
Plagiatsdiskussionen sind nicht selten in der letzten Zeit. Häufig waren Ideen von Oink Games betroffen. Nach Essen zog Asmodee DRUNKEN SAILOR aus dem Verkehr, weil die Nähe zu FAKE ARTIST GOES TO NEW YORK zu offensichtlich war. Die Auszeichnung von WERWÖRTER, das 2019 auf der Nominierungsliste zum „Spiel des Jahres“ landete, war begleitet von einer Diskussion um die auffallende Nähe zu dem Oink-Spiel INSIDER. Zudem wurde der japanische Autor Jun Susuki, dem auch der Verlag Oink Games gehört, von Ted Alspach, der an der Entwicklung der WERWÖRTER saß, um eine Lizensierung angegangen, die er aber nicht vergeben hat.
Wie so etwas sauber läuft, zeigt Uwe Rosenberg. Der hatte Gefallen an Corné van Moorsels Legespiel HABITATS gefunden, das der Holländer 2016 in seinem Kleinverlag Cwali veröffentlicht hat. In Moorsels Spiel geht es darum einen Wildtierpark aufzubauen. Vier Geländetypen und Tiere mit spezifischen Bedürfnissen für ihre Lebensräume müssen dabei beachtet werden. Diese Grundidee wollte Rosenberg abstrakter mit seiner PATCHWORK-Funktion verbinden, die die zeitbasierte Reihenfolge der Spielzüge festlegt. Was macht Rosenberg? Er fragt Corné van Moorsel, der nichts gegen eine Verwendung seiner Idee hat, erwähnt ihn dabei nicht nur in der Regel, sondern setzt ihn auch als Co-Autor auf das Spielecover. Das ist ein ehrliches Umgehen mit den Ideen der Kollegen und beispielhaft für ein Fairplay unter Spieleautoren, das die Regel sein sollte.
Die Neuinterpretation von HABITATS als NOVA LUNA hat die Edition Spielwiese veröffentlicht. Thematisch ist das Spiel zwar eingebunden in einen Mondzyklus, über dessen Kreislauf die Zugreihenfolge reguliert wird. Im Grunde genommen ist es nun aber ein abstraktes Legespiel, in dem nicht Tiere ihre vier Lebensbereiche suchen, sondern Aufgabenplättchen ihre Erfüllung durch bestimmte Farbkombinationen. Die Plättchenaufnahme nach dem PATCHWORK-Prinzip gibt dem Spiel seinen besonderen Reiz. Je leichter ein Plättchen mehrfach erfüllt werden kann, desto höher ist sein Wert, der in Schrittlängen um die Mondbahn bemessen wird. Ausgehend von der Position einer Mondsichel dürfen die nächsten drei Kärtchen um die Mondbahn herum aufgenommen werden. Jedes Kärtchen zeigt dabei an, an welche Farbplättchen es angrenzen sollte, um Aufgaben zu erfüllen. Kleine Holzmarker dienen der Markierung und regulieren das Spielende. Wenn 20 Aufgaben erfüllt sind, endet sofort das Spiel. Der Trick besteht wie bei HABITATS darin, die Plättchen so aufzunehmen und in ein Beziehungsgefüge zu bringen, dass sie nicht nur selbst punkten, sondern auch zur Aufgabenerfüllung von Nachbarplättchen beitragen.
Was einfach klingt, ist teilweise gewöhnungsbedürftig. Die Einstiegshürden sind für manche Spieler scheinbar höher als für andere. Da muss einmal im Blick sein, dass die Ausgangskarte nur die Aufgabe enthält und selbst nicht mit in dem Farbenkarussell berücksichtigt werden darf. Außerdem gelten nicht nur direkt angrenzende Karten zur Erfüllung der Aufgabe, sondern auch längere orthogonale Ketten. Sind die Verständnishürden beseitig, ist NOVA LUNA ein anspruchsvolles Legespiel, ergänzt durch die Abwegungsüberlegungen beim Voranschreiten auf der Mondleiste. Im Spiel zu zweit und zu dritt kann mit Blick auf die Ausganssituation kalkulierter der Plättchenaufbau vorgenommen werden, da anfangs elf Plättchen um die Monduhr herum ausliegen. Zu viert treten häufiger Zwänge auf. Oft braucht man ein bestimmtes Farbplättchen, dass aber nur noch einmal im Kreislauf vorhanden ist und dann vielleicht vier Felder weit entfernt liegt. Da muss man dann auf die Auffüllung der Auswahlbahn hoffen, die eintritt, wenn nur noch ein oder zwei Plättchen ausliegen.
Das abstrakte Puzzle NOVA LUNA ist grafisch von der Berliner Edition Spielwiese wunderschön umgesetzt, der Verlag hätte allerdings größere Markierungsscheiben spendieren sollen, die fallen arg winzig aus. Spielerisch erreicht es für mich nicht ganz den PATCHWORK-Sog, ist aber durch die Synergiewirkungen, die sich aus den Plättchenkombis ergeben, nicht weit weg von Rosenbergs Duell-Klassiker.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: NOVA LUNA
Autoren: Uwe Rosenberg, Corné van Moorsel
Grafik/Design: Lukas Siegmon
Verlag: Edition Spielweise
Vertrieb: Pegasus
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 1 -4
Spielzeit: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 29 Euro
Spiel 77/2019