Donnerstag, 27. Dezember 2018
DAS VERFLUCHTE PIRATENGOLD
Fatalistisch bin ich mit diesem Blog ins neue Jahr gestartet, mit Flüchen hören wir auf. Wertungstechnisch sammle ich DAS VERFUCHTE PIRATENGOLD mit meinen Enkeln auch 2019 noch, wogegen CAFÉ FATAL im letzten und im kommenden Jahr nicht mehr auf den Tisch kam und kommt. Das 84. Spiel 2018 ist ein Haba-Kinderspiel, eine Erstveröffentlichung des Spaniers Pau Moré Gómez.
Bis zu vier Schatzsucher teilen sich den Piratenschatz Captain Blacks, der eigentlich selbst seine Schatztruhen holen wollte. Sicherheitshalber hat er acht von den 50 Münzen verflucht, die über die Verteilungsquote der Schatztruhen entscheiden. DAS VERFUCHTE PIRATENGOLD ist ein typisches Push Your Luck-Spiel für Kinder ab fünf Jahren. Abwechselnd greifen sie in das Münzsäckchen des Piratenkapitäns. Die Anzahl der Münzen, die sie herausziehen, ist nicht begrenzt. Gierig können sie nach zehn Münzen greifen, aber auch vorsichtig nur drei herausziehen. Behalten dürfen sie das Münzgold nur dann, wenn es allein aus goldenen Münzen besteht. Sobald eine schwarze Münze auftaucht, muss alles Gold zurück in den Sack und die verfluchte Münze wird auf dem Spielplan abgelegt. Dieser zeigt acht Sammelfelder für die Münzen des Piratenkapitäns. Außerdem hat er an jeder Seite eine Art Sparbüchse, in die die Goldmünzen gesteckt werden. Sobald die letzte schwarze Münze in den Kreis kommt, endet die erste Duellrunde um die Schatztruhen. Der Spielplan wird angehoben und jedes Kind sieht seine gesammelten Münzschätze. Wer die wenigsten Münzen hat, bekommt zwei Papageienkarten, auf deren Rückseiten bis zu drei Goldmünzen zu sehen sind. Erst dann werten die Kinder ihre Ergebnisse aus. Wer hinten liegt, bekommt nur eine Schatztruhe, je nach Spielerzahl gibt es dann jeweils eine Schatztruhe mehr, sodass in Vollbesetzung bis zu vier Truhen maximal verteilt werden. Im Gegensatz zu den Papageienkarten ist jede prall gefüllte Truhe am Ende exakt einen Siegpunkt wert, es sei denn der Fluch Captain Blacks hat auch hier zugeschlagen, denn fünf Truhen sind leer.
Gespielt wird solange, bis jeder einmal Startspieler war und das große Piratenschiff vor sich stehen hatte. Erst dann wird Bilanz gezogen. Wer die meisten gefüllten Schatztruhen sammeln konnte, gewinnt DAS VERFLUCHTE PIRATENGOLD nach etwa 20-minütiger Goldsuche.
Die Idee des spanischen Spieleautors ist eigentlich ganz simpel. Dem Nervenkitzel beim Ziehen der Münzen kann sich aber kein Kind entziehen. Will man gierig sein, geht man dabei das höhere Risiko ein, eine schwarze Münze zu ziehen. Kleinschrittig mit nur drei oder vier Münzen pro Spielzug, ist die Chance, verschont zu bleiben, zwar höher, es reicht aber meistens nicht zum Spielgewinn. Durch die Papageienregel muss niemand führen, der Nachteilsausgleich für den letzten Spieler ist schon beträchtlich, zumal er meist drei oder gar vier Goldstücke zu seinem Ergebnis dazu addieren darf.
Meine Enkel lieben das Spiel, gehen gern hohes Risiko, zumal das anfangs häufig belohnt wird. Auch wenn ich mir eine höhere Varianz zum Beispiel bei den Schatzkarten gewünscht hätte, den Emotionen, die beim Goldziehen aus den Säckchen ständig eine Rolle in Form von Jubel und Schadenfreude spielen, kann auch ich mich nicht entziehen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: DAS VERFLUCHTE PIRATENGOLD
Autor: Pau Moré Gómez
Grafik/Design: Timo Grubing
Verlag: Haba
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 84/2018
Wer sich wundert, dass die 80 Spiele für 2018 überschritten werden, der sollte zurückblättern. Einige Spielbeschreibungen sind wegen späterer Veröffentlichung in der spielbox aus dem Blog verschwunden. DAS VERFLUCHTE PIRATENGOLD ersetzt daher DACKEL DRAUF!, das in Heft 3/2018 rezensiert wurde.
FOPPEN
Alte Schätze neu gehoben
Nach WUCHERER (1992) und FALSCHE FUFFZIGER (1994) war FOPPEN (1995) erst das dritte Spiel von Friedemann Friese. Das Stichspiel zeichnete sich damals durch eine ungewöhnliche Strichmännchengrafik der jungen Designerin Anja Jores und dem besonderem Element des Aussetzens aus. In Frieses FOPPEN musste man nicht unbedingt Stiche machen, aber man durfte auch nicht die schwächste Karte im Stich spielen, denn das hatte immer ein Aussetzen zur Folge. Daher sammelten die drei bis sechs Fopper auch keine Stiche, sondern versuchten zuerst ihre Karten loszuwerden. Gegen Spiele wie MÜ&MEHR und HATTRICK, die zeitgleich erschienen, hatte FOPPEN damals keine Chance. Trotzdem war das Konzept, dabei sein zu müssen, interessant, sodass eine Neuauflage durchaus Sinn macht.
Seit Essen 2018 ist FOPPEN leicht überarbeitet wieder auf dem Markt. Reizvoll war es schon in den 90ern in großer Runde und diese ist nun deutlich erweitert. Reichten die 60 Karten der Erstauflage für drei bis sechs Spieler, können nun durch insgesamt 88 Karten bis zu acht Spieler sich foppen. Die Mindestspielerzahl ist dabei auf vier erhöht worden. Damals wurden alle Karten verteilt, sodass das Spiel zu dritt über 20 Stichrunden verlief. 2018 bekommt jeder 12 Karten und in Vollbesetzung nur 11. Abhängig von der Spielerzahl werden nun Karten aus dem Spiel genommen, sodass jeder weiß, welche Karten im Spiel sind. Die Farbverteilung ist heute wie damals unterschiedlich geregelt. So gibt es nur 14 blaue Karten in den Werten von 2 bis 15, aber 26 grüne Karten.
