Dienstag, 28. Februar 2017
LUCKY LACHS
Irgendwie ist alles schräg an diesem Spiel. Wann hatten wir schon mal ein Fischetui als Verpackung? Wann begeisterten wir uns für ein Spiel, das gerade einmal ein Prozent der Spieldauer von GREAT WESTERN TRAIL erreicht. Ausgepackt, in dreißig Sekunden erklärt und schon eine Minute später ist es vorbei. Die Rede ist von LUCKY LACHS, eben bei Kosmos erschienen, aber als HAPPY SALMON seit letztem Jahr mit viel Erfolg in den USA unterwegs. Neben ICECOOL und acht weiteren Spielen ist es für die 11. Golden Geek Awards 2016 nominiert.
Was scheinbar als verrücktes Kindergeburtstagsspiel daherkommt, erweist sich als das ideale Aufwärmspiel für jede Erwachsenen-Runde. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie bald mit Freunden in der Runde herumstehen und nach der „Checker Faust“ oder nach „High 5“ schreien.
Worum geht es? Alle besitzen einen Kartensatz mit zwölf Karten, die jeweils vier unterschiedliche Aufgaben beinhalten. Da sucht man einen Partner für den Platzwechsel („Tausch Rausch“), für das Abklatschen mit der Hand („High 5“) oder Abboxen (Checker Faust“), schließlich kommt auch der „Lucky Lachs“ in einer Art Schwanzflossen-Klatschen auf den Unterarm eines Mitspielers noch zu seiner Aktion.
Jeder hat eine Karte mit einer entsprechenden Aufgabe vor sich und sucht einen passenden Partner. Ist die Aufgabe erledigt, wird die Karte abgeworfen und die nächsten Rufe erschallen. Geht einmal gar nichts, packt man die Karte nach hinten und versucht sein Glück mit der nächsten Aktion. Irgendwann nach 60 bis 90 Sekunden ist der Spaß vorbei und einer in der Runde seine Karten los.
Wer meint, das sei doch gar nichts für ihn, sollte sich einfach einmal dieser verrückten Aufgabe stellen. Absolut nichts für introvertierte Zeitgenossen, aber für die meisten Spieler ein ergötzliches Vergnügen, ganz schräg, ganz verrückt, die Stimmbänder strapazierend. Drei bis sechs Spieler müssen es schon sein, am meisten Spaß macht LUCKY LACHS aber in der ganz großen Runde.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: LUCKY LACHS
Autoren: Ken Gruhl, Quentin Weir
Verlag: Kosmos
Alter: ab 8 Jahren, kein Problem mit fünfjährigen Kindern
Spielerzahl: 3 - 6
Spielzeit: ca. 120 Sekunden
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 11/2017
Montag, 27. Februar 2017
CARAMBA
Wer schon immer einmal die drei Pöppel-Preise der Jury in der Hand haben wollte, hat mit Haim Shafirs CARAMBA die Möglichkeit dazu. Alles brav nach Bedeutung geordnet, der ganz große und traditionsreiche rote Pöppel, der etwas kleinere blaue Pöppel, obwohl er in Wirklichkeit den roten oft genug schon eingeholt hat, und die kleine schwarz-anthrazite MÄDN-Figur.
Im dem hektischen Amigo-Spiel geht es zu wie wahrscheinlich jedes Jahr vor der Preisvergabe, da spekulieren vorher meist mehr als die dann nominierten drei Verlage auf die Hauptpreise. Der sicher geglaubte Sieg ist oft genauso schnell weg, wie er eben noch erträumt wurde.
