James Lee Burke wird im Dezember 80 Jahre alt, vor 29 Jahren erschien sein erster Kriminalroman um den Südstaaten-Polizisten Dave Robicheaux. Inzwischen besteht die Reihe aus 20 Bänden, von denen die meisten frühen Werke anfangs im Ullstein Verlag, später bei Goldmann erschienen sind. Zurzeit macht sich Pendragon an die Veröffentlichung bisher nicht übersetzter Bücher dieser Reihe. 2015 erschien STURM ÜBER NEW ORLEANS (EA 2007), in diesem Jahr greift der Verlag auf das einzige in den 90er Jahren nicht übersetzte Buch zurück: MISSISSIPPI JAM (EA 1994).
Im Kern der Erzählung geht es um ein altes U-Boot der Nazis, das vor der Küste Louisianas in den 40er Jahren versenkt wurde. Der Jude Bimstine, eine große Nummer bei den Demokraten, der sein Geld mit vielen Drugstores in New Orleans macht, ist hinter einem solchen U-Boot her, das er in ein lukratives Casino verwandeln möchte. Robicheaux, der schon als Jugendlicher auf ein solches Boot stieß, soll ihm helfen, ein Boot ausfindig zu machen. Wie so oft braucht Robicheaux Geld, wieder einmal nicht für sich, sondern für einen Freund, der unschuldiges Opfer im Kampf der Drogenkartelle New Orleans wurde und unter Mordverdacht steht. Daher kommen ihm die Geldversprechen Bimstines gerade recht.
Was einfach aussieht, wird zu einem Machtkampf, zu einem psychischen Duell um das Boot, das plötzlich im Fadenkreuz vieler Beteiligter steht. Vor allem wird es zu einem Kampf zwischen einem mysteriösen Neonazi namens Buchalter und Robicheaux. Nichts ist mehr sicher, auch Robicheaux‘s Privatsphäre wird ständig angetastet, seine Ehefrau gerät in diesen Strudel und droht zu ertrinken. Ein ständiges Auf und Ab mit vielen Tiefschlägen für den Protagonisten, das in einem grandiosen Finale endet.
Wer nach Ursachen sucht, weshalb Goldmann DIXIE CITY JAM damals nicht übersetzte, findet diese jedenfalls nicht in der Qualität der Geschichte, bestenfalls kann man sich die etwas klischeehaften Nazibilder als Erklärung heranziehen. James Lee Burk muss man mögen: Brutal in den Handlungsbeschreibungen, brutal in der Sprache, überzeugend in den Charakterbildern, die er teilweise nur skizzenhaft entwirft. Stets realitätsnah, wie gerade STURM ÜBER NEW ORLEANS zu den Umständen um den Wirbelsturm „Katrina“ gezeigt hat. Auch MISSISSIPPI JAM knüpft an historische Wahrheiten an. Die Nazis tauchten tatsächlich ab 1942 hauptsächlich vor der amerikanischen Ostküste auf und hatten mit ihrer Mission „Paukenschlag“ anfangs viel Erfolg, später wurden dann deutsche U-Boote auch im Golf von Mexiko und in der Karibik eingesetzt. Lange vermutete man „U 166“ vor New Orleans in der Mississippi-Mündung, Burkes Spekulationen beziehen sich wahrscheinlich auf dieses im August 1942 versenkte U-Boot. Sieben Jahre nach Erscheinen seines Romans wurde es dann 70 Kilometer von diesem Standort entfernt bei Sondierungsarbeiten für eine Pipeline im Golf von Mexiko entdeckt.
Wertung: ****
Titel: MISSISSIPPI JAM
Verlag: Pendragon
Autor: James Lee Burke
Seiten: 588 Seiten
Preis: 17,99 Euro