Dienstag, 28. Februar 2017
LUCKY LACHS
Irgendwie ist alles schräg an diesem Spiel. Wann hatten wir schon mal ein Fischetui als Verpackung? Wann begeisterten wir uns für ein Spiel, das gerade einmal ein Prozent der Spieldauer von GREAT WESTERN TRAIL erreicht. Ausgepackt, in dreißig Sekunden erklärt und schon eine Minute später ist es vorbei. Die Rede ist von LUCKY LACHS, eben bei Kosmos erschienen, aber als HAPPY SALMON seit letztem Jahr mit viel Erfolg in den USA unterwegs. Neben ICECOOL und acht weiteren Spielen ist es für die 11. Golden Geek Awards 2016 nominiert.
Was scheinbar als verrücktes Kindergeburtstagsspiel daherkommt, erweist sich als das ideale Aufwärmspiel für jede Erwachsenen-Runde. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie bald mit Freunden in der Runde herumstehen und nach der „Checker Faust“ oder nach „High 5“ schreien.
Worum geht es? Alle besitzen einen Kartensatz mit zwölf Karten, die jeweils vier unterschiedliche Aufgaben beinhalten. Da sucht man einen Partner für den Platzwechsel („Tausch Rausch“), für das Abklatschen mit der Hand („High 5“) oder Abboxen (Checker Faust“), schließlich kommt auch der „Lucky Lachs“ in einer Art Schwanzflossen-Klatschen auf den Unterarm eines Mitspielers noch zu seiner Aktion.
Jeder hat eine Karte mit einer entsprechenden Aufgabe vor sich und sucht einen passenden Partner. Ist die Aufgabe erledigt, wird die Karte abgeworfen und die nächsten Rufe erschallen. Geht einmal gar nichts, packt man die Karte nach hinten und versucht sein Glück mit der nächsten Aktion. Irgendwann nach 60 bis 90 Sekunden ist der Spaß vorbei und einer in der Runde seine Karten los.
Wer meint, das sei doch gar nichts für ihn, sollte sich einfach einmal dieser verrückten Aufgabe stellen. Absolut nichts für introvertierte Zeitgenossen, aber für die meisten Spieler ein ergötzliches Vergnügen, ganz schräg, ganz verrückt, die Stimmbänder strapazierend. Drei bis sechs Spieler müssen es schon sein, am meisten Spaß macht LUCKY LACHS aber in der ganz großen Runde.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: LUCKY LACHS
Autoren: Ken Gruhl, Quentin Weir
Verlag: Kosmos
Alter: ab 8 Jahren, kein Problem mit fünfjährigen Kindern
Spielerzahl: 3 - 6
Spielzeit: ca. 120 Sekunden
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 11/2017
Montag, 27. Februar 2017
CARAMBA
Wer schon immer einmal die drei Pöppel-Preise der Jury in der Hand haben wollte, hat mit Haim Shafirs CARAMBA die Möglichkeit dazu. Alles brav nach Bedeutung geordnet, der ganz große und traditionsreiche rote Pöppel, der etwas kleinere blaue Pöppel, obwohl er in Wirklichkeit den roten oft genug schon eingeholt hat, und die kleine schwarz-anthrazite MÄDN-Figur.
Im dem hektischen Amigo-Spiel geht es zu wie wahrscheinlich jedes Jahr vor der Preisvergabe, da spekulieren vorher meist mehr als die dann nominierten drei Verlage auf die Hauptpreise. Der sicher geglaubte Sieg ist oft genauso schnell weg, wie er eben noch erträumt wurde.
Shafir braucht für seinen Kampf um die Pöppel nur fünf Spezialwürfel für zwei bis vier Konkurrenten. Die Farbaufteilung ist auf allen Würfeln identisch, dreimal gibt es schwarze Farbseiten, zweimal blaue und einmal rote. Auf das Kommando „CARAMBA!“ hin beginnt die gleichzeitige Würfelschlacht. Wer fünf Würfel einer Farbe hat, schnappt sich den entsprechenden Pöppel, anfangs aus der Mitte, später vom Gegner. Das geht natürlich schneller bei der schwarzen Figur, dafür bringt die aber nur einen Siegpunkt. Es kann daher durchaus Sinn machen, von Anfang an und mit etwas Geduld auf fünf rote Würfelseiten zu spielen, denn der rote Pöppel bringt drei Punkte. Ist keine Figur mehr in der Spielmitte, endet die Runde und die Wertungspunkte werden auf einem kleinen Spielplan abgetragen. Sobald einer das Feld 20 erreicht oder überschreitet endet das Spiel nach etwa 20 Minuten hektischer Würfelspannung.