Der Ablauf der Stichrunden folgt üblichen Stichspielregeln. Farben müssen bedient werden, der höchste Wert bekommt den Stich und spielt neu aus, der niedrigste Wert ist gefoppt und setzt die nächste Runde aus. Falls jemand nicht bedienen kann, ist er gefoppt. Sollten mehrere Spieler nicht bedienen können, zählt die niedrigste als schlechteste Karte. Spielen sieben oder acht das Stichspiel mit, werden gleich zwei Spieler gefoppt. Alle vier Farben haben Werte ab 2 aufwärts, die 1er-Karten sind Joker, die vor allem zum Bedienen genutzt werden können.
Die Stichrunde endet, sobald ein Spieler keine Karte mehr auf der Hand hat. Restliche Karten zählen ihre Werte als Minuspunkte, Joker werden dabei mit fünf Punkten bilanziert. Der oder die Gewinner erhalten zehn Pluspunkte, sofern sie in der letzten Runde nicht gefoppt wurden.
Gespielt wurde früher auf zwei Stichrunden pro Spieler, sodass jeder zweimal Startspieler war. Die aktuelle Regel sieht ein Spielende bei 80 Minuspunkten vor oder wenn ein Spieler dreimal zehn Pluspunkte sammeln konnte. Verzichtet hat Friese auf die Vorabverdopplung der Siegwertung, auf die man bieten konnte.
FOPPEN ist etwas für die große Runde, insofern ist diese Erweiterung für bis zu acht Spieler genau das Richtige. Zu Beginn mag es gewöhnungsbedürftig sein, an manchen Stichrunden sich nicht beteiligen zu können, aber bald nimmt man das in Kauf. Gerade anfangs lässt man andere die hohen Karten nutzen, um dann vielleicht mit einer langen Grünflöte zuzuschlagen, die die anderen in Schwierigkeiten bringt. Grafisch wissen die neuen Strichmännchen von Harald Lieske übrigens deutlich besser zu gefallen als die damaligen Zeichnungen von Anja Fores.
Wertung: gerne morgen wieder
Titel: FOPPEN
Autor: Friedemann Friese
Grafik/Design: Harald Lieske
Verlag: 2F
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 4 - 8
Spielzeit: ca. 15 Min.
Preis: ca. 8 Euro
Spiel 83/2018
Wer sich wundert, dass die 80 Spiele für 2018 überschritten werden, der sollte zurückblättern. Einige Spielbeschreibungen sind wegen späterer Veröffentlichung in der spielbox aus dem Blog verschwunden. FOPPEN ersetzt daher CHOP! CHOP!, das in Heft 7/2018 rezensiert wurde.
Mittwoch, 26. Dezember 2018
DOWNFORCE
Alte Schätze neu gehoben
Wenn eine Spielidee einen Autor wie Wolfgang Kramer über fast ein halbes Jahrhundert begleitet, dann muss sie ganz besonders sein (siehe unten). Schon sein Spieleerstling TEMPO besaß 1974 die wesentlichen Komponenten der Versteigerung und der Vorwärtsbewegung von Figuren mittels Karten.
Als NIKI LAUDAS FORMEL 1 kam es in der bekannten Autorennverarbeitung erstmalig 1980 auf den Markt und ist seitdem mehrfach neu veröffentlicht worden. Ganz aktuell greift Reservation Games das Spiel neu auf. Unter dem Motto „Every Game Deserves Another Turn“ veröffentlichen Justin Jacobson und Rob Daviau alte Schätze im sonnigen Florida neu. Sie starteten 2017 mit Kramers Idee, die als DOWNFORCE neu herauskam, daneben wurden Spiele wie HEISSE SPUR von Parker, das 1980 auf der Empfehlungsliste zum „Spiel des Jahres“ gelandet war, veröffentlicht. 2018 folgten u.a. Neuveröffentlichungen von dem MB-Spiel DER SCHATZ DES VUL-KHANS.
Mit Blick auf die vielen Lizenznehmer war bisher eindeutig DOWNFORCE das erfolgreichste Spiel von Reservation Games. Über IELLO und HUTTER steht so Kramers Idee auch wieder dem deutschen Markt zur Verfügung.
Ersteigern der Rennfahrzeuge, Wetten während des Rennens und Steuern des Rennverlaufs über Tempokarten, alles scheint bekannt. Redaktionell ist aber ein erhebliches Feintuning vorgenommen worden. Erst einmal vermisst man das Geld, die 100.000 Startkapital, das hat erhebliche Auswirkungen auf die Versteigerung der Boliden. Im klassischen Spiel gab es auch eine klassische Versteigerung, bei der die Fahrzeuge einmal für richtig viel Geld weggingen, das andere Mal aber schon für 30.000 zu haben waren. Nun wird nur noch verdeckt eine Tempokarte ausgespielt, deren entsprechender Farbwert – maximal eine „6“ – den Kaufpreis in Millionen anzeigt. Die Karte ist danach nicht einmal weg, sondern darf für das Rennen und weitere Versteigerungen genutzt werden. Verrechnet wird das Ganze über einen Wertungsblock, auf dem auch die Wetten abgegeben werden. Dieser Block dient der Bilanzierung des gesamten Rennens mit Sieg- und Wettprämien.
Eine weitere wesentliche Neuerung ist, dass die Rennautos stets gekoppelt mit einer Spezialkarte versteigert werden, die sich auf die Bewegung der Wagen auswirken. Die Karten sind nicht unbedingt ausgewogen, was leider auch nicht durch die geringe Varianz bei der Versteigerung ausgeglichen wird.
Der Rennverlauf ist identisch. Reihum spielen die Spieler ihre Rennkarten aus und bewegen dabei die Fahrzeuge von oben nach unten, die weißen Autos entsprechen weiterhin der Jokerfarbe und dürfen fast beliebig verwandt werden. Die Spielspannung ergibt sich heute wie früher aus dem Rennverlauf, der taktischen Nutzung der Schikanen, dem Ausbremsen hinten liegender Fahrzeuge. Das ergab das gewisse Etwas dieses Spiels, das es inzwischen zu einem gereiften Oldtimer hat werden lassen. Dieser Spielreiz ist immer noch zu spüren. Bei den Karten fällt schnell auf, dass die ziemlich glückslastigen Pannenkarten aussortiert wurden, die einen Führenden schnell mal auf das Abstellgleich stellten, aber auch überraschende Überholmanöver zuließen. Wer keine solche Karte hatte – und es gab nur deren drei – war hoffnungslos verloren. Deshalb kann ich den Verzicht auf diese Karten nur begrüßen.
Der Funke springt immer noch über. Ich vermisse zwar Geld und echte Versteigerung, aber DOWNFORCE funktioniert auch in dieser reduzierten Form. Im Kalkül ist alles etwas knapper, wenn ich mich nur zwischen maximal 12 Millionen Siegprämie und 6 Kostenmillionen bewege, da war das Schwelgen in den Hunderttausendern doch irgendwie üppiger. Zwei Rennpläne, ganz hübsche Plastik-Boliden, ein ordentliches Regelwerk mit einiger Varianz machen aus DOWNFORCE eine gute Neubelebung einer bekannten Spielidee.