Shafir braucht für seinen Kampf um die Pöppel nur fünf Spezialwürfel für zwei bis vier Konkurrenten. Die Farbaufteilung ist auf allen Würfeln identisch, dreimal gibt es schwarze Farbseiten, zweimal blaue und einmal rote. Auf das Kommando „CARAMBA!“ hin beginnt die gleichzeitige Würfelschlacht. Wer fünf Würfel einer Farbe hat, schnappt sich den entsprechenden Pöppel, anfangs aus der Mitte, später vom Gegner. Das geht natürlich schneller bei der schwarzen Figur, dafür bringt die aber nur einen Siegpunkt. Es kann daher durchaus Sinn machen, von Anfang an und mit etwas Geduld auf fünf rote Würfelseiten zu spielen, denn der rote Pöppel bringt drei Punkte. Ist keine Figur mehr in der Spielmitte, endet die Runde und die Wertungspunkte werden auf einem kleinen Spielplan abgetragen. Sobald einer das Feld 20 erreicht oder überschreitet endet das Spiel nach etwa 20 Minuten hektischer Würfelspannung.
Haim Shafir macht wieder einmal vor, dass es kein aufgeblähtes Regelwerk braucht, um Spaß am Spieltisch zu haben. CARAMBA ist in einer halben Minute erklärt und sorgt dann für atemlose und geräuschträchtige Hektik. Es macht dabei durchaus Sinn, sich nicht nur auf die eigenen Würfelziele zu konzentrieren, sondern die Konkurrenzsituation im Blick zu behalten. Stehen wir kurz vor dem Ende? Würfelt noch jemand um den großen Roten? Das ist auch der einzige Punkt, bei dem das Spiel hakt. Wenn zwei Kontrahenten jeweils mit vier roten Würfelseiten dastehen, mag niemand den letzten Wurf vollenden, da der Gegner einigermaßen schnell kontern könnte. Das gilt natürlich nicht, wenn der rote Pöppel alleine in der Mitte steht. Trotz dieser leichten Vorbehalte, zu einer nächsten Runde werde ich gerne wieder antreten und zwar morgen und übermorgen. Amigo hat für CARAMBA tolles Material spendiert, klasse Würfel, griffige Figuren und ein gutes Regelwerk für ein Spiel, das immer wieder Spaß macht.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: CARAMBA
Autor: Haim Shafir
Verlag: Amigo
Alter: ab 7 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 10/2017
Sonntag, 26. Februar 2017
HONSHU
KINGDOMINO im feudalen Japan. Kalle Malmioja, ein finnischer Autor, versetzt uns mit seiner zweiten Spielentwicklung nach Japan. In HONSHU entwickeln sich exakt wie in dem Pegasus-Spiel in 12 Runden größere Herrschaftsgebiete. Der wesentliche Unterschied besteht im Erwerb der Länderei-Karten. Malmioja nutzt dazu Karten mit Doppelfunktion, einerseits dienen sie der Auslage, anderseits veranstaltet er mit ihnen ein kleines Stichspiel.
Alle starten mit einer Startprovinz, die in sechs Sektoren aufgeteilt ist. Die Startkarten können mit identischer Ausgangslage, aber auch mit einer asymmetrischen Startsituation genutzt werden. Sie liefern meist zwei Ressourcen, kleine Holzwürfel in vier Farben, die im Stichspiel und bei der Endabrechnung eine Rolle spielen. Von den restlichen 60 Karten erhält jeder der zwei bis fünf Spieler erst einmal sechs auf die Hand. Nach drei Runden werden die restlichen Karten nach links gedraftet. Nach Runde sechs gibt es noch einmal sechs Karten für die Schlussrunden ebenfalls mit einer Draftingphase diesmal gegen den Uhrzeigersinn.
Jede Runde startet mit einer Stichphase. Da die Karten Werte zwischen 1 und 60 haben, ist die Auswertung einfach: Die höchste Karte gewinnt und hat den ersten Zugriff auf alle gespielten Ländereien. Entsprechend startet auch dieser Spieler in die nächste Runde. Über die Ressourcen-Steine kann sich aber alles verändern. Wird zusätzlich zu der Karte ein solcher Holzstein gespielt, erhöht sich der Kartenwert um 60, gleichzeitig wird damit eine Art Trumpffarbe vorgegeben, denn kontern dürfen die Kontrahenten nur mit passendem Farbstein.