Haim Shafir macht wieder einmal vor, dass es kein aufgeblähtes Regelwerk braucht, um Spaß am Spieltisch zu haben. CARAMBA ist in einer halben Minute erklärt und sorgt dann für atemlose und geräuschträchtige Hektik. Es macht dabei durchaus Sinn, sich nicht nur auf die eigenen Würfelziele zu konzentrieren, sondern die Konkurrenzsituation im Blick zu behalten. Stehen wir kurz vor dem Ende? Würfelt noch jemand um den großen Roten? Das ist auch der einzige Punkt, bei dem das Spiel hakt. Wenn zwei Kontrahenten jeweils mit vier roten Würfelseiten dastehen, mag niemand den letzten Wurf vollenden, da der Gegner einigermaßen schnell kontern könnte. Das gilt natürlich nicht, wenn der rote Pöppel alleine in der Mitte steht. Trotz dieser leichten Vorbehalte, zu einer nächsten Runde werde ich gerne wieder antreten und zwar morgen und übermorgen. Amigo hat für CARAMBA tolles Material spendiert, klasse Würfel, griffige Figuren und ein gutes Regelwerk für ein Spiel, das immer wieder Spaß macht.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: CARAMBA
Autor: Haim Shafir
Verlag: Amigo
Alter: ab 7 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 10/2017
Samstag, 25. Februar 2017
MEIN TRAUMHAUS
Hut ab vor den Planern des Messestandes von Pegasus in Nürnberg. Nicht das übliche Einerlei von Präsentationen an Stehtischen war zu sehen, sondern liebevoll eingerichtete Wohnlandschaften: Ein begehbares TRAUMHAUS. Familienspiele, die im Wohnzimmer zu besichtigen waren, die Redakteurin Claudia Geigenmüller sorgte für ein richtig volles Kinderzimmer, die Duelle für zwei Personen waren dem Schlafzimmer vorbehalten, sogar einen kleinen Vorgarten gab es, in dem COTTAGE GARDEN zu sehen war. Eine tolle Idee, die sich an Klemens Kalickis zuerst in Polen erschienenen Spiel MEIN TRAUMHAUS orientiert.
Trotz achtseitigem Regelwerk spielt sich Kalickis Innenarchitekten-Aufgabe ganz einfach. Pegasus empfiehlt als Einstiegsalter acht Jahre, aber auch jüngere Kinder kommen gut damit klar und haben vor allem enorme Freude am Ausbau ihrer Häuser.
Ein Springbrunnen steht zwar schon vor dem Haus, auch der Kater sucht eine Katzenklappe, aber der Garagenbereich rechts davon ist leer und im ersten und zweiten Stock sind nur Blumenkästen vor den Fenstern. Wie die zwölf Raumbereiche mit Leben gefüllt werden, ist noch völlig unklar.
Zwölf Runden reichen aus, um am Ende zwei bis vier traumhafte Häuser mit möglichst punkteträchtigen Zimmern vor sich zu haben, die zusätzlich gut eingedeckt sind. Dazu liegen in jeder Runde vier oder fünf Raumkarten gekoppelt mit darüber liegenden Spezialkarten aus, sodass die Spieler für die Innenausstattung immer zwei Karten aufnehmen. Das sind Wohn-, Schlaf-, Kinder- oder Badezimmer und natürlich Küchenräume. Im Bereich der Garagen kann auch eine Werkstatt oder eine Waschküche untergebracht werden. Die Kopplung von Karten gleicher Zimmerart bringt Zusatzpunkte, bei zwei Kinderzimmern können das sechs, bei drei Wohnzimmern neun Punkte sein. Außerdem sind Wertungspunkte für die Schlussabrechnung im Blick zu behalten. Da gibt es drei Punkte für Badezimmer in beiden oberen Stockwerken, die erhält der Häuslebauer auch, wenn er an Bad, Küche und Schlafzimmer denkt.
Hilfreich für die Punktwertung und für den Spielablauf sind die Spezialkarten. Nur hier finden sich Dachteile in vier unterschiedlichen Farben. Wer am Ende vier Dachkarten in einer Farbe besitzt, bekommt acht Extrapunkte, ein Farbgemisch reduziert das Endergebnis gleich um fünf Punkte. Außerdem sorgen Deko-Plättchen für zusätzliche Atmosphäre, da bringt ein Flügel drei Punkte, ein Baumhaus immerhin noch einen. Helfer und Werkzeuge dienen dem Hausausbau und der Schlusswertung.