Wertung: gerne morgen wieder
Titel: DOWNFORCE
Autor: Wolfgang Kramer
Grafik/Design: Jason Taylor
Verlag: IELLO / Hutter
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 6
Spielzeit: ca. 30 Min.
Preis: ca. 35 Euro
Spiel 82/2018
Veröffentlichungsgeschichte nach einer Übersicht des Autors:
1974 Tempo (ASS)
1980 Niki Laudas Formel 1 (ASS)
1985 Formel 1 Nürburgring (ASS – nicht autorisierte Auflage)
1991 Daytona 500 (Hasbro, USA)
1996 Top Race (ASS)
1996 Detroit-Cleveland Grand Prix (Mayfair)
1998 Race (Alga, Skandinavien)
2002 Top Race (Aldi Nord):
2008 Top Race (Volkanik, Kanada/USA)
2008 Top Race (Pegasus)
2017 Downforce (iello / HUTTER)
1980 und 1996 wurde das Spiel in die Auswahlliste zum Spiel des Jahres aufgenommen und erhielt 1996 die Essener Feder für das Spiel mit der besten Spielregel.
Wer sich wundert, dass die 80 Spiele für 2018 überschritten werden, der sollte zurückblättern. Einige Spielbeschreibungen sind wegen späterer Veröffentlichung in der spielbox aus dem Blog verschwunden. DOWNFORCE ersetzt daher SPEED COLORS, das in Heft 5/2018 rezensiert wurde.
Sonntag, 23. Dezember 2018
FARBEN
In Hinblick auf die Autorinnen-Quote dürfte die Edition Spielwiese alle Verlage weit hinter sich lassen. Von den im Augenblick veröffentlichten fünf Autoren sind zwei Autorinnen. Neben Sophia Wagner, von der die Edition schon zwei Spiele herausgebracht hat, ergänzt mit Apolline Jove eine ganz neue Autorin seit Oktober das Verlagsprogramm.
Die Redaktion der Edition Spielwiese liefert nicht nur Autorinnen eine Plattform für Veröffentlichungen, sondern überrascht auch mit ganz ungewöhnlichen grafischen Konzepten. Am spannendsten ist das bisher mit Christian Schupp und seiner weltliterarischen Umsetzung von NIMBLE gelungen. Nicht weniger überraschend kommt Joves Idee FARBEN daher. Erinnerungen an Roy Black werden wach, wenn das Cover „ganz in Weiß“ erstrahlt.
Bei dieser Akzentsetzung auf neue Namen aus der Autoren- und Grafikerszene wünschte ich mir nur noch von dem kreativen Berliner Verlag, dass er uns über die Regel oder Schachtel einige Informationen über die neuen Menschen hinter den Spielen erzählen würde. Denn um Erzählen geht es auch in Apolline Joves FARBEN.
Drei Spieler sind mindestens erforderlich. Für fünf reicht das Kartenmaterial aus. Jeder Erzähler bekommt zwölf Farbkarten mit den Grundfarben und den üblichen Mischfarben. Von den „unbunten“ Farben sind neben schwarz und weiß noch grau dabei, außerdem gibt es eine bunte Regenbogenkarte. Neben den Farbkarten spielen fast 60 zweisprachige Wortkarten die entscheidende Rolle. Diese Karten sind doppelseitig bedruckt, so dass 118 Begriffe im Spiel sind.
Für jede Spielrunde kommen zehn Wortkarten in die Tischmitte. Reihum entscheiden sich die Gruppenmitglieder für einen Begriff, zu dem sie verdeckt ihrer Meinung nach passende Farbkarten aussuchen. Danach erzählt jeder eine kleine Geschichte, die erklärt, warum die entsprechende Farbe ausgesucht wurde. Aus Stichwort und Farbkarten wird danach ein kleiner Stapel gebildet. Das passiert genau zehn Mal.
In der Wertungsphase dienen die Geschichten nur noch als Erinnerungshilfe. Erinnern muss man sich an die FARBEN, die die Beteiligten gewählt haben. Jeder bekommt zwischen zwei oder drei Stapel zugeteilt, die er umgekehrt auffächert. Über die Kartenrückseiten sind die Mitspieler identifizierbar. Wer die korrekte Farbe nennt, bekommt zwei Punkte, das gilt sogar für die eigene Karte. Jeder Spieler, dessen Farbe erkannt wird, bekommt immerhin noch einen Punkt. Diese Regelung gilt allerdings nicht für die eigene Karte. Wer möchte, kann mit Tipp-Hilfe spielen, sodass die Beteiligten noch einmal ganz kurz an ihre Geschichte erinnern, sofern sie das selbst überhaupt noch wissen.
Am Ende wird zwar bilanziert, aber diese Bilanz steht nicht wirklich im Vordergrund. Die Geschichten selbst machen das besondere Spielerlebnis in FARBEN aus. Dazu braucht es allerdings Spielgruppen, die sich entsprechend öffnen und persönliche Preisgaben zulassen. Deshalb klappt FARBEN beim Spiel mit Grundschülern auch weniger gut, die kommen meist über Einwortzuordnungen nicht hinaus. Die Altersangabe ab zehn Jahren stimmt daher genau.
Für die erste Runde empfehle ich die kleine Besetzung, schon die ergibt 30 Farbgeschichten, die sich manchmal richtig einbrennen. Spielerisch bringt das Erinnern über Geschichten nicht wirklich Neues auf den Spieltisch, besonders gut gelungen ist das bisher eigentlich nur Stefan Dorra und Ralf zur Linde in ESELSBRÜCKE. Trotzdem eröffnet FARBEN durch die subjektive Erzählkomponente eine neue Dimension.
Wertung: Mit der richtigen Gruppe morgen wieder
Titel: FARBEN
Autor: Apolline Jove
Grafik/Design: 101 Coding and Design
Verlag: Edition Spielweise / Pegasus
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 3 - 5
Spielzeit: ca. 45 - 75 Min.
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 81/2018
Wer sich wundert, dass die 80 Spiele für 2018 überschritten werden, der sollte zurückblättern. Einige Spielbeschreibungen sind wegen späterer Veröffentlichung in der spielbox aus dem Blog verschwunden. FARBEN ersetzt daher BELRATTI, das in Heft 7/2018 rezensiert wurde.
Samstag, 22. Dezember 2018
KNAPP DANEBEN!
