Sonntag, 31. Mai 2020
NINE TILES PANIC
Jens Merkl und Jean-Claude Pellin haben nicht nur beim hungrigen Hugo von litauischen Verlag Logis zusammengefunden, sondern treffen sich panisch beim Zusammenlegen von neun Kartenteilen im japanischen Oink Verlag.
2015 hat der Luxemburger Autor Pellin für Oink Games mit NINE TILES ein Dreh- und Wendepuzzle in einem 3x3-Raster nach Mustervorgaben entwickelt, das in Deutschland kaum Beachtung fand. Seine Kooperation mit Merkl hat nun eine thematische und strukturelle Überarbeitung der Idee ergeben. Übrig geblieben ist das kleine Legeraster, Zeitdruck durch eine Sanduhr lässt Panik aufkommen, deshalb passt der neue Titel NINE TILES PANIC.
Merkl&Pellin bewegen sich im Bereich der Echtzeitspiele mit Puzzlecharakter, wie sie Friedemann Friese im FLICKWERK anbot, das überarbeitet als TURBO TAXI bei Queen Games bekannter ist. Das deutsch-luxemburgische Autorenteam bettet seine Geschichte in einen Science-Fiction-Rahmen ein, mit Ufos und Aliens, die verrückt nach Hamburgern sind und von Agenten gejagt werden. Die oinksche Stadt bietet trotzdem noch Häuser, deren Bewohner und Hunde, die etwas Normalität ins Jagdchaos bringen.
Jeder Spieler erhält ein Set von neun Karten. Nutzbar sind alle 18 Seiten der Karten mit vielen Straßen, Außerirdischen, Agenten, Mädchen und Jungen und deren Tiere. Die Karten dürfen beliebig gedreht und gewendet in das 3x3-Raster gepuzzelt werden. Dabei versuchen alle, drei Aufgabenvorgaben möglichst gut zu erfüllen. Punkte kann es zum Beispiel für die meisten Mädchen in der Stadt geben, die meisten zusammenhängenden Kärtchen ohne Aliens und die meisten Agenten auf einer Straße. Insgesamt 26 verschiedene Bedingungskarten stecken in dem Spiel, die immer wieder neue und sich zum Teil durchaus widersprechende Aufgabenanforderungen mit sich bringen. Beim Puzzeln der neun Teile achten die Spieler nicht nur auf mindestens zwei der drei Aufgaben, sie sollten außerdem die Straßenführung im Blick behalten. Die Wege müssen stets verbunden sein, dürfen nicht ins Leere oder in die Unendlichkeit eines Kreises oder einer Schleife führen. Gehen Aliens mit in die Berechnung ein, muss beachtet werden, dass Agenten, die Aliens auf einer Straße im Blick haben, diese fangen. Das ist eine interessante dynamische Komponente bei der Wertung.
Wer fertig ist, schnappt sich die Sanduhr und einen Reihenfolgenmarker, der für Gleichstände wichtig ist. Ab sofort puzzeln die anderen unter Zeitdruck. Das Sandrieseln lässt ihnen aber immerhin noch etwa 90 Sekunden, bis alle sich der Abrechnung stellen. Wer Fehler macht, fällt völlig aus der Wertung heraus, für alle anderen winken Punkte, die der Spielerzahl entsprechen. Wer die meisten Mädchen in seiner Stadt hat, bekommt beim Spiel zu viert vier Punkte gutgeschrieben, die auf einer Punktetafel abgetragen werden. Bis zum Letztplatzierten gibt es ebenfalls noch Punkte, sofern alle keine Fehler machen. Die Viererrunde endet, wenn ein Spieler mindestens 20 Punkte erreicht. Das klappt nach 15 bis 20 Minuten, bedeutet aber meistens noch nicht das Spielende, denn NINE TILES PANIC schreit nach Revancherunden zumindest bei Freunden dieser Art von Knobelaufgaben.
Die Anforderungen sind anfangs herausfordernd, bestimmte Aufgabenkarten kommen aber den Spielern entgegen, die NINE TILES PANIC mehr als zehnmal gespielt haben. Irgendwann prägt man sich dann doch ein, dass beispielsweise nur drei Mädchen in der Stadt unterwegs sind und auch die Zahl der Aliens überschaubar ist, nur vier jagen Burgern hinterher, die wiederum gibt es zuhauf. Das sind Wissensvorteile, die Cracks durchaus mit ihren Konkurrenten teilen sollten.
NINE TILES PANIC ist eines der Oink-Spiele, bei denen man sich wieder wundert, wieviel Spielspaß in die kleinen japanischen Schachteln passt, inklusive Sanduhr, wertige Puzzle-Sets und kleine Aliens als Holzspielfiguren. Das ist schon genial, zumal wenn man es mit der aufwendigen Umsetzung einer fast identischen Idee in COSMIC FACTORY vergleicht (demnächst mehr dazu).
Ob das hektische Spiel mit exakter Wegeplanung und der Dreifacherfüllung von Aufgabenkarten wirklich schon etwas für Siebenjährige ist, wage ich allerdings zu bezweifeln. Erwachsene verzweifeln schon an den Anforderungen, wie sollen das Grundschüler schaffen. Zumal die Fehlerahndung Frustresistenz erfordert. Mit null Punkten aus der Dreierwertung zu gehen, ist richtig bitter und verhindert fast immer den Sieg.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: NINE TILES PANIC
Autoren: Jens Merkl und Jean-Claude Pellin
Grafik/Design: Jun Sasaki
Verlag: Oink Games
Alter: ab 7 Jahren, besser ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 - 5
Spielzeit: ca. 15 - 20 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 43/2020
Donnerstag, 28. Mai 2020
KITCHEN RUSH
Er geht wieder los, der Restaurant-Betrieb, vielleicht nicht ganz so hektisch wie vor dem 15. März, aber sicherlich nicht stressfrei, zumal das ausgefallene Geld, was Catering nicht ersetzt hat, wieder reingeholt werden muss.
Da haben sich der Grieche Vangelis Bagiartakis und der Ungar Dávid Turczi direkt nach ihrer Ausbildung als Spielautoren entschlossen die Szene zu wechseln und heimatliche Genüsse auf fremde Teller zu bringen. Dabei war der ungarische Partner durchaus erfolgreich in seinem bisherigen Genre unterwegs, insbesondere seine Kooperation mit Viktor Peter und Richard Amannh, die zu dem dystopischen und opulenten ANACHRONY geführt hat, brachte ihm viel Aufmerksamkeit. Vangelis Bagiartakis muss sich auch nicht verstecken, mit AMONG THE STARS war er ebenfalls in der Zukunft unterwegs, außerdem fand sein DICY CITY viele Freunde.
Nun dilettieren die beiden in einem Second-Hand-Restaurant, die Lagerräume sind notdürftig gefüllt, der Gastraum bietet gerade mal Platz für sechs Gäste. Für die ersten Genüsse aus der Küche Bagiartakis&Turczi müssen Freunde herhalten, deren Wünsche man meint, leicht erfüllen zu können. Eine simple Pizza Margherita bekommen auch ein Grieche und ein Ungar hin.
KITCHEN RUSH ist eine kooperative Küchenschlacht, in der unter Zeitdruck Gäste empfangen, Bestellungen aufgenommen, Zutaten wie Fleisch, Gemüse und Gewürze organisiert werden und natürlich gekocht und serviert wird. Der Zeitdruck ist extrem, bleiben doch ganze vier Minuten, um am Ende in den Anfangswochen zehn Gäste bedient zu haben und das auf der Basis einer Personaldecke mit insgesamt vier Personen. Alle Einzelaktionen sind an den Einsatz einer Sanduhr gebunden, die etwa 25 bis 30 Sekunden laufen und von denen jeder Spieler zwei erhält. Alle sind damit dem Druck ihres Sandrieselns ausgesetzt, haben im Hintergrund den Ablauf der Handyuhr im Nacken.
Wer meint 30 Sekunden seien lang, wird erleben, dass die Zeit oft viel zu schnell vergeht, wenn bei aller Hektik korrekte Tellergrößen, die richtigen Zutaten und Kochzeiten beachtet werden müssen, die teilweise mehrmals das Wenden der Sanduhr erfordern. Wenn zum Schluss die Gäste bedient werden, wird überprüft, ob alles stimmt, ab dem zweiten Szenario werden Fehler nicht mehr akzeptiert. Dann sitzen dann meist keine Freunde mehr im Restaurant.