Da viel zu beachten, und damit auch die Reihenfolge bei der Kartenaufnahme von großer Bedeutung ist, wird stets ein Raum mit der Startspieler-Karte gekoppelt. Wer unbedingt das zweite Kinderzimmer sucht, das Badezimmer im zweiten Stock oder die vierte Karte in der roten Dachfarbe, der kommt um die Startspielerkarte nicht herum.
Nach einer guten halben Stunde freuen sich alle über echte Traumhäuser. Das ist schon toll, wenn die Rakete im Kinderzimmer steht, wenn noch Platz ist für ein fantastisch eingerichtetes Spielzimmer mit gut ausgestatteten Spielregalen und einem achteckigen Spieltisch. Da hat sich der Grafiker Kordowski viel Mühe gegeben. Klar, eine Punktabrechnung am Ende gibt es auch, obwohl alle irgendwo bei diesem gemeinsamen Innenausbau ihrer Häuser Gewinner sind. Die Schlussrechnung wird mit Wertungsblock sogar ganz einfach gemacht. Da zählen die Räume, die Dekorationen, die Einrichtungsboni und die Dächer. Wobei es bei der Dachgestaltung schon einheitlich zugehen sollte, denn fünf Verlustpunkte oder gar acht für Bauherren, die nicht auf vier Dachkarten kommen, sind schwer aufzuholen. Auch die Deko-Punkte sind wichtig, da jeder Raum Punkte bringt und diese obendrauf gerechnet werden.
Ein klassisches Familienspiel mit Zwängen, die sich aus dem jeweiligen Kartenangebot ergeben, aber auch mit viel Atmosphäre beim Gespräch über die Räume und sogar freiem Spiel, wenn jeder sich wirklich sein Traumhaus zusammenstellt, was nicht nur Kinder gern machen. Etwas Logistik spielt aber auch eine Rolle, beispielsweise muss an den Ausbau der Garage gedacht werden, damit ein Fundament für die Räume darüber geschaffen wird. Was ich unnötig finde, ist die MEMO-Komponente beim Sammeln der Dachkarten, denn die sollen verdeckt abgelegt und dürfen nicht mehr kontrolliert werden. Welcher Bauherr macht denn so etwas?
Pegasus hat mit dem TRAUMHAUS nicht nur eine erinnerungsträchtige Standgestaltung geschaffen, sondern nun auch neben KINGDOMINO ein weiteres tolles Familienspiel im Programm. MEIN TRAUMHAUS wird bis zum 31. Juli nur über den Pegasus-Fachhandel vertrieben, das gilt übrigens auch für das im März erscheinende CAPTAIN SONAR. Seit nun bald fünf Jahren stärkt die Friedberger Firma mit solchen Aktionen den klassischen Fachhandel. Bestellungen über amazon & Co. sind daher vorerst nicht möglich, der Weg in den nächsten Spieleladen ist daher besonders zu empfehlen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: MEIN TRAUMHAUS
Autor: Klemens Kalicki
Verlag: Pegasus
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2- 4
Spielzeit: ca. 30 – 45 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 7/2017
Donnerstag, 23. Februar 2017
JUNK ART
Vor dreißig Jahren hat Klaus Zoch mit dem Spiel BAUSACK Spielgeschichte geschrieben. Der Langzeitstudent im Bereich der Physik schaffte es, mit ganz verrückten Holzteilen scheinbar die Gesetze der Schwerkraft aufzuheben. Gleich fünf Spielversionen waren im Leinensack, darunter die überragende Versteigerungsvariante KNOCK OUT.
Die kanadische Firma Pretzel Games belebt mit den Bamboozle Brothers Jay Cormier und Sen-Foong Lim Klaus Zochs Idee neu. Das gelingt den beiden Autoren mit 12 Bauwettkämpfen so genial, dass sie mit ihrem Spiel JUNK ART den immer noch brillanten BAUSACK alt aussehen lassen.
15 ungewöhnliche Holzteile in vier Farben, von der schiefen Ebene über den Blumentopf und die Radachse ist alles dabei, prägen die Bauabläufe. Im Gegensatz zum BAUSACK werden die Spielvarianten über Karten, die jedem Bauteil zugeordnet sind, gesteuert.
Thematisch führt uns das kanadische Autorenteam auf eine architektonische Weltreise, die geprägt ist durch die unterschiedlichsten Bauanforderungen in den besuchten Städten. Empfohlen wird der Besuch von mindestens drei Metropolen, dabei bleibt es meistens aber nicht. In der ersten Baurunde sollte die Reise nach Philadelphia, Monaco und Paris führen.