Wer zu guten Würfelspielen greifen will, hat im Augenblick nur zwei kompetente Anlaufstationen, NSV und Schmidt. Die Redakteure, Reinhard Staupe für den kleinen Nürnberger Verlag und Thorsten Gimmler und Matthias Karl für die große Berliner Konkurrenz, sind als Trüffelsucher immer wieder erfolgreich und liegen mit ihren Veröffentlichungen selten daneben.
Sogar wenn sie einmal KNAPP DANEBEN! liegen, landen sie einen Volltreffer. Das gilt für Matthias Karl, unter dessen Ägide die gleichnamige Idee eines Spiels von Andreas Kunekath umgesetzt wurde. Kunekath war bisher vor allem durch Veröffentlichungen für Steffen Spiele wie KULAMI und SCH K.O. in Erscheinung getreten. Inzwischen hat der in Fischeln bei Krefeld lebende Autor wohl geheiratet, denn sein Nachname ist durch das Anhängsel „Häbler“ ergänzt.
KNAPP DANEBEN! folgt dem Erfolgsrezept von QWIXX, NOCH MAL! & Co.: Ein Block zum Eintragen, Würfelergebnisse, die alle beteiligen, und ein pfiffiges Punktekonzept. Kunekath lässt in einem 5x5-Raster 25 Einträge zu, die in den fünf Würfelfarben zugeordneten Kreisen vorgenommen werden. Zu Beginn entscheidet sich jeder Spieler für eine Würfelfarbe, Im Spiel muss diese Farbe immer mit einem beliebigen anderen Würfel kombiniert und dann entsprechend der beiden Farben einem Kreis zugeordnet werden. Beim Eintrag entscheidend ist, dass in orthogonal angrenzenden Kreisen möglichst oft Zahlen auftauchen, die exakt knapp neben der Ausgangszahl liegen. Der Wert darf daher nur um einen Punkt höher oder tiefer liegen. Gewertet werden am Ende alle vier Eintragungen in den Reihen und Spalten. Gelingt das KNAPP DANEBEN! nur einmal, gibt es nur einen Punkt, klappt es in der ganzen Reihe, werden zehn Punkte erzielt.
Wer seine Ergebnisse nicht nur um die statistischen Wahrscheinlichkeiten der „7“ pendeln lassen will, wird zusätzlich für die Eintragung von Randzahlen belohnt. Die Ergebnisse 2 und 12 bringen gleich doppelte Siegpunktschritte, die 3,4,10 und 11 jeweils einen. Das sind schon die ganzen Regeln.
Mit dem Blatt vor der Nase, dem Stift in der Hand und den fünf Farbwürfeln auf dem Tisch dauert die Spielerklärung keine 30 Sekunden. Auch danach geht es zügig, da die Kombinationsmöglichkeiten des eigenen Würfels mit den vier anderen überschaubar sind und sich im Laufe des Spiels immer mehr einschränken, da die Farboptionen sich verringern. Natürlich versucht man möglichst viele ideale Reihen hinzubekommen, um die zehn Punkte zu kassieren, aber auch die Extrapunkte sind reizvoll, obwohl sie oft konträr zum eigentlichen Spielziel stehen.
KNAPP DANEBEN! besitzt nicht das Niveau von GANZ SCHÖN CLEVER, gaukelt dies aber auch nicht vor. Es liegt auf dem Niveau der 25 Felder-Einträge von WÜRFEL BINGO und dieses Spiel, das zurzeit als KNISTER bei NSV im Programm ist, hat mir schon bei seiner Veröffentlichung sehr gefallen. Auf diesem Niveau würfelt Kunekath mit. Schmidt packt seine Idee in die Metallschachtel, was ganz nett aussieht, erstaunlich preiswert ist, aber viel Luft nach oben lässt. Da hätte der Block ruhig doppelt so dick ausfallen können und die Dose wäre immer noch nicht halb gefüllt. Im Vergleich zu anderen Würfelspielen von Essen wie BRIKKS (Schmidt) und QWANTUM (NSV) liegt Kunekaths Idee nicht KNAPP DANEBEN!, sondern klar vorn.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: KNAPP DANEBEN!
Autor: Andreas Kunekath-Häbler
Grafik/Design: Visit-GmbH
Verlag: Schmidt
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 1 - 5
Spielzeit: ca. 15 Min.
Preis: ca. 7 Euro
Spiel 80/2018
Freitag, 21. Dezember 2018
ROCK ME ARCHIMEDES
Matt Buchanans ROCK ME ARCHIMEDES ist schon seit 2012 im Programm von Marbles Brain Workshop. Die Firma aus Chicago wurde aber 2017 von der kanadischen Konkurrenz Spin Master übernommen, die ROCK ME ARCHIMEDES nun seit 2018 in ihrem Programm führt.
Das Waage-Spiel ist designtechnisch ein Hingucker. Ursprünglich hatte Marbles Brain Workshop eine der Waageform nachgebildete Verpackung entwickelt, die Spin Master leider zu einer Weinflaschen-Verpackung hat verkommen lassen. 3x16 sauber gefräste Vertiefungen machen das längliche Brett aus, das auf einer halbrunden Wippe gelagert ist, für die zusätzlich noch eine Abstellplattform mitgeliefert wird. In die Wippe integriert ist eine kleine Holzschale für jeweils 12 weiße und schwarze Murmeln, die für das Waagespiel benötigt werden.
Das Besondere an ROCK ME ARCHIMEDES ist der beiliegende Würfel, der recht viel Glück in ein eigentlich geschicklichkeitsgeprägtes Spielegenre bringt. Die beiden Endzonen und die mittlere Spielzone sind dunkelbraun markiert. Wer es schafft, vier seiner Murmeln in die sechs Endmulden zu bekommen, ohne dass die Wippe den Tisch berührt, gewinnt ROCK ME ARCHIMEDES.
Wer am Zug ist, setzt entweder eine Murmel in die mittlere Zone ein oder er würfelt. Das Wurfergebnis lässt Bewegungen zwischen einem und drei Feldern zu, die beliebig auf einzelne Murmeln verteilt werden dürfen. Da mit hälftiger Wahrscheinlichkeit die größte Zahl gewürfelt wird und die „1“ nur einmal vorkommt, kommen die Murmeln Richtung Gewinnzone recht schnell voran. Da beide Spieler das machen, ist die Gefahr von Maximalausschlägen eher gering. Das führt leider dazu, dass im Endspiel meist derjenige die Nase vorn hat, der häufiger die „3“ würfelt und damit etwas schneller ist.
Theoretisch klingt es zwar interessant, ein Balance-Spiel mit einer Art Wettlauf zu verbinden. Praktisch bleibt der Balance-Aspekt fast auf der Strecke, sodass ein Rennspiel übrigbleibt, das der gewinnt, der besonders hoch würfelt.