KITCHEN RUSH wird von Szenario zu Szenario immer schwerer. Wenn zuerst die Speisen pikant gewürzt sein müssen, kommen später Spülarbeiten hinzu und die notwendigen Einnahmen. Mit Erfolg des Restaurants gibt es zwei Schichten am Abend, ein Kleintransporter wird angeschafft, damit der Essensnachschub sichergestellt wird. Die logistischen Hürden werden immer höher und die Gäste immer anspruchsvoller. Insgesamt acht Szenarien sehen die Autoren vor, die Küchenkritiker um Schaper&Co. zeichnen Bagiartakis&Turczi sogar mit einer besonderen Empfehlung aus, zur Nominierung mit drei Sternen reicht es zwar nicht, aber ein Stern ziert das Lokal seit dem 18. Mai.
Wer Echtzeitspiele mag, sich dem Zeitdruck gern aussetzt, wird begeistert von KITCHEN RUSH sein. Für Familienspieler hat Pegasus die schon 2017 erschienene Idee wunderbar aufbereitet und zumindest die ersten Etappen dürfte jede Familie mit Kindern ab acht Jahren gut schaffen. Atmosphärisch fängt die Idee von Bagiartakis&Turczi die hektische Küchenatmosphäre sehr gut ein. Da hat man plötzlich Verständnis, wenn etwas schiefgeht, denn man vergreift sich leicht, beim falschen Gewürz oder bei der Tellergröße. Der Pegasus Redaktion um Sebastian Hein ist es gelungen, die einzelnen gut aufeinander aufbauenden Szenarien in eine kleine Restaurantgeschichte zu verpacken. Das hat was!
Eine aktuelle Corona-Fassung von KITCHEN RUSH würde wahrscheinlich weniger Stress bedeuten, da die Tischzahl im Restaurant halbiert werden müsste und auch in der Küche würde mehr Platz sein. Sie böte sich vielleicht an für eine gemächliche Kinderversion.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: KITCHEN RUSH
Autoren: Dávid Turczi und Vangelis Bagiartakis
Grafik/Design: Jens Wiese
Verlag: Pegasus
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 1 - 4
Spielzeit: ca. 20 - 60 Minuten
Preis: ca. 22 Euro
Spiel 42/2020
Mittwoch, 27. Mai 2020
SLIDE QUEST
Zu den Spieleklassikern gehören Holzlabyrinthe, in denen eine kleine Stahlkugel durch ein Labyrinth balanciert wird, ohne in eines der vielen Löcher zu fallen. Diese Spielform gab es statisch, in dem einfach nur die Holzschachtel bewegt wurde, oder mit schwenkbarem Boden, der über Drehknöpfe gekippt werden konnte.
Genau das letzte Prinzip stellt die Ausgangsbasis für das Kampagnenspiel SLIDE QUEST dar. Die französischen Autoren Nicolas Bourgoin und Jean-Francois Rochas packen die kleine Stahlkugel unter einen kleinen Ritter, ergänzen steckbare Zäune, Steinhindernisse, Torbögen, andere Figuren und Dynamitstangen und 20 verschiedene Labyrinth-Schablonen. Daraus lassen sich ganz viele Aufgaben, Questen eben, für den kleinen Ritter konstruieren, der nicht mit Drehknöpfen durchs Labyrinth manövriert wird, sondern ganz simpel durch vier Hebel, die den Spielplan senken und heben.
SLIDE QUEST klappt alleine, besonders gut zu zweit, kann aber auch mit bis zu vier Spielern gespielt werden. Kinder ab sieben Jahren kämpfen sich wie einst in LOONEY QUEST durch kleinere und größere Abenteuer. Die Questen sind mit aufsteigendem Schwierigkeitsgrad Landschaften zugeordnet.
Es beginnt an der Küste des wunderbaren Königreiches des kugeligen Ritters, der immer einem leuchtenden Pfad unter Umgehung von Fallen und Hindernissen zu seinem sicheren Zielort folgt. Anfangs sind es nur die bekannten Löcher, die Schwierigkeiten bereiten. Später kommen Wachen und Dynamit hinzu. Die Abschlussquesten im Gebirge und im Schloss beinhalten sogar spieltechnische Einsatzmöglichkeiten für den Sprengstoff, mit dem die Spieler Türen sprengen. Im Schlusslevel werden alle Dynamitstangen in dem Loch entsorgt, in dem vorher ein Schurke versenkt wurde.
Vordergründig bleiben wir beim klassischen Geschicklichkeitsspiel, das motorische Fähigkeiten bei Kindern schult. Der besondere Reiz vor allem für Grundschulkinder ergibt sich aus den Abenteuern des kleinen Ritters Da entsteht nicht nur Varianz durch die Landschaften, sondern durch die frei zu wählenden Schwierigkeitsgrade. Zum Start sollten junge Ritter einfach beginnen, sie besitzen dann fünf Leben, die sie auf acht erweitern können, wenn ihr Recke auf seinem Labyrinthweg Herz-Symbole berührt. Könner geben sich mit drei Leben zufrieden.
Die beiden Autoren halten zusätzlich zu den 20 Questen Varianten bereit, so lässt sich SLIDE QUEST gegen die Stoppuhr spielen, dazu gibt es eine App, deren Zeitvorgaben auf die speziellen Landkarten abgestimmt sind. Im Heldenmodus muss man generell bei jedem Lebensverlust von Vorne anfangen.
Wenn derart pfiffig mit klassischen Ideen gespielt wird und zudem Blue Orange mit Stéphane Escapa die Idee witzig umsetzen konnte, dann kann nur etwas Gutes dabei herauskommen. SLIDE QUEST hebt das alte Labyrinthspiel auf eine neue abwechslungsreichere Ebene. Das Geschicklichkeitsspiel hat die Kinderjury zurecht mit auf ihre Empfehlungsliste 2020 genommen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: SLIDE QUEST
Autoren: Nicolas Bourgoin, Jean-François Rochas
Grafik/Design: Stéphane Escapa
Verlag: Blue Orange Games / Asmodee
Alter: ab 7 Jahren
Spielerzahl: 1 - 4
Spielzeit: ca. 5 - 45 Minuten
Preis: ca. 22 Euro
Spiel 41/2020
Dienstag, 26. Mai 2020
ZOMBIE KIDZ EVOLUTION
Welch seltene Chance hat die Jury da verpasst, problemlos hätten auf allen drei Listen Legacy-Spiele nominiert sein können. Den Mut hat die Kinderjury leider nicht besessen, ZOMBIE KIDZ EVOLUTION ist nur auf der Empfehlungsliste gelandet.
Persönlich habe ich 2019 kein Spiel im Kinderbereich erlebt, von dem zumindest für meine Testgruppe eine derartige Sogwirkung ausgegangen ist, wie bei Annick Lobets Schülern, die die Zombies von ihrer Schule fernzuhalten versuchen. Ganz allein stehe ich wohl nicht mit dieser Einschätzung, denn ZOMBIE KIDZ EVOLUTION hält sich mit einem Wert von 8,02 schon eine ganze Zeit auf dem ersten Platz der BGG-Kinderliste. Das ist herausragend, Kinderspiele des Jahres wie ICECOOL, GEISTER GEISTER SCHATZSUCHMEISTER oder DAS MAGISCHE LABYRINTH, die ebenfalls in den Top 10 sind, liegen 0,7 Punkte hinter dem Legacy-Spiel. Mithalten konnte da für meine Testgruppe im letzten Jahr nur DER HERR DER TRÄUME, von dem juryseitig überhaupt nichts zu lesen ist und der wertungstechnisch nach 3400 BGG-Ratings mit 7,6 auch noch vor den Wertungen der oben erwähnten ausgezeichneten Spiele liegt.
Annick Lobet hatte 2013 bei Scorpion Masque ZOMBIE KIDZ veröffentlicht, bei dem Kinder Zombies davon abzuhalten versuchten, einen Friedhof zu übernehmen. Die Idee war ganz nett, aber arg repetitiv. In der aktuellen Fassung dringen die Zombies in eine Schule ein und ein Kinderteam von zwei bis vier kleinen Helden muss in guter Abstimmung versuchen, alle vier Schultore zu schließen. Am Grundmuster hat sich wenig geändert, aber das Legacy-Konzept mit kleinen Umschlägen, veränderten Figuren und Aufklebern bringt stetig wachsende Anforderungen und arbeitet mit einem Belohnungssystem wie die Grundschullehrer, die ein Smiley ins Schulheft stempeln.
