
Puzzeln mit Katzen
Gestreckt, gereckt und fast um die Achse gebogen erleben wir unsere kleinen Haustiger auf dem Teppich, manchmal auch friedlich zusammengerollt. Dann träumen sie wahrscheinlich von ihrer Herkunftsinsel im fernen Katzifik, von Abenteuern und Ängsten, als der Diktator Vash Düsterhand das Gelübde ablegte, alle Katzen dieser Welt dem Verderben Preis zu geben. Wie gut, dass damals fast eine Handvoll Abenteurer mit großen Segelschiffen aufbrach und knapp einhundert der wertvollen Schmusetiere rettete, darunter auch die ganz seltenen Oshax-Katzen.
Der Rettungsvorgang in DIE INSEL DER KATZEN läuft spieltechnisch als Puzzle mit Polyominos ab. Wer vermutet, dass Rosenberg nun auch mit Katzen schmust, liegt allerdings falsch. Einmal ist dieses Spiel komplexer als alle bisherigen PATCHWORK- oder Jahreszeiten-Varianten, auch die Tiere in den Zoogehegen New Yorks können da nicht mithalten. Der 34jährige Frank West aus England zeichnet für die Katzeninsel verantwortlich. Der studierte Informatiker konzentrierte sich als UX-Designer zuerst auf Sofwareentwicklung. 2018 veröffentlichte er mit CITY OF KINGS sein erstes Brettspiel, das er über Kickstarter in seinem Verlag The City of Games sehr erfolgreich herausbrachte. 2019 folgte THE ISLE OF CATS, mit dem er sofort gleich in vier Kategorien in den BGG Awards nominiert wurde. Seine Idee stand auf der Liste der besten Spiele und der besten Familienspiele, zusätzlich war er nominiert für das Artwork und als bestes Spiel aus einem kleinen Verlag. In keiner Kategorie reichte es zum obersten Platz. Kein Wunder, gab es doch 2019 den Überflieger FLÜGELSCHLAG, der allein in acht Bereichen ganz vorn stand: In der letzten Kategorie musste er sich zusätzlich noch PARKS beugen. Zu anderen Zeiten hätten sicherlich auch Wests Katzen eine Chance auf eine Goldmedaille besessen.
Was zeichnet nun dieses Katzenpuzzle aus, das immer noch mit einer beachtlichen 8,0 Wertung im BGG-Ranking zu finden ist und das uns Uwe Bursik in einer deutschen Bearbeitung bei Skellig Games zugänglich macht?
Es ist sicherlich nicht die Geschichte, die ist ganz schön an den Katzenhaaren herbeigezogen. Es ist die Spielmechanik, die deutlich mehr bietet als das übliche Puzzleeinerlei und es ist die Gestaltung. Trotz der wunderschönen Poster in PARKS hätten für mich die Katzen um einige Schnurrhaare vorne gelegen.
Die Katzenretter (1-4) bekommen ein großes Rettungsschiff mit vielen Ratten an Bord, sodass alle sehnsüchtig auf Katzen warten. Um die Tiere von der Insel wegzuholen hat jeder noch einen Rettungskorb an der Hand. Da nur fünf Tage für die Rettung zur Verfügung stehen, müssen sich alle sputen beim Streit um die jeweiligen Katzen. Diese gehören fünf unterschiedlichen Rassen an, deren Zusammenhalt beim Ablegen auf dem Schiff eine große Rolle spielt.
West steuert sein Spiel ganz wesentlich über einen Karten- und Bezahlmechanismus, der zum Beginn jeder Runde abläuft. Die Katzenwährung sind natürlich Fische, 20 davon gibt es erst einmal. Dann bekommt jeder sieben Karten, die per Drafting verteilt werden. Allerdings behält man in jeder Draftrunde gleich zwei Karten. Um sie endgültig nutzen zu können, müssen sie bezahlt werden. Dabei muss man immer im Blick haben, dass auch die Katzen, von denen anfangs stets eine bestimmte Anzahl links und rechts der Katzeninsel platziert werden, Fische kosten. Links liegende Tiere kosten drei Fische, die auf der rechten Seite sind hungriger und nur für fünf Fische zu erwerben.