Spannender wird es, wenn man das Grundspiel vergisst und vor allem zur zweiten Variante greift. Danach können die vier Murmeln in beliebige Endzonen gebracht werden. Damit lässt sich das kipplige Waagegerät besser austesten und der Mut zum Risiko wird stärker belohnt oder bestraft. Mit Kindern lässt sich die Waage auch gut ohne Würfel erproben.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat wieder
ROCK ME ARCHIMEDES
Grafik/Design: keine Angabe
Verlag: Spin Master
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 2
Spielzeit: ca. 15 Min.
Preis: ca. 49 Euro
Spiel 79/2018
Freitag, 14. Dezember 2018
ALLE GEGEN RUDI
Reinhard Staupe betreut nicht nur fantastische Würfelspiele wie QWIXX & Co., immer wieder erinnert er sich seiner Wurzeln, denn seine ersten Ideen hat er für Kinder gemacht. Mit ALLE GEGEN RUDI und LI LA LAUT erweitert er das Programmangebot von NSV um attraktive Kinderspiele. ALLE GEGEN RUDI bespreche ich heute auf dieser Seite, über LI LA gebe ich LAUT in der Spielbox in Heft 2 /2019.
Rudi ist eine kleine Rennmaus mit optimalen Siegchancen auf der halben Stadionrunde. Da haben es Bär, Hund und Igel schwer, aber für sie gilt: ALLE GEGEN RUDI. Das kooperative Wettrennen von Reinhard Staupe wird durch zwei Würfel gesteuert. Auf fünf der zwölf Würfelseiten ist Rudi zu sehen, der Igel kommt immerhin viermal vor, wogegen der Hund auf jedem Würfel nur einmal zu finden ist. Und der Bär, nun, wer mitgerechnet hat, weiß, der taucht nur ein einziges Mal auf. Der Nachteilsausgleich für Hund und Bär besteht in der Zugweite. Rennmaus Rudi und Igel Ilse dürfen pro Würfelseite nur ein Feld auf der 25-Felderstrecke voranziehen, Hubert, unser Hund, läuft doppelt so weit, und Bruno, der Bär, dessen Trinkflasche schon leer ist, kommt immerhin drei Felder voran, wenn er denn einmal auf den Würfelseiten zu sehen ist.
Die Wahrscheinlichkeitsrechnung ist auf Rudis Seite, seine Gegner, die abwechselnd die beiden Würfel werfen, haben keine Chance. Hätte Staupe nicht den Igelpasch erfunden, immer dann dürfen sich die Spieler beraten und könnten Hund oder Bär entsprechend ihrer Zugweite voransetzen. Denn das Team gewinnt gegen Rudi, sobald eines der drei Tiere die Ziellinie vor der Maus überquert. Ein Sieg reicht allerdings nicht aus, wer zwei Rennen gewinnt, ist letztlich der Sieger von ALLE GEGEN RUDI.
Staupe hat die Würfelseiten so verteilt, dass das Rennen stets knapp ausgeht. Schon vierjährige Kinder fiebern mit und drücken Hund und Bär die Daumen auf den Spielsieg. Wenn sie gewinnen, ist es meist Hund Hubert, der Rudi Rennmaus schlägt. Er wird doch häufiger geworfen als der Bär und findet deshalb die meiste Unterstützung durch den Igelpasch. Wir haben aber auch schon Bruno als Sieger erlebt.
Ein kooperatives Wettrennen und dann noch für Kinder ab vier Jahren, das gut klappt und Spannung erzeugt, ist selten. Der Autor ist daher für seine Spielidee durchweg zu loben. Als Redakteur hätte er aber seiner Idee unbedingt Aufsteller für die vier Tiere spendieren müssen. Kein Kind sieht ein, dass die Rennteilnehmer nicht mitten auf der Sandbahn laufen dürfen, sondern nur unter ihr ausliegen. Das ist nun überhaupt nicht kindgerecht und sollte dringend nachgebessert werden. Am Besten gleich mit vier kleinen Holzfiguren, die dem Rennen noch mehr Atmosphäre geben würden.
Wertung: Mit kleinen Rennteilnehmern gegen Rudi gerne morgen wieder
PS: NSV hat im Mai 2019 meine Kritik aufgegriffen. Die vier Tiere stehen nun auf ihrer Rennbahn.
Titel: ALLE GEGEN RUDI
Autor: Reinhard Staupe
Grafik/Design: Oliver Freudenreich
Verlag: NSV
Alter: ab 4 Jahren
Spielerzahl: 1 - 4
Spielzeit: ca. 10 Min.
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 78/2018
Donnerstag, 13. Dezember 2018
KINDER ROMMÉ: BAUERNHOFTIERE
Oft sind es die klassischen Vorbilder, die zu herausragenden Spielen führen. 2017 haben Pegasus und Bruno Cathala uns dies am DOMINO-Prinzip gezeigt, das sie damals geadelt haben. Das klassische ROMMÉ hat es 1980 sogar schon in abgewandelter Form als RUMMIKUB zum „Spiel des Jahres“ gebracht. Der Hamburger Nicola Riehemann führt ganz aktuell Kinder an das ROMMÉ-Spiel heran.
Die Grundidee, als Erster alle Karten auslegen zu können, prägt auch das KINDER ROMMÉ von Riehemann. Er beschränkt das Auslegen von Kartensets aber auf einfache Tierkarten, verzichtet damit auf Zahlenwerte oder die typischen Kartenfarben französischer Spielkarten. Er dampft damit die Grundidee ganz wesentlich ein, lässt aber auch das Anlegen – in seinem Fall nur in der eigenen Auslage – zu.
Im Spiel sind 60 Tierkarten vom Hofkater über Schwein, Pferd und Kuh bis zum Schäfchen „Jella“. Von allen Tieren gibt es jeweils vier Vorder-, Mittel- und Hinterteile. Die Erstauslage, die beim ROMMÉ bei 40 Punkten möglich ist, wird deutlich vereinfacht, da ein Tier erst einmal nur aus Kopf und Hinterteil bestehen muss. Alle starten mit sechs Handkarten und ziehen zu Beginn ihres Zuges eine verdeckte Karte oder eine offene von der Ablage nach. Wer ein Tier ausspielt, darf es in der eigenen Auslage später durch Mittelteile ergänzen. In jedem Fall wird der Zug dadurch beendet, dass eine Karte abgelegt werden muss. Auch diese Ablage regelt Riehemann kinderfreundlich, da es nicht nur einen Ablagestapel gibt, sondern eine ganze Reihe, in der nur identische Karten übereinanderliegen. Damit steuert er natürlich das leichtere Ausspielen von Tiersets. Sobald ein Spieler seine letzte Karte spielen konnte, ist in der Grundvariante meist schon nach zehn Minuten Schluss.