Würfelgesteuert tauchen die Untoten in fünf Schulräumen auf. Acht von ihnen bedrohen insgesamt die Schule, vier davon stehen schon in den Schulhöfen, die anderen warten draußen vor dem Zaun. Wenn alle acht in der Schule sind und keiner mehr folgen kann, verlieren die kleinen Abenteurer. Daher müssen sie sich bei der Bekämpfung und beim Schließen der Schultore gut abstimmen. Individuell im Kampf und gemeinsam beim Schließen der Hoftore, ist die Aufgabe eine echte Herausforderung. Es sei denn, das Schulkinderteam hat sich durch viele Kämpfe schon weiterentwickelt.
Das ist kein fremder Friedhof mehr, das ist die Welt der Kinder mit Klassenzimmern und Schulhöfen. Der Gruselcharakter hält sich in Grenzen, zumal die Untoten als Lehrer- und Hausmeisterkarikaturen auftreten. Die Regeln verstehen sogar schon fünfjährige Kinder. Eine Partie dauert zehn bis 15 Minuten, aber Schluss ist dann noch lange nicht. Oft müssen es fünf Runden hintereinander sein, bis die nächste Veränderung als Verbesserung der eigenen Heldenkraft oder Verstärkung der Zombies in einem Umschlag winkt. Dadurch ergeben sich immer neue Anforderungen, die den Anreiz für Folgepartien hochhalten.
ZOMBIE KIDZ EVOLUTION zeigt, dass Legacy-Spiele und fantastische Welten im Kinderzimmer angekommen sind und die Kleinen stürzen sich mit ebenso großer Begeisterung auf die Spiele wie ihre großen Geschwister auf MY CITY und Eltern auf THE KING’S DILEMMA. Luft nach oben gibt es noch, denn bei aller Begeisterung darf nicht verhehlt werden, dass die Variabilität des Grundkonstrukts von ZOMBIE KIDZ EVOLUTION sich in Grenzen hält, die Zusatzregeln verändern nur kleine Details, erzählt wird auch nichts Neues. Dass es noch besser geht, zeigt DER HERR DER TRÄUME, der sich so richtig aber erst mit achtjährigen und älteren Kindern spielen lässt.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: ZOMBIE KIDZ EVOLUTION
Autor: Annick Lobet
Grafik/Design: Nikao
Verlag: Scorpion Masque / Asmodee
Alter: ab 6 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 22 Euro
Spiel 40/2020
Montag, 25. Mai 2020
MAGIC SCHOOL
Julien Griffons kooperative MEMO-Variante YOKAI habe ich vor wenigen Tagen besprochen. Jonathan Favre-Godal lässt bei Djeco eine Zauberschulprüfung ebenfalls kooperativ bestehen. In seiner MAGIC SCHOOL besteht das Kinderteam nur, wenn es mindestens zehn der 16 Aufgaben löst.
Den Autor kennen wir von KRASSE KACKE und SPACE BUILDER. Mit dem ersten Spiel landete er 2019 auf der Empfehlungsliste für das Spiel des Jahres. 2020 gelingt ihm dieser Erfolg mit MAGIC SCHOOL noch einmal, diesmal zeichnet ihn aber die Kinderjury aus.
Ging es bei dem Kackhäufchen von Pegasus im Gegeneinander um Schnelligkeit und Merkvermögen, wird nun ausschließlich MEMO gespielt, mit dem großen Vorteil, dass alle gemeinsam an den Zauberaufgaben knobeln. Die Ingredienzien, die Magier Favre-Godal zusammenmischt, sind denkbar simpel. 32 Karten, die Hälfte davon Zauberer mit einem entscheidenden Utensil, da ist der Magier mit seinem fliegenden Teppich oder der Geist mit einem Kürbis, auf der restlichen Hälfte der Karten finden sich die passenden Pendants, Teppich, Kürbis usw..
Die MAGIC SCHOOL kehrt den üblichen Abbau von MEMO-Feldern um, in ihr entwickelt sich erst langsam das bekannte MEMO-Raster. Der Reihe nach decken die kleinen Zauberer vom gut gemischten Kartenstapel jeweils eine Karte auf, zeigen sie allen und legen sie verdeckt in die Tischmitte, in der so ein 4x4-Raster mit Karten gefüllt wird. Ab der zweiten Karte dürfen aber auch passende Karten offen auf schon verdeckt liegende gelegt werden. Die Kartenfolge kommt zufällig, da tut uns das Spiel selten den Gefallen, dass wir mit einem passenden Pärchen starten. Aber bei der dritten und vierten Karte kann das schon passieren. Die Kinder müssen gut aufpassen, sich auf die Hauptelemente konzentrieren, manchmal auch Farberinnerungen zu Hilfe nehmen. Einfach ist das nicht, da gibt es ähnliche Zauberbottiche und Einweckgläser, in dem einen ist eine Spinne, im anderen ein Salamander.
Die Regeln sind einfach, die Beherrschung des Spiels und damit das Bestehen der Zauberprüfung hat es aber in sich. Diese MEMO-Aufgabe fordert nicht nur Kinder, sondern auch deren Eltern heraus. Da darf sich die ganze Familie fragen, ob das offene oder das geschlossene Zauberbuch unten links in der Ecke liegt. Wenn die Karten in guter Reihenfolge kommen und schnell passend zusammengeführt werden, dann gelingt dem Zauberteam vielleicht die Belohnung mit der Merlin-Medaille der Zauberkunst. Die hätte dem Spiel vielleicht noch beiliegen können, der Anreiz, besser zu werden, ergibt sich aber bei fast jeder Gruppe. Olivier Latyk zeichnet für die Grafik verantwortlich. Sarkastisches Schmunzeln, nur bedingt kleinkindgerecht, zeigen die meisten Bilder. Das sind nicht die üblichen Kindergrafiken wie wir sie von vielen deutschen Spielen her kennen, das hat einen eigenen Stil, der zumindest erwachsenen Mitspielern gefällt.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: MAGIC SCHOOL
Autor: Jonathan Favre-Godal
Grafik/Design: Olivier Latyk
Verlag: Djeco
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 1 - 6
Spielzeit: ca. 5 -15 Minuten
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 39/2020
Sonntag, 24. Mai 2020
FOTO FISH
Der Koblenzer Michael Kallauch ist 44 Jahre jung. Er hat bisher zwei seiner Hobbys zum Beruf gemacht und nun auch Erfolg mit seiner dritten Leidenschaft, dem Spieleerfinden. Wie viele Spieleautoren liebt er die Mathematik, zusätzlich auch die Musik. Was lag daher näher, als die Begeisterung für beide Fächer an Schüler weiterzugeben. Inzwischen ist er in der Lehrerausbildung angekommen und unterrichtet Referendare als Fachleiter Mathematik am Studienseminar im Koblenz.
Vom Spielen ist er generell fasziniert. Er liebt alles, vom Experten- über das Kennerspiel bis hin zu den Kinderspielen. Seine Spielesammlung umfasst über 1700 Spiele. Mit so vielen Anregungen zu Hause, bleibt das Bedürfnis nach eigenen Spielerfindungen nicht aus. Er startete 2016 mit einer Nominierung für das Stipendium der Jury „Spiel des Jahres“ für Nachwuchsautoren, das in Vorcoronazeiten jährlich auf dem Autorentreffen in Göttingen vergeben wurde. Seit 2018 erscheinen jährlich Spiele von ihm bei unterschiedlichen Verlagen. Mit FOTO FISH, das Logis produziert hat, kann er nun seine erste Nominierung für das Kinderspiel des Jahres vorweisen.
Mit zwei kleinen Mädchen zu Hause hat Kallauch im Augenblick noch die direkten Tester für die Zielgruppe, die er hauptsächlich bedient. Die Rückmeldungen von Maja und Emma dürften positiv ausgefallen sein, als sie in Koblenz mit dem Fotoapparat auf Fischjagd gehen durften. FOTO FISH ist ein Suchspiel, in dem Kameras einmal mehr, das andere Mal weniger ins Aquarium zoomen.