Beim Anlegen der gewonnenen Karten muss mindestens ein Feld einer vorher gelegten Karte abgedeckt oder von der neuen Karte verdeckt werden. Dabei haben die Spieler darauf zu achten, dass sie Felder mit Seen nicht überbauen. Beim Erweitern der Gebiete ist die Schlusswertung im Blick. Jeder Wald ist zwei Siegpunkte wert, jedes Stadtfeld einen Punkt. Gewertet wird aber nur das größte Stadtgebiet jedes Spielers. Auch auf die ausgeglichene Bilanz von Produktionsfeldern und Fabriken ist zu achten. Die Ressourcen-Steine dienen nämlich nicht nur dem Stichspiel, sondern produzieren in einer Fabrik zwischen zwei und vier Punkte. Die Seen sind ebenso lukrativ, das erste Feld bringt zwar noch keinen Punkt, aber jedes weitere Gewässer stets drei Wertungspunkte. Brachlandfelder spielen ausschließlich in der eher seltenen Pattsituation eine Rolle. Wer mit den erweiterten Regeln spielt, kann optionale Wertungen einführen, bei denen dann zum Beispiel Fabriken zwei Ressourcen liefern und damit häufiger das Stichspiel beeinflussen.
Viel Spiel und durchaus Raffinesse stecken in der kleinen Spielschachtel aus Finnland. Im Gegensatz zu KINGDOMINO bestehen die Karten nicht nur aus zwei Ländereien, sondern aus sechs. Dadurch, dass die Pflicht zum Über- oder Unterbauen besteht, dauert es erheblich länger, bis jeder die gewonnenen Karten in sein Herrschaftsgebiet integriert hat. Da die Landschaften aus den normalen Spielkarten entstehen, verschiebt sich das stetig wachsende Gefüge immer einmal wieder, das ist unbefriedigend.
Die Stichrunden sind aber oft spannend. Vor allem dann, wenn lukrative Karten ausliegen. Bei zwei Wäldern oder einer 4er-Fabrik lohnt schon mal die Opferung einer Ressource. Mir gefallen die klareren Strukturen von KINGDOMINO besser, aber das Grundkonzept von HONSHU geht durchaus auf. Mit fünf Spielern dauern die Puzzlerunden, wenn jeder über den gewonnenen Karten brütet, zu lange, zu dritt oder zu viert ist es ein unterhaltsames Spielvergnügen.
BoardGameGeek vergibt aktuell die 11. Golden Geek Awards 2016. Unter den Kartenspielen befindet sich HONSHU mit 14 Mitbewerbern, darunter auch FABELSAFT von Friedemann Friese. An Gewinnchancen glaube ich nicht, aber für den Autor und seinen Verlag lautapelit.fi ist es ein schöner Erfolg.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: HONSHU
Autor: Kalle Malmioja
Verlag: lautapelit.fi
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 5
Spielzeit: ca. 30 - 40 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 9/2017
Samstag, 25. Februar 2017
PUNGI
Lang, lang ist’s her, da hatte Altmeister Alex Randolph mit INDISCRETION eine fantastische Idee: warum nicht über die Kartenrückseiten die Farbe verraten? Das Kartenmaterial, das vor 30 Jahren Piatnik lieferte, ließ sich auf alle Spieleklassiker übertragen. Da wuchsen die Chancen beim SKAT, sicher sein Kreuz Ass durchzubringen, wenn nicht nur der Kreuz Bube in einer Hand steckte, auch POKERN entwickelte einen zusätzlichen Reiz. Randolph erfand damals zwei eigenständige Spiele zu dem Kartensatz und Piatnik schrieb sogar einen Wettbewerb aus, der immerhin mit 10.000 DM dotiert war und acht weitere Ideen brachte.