Wer will, kann die Anforderungen erhöhen, indem zu Spielbeginn zwei Karten nachgezogen werden und Mittelteile Punkte bringen, sodass es nicht mehr um das frühzeitige Spielende geht, sondern um die meisten Bauchteile der Tiere.
Klingt alles simpel, leicht gestrickt und wenig innovativ. Die „Tiere aus Langland“ kommen aber bei der Zielgruppe erstaunlich gut an. Dazu tragen die Illustrationen Anne Pätzkes bei, die besonders bei den Langfassungen von Pferd und Schwein immer wieder zu Begeisterungsstürmen führen. Das einfache Kartenspiel ist fast rundum gelungen. Was nicht so gefällt, ist die Kartengröße. Beim Halten dieser großen Spielkarten haben vier- und fünfjährige Kinder Probleme. In der Regel wird zwar vorgeschlagen, dass die Kinder die Karten doch einfach auslegen könnten, aber die etwas älteren haben ruckzuck heraus, dass der Informationsvorsprung sich nutzen lässt. Im Grunde genommen könnte Pegasus sich den Preisträger von 1980 zum Vorbild nehmen, Kartenhalter und kleinere Papp-Kärtchen würden schon ausreichen, da würde ich sogar einen Preis knapp unter 20 Euro noch für angemessen halten.
Wertung: Mit Kindern gerne morgen wieder
Titel: KINDER ROMMÉ: BAUERNHOFTIERE
Autor: Nicola Riehemann
Grafik/Design: Anne Pätzke
Verlag: Pegasus
Alter: ab 5 Jahren (auch für Vierjährige spielbar)
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 10 - 20 Min.
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 77/2018
Dienstag, 11. Dezember 2018
ZWOGGEL
2017 startete Steffen Mühlhäuser mit einer Serie kleiner quadratischer Spiele. POK, NONAGA, WÜRFELBLITZ und 27 waren vier kurzweilige Spiele, „Langeweilevertreiber“, wie Mühlhäuser sie nannte. Die Reihe bekommt 2018 gleich doppelt Nachwuchs, einmal mit RINGO und dann noch mit ZWOGGEL.
ZWOGGEL sind kleine Teufelchen, die unter Steinen leben, gleich 64 davon stecken in der kleinen ZWOGGEL-Schachtel. 32 rote und ebenso viele grüne Monsterwesen nutzt der israelische Spieleautor Inon Kohn für eine Art umgekehrtes TIC TAC TOE.
Die quadratischen Pappkärtchen werden mit der Steinseite nach oben gemischt und zwei bis vier Spieler starten mit einer Auslage von 2x2 verdeckten Plättchen. Wer am Zug ist, deckt zwei ZWOGGEL auf. Danach zieht der aktive Spieler drei weitere Plättchen, die er verdeckt in die Auslage legt, das darf orthogonal, aber auch vertikal geschehen. Ist der Startspieler noch völlig unbedroht, kann schon beim zweiten die TIC-TAC-TOE-Drohung eintreffen. Sobald drei gleichfarbige ZWOGGEL in einer Reihe auftauchen, muss das letzte Kärtchen zur Strafe aufgenommen werden. Wer den dritten ZWOGGEL bekommt, ist aus dem Spiel. Im Duell steht damit der Gewinner schon fest. Mit mehr Spielern geht es so lange, bis nur noch einer übrig ist.
ZWOGGEL ist ein raffiniertes Bluff-Spiel, das aber auch Gedächtnisleistung verlangt. Einerseits baut man Fallen für die nachkommenden Spieler auf, andererseits möchte man sich aber auch ein Türchen offenlassen, sodass man immer noch Plättchen findet, die man selbst aufdecken kann. Dabei den Überblick zu behalten, ist besonders in Vollbesetzung nicht einfach.
Am reizvollsten empfinde ich immer noch das Duell, da im Spiel zu dritt und zu viert meist alle Fallen schon zugeschnappt sind, aber auch die Sicherheitsplättchen oft schon ausgedient haben. Da ist das Spiel weniger kalkulierbar. Ursprünglich war ZWOGGEL auch ein reines Zweipersonenspiel. 2009 hieß es noch YENGO und hatte 40 Holzsteine. Das Besondere an YENGO war die Wertigkeit der Farbsymbole, rote und schwarze standen sich hier gegenüber. Einmal war es aber nur ein Kreissegment, dann konnten es auch zwei oder drei sein. Schluss war hier, sobald ein Spieler sechs Strafpunkte hatte. Der Vorteil dieser Variante war, dass man sich mit gut gemerkten 1er-Steinen länger im Spiel halten konnte.
Grundschulkinder finden jedenfalls deutlich mehr Gefallen an den kleinen ZWOGGELn, sie hat das abstrakte YENGO viel weniger angesprochen. Wer Ideen mag, bei denen man sich in die vermuteten Denkweisen des Mitspielers einhacken möchte, um herauszubekommen, was er denn denken könnte, der sollte sich unbedingt ZWOGGEL anschauen und erst einmal mit der Duell-Variante beginnen.
Wertung: Gerne morgen wieder, sofern wir uns duellieren
Titel: ZWOGGEL
Autor: Inon Kohn
Grafik/Design: Bernhard Kümmelmann
Verlag: Steffen Spiele
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 10 - 20 Min.
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 76/2018
Montag, 10. Dezember 2018
DAS MASS ALLER DINGE
Schätzleisten wie im MASS ALLER DINGE tauchten meiner Meinung nach erstmalig in einem ganz frühen Rosenberg-Spiel auf. 1992 veröffentlichte er TIMES bei Salagames, ein Spiel, bei dem man ein historisches Ereignis weiter oder ganz eng einordnen konnte. Ganz frei von Maßstäben funktionierte dies auch in SCHÄTZEN SIE MAL von Reinhard Staupe.
Die österreichischen Autoren Steinwender und Puhl, die schon seit 2005 gemeinsam Spiele veröffentlichen, bemühen beim MASS ALLER DINGE weniger die Historie als alle möglichen abgedrehten Bereiche, die sich irgendwie für Schätzungen eignen. Da kommen so verrückte Fragen wie die zur Waschmaschine heraus. Schon seit dem 17. Jahrhundert wird sie ständig weiterentwickelt, wie viele Patente sind nur in den USA zwischen 1790 und 1975 registriert worden?
