhschnabel. Jeder Spieler muss außerdem noch einen der Diener Pumponells übernehmen und bekommt als letzten Notanker eine Bananenschale. Urmel spielt natürlich auch mit, er wird aber keinem einzelnen Spieler zugeordnet, sondern von allen Spielern gezogen. Vorwärts geht es mit einem Würfel. Zuerst würfeln Urmels Freunde, wobei Urmel stets auf das vorderste Feld der Figuren gezogen wird. Dann folgt der König, der die Ausreißer einholen möchte. Erwischt er einen der Freunde, muss Pumponell auf diesem Feld stehen bleiben. Der Gefangene wird aus dem Spiel genommen und durch einen Diener ersetzt. Der Spieler wechselt damit seine Rolle vom Helfer Urmels zum Unterstützer des Königs. Aufhalten können den König nur die Bananenschalen, von denen die Freunde aber nur jeweils eine besitzen. Kommt diese zum Einsatz, muss der König in dieser Runde aussetzen. Der Spieler, der die Bananenschale gespielt hat, darf ein zweites Mal würfeln. So gestärkt und so vorankommend, gäbe es wahrscheinlich immer nur einen Sieger, das Urmel und einen seiner Freunde, der den kleinen Saurier auf das Zielfeld bringt. Damit es spannender wird, appelliert der Autor aber an die Solidarität der Tierfreunde. Vor jeder neuen Runde starten das Urmel und alle noch nicht gefangenen Tiere immer vom Feld des langsamsten Freundes aus. Damit haben auch der König und seine Diener gute Chancen, das Spiel zu gewinnen und Urmel vor dem Erreichen des 36. Feldes zu stellen. Das ist zwar schade und nicht so versöhnlich wie im Buch und Film, aber vielleicht startet Pumponell dann ebenfalls mit dem kleinen Saurier zu einem Hubschrauberrundflug um die Insel.
Die Wegekarten sind groß und stabil, die Spielfiguren aus Pappe wandern leider in nicht ausrottbaren Plastikfüßen über die Wegstrecke. Es wird zwar „nur“ gewürfelt, aber für die Kinder reicht das zur Spielspannung. Atmosphärisch lebt das Spiel URMEL AUS DEM EIS vom Gruppengeist der Verfolgten und Verfolger. Deshalb macht das Spiel in großer Besetzung auch deutlich mehr Spaß als zu dritt. Am Anfang sind die Kinder noch auf der Seite Urmels und blicken gespannt auf den Verfolger zurück und Schwubdiwup müssen sie das Lager wechseln. Auch wenn es nicht leicht fällt, das liebenswerte Urmel zu verlassen, sie können nun trotzdem noch gewinnen, indem nun ihre Jagdinstinkte wach werden.
URMEL AUS DEM EIS ist nicht nur für Freunde des Films ein vergnügliches Laufspiel, für die ist der Wiedererkennungswert groß und für alle anderen vielleicht ein Anlass, Kruses Buch zum Vorlesen oder selbst Lesen hervorzuholen. Freuen Sie sich mit Ihren Kindern über Wawas „Mupfel“ und das „Öff öff“ von Wutz, großes Lesevergnügen ist garantiert, mit dem das Spielvergnügen fast mithalten kann.
Titel: URMEL AUS DEM EIS
Verlag : Huch
Autor : Klaus Zoch
Illustration: Oliver Fischer
Spieleranzahl : 3-6
Alter : ab 5 Jahren
Dauer : ca. 15 Min.
Preis: ca. 20 €
Spiel 25/2007 R192/2021 Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder

Zum Spiel und zum Autor:
Klaus Zoch und Albrecht Werstein, die den Zoch Verlag 1987 für den BAUSACK gegründet haben, sind Schulfreunde. Während ihres gemeinsamen Schulbesuches in der Schwarzwaldgemeinde Hornberg hatten sie Mitte der 60er Jahre schon komplexe Spielsysteme entwickelt. Von der Steinzeit bis ins Raumfahrtzeitalter spielte ihr frühes CIVILIZATION, den Spielplan gab ein Diercke-Weltatlas her.
Zoch, gescheiterter Physikstudent, Werstein, Jurist, gingen eine kreative und organisatorische Symbiose ein: Der Handwerker, Designer und häufige Ideengeber Klaus Zoch, der Redakteur, Organisator, Mann für die Vertragswerke, Albrecht Werstein.
1988 landete BAUSACK auf der AWL der Jury. Danach ging es aber nur zögerlich weiter, eine Lizenzvergabe vom BAUSACK an MB hielt sie über Wasser. Die Teamarbeit der beiden als Autoren des Spiels SCHEHERAZADE überzeugte nicht so ganz, auch die gar nicht so schlechte Kartenspiel-Reminiszenz an ihren Geburtsort Hornberg und DAS HORNBERGER SCHIESSEN stieß auf nicht allzu viel Gegenliebe.
Die Wende und der Erfolg kamen mit der Rückwendung zu Holzprodukten und Kinderspielen. AZTEC (Sonderpreis Schönes Spiel, 1997) und BAMBOLEO (1997) überzeugten. Mit ZICKE ZACKE HÜHNERKACKE gewannen sie den Sonderpreis Kinderspiel 1998. Es folgten Siege mit VILLA PALETTI (2002), NIAGARA (2005), DA IST DER WURM DRIN (2011) und SPINDERELLA (2015). 2010 hat Simba Zoch übernommen, als Marke jedoch weitergeführt.
2004 war Klaus Zoch an der Gründung von HUCH & friends beteiligt. Hier erschien 2006 das URMEL-Spiel, das von der Kritik kaum beachtet wurde. Auf BGG gibt es gerade einmal vier Wertungen, die zu einer schlechten 4,0 führen (Stand 30.10.21).
Klaus Zoch ist auf einer Aufnahme in Göttingen von 2008 zu sehen.