In der Stadt am Delaware River geht es knallhart ums Überleben. Nur wer als Letzter noch baut, bekommt Siegpunkte, die in JUNK ART Fan-Chips genannt werden. Der Ablauf ist wie bei allen Spielen einfach geregelt. Jeder nimmt drei Karten auf, draftet zwei davon nach rechts und links, sodass am Baurundenende alle drei entsprechende Holzteile auf einem schwarzen Bausockel unterbringen müssen. Sobald bei einem Bauherrn zwei Teile heruntergefallen sind, scheidet er aus. Wenn nur noch ein Spieler übrig ist, erhält er fünf Fan-Chips. Am Ende geht es meist knapp zu, da in der letzten Baurunde die meisten Türme ins Wackeln kommen, sodass sich häufig auch mehrere Spieler den Sieg teilen und dann drei Chips gewinnen.
In der Stadt an der Côte d’Azur steht Schnelligkeit im Vordergrund. Alle bekommen zehn Karten, die sie der Reihe nach verarbeiten müssen. Wer als erster sein zehntes Teil platzieren konnte, beendet die Baurunde und bekommt fünf Gewinn-Chips. Die restlichen Türme werden nach der Zahl der verbauten Teile bewertet. Ab fünf Teilen gibt es Belohnungen, die höchste Skulptur bekommt noch einen Bonus-Chip.
In der Eiffelturm-Stadt bauen alle gemeinsam an einem hohen Turm. Diese Idee ist nah am TURMBAU ZU BABEL, einer Zoch-Variante von 1987. Sobald ein Spieler mehr als drei heruntergefallene Teile vor sich liegen hat, endet der Turmbau von Paris. Die restlichen Spieler erhalten alle drei Fan-Chips.
Besonders gerecht geht es übrigens in der indischen Provinz Gujarat zu. In dieser Bauvariante können allerdings maximal nur vier, sonst sind es meistens sechs, Bauherren beteiligt sein. Sie werkeln mit den vier identischen Bausätzen, wobei jeweils gleiche Bauteile zu verarbeiten sind. Reizvoll ist auch die Geschwindigkeitsvariante in Indianapolis, bei der die zehn Baurunden immer dann beendet werden, wenn der vorletzte Architekt „Fertig!“ rufen konnte. Wie in Paris geht es in New York um den höchsten Turm, hier baut aber jeder an seinem eigenen Gebäude. Das Schöne an dieser Variante ist, dass unter bestimmten Bedingungen bis zu drei Teilen verbaut werden dürfen und alle bis zum Schluss dabeibleiben, auch wenn Gegenstände herunterfallen. Nashville, die zwölfte Variante, lässt sich nur mit FLICK’EM UP, dem ersten Spiel von Pretzel Games, spielen. Da kommen Cowboys und Kakteen ins Spiel, wobei das Schnipp-Element des Vorgängers nun auch eine Rolle spielt, wenn auf gegnerische Skulpturen geschossen wird.
Am Ende wird stets Bilanz gezogen, wer die meisten Chips ergattern konnte, aber darauf kommt es eigentlich gar nicht an. Entscheidend sind die Spannungsmomente beim Bau am eigenen oder gemeinsamen Turm. Wie schon beim BAUSACK kommt es zu Konstruktionen, die scheinbar gar nicht möglich sind. Da werden in extremen Höhen noch Bauaktionen vorgenommen, von denen man vor fünf Steinen schon meinte, dass gar nichts mehr geht. Das ist Spannung pur, endet meist in einem kollektiven Aufatmen, das zeigt, dass der Konkurrenzgedanke gar keine so große Rolle spielt.
Ein klasse Spiel, verpackt wie schon FLICK’EM UP in einer Holzkiste, die fantastisches Material enthält. Auf BoardGameGeek ist JUNK ART gerade völlig berechtigt gleich zweimal für die Golden Geek Awards 2016 nominiert worden. Im Bereich der Familienspiele steht es unter anderem in Konkurrenz zu ANIMALS ON BOARD, CODENAMES PICTURES und KINGDOMINO. Bei den Partyspielen darf es sich mit ICECOOL, INSIDER und LUCKY LACHS herumschlagen. Wobei die Chancen für JUNK ART im letzten Genre besonders gut stehen dürften.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: JUNK ART
Autoren: Jay Cormier und Sen-Foong Lim
Verlag: Pretzel Games / Asmodee
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2- 6
Spielzeit: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 55 Euro
Spiel 6/2017
(Seite 1 von 1, insgesamt 4 Einträge)