Mit gutem Auge und schneller Reaktion orientieren sich zwei bis vier Kinder an zwei Würfeln, die Fischfarben vorgeben, die sie suchen müssen. Jedes Kind hat ein Aquarium mit vielen bunten Fischen vor sich, und eine Kamera mit kleinem Ausschnitt oder einen großformatigen rechteckigen Fotoapparat in der Hand. Wer „Klick!“ ruft und als erster die zu suchenden Fische im Bild hat, bekommt ein großes Fischteil zum Puzzeln eines superlangen Fisches über dem Aquarium. Die Langsameren gehen aber nicht leer aus. Alle anderen, die die beiden gesuchten Fische noch vor ihre Linse bekommen, erhalten ebenfalls ein Geschenk mit einem schmaleren Fischabschnitt. Wächst der bunte Puzzlefisch über das eigene Aquarium hinaus, endet das Spiel.
Kallauchs Idee bietet ganz viel Varianz. Hier überzeugt mich besonders die gut geregelte Frustreduzierung. Es gibt fast immer eine Belohnung für jedes Kind, außerdem lassen sich zu schnelle Kinder durch größere Kameras oder eine schwierigere Spielplanseite ausbremsen. Das Pappmaterial des Spiels ist solide, was Kinder irritiert, ist der orangene Fisch auf den Würfeln, der nur als gelbes Pendant in den Aquarien existiert. Trotzdem überzeugt die Fotosafari im heimischen Fischbecken.
Logis beweist erneut nach FABULANTICA, dass die litauische Produktion durchaus mit der deutschen Konkurrenz mithält. Marco Teubners Idee hatte man 2019 ja noch an Pegasus abgetreten, nun zählen aber die eigenen Produkte und das gleich doppelt. Neben FOTO FISH ist mit GO SLOW! ein weiteres Spiel der litauischen Firma auf der Empfehlungsliste gelandet und damit ist LOGIS 2020 der erfolgreichste Verlag im Bereich der Kinderspiele.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: FOTO FISH
Autor: Michael Kallauch
Grafik/Design: Gediminas Akelaitis
Verlag: Logis
Alter: ab 4 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 22 Euro
Spiel 38/2020
Zum Autor:
Studiendirektor Michael Kallauch lebt in Koblenz. 2016 stellte er erstmals seine Ideen in Haar vor. Das Spiel MANNEKUH, eigentlich ein Geburtstagsgeschenk für einen Patensohn, fand das Interesse vom Zoch Verlag, der es 2018 als FLICK FLECK veröffentlichte. Wenige Monate später war Kallauch als Nominierter für das Stipendium der Nachwuchsautoren in Göttingen vertreten und musste sich nur knapp Marco Kujat geschlagen geben.
2018 erschien noch YUMMY MONSTERS bei HUCH!
2019 DIE SCHULE DER MAGISCHEN TIERE. NICHT ZU FASSEN! (Kosmos)
2020 FOTO FISH (Logis), Nominierung zum Kinderspiel des Jahres 2020
Das Foto von Kallauch stammt vom Autorentreffen in Göttingen im Jahr 2017. Zu sehen ist er mit einem Prototyp zu PETER UND DER WOLF, eine pfiffige Spielidee, von der ich hoffe, dass sie ebenfalls bald umgesetzt wird.
Samstag, 23. Mai 2020
SPEEDY ROLL
Der litauische Autor Urtis Šulinskas überzeugt erneut die Kinderspieljury. 2018 zeigte sie sich angetan von EMOJITO!, 2020 hat sie mit SPEEDY ROLL ein kleiner rollender Igel begeistert. Wie in Deutschland ist Šulinskas Idee auch in Frankreich auf der Nominierungsliste für das dortige Kinderspiel des Jahres gelandet.
Die Begeisterung der Juroren aus Deutschland und Frankreich hängt mit einem Igel zusammen, der wie ein Tennisball daherkommt, sich rollend fortbewegt und dabei Äpfel, Blätter und Pilze per Klettverfahren einsammelt. Der Autor bietet eine kompetitive Wettlaufvariante und ein kooperatives Weglaufen der Gruppe vor einem Fuchs an. Eingesammelte Teile nutzt Šulinskas als Wegegeld für einen Waldweg, den die Stacheltiere ablaufen. Passen die Teile, dürfen sie dort abgelegt werden und kommen erst einmal aus dem Spiel. Im kooperativen Gegeneinander duellieren sie sich mit Meister Reineke, der sich stets auf der kürzesten Strecke und immer zwei Felder voran bewegt. Er muss allerdings elf Schritte aufholen. Wenn das Kinderteam im rollenden Durchschnitt zwei passende Blätter einsammelt, gewinnt es. Ist die Trefferquote nicht so hoch, fängt der Fuchs manchmal den Igel.
Ich habe noch kein Kind erlebt, das nicht begeistert von diesem Fusseligel war. Er fasziniert wie auch die Kegelidee, bei der einmal nichts umgestoßen, sondern nutzbringend aufgesammelt wird. Šulinskas Idee ist kreativ und sehr variabel angelegt. Das betrifft nicht nur die beiden Spielformen, sondern auch Handicap-Regeln und ständig neu zusammenlegbare Wegestrecken für die Verfolgungsjagd oder die Rennstrecke durch den Wald, wenn die Kinder gegeneinander spielen wollen.
Vierjährige können schon mitrollen und sich über eingesammelte Teile freuen, taktischer spielen die Grundschüler, die Teile gezielt für die kurzen Wege anpeilen und vor allem das Soll nicht überschreiten. Werden fünf oder mehr Teile eingesammelt, geht die Gruppe leer aus. Schulkinder stellen sich ebenfalls gerne dem Gegeneinander.
Den Kinderspielpreis in Frankreich konnte im Februar in Cannes Šulinskas nicht gewinnen. Laurent Escoffier und David Franck nahmen den As d’Or für Kinder für DREAM CATCHER in Empfang. Was im Juni in Deutschland entschieden wird, müssen wir abwarten. In Hinblick auf die Kreativität der Spielideen rollen Piatnik und Urtis Šulinskas den anderen davon, aber vielleicht zählen für die Kinderjury andere Werte.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: SPEEDY ROLL
Autor: Urtis Šulinskas
Grafik/Design: Irina Pechenkina
Verlag: Piatnik
Alter: ab 4 Jahren
Spielerzahl: 1 - 4
Spielzeit: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 37/2020
Freitag, 22. Mai 2020
PUZZLE MEMO
Ein MEMO-Spiel ist schon lange nicht mehr nur die klassische Suche nach passenden Pärchen. Immer wieder integrieren Spieleautoren die MEMO-Idee in neue Spielkonzepte. Günter Burkhard, der zusammen mit seiner Tochter Lena für FUNKELSCHATZ den blauen Pöppel für das Kinderspiel des Jahres 2018 gewonnen hat, gelingt mit dem PUZZLE MEMO die Verbindung zweier klassischer Spielelemente.
Eine Dschungellandschaft, die Florian Biege für die Drei Hasen in der Abendsonne mit dem für ihn typischen Augenzwinkern entworfen hat, muss von unten nach oben in einem 8x5-Raster stets orthogonal angrenzend zusammen gepuzzelt werden. Erzählerisch und optisch geht vor den Augen der Spieler der Tag auf, bringt Licht in den dunklen Dschungel, der vorerst nur schemenhaft vor uns ausliegt. Mit den bunten Puzzleteilen zieht Farbe ins Spiel, wird Flora und Fauna zum Leben erweckt.
Burkhardts pfiffiger Dreh bei der Verbindung der klassischen Spielelemente besteht darin, dass alle Puzzleteile verdeckt unterhalb des Urwaldplans ausliegen und damit kommt er zu seiner ergänzenden MEMO-Komposition. Da die Teile nur von unten nach oben in den Urwald Farbe bringen, müssen aufgedeckte Plättchen, die anfangs meist nicht passen, über dem Spielplan verdeckt abgelegt werden. Wer am Zug ist, ein passendes Teil findet, darf sofort weitermachen und stets auch die schon einmal aufgedeckten Karten nutzen. Wer sich die oberen Positionen gut merkt, wird vielleicht ein Tier vollständig aus bis zu vier Kärtchen zusammensetzen. Denn darum geht es. Kinder, die das schaffen, erhalten die entsprechende Kärtchenzahl als Schritte auf einer Blätterleiste rund um den Dschungel gutgeschrieben. Da winkt das Faultier und bringt drei Bewegungspunkte, sogar der Gorilla kann für seine vier Punkte breit grinsen.
Die Spielfiguren, die dort wandern, sind kleine Holzhütchen, die sich übereinander stapeln lassen. Wer Glück hat, wandert huckepack weiter, nur Stolperzweige verhindern zu langes Mittragen.