Die Fragekarte verweist schon auf die Dimensionen, in denen wir uns hier bewegen. Skaliert ist sie zwischen 0 und 20.000. In der Mitte liegt eine entsprechend farblich abgestufte Skala aus, auf die die Spieler der Reihe nach ihre Schätzleisten ablegen, da gibt es ganz lange, die fast 15 Zentimeter der 44 Zentimeter langen Leiste abdecken. Im mittleren Bereich sind es noch 11 Zentimeter, die kleinste Schätzleiste deckt die Hälfte davon ab. Bei der Waschmaschinenfrage würde ich sicherheitshalber zur langen Leiste greifen und sie irgendwo im 10.000 Bereich ablegen. Haben das alle getan, wird die Aufgabenkarte umgedreht und die Einordnung wird über Bilder unter der Skala exakt vorgenommen. Ich gehe einmal davon aus, dass ich nicht spoilern sollte, insofern erfahren Sie an dieser Stelle nicht, ob ich richtig lag. Wer Treffer erzielt, darf je nach Schätzleistenlänge zwei, drei oder fünf Siegpunkte verbuchen, die themengerecht auf einem Maßband abgetragen werden. Wer als erster 15 Zentimeter erreicht, gewinnt DAS MASS ALLER DINGE nach schnellen 15 bis 20 Minuten.
Der besondere Spielreiz ergibt sich aus der redaktionellen Arbeit des Autorenteams, die sich viele abgedrehte Fragen ausgedacht haben, deren Antwort die meisten sicherlich nicht wissen. Damit haben wir hier auch weniger ein Quizspiel, sondern ein wirkliches Schätzspiel, bei dem die üblichen „Klugscheißer“ auch keine Chance haben. Das funktioniert gut, solange die Skalen groß genug sind. Wird überschaubar skaliert, geht das lockere Legen verloren und man braucht fast den Taschenrechner. Das ist vor allem dann ärgerlich, wenn ich ausnahmsweise ungefähr die richtige Lösung kenne. Bei den wenigen historischen Fragen geht es zum Beispiel um die Nobelpreisverleihung von Einstein. Ich weiß, dass sie irgendwann in den 20er Jahren war, die vorgegebene Bandbreite schwankt bei dieser Frage zwischen 1900 und 1960. Die zehn Jahre zwischen 1920 und 1930 machen gut 7,3 Zentimeter aus, das muss ich jetzt in Beziehung setzen zur Länge meiner Schätzleisten. Da geht dann irgendwann die Lockerheit verloren.
Wer Spaß an abstrusen Fragen hat und schon immer einmal wissen wollte, wie viel Gramm Kaviar durchschnittlich unsere Weltbevölkerung verspeist oder wie viele Brücken in Venedig fehlen, damit man über ebenso viele wie in Amsterdam gehen kann, der sollte sich DAS MASS ALLER DINGE unbedingt anschauen. Vorab gebe ich schon einmal den Karat-Tipp, es sind mehr als sieben Brücken. Nächste Woche lerne ich die Welt jedenfalls gern weiter aus der Schätzperspektive kennen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: DAS MASS ALLER DINGE
Autoren: Arno Steinwender, Christoph Puhl
Grafik/Design: Game Factory
Verlag: Game Factory
Alter: ab 14 Jahren
Spielerzahl: 2 - 6
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 75/2018
Sonntag, 9. Dezember 2018
SCHAU SCHAU!
Noris ist in Hinblick auf innovative Produkte stets vorn mit dabei. Vor knapp acht Jahren hatten sie mit dem TOY STICK sogar noch vor dem TIP TOI ihren Fuß in der Tür digitaler Sprechstifte. Technisch hatte damals das Noris-Produkt eigentlich die Nase vorn, konnte man doch schon mit dem Stift Aufnahmen machen, auch die Speicherkapazität war viermal höher als beim Ravensburger Produkt, aber das Beiprogramm enttäuschte. Deshalb verdient Ravensburger heute immer noch gut mit den Tiptoi Produkten, während der TOY STICK schon lange keine Konkurrenz mehr ist. Auch auf den EXIT- oder ESCAPE-Zug ist Noris mit aufgesprungen und mit dem Chrono Decoder und einer Wiederverwendbarkeit der Fälle neben Kosmos gut im Rennen.
Ganz aktuell bindet die Fürther Firma in SCHAU SCHAU! amazons Alexa mit in ein Spiel ein. Im Grunde genommen ist es ein einfaches Beobachtungsspiel mit Karten in vier Hintergrundfarben und mit jeweils acht Gegenständen. Alexa stellt Fragen, die meist zwei oder drei Gegenstände mit einander verbinden. „Wo seht ihr genau ein Kleidungsstück und einen Gegenstand aus der Schule?“ „Wo findet ihr drei Nahrungsmittel?“ Mengenvergleiche kommen ebenfalls vor: „Wo findet ihr die wenigsten Nahrungsmittel?“, lautet beispielsweise eine Frage.
Wer die Antwort weiß, greift nach einer großen Schnappfigur und nennt die Kartenfarbe mit der vermuteten Lösung. Ist sie richtig, gibt es die Karte. Bei einer falschen Antwort muss eine Karte abgegeben werden. Alexa lässt die anderen in einem solchen Fall nicht weiterraten, sondern nennt die korrekte Lösung. Nach 20 Fragen ist Schluss. Wer die meisten Karten sammeln konnte, gewinnt dann nach 10 bis 15 Minuten das Spiel.
Noris empfiehlt SCHAU SCHAU! für Kinder ab fünf Jahren. Die teilweise geforderten gedanklichen Verknüpfungen sind durchaus anspruchsvoll, sodass jüngere Kinder mit der Taktung von zehn Sekunden für die Beantwortung der Fragen überhaupt nicht klarkommen. Alexa wiederholt zwar einmalig die Frage, schaltet dann aber nach weiteren zehn Sekunden völlig ab. Mir fehlen hier individuell einstellbare Überlegungszeiten. Im Augenblick muss das Spiel ständig wieder neu gestartet werden. Man kann zwar an der Stelle weitermachen, an der Alexa ausgestiegen ist, aber das ist sehr umständlich. Alexa erkennt auch nicht alle korrekten Antworten, so fragt sie einmal nach einer Karte mit genau einem fliegendem Fortbewegungsmittel. Richtige Antworten gibt es auf grünen und gelben Karten, Alexa akzeptiert aber nur die gelbe Farbe. Problematisch ist auch, dass die Zahl der Fragen überschaubar ist, sodass sich identische Fragen teilweise sogar während einer 20er- Serie wiederholen. Dazu ist dann die Gesamtstruktur der Bildkarten zu simpel gestrickt. Wer sich einprägt, dass die gelben Karten beispielsweise durch drei Tiere und Nahrungen, außerdem ein Fortbewegungsmittel, das fliegt, und ein Kleidungsstück definiert werden, kann viele Antworten, ohne auf die Karte zu schauen, lösen.
