Samstag, 23. Januar 2016
MORD IM ANZUG
Leichte Krimikost, Sommerlektüre im Winter. Goodhind lässt wieder einmal Honey Driver ermitteln, Hotelbesitzerin in Bath, ohne deren Unterstützung Chief Inspector Doherty privat und dienstlich überhaupt nicht klarkäme.
Das Dutzend ist voll für die „moderne Miss Marple in bester britischer Krimitradition" wie die FÜR SIE Honey Driver nennt. Seit 2009 erscheinen Goodhinds Romans in Deutschland. Wer das leichte Geplänkel mag, den cornwallschen Pilcher-Touch, seichte Lektüre, der fühlt sich bei Goodhind gut aufgehoben.
Honey Driver startet diesmal als Jurorin eines Schaufensterwettbewerbs. Auffallend dabei die kühne Gestaltung in einem sehr traditionellen Herrenschneider-Geschäft. Bei Tern und Pauling kehren auch die Royals ein, eine Teilnahme an einen solchen Wettbewerb passt überhaupt nicht zum sonstigen Stil des Ladens. Irgendetwas scheint nicht zu stimmen, zumindest ein Generationenkonflikt tobt. Denn der Juniorchef hängt nach der Siegerparty am Galgen, der Teil seiner Deko war. Bei aller Wut des alten Chefs über den Veränderungswillen seines prassenden Sohnes, einen Mord traut man dem gesundheitlich sehr angeschlagenen Tern eigentlich nicht zu.
Aber Mord war es, sodass Driver und Doherty eine Menge Spuren verfolgen dürfen, bis sie auf die Lösung nach rund 300 Seiten kommen. Daneben viel Privates im Umfeld der beiden Ermittler, Korsettkauf und Töchterprobleme, Geistersuche und Geisterbeschwörung, nichts allzu ernst zu Nehmendes also. Weit weg von Miss Marple, trotzdem abgedreht schrullig.
Wertung: ***
Titel: MORD IM ANZUG
Verlag: aufbau taschenbuch
Autor: Jean G. Goodhind
Seiten: 319 Seiten
Preis: 9,99 Euro
Freitag, 22. Januar 2016
DIE KÄLTE DES TODES
Der Schauspieler, Regisseur, Drehbuchautor Manzini gehört nun auch zu den italienischen Krimiautoren, die markante Ermittlerfiguren entwerfen. Camilleri, der Erfinder Montalbanos, findet Manzinis Rocco Schiavone „außergewöhnlich“. Ich finde ihn erst einmal gewöhnungsbedürftig, ein Antiheld, der ins abgelegene Aosta-Tal aus der Hauptstadt strafversetzt wurde.
Schiavone hat die Lust an der Arbeit, die Lust am Leben verloren. Frustriert von seiner Abschiebung, verzweifelt über den Tod seiner Frau, retten ihn nur der morgendliche Joint und abfällige Sprüche über Kollegen in den Tag hinein. Etwas mehr Leben kommt in ihn, als er dem scheinbaren Selbstmord einer jungen Frau nachgeht. Schnell wird klar, diese Frau ist entsetzlich gequält worden. Dem Hauptverdächtigen, ihrem Mann, ist aber erst einmal nichts nachzuweisen. Hat er ein perfektes Verbrechen begangen oder gibt es doch einen anderen Täter?
Der Zynismus Roccos ist nicht jedermanns Sache, auch seine unorthodoxen Ermittlungs- und Rachemethoden sind weit weg von denen eines Brunetti in Venedig. Dafür überzeugt der Polizist durch seine entlarvende Ehrlichkeit. Wenn er sein Gegenüber oft mit Tieren vergleicht, wirkt er meist selbst wie ein Elefant im Porzellanladen, durchaus aber auch ausgestattet mit dem beachtlichen Gedächtnis des Rüsseltieres, das es ihm ermöglicht, Intrigen zu entwirren und den Roman zu einem überraschenden Ende zu führen.
Wertung: ***
Titel: DIE KÄLTE DES TODES
Verlag: rororo
Autor: Antonio Manzini
Seiten: 316 Seiten
Preis: 9,99 Euro
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