Klaus Kreowski aus dem Geestland in der Nähe Cuxhavens entwickelt schon seit fast 20 Jahren Spiele und hat es zu ebenso vielen Veröffentlichungen gebracht. Am erfolgreichsten war er mit dem VERDREHTEN SPRACH-ZOO und dem HEXENHOCHAUS, beides Spiele, die vor einigen Jahren auf der Empfehlungsliste der Kinderspiel-Jury landeten. Bei HUCH! & friends entwickelt er Randolphs Idee mit dem Kartenstichspiel PUNGI weiter.
Jeweils zehn Tierkarten mit den Werten eins bis zehn gibt es für sechs Tierarten. Auf den Rückseiten der Karten sieht man entsprechende Tiere, da kriecht eine Schnecke, da hüpfen Frosch und Heuschrecke, da fliegt die Libelle, Mäuse und Eidechsen laufen auch noch herum. In jeder Stichrunde, im Spiel zu viert sind es neun, kämpfen die Beteiligten um Schlangen und Schlangenbeschwörer. Giftige Schlangen bringen Minuspunkte, harmlosere bis zu vier Pluspunkte, Schlangenbeschwörer drehen das Vorzeichen einer Schlangenkarte um.
Der Reiz der Stichrunden besteht in der Steuerung der Reihenfolge der Aufnahme der Karten. Alle legen verdeckt ihre Tierkarten ab, wissen dabei aber, dass Tierarten, die am häufigsten vorkommen in der Rangfolge der Wertigkeit der Karten die Schlangenkarten von links nach rechts abarbeiten müssen. Wer dagegen auf wertvolle Schlusskarten oder einen Schlangenbeschwörer schielt, hält sich lieber raus und spielt eine niedrige Karte einer anderen Tierart. Positionen in der Hinterhand sind hier natürlich am stärksten, deshalb wechselt der Startspieler auch im Uhrzeigersinn und geht nicht an den ersten Zugreifenden.
Jede Stichrunde ist spannend und beginnt mit der Analyse der Handkarten der Spieler. Da kann der Startspieler sehen, ob er Chancen auf Koalitionen besitzt oder von vornherein eine Tierart ausspielt, die auf keiner anderen Hand zu sehen ist. Klar, Kartenglück in Hinblick auf die Wertigkeit der eigenen Handkarten spielt eine wichtige Rolle. Aber Freude und Schadenfreude halten sich in den Spielrunden die Waage und sorgen für viel Emotionen am Spieltisch, wenn die Kobra mit vier Minuspunkten dann doch beim Nachbarn landet oder am Ende ein unnötiger Schlangenbeschwörer in der eigenen Auslage, der dann plötzlich den Wert einer harmlosen Schlange in den Minusbereich dreht.
Das hat was! Die Partien sind schnell gespielt und sollten mindestens der Zahl der Mitspieler entsprechen. Die grafische Umsetzung durch Christian Fiore und sein Team ist ansprechend, die Regel von der Redakteurin Tina Landwehr gut bearbeitet. PUNGI zeigt, dass Randolphs Idee auch heute noch zu Weiterentwicklungen taugt und sicherlich bei weitem noch nicht ausgereizt ist.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: PUNGI
Autor: Klaus Kreowski
Verlag: HUCH! & friends
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 3 - 5
Spielzeit: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 8/2017
MEIN TRAUMHAUS
Hut ab vor den Planern des Messestandes von Pegasus in Nürnberg. Nicht das übliche Einerlei von Präsentationen an Stehtischen war zu sehen, sondern liebevoll eingerichtete Wohnlandschaften: Ein begehbares TRAUMHAUS. Familienspiele, die im Wohnzimmer zu besichtigen waren, die Redakteurin Claudia Geigenmüller sorgte für ein richtig volles Kinderzimmer, die Duelle für zwei Personen waren dem Schlafzimmer vorbehalten, sogar einen kleinen Vorgarten gab es, in dem COTTAGE GARDEN zu sehen war. Eine tolle Idee, die sich an Klemens Kalickis zuerst in Polen erschienenen Spiel MEIN TRAUMHAUS orientiert.