SCHAU SCHAU! sage ich ein ähnliches Schicksal wie dem TOY STICK voraus. Im Augenblick ist dieses eindimensionale Fragespiel mit Alexa für zwei oder drei Runden ganz nett, das war es dann aber auch schon. Meinen Enkeln kann ich jetzt nicht mehr damit kommen, die winken ab oder basteln sich selbst Fragen zu den Karten. Denn als Suchspiel ohne Alexa taugt SCHAU SCHAU! genauso gut, wie „Ich sehe was, was du nicht siehst!“ und das wird zwischendurch immer einmal wieder gespielt.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat wieder
Titel: SCHAU SCHAU!
Autor: keine Angabe
Grafik/Design: Fiore GmbH
Verlag: Noris
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 2 - 5
Spielzeit: 10 – 15 Min.
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 74/2018
Samstag, 8. Dezember 2018
CARPE DIEM
Als Historiker ist mir zwar bewusst, dass „Carpe Diem“, das „Pflücke den Tag“, aus einer Ode von Horaz im ausgehenden 1. Jahrhundert v. Chr. stammt. Einzuordnen ist diese Sentenz aber eher ins Barock-Zeitalter. Der Dreißigjährige Krieg mit seiner ständigen Todesdrohung brauchte einen Gegenpol, den die Sinnlichkeit und Verspieltheit von Barock und Rokoko schufen. Wenn das Ende denn schon bald ansteht, dann sollte man doch das Leben auskosten. Daher hätte ich ein Spiel mit dem Titel CARPE DIEM auch eher ins 17. Jahrhundert verortet, als in die Zeitenwende unter Augustus.
Ehrlich betrachtet, könnte dieser Landschafts- und Gebäudebau von Stefan Feld in jedem Jahrhundert spielen und müsste nicht in Rom angesiedelt sein. Wir könnten uns ebenso den Wiederaufbau Deutschlands nach 1648 vorstellen. Das Motto wird auch eher calvinistisch interpretiert, im Sinne einer effektiven Nutzung der Arbeitskraft, um Häuser und Landschaften zu entwickeln.
CARPE DIEM ist ein strategisches Legespiel, bei dem in einem 6x6 Raster von zwei bis vier Spielern Villen gebaut werden, Weinberge und Hühnerställe entstehen, aber auch Fischteiche und Kräutergärten. Jedes Plättchen benötigt mindestens ein Pendant, damit ein Kräutergarten abgeschlossen wird oder das Haus eines Händlers, Bäckers oder Handwerkers. Ohne Abschluss sind nur die isolierten Brunnen brauchbar. So entstehen die meisten Gebiete und Gebäude aus zwei oder drei Plättchen, nur die Villen wachsen ausufernd und mit möglichst vielen Schornsteinen bestückt. Abgeschlossene Gebäude und kultivierte Gebiete bringen Ressourcen oder zusätzliche Aktionsmöglichkeiten.
Der Erwerb der Plättchen kostet nichts, muss aber, gut geplant, aus sieben Spielplanfeldern mit jeweils vier Teilen genommen werden. Von jedem Feld aus führen zwei Wege zu gegenüberliegenden Bereichen, sodass absehbar ist, was im zweiten Zug erreicht werden kann. Dieses Gerangel um die begehrtesten Plättchen machen einen besonderen Reiz im Spielablauf aus. Da ist zu beachten, was die Konkurrenten brauchen, besonders derjenige, der direkt vor mir sitzt. Die fast esoterisch wirkenden Wegkreuzungen gaukeln dabei Zugalternativen vor, die in Wirklichkeit viel beschränkter ausfallen. Feld hätte die Figuren auch einfach kreisförmig ziehen lassen können mit der jeweiligen Alternative des Ziehens im und gegen den Uhrzeigersinn, dann wäre das gleiche herausgekommen. In der aktuellen spielbox verrät der Autor, dass er ursprünglich von acht Verteilungsorten und jeweils drei Wegen ausgegangen war, die sternförmigen Wege habe man dann trotz der Reduzierung auf sieben Plätze beibehalten.
Beim Landschafts- und Häuserbau ist nicht nur zu beachten, dass diese abgeschlossen werden. Sie sollen auch Wertungen genügen, die über variable Randfelder Aufgabenvarianz für jeden Spieler schaffen. Außerdem gibt es eine Wertungstafel mit 8 bis 12 Wertungskarten, die viermal Punkte für Waren oder bestimmte Gebiete bringen. Das Problem dieser Wertungen, sie müssen durchgeführt werden und wer das nicht schafft, erhält Minuspunkte. Daher ist die Reihenfolge auf einer sogenannten „Banderrolenleiste“ von entscheidender Bedeutung. Dort liegt man vorn, wenn man besonders viele Felder, die mit einer solchen Banderole gekennzeichnet sind, überbauen konnte.
CARPE DIEM bietet feldsche Vielfalt im Spielablauf, die vor allem durch die hohe Interaktivität des Spiels überzeugt. Das geht beim Gerangel um die besten Plättchen los und endet im Kampf um die Plätze bei den Wertungskarten. Der Landschaftsaufbau hat viele Aspekte. Wichtig ist der Blick auf die Schlusswertung über die Rahmenleiste, wichtig sind die Boni für die Zwischenwertungen und überhaupt nicht zu vernachlässigen sind die winzigen Banderolen, die man ständig übersieht, die aber für die Wertungsreihenfolge von immenser Bedeutung sind. Eine durchaus abendfüllende Aufgabe, bei der in Vollbesetzung ruckzuck zwei Stunden vorübereilen. Zu zweit geht es deutlich schneller und die Zwänge fallen geringer aus.
In der Begeisterung für das Spiel könnte ich mich eigentlich endlich einmal wieder zu einem „Jederzeit wieder“ durchringen, wenn nicht die grafische Umsetzung den Enthusiasmus deutlich trüben würde. Die Plättchen selbst zeigen eine Beliebigkeit, die nun überhaupt nichts mehr mit Rom und Patriziern zu tun hat. Kartenrückseiten, bei denen Grüntöne von Bedeutung sind, fallen wenig kontrastreich aus. Bei einzelnen Kärtchen muss man schon sehr genau hinschauen, ob nun eine Bäckerei oder Handelsstation aufgebaut wird. Auch die Einheitlichkeit von ovalen und rechteckigen Ausbauten lässt zu wünschen übrig. Redaktionell und in der Abstimmung mit der völlig unerfahrenen Grafikerin Lalanda Hruschka, die mit CARPE DIEM ihre erste Arbeit im Spielebereich ablegt, gab es viele Probleme. Augen zu und durch, kann daher nur das Motto im Augenblick lauten, denn Felds Spiel ist richtig gut.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: CARPE DIEM
Autor: Stefan Feld
Grafik/Design: Lalanda Hruschka
Verlag: Alea
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 45 – 90 Min.
Preis: ca. 39 Euro
Spiel 73/2018
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