Unter den Puzzleteilen befinden sich fünf Sonderkärtchen. Zwei Spinnennetze beenden sofort den Spielzug, zwei weitere Kärtchen wirken sich auf die Positionen der Punkteleiste aus und ein letztes bringt einen weiteren Zug. Diese besonderen Karten wandern ebenso nach oben, wechseln dort aber ihre Lage, während alle Tierkarten ihre Positionen behalten. In den Varianten für jüngere Kinder wird empfohlen, diese Kärtchen wegzulassen.
Pur gefällt mir PUZZLE MEMO am besten mit den wunderschönen Grafiken von Florian Biege und handlichen Holzfiguren der Drei Hasen aus Uehlfeld. Burkhardt schafft elegant die Verbindung klassischer Spielelemente zu einer neuen Spielform, nennen wir sie einfach einmal PUMO. Für die Kinderspieljury war diese Idee einen Platz auf der Empfehlungsliste wert.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: PUZZLE MEMO
Autor: Günter Burkhardt
Grafik/Design: Florian Biege
Verlag: Drei Hasen in der Abendsonne
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 15 -25 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 36/2020
Donnerstag, 21. Mai 2020
IGELFREUNDE
Felix Beukemann stand gestern an dieser Stelle im Fokus mit GO SLOW! (Logis) seinem ersten Spiel auf der Empfehlungsliste für das Kinderspiel des Jahres. 2020 hat er mit IGELFREUNDE noch ein zweites Spiel bei Haba unterbringen können. Das ist bisher sein Hausverlag gewesen, der schon seit 21 Jahren immer einmal wieder Spiele von ihm veröffentlicht hat.
Beukemann hat ein Faible für 3D-Elemente im Kinderspiel, das spürt man an den Hochbeeten für die Schnecken bei Logis, die eigentlich unnötig sind, das Spiel aber viel attraktiver machen. In TSCHU-TSCHU, KLEINE EISENBAHN (Haba, 2018) arbeitet der Autor mit tiefergelegten Bahnstrecken und einer kleinen Papplokomotive. Die IGELFREUNDE erheben sich ebenfalls dreidimensional über der Tischebene. Die vier kleinen Igel sollten die Eltern erst vorsichtig zusammenbauen, da die Pappscharniere leicht knicken.
Ohne 3D-Igel würde Beukemanns Spiel nicht funktionieren, sollen doch die Stacheltiere das richtige Laub aufspießen. Unsere kleinen Igel nehmen nicht alles, was ihnen vor die Stacheln kommt, sie sind schon modebewusst und orientieren sich bei den Färbungen der Blattspitzen an der Farbe ihrer Sonnenbrille.
Einerseits sind die IGELFREUNDE ein einfaches Würfelspiel für zwei bis vier Kinder ab drei Jahren, andererseits hat Beukemann seiner Spielkonstruktion eine pfiffige Prise MEMO verpasst. 30 herbstlich gefärbte ovale Blätter mit unterschiedlichen Blattspitzen, die mit den vier Sonnenbrillenfarben der Igel korrelieren. liegen nicht auf dem Waldboden aus, auf dem die Igel ihre Blätterwanderung machen, sondern stecken in einem kleinem samtigen Laubbeutel. Zu den Igeln kommen sie durch Wurfergebnisse eines Spezialwürfels. Dieser zeigt ein oder zwei Blätter und außerdem den Herbstwind. Ungesehen wird das Blattwerk aus dem Laubbeutel gezogen. Ist die eigene Brillenfarbe dabei, steckt das Kind das Blatt so in Igelschlitze, dass diese Farbe nach oben zeigt. Falls das nicht der Fall ist, muss das Blatt an einen der anderen Besitzer verschenkt werden, dass kann auch ein neutraler mitspielender Igel sein, wenn nicht vier Kinder am Tisch sitzen. Bläst der Wind, kommt die MEMO-Komponente zum Tragen. Dann darf nämlich ein Blatt aus einem anderen Igel gezogen werden, in der Hoffnung, dass sich hier am anderen Ende die eigene Farbe befindet.
Der Wind bringt die notwendige frische Brise in Beukemanns Idee, die aus den IGELFREUNDEn ein gutes Spiel macht. Er fordert die genaue Beobachtung des Spielverlaufs, damit interessiert sich jeder für jedes Blatt und prägt sich ein, wenn eins mit eigener Farbspitze in einem fremden Igel verschwindet. Das werden Dreijährige, für die Haba das Spiel ausweist, nur in Ansätzen wahrnehmen können, aber Beukemanns Idee trainiert. Zudem haben alle viel Spaß an den witzigen Igeln mit den großen Sonnenbrillen.
Diese Spielidee von Beukemann hätte der Juryliste ebenfalls gut angestanden, zumal die Altersgruppe ab drei Jahren in der diesjährigen Auswahl wieder einmal nicht Berücksichtigung fand.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: IGELFREUNDE
Autor: Felix Beukemann
Grafik/Design: Anna-Lena Kühle
Verlag: Haba
Alter: ab 4 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 35/2020
ZUM AUTOR:
SCHNUFFEL, das erste Spiel des Gießener Autors Felix Beukemann erschien 1999 bei Haba. Dann musste er sieben Jahre bis zur nächsten Veröffentlichung warten, 2006 folgte WAS ZÄHLT? (Haba). Das Bild von Beukemann stammt aus dieser Zeit, aus dem Jahre 2007 vom Spielautoren-Treffen in Göttingen.
Seit 2018 verstetigen sich die Veröffentlichungsrhythmen mit TSCHU-TSCHU, KLEINE EISENBAHN (Haba,2018), LUCKY LANGHALS (Haba, 2019) und den beiden heute und gestern beschriebenen Spielen aus dem Jahre 2020.
Dienstag, 19. Mai 2020
GO SLOW!
Felix Beukemann ist spezialisiert auf Kinderspiele, fünf seiner Ideen konnte er bisher bei Haba unterbringen, GO SLOW! ist seine erste Veröffentlichung bei Logis, mit der er gleich auf der Empfehlungsliste für das Kinderspiel des Jahres landete.
Beukemann kehrt das Motto des Randolph-Klassikers TEMPO, KLEINE SCHNECKE um. In seinem Schneckenrennen möchten sich die Weichtiere möglichst lange an Tomaten, Gurken und Bohnen laben. Daher gewinnt die Schnecke, die sich am längsten auf den Hochbeeten hält. War Randolphs Spiel ideal für ganz kleine Kinder und diente dem Erkennen von Farben, führt Beukemann über Kartensteuerung zu ersten taktischen Überlegungen.
Die Rennstrecke aus vier Hochbeet-Teilen mit jeweils sechs Gemüsesorten in unterschiedlicher Anordnung dürfen die Kinder beliebig zusammensetzen. Jeder bekommt zwei Karten vom Stapel, der jede Gemüsesorte fünfmal und außerdem noch drei Sonderaktionen mit 20 Karten enthält. Mit diesen speziellen Karten darf man aussetzen, die eigene oder die langsamste Schnecke bis zu drei Felder nach vorne verschieben. Tiere, die davor grasen, werden dann mitverschoben.
Das ist schon das ganze Spiel, nicht unbedingt innovativ, aber für die Zielgruppe durchaus spannend und spaßig. Die Auswahl zwischen zwei Karten lässt nicht viele Alternativen zu, daher schlägt Beukemann auch eine Version für Sechsjährige mit drei Karten vor, die schon etwas gezieltere Steuerung des Rennverlaus ermöglicht. So richtig Freude bereitet das Rennen vor allem in Vollbesetzung, zu zweit kommen sich die Kriechtiere kaum in die Quere und der Rennverlauf ergibt wenig Spannung.
Den Charme der von Randolph selbst entworfenen Holzschnecken in dem alten Ravensburger Spiel besitzen die etwas klobigen Logis-Produkte zwar nicht, trotzdem passt das Material gut in Kinderhände und der Hochbeet-Rennparcours ist eine ausgezeichnete Idee, zumal er sehr variabel immer wieder neue Rennstrecken ergibt.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: GO SLOW!
