
ARTISCHOCKEN
Frisch auf den Tisch kommen aus lokalem Anbau Paprika und Zwiebeln und diesmal auch die nicht immer beliebte Artischocke. Einmal werden die Gemüse in Form eines PUNKTESALATs von Bauern aus Friedberg angeboten, das andere Mal liefern Dietzenbacher Ökolandwirte ARTISCHOCKEN knackig vom Feld.
Typisch für beide Produkte ist, dass die Samenlieferungen jeweils aus den USA stammen. Einmal von Molly Johnson, Robert Melvin und Shawn Stankewich, das andere Mal von Emma Larkins. Beachtlich ist der hohe Frauenanteil an der Erfindung beider Spiele.
Bis auf das Thema sind die Ideen mechanisch fast gegenläufig. Sammelt man in dem Friedberger Spiel kräftig Gemüse und Wertungskarten, baut man in Dietzenbach eher die Bestände ab, was im besonderen Maße für die Artischocken gilt.
Was Emma Larkins gegen Artischocken hat, bleibt unklar, für viele ist das Blütengemüse, das Artischockenherz, eine Delikatesse. Larkins liefert uns aber ein „herzloses“ Kartenspiel, in dem alle mit zehn Artischocken starten, von denen fünf auf die Kartenhand kommen, die irgendwann ohne Artischocken mit Brokkoli, Karotten und Kartoffeln gefüllt sein muss.
ARTISCHOCKEN ist ein Kartenmanagementspiel, bei dem Kartennachschub aus einer Gemüsekiste kurz- und mittelfristig das Kartendeck verbessert und zur Reduzierung des Artischockenvorrats führt. Larkins kommt mit 100 Gemüsekarten aus, wobei je nach Spielerzahl 20 bis 40 Artischocken im Spiel sind. Die restlichen Karten verteilen sich auf zehn Gemüsesorten, wobei Amigo mit dem Rhabarber sogar noch sechs Bonus-Karten spendiert. Fünf Karten davon liegen offen in einer Gemüsekiste zur Ergänzung der Kartendecks bereit.
Der Spielablauf ist eingängig, die zehn oder elf Gemüsesorten lassen sich aber erst nach ein, zwei Proberunden gezielt nutzen. Wer an der Reihe ist, bedient sich aus der Gemüsekiste und spielt dann beliebig viele Handkarten aus, nur die Artischocken nicht, die muss man mit Hilfe der Gemüsekarten auf den Kompost entsorgen. Das Besondere bei Larkins Spiel ist, dass danach das Deck nicht wieder auf fünf Karten ergänzt wird, sondern alle nicht genutzten Karten auf eine persönliche Ablage kommen und fünf neue Karten gezogen werden. Das ergibt sich aus der Siegbedingung, denn wenn unter diesen fünf Karten keine Artischocke ist, hat man sofort gewonnen. Zur Beschleunigung trägt auch bei, dass die neu hinzukommende Karte aus der Gemüsekiste nicht erst über den Ablagestapel, sondern sofort über die Hand ins Spiel gelangt. Das sorgt für eine schnellere Dynamik und bringt überhaupt das Spiel in Gang.
Die Siegbedingung hat zur Konsequenz, dass man einerseits schnell Artischocken loswerden möchte, andererseits das Kartendeck durch effektives Gemüse ergänzen will. Das Gute ist, dass die Karten sämtliche Haupt- und Nebenwirkungen der einzelnen Gemüsesorten exakt beschreiben. Da sehnt man sich anfangs nach Karotten, die es ermöglichen, gleich zwei Artischocken zu kompostieren. Die meisten Gemüsesorten lassen unter bestimmten Bedingungen nur den Abwurf einer Artischocke zu, so die Aubergine, Kartoffel oder der Brokkoli. Andere Sorten führen zur Interaktion wie die Rote Beete, der Lauch oder die wandernde Zwiebel.
Einerseits lässt sich damit die Kompoststrategie fahren, bei der man einfach nur voll reduziert und am Ende meist nur noch ganz wenige Karten hat. Man kann aber auch reduzieren und mit bleibendem Gemüse die Hand füllen, sodass auch mit Restbeständen von Artischocken trotzdem das Spielziel erreicht werden kann.
Klingt simpel, ist auch ganz einfach und erstaunlich unterhaltsam. Natürlich sind wir von den Zufälligkeiten der Gemüsekiste abhängig, aber fünf Alternativen bringen schon so etwas wie Auswahl, auch wenn anfangs der Lauch gerne liegen bleibt. Aus diesem Grund macht es Sinn, das zusätzliche Bonusangebot von Amigo mit dem Rhabarber zu nutzen, denn mit ihm lässt sich die Gemüsekiste neu bestücken. Der Nutzen mancher Gemüsesorten hängt auch von den Spielphasen ab, so bringen Brokkoli, Rote Beete, Kartoffeln und Mohrrüben gegen Ende nicht mehr viel, dafür werden Auberginen und Lauch interessanter.
Optisch gefällig von Bonnie Pang umgesetzt, gefällt dieser Deckbauer aus dem Dietzenbacher Anbaugebiet. Er kann gut mit der Gemüsekiste aus Friedberg mithalten.
ARTISCHOCKEN geht wie PUNKTESALAT gut als Vorspeise vor größeren Menüs durch.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: ARTISCHOCKEN
Autor: Emma Larkins
Grafik: Bonnie Pang
Verlag: Amigo
Alter: ab 10 Jahre
Spieler: 2-4 Spieler
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 2/2021