Trotz achtseitigem Regelwerk spielt sich Kalickis Innenarchitekten-Aufgabe ganz einfach. Pegasus empfiehlt als Einstiegsalter acht Jahre, aber auch jüngere Kinder kommen gut damit klar und haben vor allem enorme Freude am Ausbau ihrer Häuser.
Ein Springbrunnen steht zwar schon vor dem Haus, auch der Kater sucht eine Katzenklappe, aber der Garagenbereich rechts davon ist leer und im ersten und zweiten Stock sind nur Blumenkästen vor den Fenstern. Wie die zwölf Raumbereiche mit Leben gefüllt werden, ist noch völlig unklar.
Zwölf Runden reichen aus, um am Ende zwei bis vier traumhafte Häuser mit möglichst punkteträchtigen Zimmern vor sich zu haben, die zusätzlich gut eingedeckt sind. Dazu liegen in jeder Runde vier oder fünf Raumkarten gekoppelt mit darüber liegenden Spezialkarten aus, sodass die Spieler für die Innenausstattung immer zwei Karten aufnehmen. Das sind Wohn-, Schlaf-, Kinder- oder Badezimmer und natürlich Küchenräume. Im Bereich der Garagen kann auch eine Werkstatt oder eine Waschküche untergebracht werden. Die Kopplung von Karten gleicher Zimmerart bringt Zusatzpunkte, bei zwei Kinderzimmern können das sechs, bei drei Wohnzimmern neun Punkte sein. Außerdem sind Wertungspunkte für die Schlussabrechnung im Blick zu behalten. Da gibt es drei Punkte für Badezimmer in beiden oberen Stockwerken, die erhält der Häuslebauer auch, wenn er an Bad, Küche und Schlafzimmer denkt.
Hilfreich für die Punktwertung und für den Spielablauf sind die Spezialkarten. Nur hier finden sich Dachteile in vier unterschiedlichen Farben. Wer am Ende vier Dachkarten in einer Farbe besitzt, bekommt acht Extrapunkte, ein Farbgemisch reduziert das Endergebnis gleich um fünf Punkte. Außerdem sorgen Deko-Plättchen für zusätzliche Atmosphäre, da bringt ein Flügel drei Punkte, ein Baumhaus immerhin noch einen. Helfer und Werkzeuge dienen dem Hausausbau und der Schlusswertung.
Da viel zu beachten, und damit auch die Reihenfolge bei der Kartenaufnahme von großer Bedeutung ist, wird stets ein Raum mit der Startspieler-Karte gekoppelt. Wer unbedingt das zweite Kinderzimmer sucht, das Badezimmer im zweiten Stock oder die vierte Karte in der roten Dachfarbe, der kommt um die Startspielerkarte nicht herum.
Nach einer guten halben Stunde freuen sich alle über echte Traumhäuser. Das ist schon toll, wenn die Rakete im Kinderzimmer steht, wenn noch Platz ist für ein fantastisch eingerichtetes Spielzimmer mit gut ausgestatteten Spielregalen und einem achteckigen Spieltisch. Da hat sich der Grafiker Kordowski viel Mühe gegeben. Klar, eine Punktabrechnung am Ende gibt es auch, obwohl alle irgendwo bei diesem gemeinsamen Innenausbau ihrer Häuser Gewinner sind. Die Schlussrechnung wird mit Wertungsblock sogar ganz einfach gemacht. Da zählen die Räume, die Dekorationen, die Einrichtungsboni und die Dächer. Wobei es bei der Dachgestaltung schon einheitlich zugehen sollte, denn fünf Verlustpunkte oder gar acht für Bauherren, die nicht auf vier Dachkarten kommen, sind schwer aufzuholen. Auch die Deko-Punkte sind wichtig, da jeder Raum Punkte bringt und diese obendrauf gerechnet werden.