Die Karten besitzen unterschiedliche Funktionen und können in verschiedenen Phasen sowie für die Schlusswertung genutzt werden. Das gilt beispielsweise für die blauen Lektionskarten. Gelbe Karten bringen zusätzliche Schätze, kleine Puzzleteile, die zum Lückenfüllen taugen. Die grünen Karten regulieren die Katzenrettungsphase. Wer damit die meisten Bewegungspunkte spielt, erhält den ersten Zugriff auf die vorhandenen Katzen. Zusätzlich lässt sich mit diesen Karten der Korbvorrat vergrößern, sodass mehr als eine Katze gerettet werden kann. Beim Sichern der Tiere auf dem Schiffsdeck hat man mehrere Ziele im Blick. Ab drei farbgleichen Katzen beginnt die Familienwertung zuerst mit acht Punkten, später bringen Erweiterungen des verschlungenen Katzendominos dann jeweils fünf Punkte dazu. Auf mindestens zwei oder drei Familien sollte man sich schon konzentrieren. Dann sind die Ratten im Blick. Jede nicht gefangene kostet am Ende einen Punkt. Das gilt auch für die sieben Schiffsräume. Jeder nicht gefüllte bringt fünf Minuspunkte. Da sie unterschiedlich groß sind, sollte man abwägen, was man schaffen möchte oder wo man erst gar nicht mit der Arbeit beginnt. Regulierend greifen dabei die Lektionskarten ein. Wenn ich 10 Extrapunkte für die Vernichtung aller Ratten erhalte, kümmere ich mich natürlich mehr darum, auch die mittlere Reihe oder bestimmte Räume können dadurch interessanter werden.
Nach der fünften Runde folgt nur noch die Wertung mit den negativen und positiven Punkten für das Puzzleergebnis. Gleichstände werden über die Restbestände an Fisch aufgelöst. Da werden die belohnt, die ihren Katzen bei der Überfahrt auch noch etwas Essbares übriggelassen haben.
Bei der INSEL DER KATZEN kommt es zu einer ständigen Abwägung, der Dinge, die man sofort haben möchte, langfristig aber auch braucht. Der Geldhaushalt prägt den Spielablauf und die Varianz, da nie alle Karten im Spiel sind. So wartet man sehnsüchtig auf zusätzliche permanente Körbe, die sich unter den lilafarbenen Karten verbergen, weil sie langfristig Kosten sparen helfen. So hofft man in jeder Runde, dass die neu gezogenen Katzenfarben auf der linken Inselseite, den eigenen Sammlungsbereichen entsprechen. Sinn macht es, möglichst andere Farben als die Mitspieler zu sammeln und einen frühen Zugriff auf das neue Angebot zu bekommen. Das Puzzeln spielt zwar auch eine Rolle, ist aber nicht so dominant. Trotzdem ergibt sich am Ende meist ein imposantes Katzengewusel auf dem Deck des Schiffes.
Diese Mischung aus einer Art Wirtschaftsspiel mit den Legekomponenten machen für mich DIE INSEL DER KATZEN zu einem außergewöhnlich guten Spiel. Die Umsetzung ist bis ins kleinste Detail gelungen. So dienen die fantastischen Holzkatzen der Zugreihenfolge und in der Menge letztlich nur der Jokermarkierung der Oshax-Katzen, die Farbfamilien erweitern. Einfache Marker hätten zwar auch gereicht, aber der Verlag hat sich für wertige Katzenfiguren entschieden. Außerdem wird an eine einfachere Familienvariante gedacht, sowie an das Solospiel.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: DIE INSEL DER KATZEN
Autor: Frank West
Grafik: Frank West, Dragolisco
Verlag: Skellig Games
Spieler: 1-4
Alter: ab 8
Spieldauer: ca. 60 - 90 Minuten
Preis: 50 Euro
Spiel 10/2021