Autor: Felix Beukemann
Grafik/Design: Gediminas Akelaitis
Verlag: Logis
Alter: ab 4 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 10 -15 Minuten
Preis: ca. 17 Euro
Spiel 34/2020
BLUE LAGOON
Film-Assoziationen mit Brooke Shields und Christopher Atkins sind unangebracht. Knizia steht weniger auf Weichzeichnererotik mit puritanischen Untertönen. Urlaubssehnsüchte zu Regionen, die CORONA 2020 unerreichbar machen. spielen eher eine Rolle. In diesen Zeiten zumindest polynesische Inselarchipele auf dem heimischen Spieltisch entdecken zu dürfen, das hat was, zumal dann, wenn Meister Knizia reizvolle Komponenten aus seiner Erfinderkiste spendiert und Blue Orange das Ganze materialmäßig traumhaft umsetzt.
Acht Paradiesinseln liegen in tiefblauer Südsee überzogen mit einem Hexraster unberührt vor uns. Zur Spielvorbereitung werden 24 Rohstoffe von der Kokosnuss, über Bambus, Wasser und Edelsteine in heiligen Steinkreisen zufällig verteilt, damit diese Plätze ihren Namen auch zurecht verdienen kommen noch acht Statuen dazu, alles wertig aus Holz. Das Material der Spieler ist papporientiert, was ebenfalls Sinn macht, da die 30 Plättchen als Boote oder Siedler wendeseitig genutzt werden. Dafür bietet Blue Orange den Siedlern aber noch eindrucksvolle Behausungen aus Holz mit eingeschnitzter Türöffnung, das ist vorzeigbar.
Knizias Entdeckung und Besiedlung der Inselwelt läuft in zwei Phasen mit identischen Wertungen ab. Den Wertungsblock sollten alle vor Augen haben, denn das topologische Blue Lagoon enthält Verbindungskomponenten, Mehrheitsentscheidungen und Ressourcensammlungen. Wer auf allen Inseln vertreten ist, kann daher 20 Punkte gewinnen, für Verbindungen von Inseln gibt es jeweils fünf Punkte. Die Mehrheiten auf Inseln werden je nach Größe mit sechs bis zehn Siegpunkten belohnt. Schließlich bringen die Sammlungen von Rohstoffen noch Gewinnpunkte und die Statuetten.
Abwechselnd legen die Spieler ihre Pappchips als Schiff zur Verbindung der Inselwelten oder als Entdecker auf den Inseln ab. Die Siedler müssen stets angrenzend gelegt werden, die Boote dürfen die Spieler frei zwischen den Inseln platzieren. Dabei sammeln die Polynesier die Rohstoffe oder Statuen von den Steinkreisen mit ein und achten auf alle anderen Wertungskomponenten. Zusätzlich werden Hütten auf den Inseln erbaut.
Sobald alle Rohstoffe eingesammelt wurden oder alle Spieler ihre Siedler und Hütten platziert haben, endet die erste Runde mit der Wertung. Für den Einstieg kann man es dabei bewenden lassen, um ein Gefühl für die Zusammenhinge zu bekommen. Im eigentlichen Spiel folgt dann aber noch eine Siedlungsphase, die aber ähnlich der Entdeckung abläuft. Bis auf die Hütten werden alle Plättchen und Rohstoffe vom Spielplan genommen und nach Zufallsprinzip neu verteilt. Dafür spendiert der Verlag ein kleines Stoffsäckchen. Die Startpunkte stellen nun die Holzhütten dar, deshalb sollte man diese vorher nie auf den Steinkreisen errichten, denn diese werden für die Neubestückung leergeräumt. Nicht eingesetzte Hütten kommen aus dem Spiel. Freies Setzen von Booten auf Meeresfeldern ist nun nicht mehr erlaubt, alles läuft nur über vorhandene Verbindungen. Daher sollten alle auch ihre fünf Hütten auf den Inseln haben. Das sind aber auch die einzigen Unterschiede, das Spiel endet wie in der ersten Phase und die zweite Wertung erfolgt am Ende exakt so wie die erste. Wer addiert aus beiden Runden die höchste Punktzahl bekommt, gewinnt BLUE LAGOON nach etwa 30 bis 45 Minuten.
Das Arrangement Knizias ist letztlich abstrakt, was die Kettenbildung angeht, erinnert BLUE LAGOON ein bisschen an Knizias DURCH DIE WÜSTE. Das Gegeneinander ist wie in dem Spiel von 1998 knallhart. Ständig wird gekämpft, um Mehrheiten auf den Inseln, um das Erreichen bestimmter Ressourcen, um das Abriegeln von Inselzonen, damit Gegner nicht auf allen Inseln vertreten sind. Wer zu offen seine Pläne erkennen lässt, wird ein schnelles Opfer für seine Gegenspieler. BLUE LAGOON ist daher auch ein taktisches Abtasten, langsames Vorpreschen und gutes Vorbereiten der zweiten Phase, das sicherstellt, dass man auch wirklich beispielsweise die 20 Inselpunkte wiedererhält. Dafür sollte man schon die Hütten auf Inseln bauen, die an nur drei Inseln angrenzen, die drei restlichen Eilande lassen sich dann leichter erreichen. Wenn es dann noch gelingt einen Vierersatz von einer Ressource zu bekommen, was ebenso viele Gewinnpunkte einbringt, dann ist das schon einmal die halbe Miete, weil Inselmehrheiten und Verbindungspunkte fast en passant abfallen. Trotzdem sollte man auch diese Punkte im Blick behalten, da über die Inseln immerhin 62 Punkte zu gewinnen sind.
Neben der Spielkonstruktion überzeugt einmal mehr die Gestaltung durch Blue Orange. Tomasz Larek lässt Urlaubsstimmung aufkommen, Inlay und Holzmaterial gefallen, wobei allerdings die Holztoken für die Ressourcen nicht unbedingt schnell zugeordnet werden können. Rosafarbene Kokosnüsse erinnern schon arg an die Bonbonfarben der Knizia-Kamele bei Kosmos 1998.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: BLUE LAGOON
Autor: Reiner Knizia
Grafik/Design: Tomek Larek
Verlag: Asmodee/ Blue Orange
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 30 - 45 Minuten
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 33/2020
Montag, 18. Mai 2020
CALCOOL
Karin Herrmann und Otmar Brettscheider, die schon seit 2007 Spiele veröffentlichen, besitzen den kleinen Verlag „biwo spiele“. Namensgebend war ihr erstes Spiel, die BILDSCHÖNEn WORTSPIELE, deren Genre sie auch lange treu geblieben sind, mit Spielen wie IMPOSSUM, das mir in mancher Vertretungsstunde geholfen hat, SPRECHBILDER, und TEEKESSEL IM QUADRAT. Nach zehn Jahren mit Wortspielen wechseln Hermann und Brettscheider das Fach und widmen sich mit CAPIO eher dem Rechenspiel, gepaart mit Schnelligkeit und Konzentration auf der Basis bunter Würfel. 2018 wurde für CAPIO der „goldene Würfel“ ergänzt. 2019 erschien mit FINI! eine „sekundenschnelle“ Würfelsuche und nun liegt seit der Nürnberger Spielwarenmesse CALCOOL vor.
Die Basis für das aktuelle Spiel sind 66 Holzwürfel in elf Farben. Das Autorenpaar bietet zwei Spielvarianten an. Ging es in FINI! noch um Pokerkombinationen und in CAPIO um die Erfüllung von Aufgabenkarten, tauchen in CALCOOL erneut wieder Karten auf, die aber eher Schikanen in der Würfelanordnung zur Folge haben.
Zwei dieser Karten liegen nebeneinander vor jedem Spieler aus, Diese definieren, welche Würfel unten der jeweiligen Anzeigenspalte liegen sollten und welche nicht. Die Erfüllung dieser Vorgaben bringt Pluspunkte, die Nichterfüllung kostet Minuspunkte. Definiert sind die Schikanen entweder durch exakte Würfelvorgaben, Farben oder Zahlen. Die Spieler bedienen sich aus einem gemeinsamen Würfelpool mit 60 Würfeln, dessen Wurfergebnisse nicht verändert werden dürfen. Gegriffen wird mit einer Hand, abgelegt exakt von links nach rechts, jede Farbe darf nur einmal vorkommen, identische Zahlen dürfen nicht nebeneinander liegen. Das sind zwar schon die ganzen Regeln, es reicht aber auch, denn zusätzlich bringen die Karten ungeahnte Zwänge, für die der Würfelpool besonders in Vollbesetzung zu viert nicht immer Lösungen parat hält. Wer zuerst seine Würfelkette beendet hat, stoppt die Suche der anderen, die nur noch den Würfel, den sie in der Hand halten, ablegen dürfen. Bei gültiger Kette ohne Fehler erhält der Spieler, der die Runde angehalten hat, drei Siegpunkte. Tauchen Fehler in seiner Würfelkette auf, kostet das allerdings drei Punkte. Zu Fehlern zählen, Farben, die zweimal zu sehen sind, gleiche Augenzahlen, die nebeneinander liegen. Gewertet wird nur bis zu einer Lücke und bis zum ersten Fehler.