Ein klassisches Familienspiel mit Zwängen, die sich aus dem jeweiligen Kartenangebot ergeben, aber auch mit viel Atmosphäre beim Gespräch über die Räume und sogar freiem Spiel, wenn jeder sich wirklich sein Traumhaus zusammenstellt, was nicht nur Kinder gern machen. Etwas Logistik spielt aber auch eine Rolle, beispielsweise muss an den Ausbau der Garage gedacht werden, damit ein Fundament für die Räume darüber geschaffen wird. Was ich unnötig finde, ist die MEMO-Komponente beim Sammeln der Dachkarten, denn die sollen verdeckt abgelegt und dürfen nicht mehr kontrolliert werden. Welcher Bauherr macht denn so etwas?
Pegasus hat mit dem TRAUMHAUS nicht nur eine erinnerungsträchtige Standgestaltung geschaffen, sondern nun auch neben KINGDOMINO ein weiteres tolles Familienspiel im Programm. MEIN TRAUMHAUS wird bis zum 31. Juli nur über den Pegasus-Fachhandel vertrieben, das gilt übrigens auch für das im März erscheinende CAPTAIN SONAR. Seit nun bald fünf Jahren stärkt die Friedberger Firma mit solchen Aktionen den klassischen Fachhandel. Bestellungen über amazon & Co. sind daher vorerst nicht möglich, der Weg in den nächsten Spieleladen ist daher besonders zu empfehlen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: MEIN TRAUMHAUS
Autor: Klemens Kalicki
Verlag: Pegasus
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2- 4
Spielzeit: ca. 30 – 45 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 7/2017
Donnerstag, 23. Februar 2017
JUNK ART
Vor dreißig Jahren hat Klaus Zoch mit dem Spiel BAUSACK Spielgeschichte geschrieben. Der Langzeitstudent im Bereich der Physik schaffte es, mit ganz verrückten Holzteilen scheinbar die Gesetze der Schwerkraft aufzuheben. Gleich fünf Spielversionen waren im Leinensack, darunter die überragende Versteigerungsvariante KNOCK OUT.
Die kanadische Firma Pretzel Games belebt mit den Bamboozle Brothers Jay Cormier und Sen-Foong Lim Klaus Zochs Idee neu. Das gelingt den beiden Autoren mit 12 Bauwettkämpfen so genial, dass sie mit ihrem Spiel JUNK ART den immer noch brillanten BAUSACK alt aussehen lassen.
15 ungewöhnliche Holzteile in vier Farben, von der schiefen Ebene über den Blumentopf und die Radachse ist alles dabei, prägen die Bauabläufe. Im Gegensatz zum BAUSACK werden die Spielvarianten über Karten, die jedem Bauteil zugeordnet sind, gesteuert.
Thematisch führt uns das kanadische Autorenteam auf eine architektonische Weltreise, die geprägt ist durch die unterschiedlichsten Bauanforderungen in den besuchten Städten. Empfohlen wird der Besuch von mindestens drei Metropolen, dabei bleibt es meistens aber nicht. In der ersten Baurunde sollte die Reise nach Philadelphia, Monaco und Paris führen.
In der Stadt am Delaware River geht es knallhart ums Überleben. Nur wer als Letzter noch baut, bekommt Siegpunkte, die in JUNK ART Fan-Chips genannt werden. Der Ablauf ist wie bei allen Spielen einfach geregelt. Jeder nimmt drei Karten auf, draftet zwei davon nach rechts und links, sodass am Baurundenende alle drei entsprechende Holzteile auf einem schwarzen Bausockel unterbringen müssen. Sobald bei einem Bauherrn zwei Teile heruntergefallen sind, scheidet er aus. Wenn nur noch ein Spieler übrig ist, erhält er fünf Fan-Chips. Am Ende geht es meist knapp zu, da in der letzten Baurunde die meisten Türme ins Wackeln kommen, sodass sich häufig auch mehrere Spieler den Sieg teilen und dann drei Chips gewinnen.