Für das FARBENSPIEL sind vier Runden vorgesehen, wobei etwas anspruchsvollere Schikanenkarten die dritte und vierte Partie prägen, so tauchen Doppelschikanen auf, die erfüllt sein müssen, damit man die Pluspunkte erhält.
Deutlich anspruchsvoller verläuft das ETAPPENSPIEL, sechs silberne Würfel spielen zusätzlich eine Rolle außerdem etwas komplexere Schikanen. Die zu legende Reihe muss dabei mindestens zehn und höchstens zwölf Würfel betragen, wobei durch Addition und Subtraktion der gewählten Würfel zusätzlich noch ein Zielwert eines silbernen Würfels erreicht werden muss. Dazu nehmen sich alle zu Beginn aus dem Pool mit Würfeln einen der sechs silbernen Würfel. Außerdem werden über fünf aussortierte Würfel die Minusfarben für die aktuelle Runde festgelegt. Danach werden die restlichen Würfel neu gemischt.
Das gedankliche Handicap beim ETAPPENSPIEL ergibt sich nicht nur aus den Schikanen, sondern aus der ständigen Rechenbilanz., bei der nie das Ergebnis Null auftauchen darf. Zusätzlich bestimmt der gewählte Zielwert auch das Ergebnis einer Zwischenetappe. Wer sich für die „6“ entscheidet, muss nach dem sechsten Würfel vor dem Schlussergebnis ebenfalls noch einmal den Sechserwert sichern. Weil das alles ziemlich schwer wird, erlauben die Autoren immerhin die Doppelnutzung von Farben, wobei nun aber wie bei den Zahlen identische Farben nicht nebeneinander liegen dürfen. Für die Schlusswertrung gibt aber die Nutzung möglichst vieler Farben Extrapunkte. Die Etappe endet außerdem erst, wenn zwei Spieler ihr Ziel erreicht haben.
Die zweite Variante ordnen die Autoren zurecht erst ab dem Alter von 12 Jahren ein, das ist dank der ständigen Überprüfungsrechnungen und der sonstigen Hürden richtig anstrengend. Ich selbst würde das nicht gerne morgen wieder spielen müssen. Dagegen passt der Anspruch des Farbenspiels gut. Genaue Beobachtung, schnelle Reaktion schulen Grundschulkinder bei einfachen Zuordnungen, die dann auch noch in eine überschaubare Rechenbilanz übertragen werden. Fehler, wie gleiche Zahlen nebeneinander, weil man prioritär auf unterschiedliche Farben achtet, passieren zwar immer wieder, aber das lässt sich in vier Runden abtrainieren.
Mit CALCOOL ist in Nürnberg schon das dritte BUNTE-WÜRFEL-Spiel erschienen. Das Autorenpaar Karin Herrmann und Otmar Brettscheider sollte daher durchaus über eine Änderung oder Ergänzung des Verlagsnamens nachdenken, biwo &buwu spiele würde ich vorschlagen.
Wertung: Gerne morgen wieder (gilt für das Farbenspiel)
Titel: CALCOOL
Autoren: Karin Herrmann und Otmar Brettscheider
Grafik/Design: Karin Herrmann
Verlag: biwo Spiele
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 20 - 30 Minuten
Preis: ca. 28 Euro
Spiel 32/2020
Sonntag, 17. Mai 2020
Die Jury nominiert und empfiehlt 2020
„Kinderspiel des Jahres“ 2020
Nominiert für das „Kinderspiel des Jahres“ 2020
FOTO-FISH
SPEEDY ROLL
WIR SIND DIE ROBOTER
Empfehlungsliste „Kinderspiel des Jahres“ 2020
GO SLOW!
HANS IM GLÜCK
MAGIC SCHOOL
PUZZLE MEMO
SLIDE QUEST
ZOMBIE KIDZ EVOLUTION
ZOO RUN
„Spiel des Jahres“ 2020
Nominiert für das „Spiel des Jahres“ 2020
MY CITY
NOVA LUNA
PICTURES
Empfehlungsliste „Spiel des Jahres“ 2020
COLOR BRAIN
DER FUCHS IM WALD
DRAFTOSAURUS
KITCHEN RUSH
LITTLE TOWN
SPICY
„Kennerspiel des Jahres“ 2020
Nominiert für das „Kennerspiel des Jahres“ 2020
DER KARTHOGRAPH
DIE CREW
THE KING’S DILEMMA
Empfehlungsliste „Kennerspiel des Jahres“ 2020
RES ARCANA
PALADINE DES WESTFRANKENREICHS
UNDERWATER CITIES
Nominiert für das „Kinderspiel des Jahres“ 2020
FOTO-FISH
SPEEDY ROLL
WIR SIND DIE ROBOTER
Empfehlungsliste „Kinderspiel des Jahres“ 2020
GO SLOW!
HANS IM GLÜCK
MAGIC SCHOOL
PUZZLE MEMO
SLIDE QUEST
ZOMBIE KIDZ EVOLUTION
ZOO RUN
„Spiel des Jahres“ 2020
Nominiert für das „Spiel des Jahres“ 2020
MY CITY
NOVA LUNA
PICTURES
Empfehlungsliste „Spiel des Jahres“ 2020
COLOR BRAIN
DER FUCHS IM WALD
DRAFTOSAURUS
KITCHEN RUSH
LITTLE TOWN
SPICY
„Kennerspiel des Jahres“ 2020
Nominiert für das „Kennerspiel des Jahres“ 2020
DER KARTHOGRAPH
DIE CREW
THE KING’S DILEMMA
Empfehlungsliste „Kennerspiel des Jahres“ 2020
RES ARCANA
PALADINE DES WESTFRANKENREICHS
UNDERWATER CITIES
YOKAI
Spätestens seit dem Erfolg von MEMOARRR! sind MEMO-Spiele auch für Erwachsene salonfähig. Die Edition Spielwiese hat für Bartolinis Spiel mit MEMORINTH einen Nachfolger gefunden, den Richard Haarhoff entwickelt hat. Der französische Autor Julien Griffon liefert mit dem japanisch angehauchten YOKAI eine kooperative Variante dieses Genres.
Yokai sind Fabelwesen, Figuren des japanischen Volksglaubens, teils mit tierischen, teils mit menschlichen Zügen, auf alle Fälle aber mit übernatürlichen Kräften. Griffon greift auf das Motiv des Fuchses zurück, der für Glück steht, nimmt den Dämonen Oni mit ins Spiel und Kappa, ein froschähnliches Wesen, das in Teichen wohnt und diese beschützt. Menschlich ist die Rokurokubi, eine Frau, die in der Nacht ihren Hals verlängern kann.
Jeweils vier Karten gibt es von jedem Fabelwesen, die wild durcheinander in einem 4x4-Raster ausliegen. Identische Yokais, die alle verdeckt sind, wollen unbedingt wieder zusammenkommen. Dafür gelten strenge Regeln, die vor allem die Kommunikation der bis zu vier Beteiligten betreffen. Geredet werden darf wie in HANABI nicht, für hilfreiche Hinweise dienen je nach Spielerzahl sieben bis zehn Tippkarten, deren Nutzung die Spieldauer mit reguliert.
Wie im klassischen MEMO schauen sich die Spieler reihum zwei Karten an, dies läuft allerdings nicht offen ab, sondern geheim. Alle Karten bleiben die ganze Zeit über verdeckt. Nach dieser Aktion wird eine beliebige YOKAI-Karte verschoben. Eine sehr wichtige Phase, da sie im Laufe des Spiels immer mehr Informationen preisgibt. Wer die gerade angesehenen Karten nicht vertauscht, hat wahrscheinlich zwei identische Fabelwesen gefunden. Verschiebt er dagegen eine davon, führt er eventuell im fortgeschrittenen Spiel zwei Wesen zusammen.