In der Stadt an der Côte d’Azur steht Schnelligkeit im Vordergrund. Alle bekommen zehn Karten, die sie der Reihe nach verarbeiten müssen. Wer als erster sein zehntes Teil platzieren konnte, beendet die Baurunde und bekommt fünf Gewinn-Chips. Die restlichen Türme werden nach der Zahl der verbauten Teile bewertet. Ab fünf Teilen gibt es Belohnungen, die höchste Skulptur bekommt noch einen Bonus-Chip.
In der Eiffelturm-Stadt bauen alle gemeinsam an einem hohen Turm. Diese Idee ist nah am TURMBAU ZU BABEL, einer Zoch-Variante von 1987. Sobald ein Spieler mehr als drei heruntergefallene Teile vor sich liegen hat, endet der Turmbau von Paris. Die restlichen Spieler erhalten alle drei Fan-Chips.
Besonders gerecht geht es übrigens in der indischen Provinz Gujarat zu. In dieser Bauvariante können allerdings maximal nur vier, sonst sind es meistens sechs, Bauherren beteiligt sein. Sie werkeln mit den vier identischen Bausätzen, wobei jeweils gleiche Bauteile zu verarbeiten sind. Reizvoll ist auch die Geschwindigkeitsvariante in Indianapolis, bei der die zehn Baurunden immer dann beendet werden, wenn der vorletzte Architekt „Fertig!“ rufen konnte. Wie in Paris geht es in New York um den höchsten Turm, hier baut aber jeder an seinem eigenen Gebäude. Das Schöne an dieser Variante ist, dass unter bestimmten Bedingungen bis zu drei Teilen verbaut werden dürfen und alle bis zum Schluss dabeibleiben, auch wenn Gegenstände herunterfallen. Nashville, die zwölfte Variante, lässt sich nur mit FLICK’EM UP, dem ersten Spiel von Pretzel Games, spielen. Da kommen Cowboys und Kakteen ins Spiel, wobei das Schnipp-Element des Vorgängers nun auch eine Rolle spielt, wenn auf gegnerische Skulpturen geschossen wird.
Am Ende wird stets Bilanz gezogen, wer die meisten Chips ergattern konnte, aber darauf kommt es eigentlich gar nicht an. Entscheidend sind die Spannungsmomente beim Bau am eigenen oder gemeinsamen Turm. Wie schon beim BAUSACK kommt es zu Konstruktionen, die scheinbar gar nicht möglich sind. Da werden in extremen Höhen noch Bauaktionen vorgenommen, von denen man vor fünf Steinen schon meinte, dass gar nichts mehr geht. Das ist Spannung pur, endet meist in einem kollektiven Aufatmen, das zeigt, dass der Konkurrenzgedanke gar keine so große Rolle spielt.
Ein klasse Spiel, verpackt wie schon FLICK’EM UP in einer Holzkiste, die fantastisches Material enthält. Auf BoardGameGeek ist JUNK ART gerade völlig berechtigt gleich zweimal für die Golden Geek Awards 2016 nominiert worden. Im Bereich der Familienspiele steht es unter anderem in Konkurrenz zu ANIMALS ON BOARD, CODENAMES PICTURES und KINGDOMINO. Bei den Partyspielen darf es sich mit ICECOOL, INSIDER und LUCKY LACHS herumschlagen. Wobei die Chancen für JUNK ART im letzten Genre besonders gut stehen dürften.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: JUNK ART
Autoren: Jay Cormier und Sen-Foong Lim
Verlag: Pretzel Games / Asmodee
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2- 6
Spielzeit: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 55 Euro
Spiel 6/2017
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