Nach dieser Aktion wird entweder eine Hinweiskarte vom Stapel aufgedeckt oder eine dieser Karten auf einem Yokai platziert. Es gibt dabei Hinweise, die genau anzeigen, um welche Familie es geht, manche Tipps zeigen allerding zwei Arten, manche sogar drei. Belegte Karten dürfen nicht mehr verschoben werden. Das korrekte Markieren ist daher besonders wichtig, sonst hat die Gruppe es schwer, das Spiel zu gewinnen.
YOKAI endet, wenn die letzte Hinweiskarte gelegt wurde, das heißt nach 14, 18 oder 20 Runden. Ist das Team gut, kann das Spiel früher beendet werden, wenn ein Spieler verkündet, dass alle Fabelwesen orthogonal angrenzend zueinander gefunden haben.
Wertungstechnisch bilanziert die Gruppe ihre Leistung, indem korrekte Tippkarten und nicht genutzte Hinweise in die Abschlussbilanz einfließen, was Beurteilungen zwischen „beachtlich“ und „legendär“ ergibt. Geübte Gruppen steigern das Aufgabenniveau durch Nachbarschafts- und Zielkarten. Dabei erweisen sich besonders die Zielkarten als schwierig, da sie bestimmte Kartenformationen erwarten.
Entscheidend in YOKAI sind die zweite Aktionsphase, auf die alle achten müssen, und die effektive Nutzung der Hinweiskarten. Für die Gruppe wird es leichter, wenn die eindeutigen Tipps früher kommen. Die Hinweise auf drei Farben sollte man zurückhaltend und gegen Ende nutzen, da sie eher Verwirrung bringen als Klarheit. Zudem blockieren sie eine Karte und lassen das Verschieben nicht mehr zu. Die reduzierte Kommunikation nur durch Tipp-Karten wird gruppenspezifisch oft durch nonverbale Signale ergänzt, da entwickeln sich oft eigene Formen des Miteianders.
Die grafische Umsetzung von YOKAI durch Christine Alcouffe, die wir vom PAPER TALES kennen, gefällt mir gut. Das Spiel von Julien Griffon erweist sich als variantenreiche kooperative MEMO-Variation, die das Genre der anspruchsvolleren Gedächtnisspiele mit deduktiver Prise gut ergänzt.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: YOKAI
Autor: Julien Griffon
Grafik/Design: Christine Alcouffe
Verlag: Game Factory
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 20 Minuten
Preis: ca. 17 Euro
Spiel 31/2020
Samstag, 16. Mai 2020
WIR SIND DIE ROBOTER
Wolfgang Warsch hat mit THE MIND die Spielmechaniken um Elemente wie Gefühl für Tempo und Zeit erweitert. Alles ist relativ und fordert ein Eingrooven auf den Rhythmus der Partner. Empathie ist angesagt und das ist nicht die schlechteste menschliche Eigenschaft.
Warschs Idee wird aktuell gleich in zwei anderen NSV-Spielen aufgegriffen, die, wie mir in Nürnberg versichert wurde, unabhängig voneinander Reinhard Staupe und Steffen Benndorf entwickelt haben. Benndorf steuert in CONTACT mit Handgestik Raumschiffe durchs Weltall, Staupe schickt piepende Roboter auf die Suche nach Gegenständen.
Staupes Spiel ist schon für Kinder ab fünf Jahren geeignet und klappt besonders in der kooperativen Form sehr gut. In WIR SIND DIE ROBOTER übernimmt ein Kind die Rolle eines Automaten, die Rückseite einer Laufstreckenkarte gibt ihm vor, welchen Gegenstand er mit welcher Geschwindigkeit erreichen muss. Staupes Roboter kennen nur drei Tempi, sie sind langsam wie eine Schnecke, bewegen sich normal wie ein Roboter oder schnell wie eine Rakete. Die gewählte Geschwindigkeit wird allen mitgeteilt. Die Aufgabenvorgabe muss der Roboter auf eine Laufstrecke anwenden, die alle mit 12 Gegenständen bestückt sehen. Er startet mit „Beep“ und läuft gedanklich in der vorgegebenen subjektiven Geschwindigkeit die Strecke ab. Beept er wieder, ist er am Ziel angelangt.
Nun tippen die anderen, bei welchem Gegenstand der Roboter stehen könnte. Stimmt ihre Vermutung, erhalten sie drei Holzchips zur Belohnung, bei einer Abweichung gibt es immerhin noch zwei Chips. Ist das genannte Zielfeld um zwei Gegenstände rechts oder links vom Roboterfeld entfernt, gibt es noch einen Chip. Dann wechselt die Roboterrolle bis nach elf Runden die Teamleistung überprüft wird. Staupe ist großzügig, Ergebnisse über 15 Punkte nennt er gut, über 20 klasse. Wer „roboterstark“ abschließen möchte muss allerding 25 Punkte erreichen.
Einfacher ist es, wenn die Roboterrolle nicht wechselt und alle sich auf die persönliche Geschwindigkeit nur eines Spielers einstellen. Wer will, kann WIR SIND DIE ROBOTER auch kompetitiv spielen. Dabei werden zwei Chips für richtige Tipps verteilt und es gibt noch einen Chip für einen Gegenstand daneben. Damit der führende Spieler nicht bewusst schummelt, gibt es eine Belohnung für den Roboter, der für jeden Spieler, der richtig liegt, einen Punkt bekommt.
Ist THE MIND für Kinder mit der Zahlenablage eher abstrakt, können sie sich in das Schneckentempo eines langsamen Roboters gut einfühlen. Anfangs liegen die persönlichen Geschwindigkeitsgefühle meist noch weit auseinander, besonders die Rakete ist oft zu schnell. Mit der Zeit stimmen sich die meisten Gruppen aber gut aufeinander ein, sodass es nie bei nur einer Partie bleibt. In Kooperation wollen alle zumindest das Ergebnis „klasse“ erreichen. Dabei ist das Miteinander, das wachsende Verständnis nicht nur etwas für Kindergruppen, auch Eltern sollten sich empathisch in das Zeitgefühl ihrer Kleinen hineinversetzen und umgekehrt gilt das natürlich auch. Allein das Erlebnis, dass Kinder oft das bessere Gespür haben, macht das Spiel spielenswert.
WIR SIND DIE ROBOTER transportiert Warschs THE MIND-Idee elegant in die emphatische Erfahrungswelt von Kindern. Mit der Zeit kommen Gruppen auf einen gemeinsamen Nenner, synchronisieren sich fast automatisch, das ist eine fantastische intuitive Erfahrung. Wenn nächsten Montag die neuen Jury-Listen veröffentlicht werden, erwarte ich Staupes Spiel auf der Kinderliste.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: WIR SIND DIE ROBOTER
Autor: Reinhard Staupe
Grafik/Design: Oliver Freudenreich
Verlag: NSV
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 2 - 6
Spielzeit: 15 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 30/2020
Freitag, 15. Mai 2020
POULE POULE
Der Geflügelhof von Roger in der Nähe der Stadt Wädenswil liefert das Gelbe vom Ei frischgelegt und naturnah. Die Freilandhaltung seiner Hühner sorgt dafür, dass sein Federvieh ständig von Füchsen bedroht ist. Das ist so spannend, dass sich ein Filmteam des SRF angemeldet hat. Nirgendwo in der Schweiz gibt es eine höhere Population von Füchsen. Auf Rogers Hof entspricht sie 1:1 seiner Hühnerzahl. VERFUXT noch mal, so etwas hat die ganze Schweiz noch nie gesehen.
Regisseur Charles Bossart geht es in seinem Streifen POULE POULE einerseits um das Durcheinander am Hofe, andererseits will er zeigen, dass Bauer Roger trotzdem seine Eierpappen füllen kann. Er hat sie schon halbiert und Bossart ist jedes Mal froh, wenn er Szenen mit fünf Eiern abgedreht hat.
Das Ganze ist deshalb so schwer, weil sich die Hühner immer wieder ihrem natürlichen Brutverhalten widmen. Wenn ein Fuchs kommt, flüchten sie aber. In der Kurzfassung von Brossarts Streifen treten daher auch nur Ei, Henne und Fuchs auf. Seine lange Kinofassung bietet einigen Nebendarstellern noch Verdienstmöglichkeiten. Hier tritt auch Roger mit seinem Hofhund und dem immer zu überraschenden Späßen aufgelegten Hahn Rico auf. Spezialeffekte nutzt Bossart für den Fuchs im Hühnerpelz, für Regenwürmer, Enten und ein Straußenei.
POULE POULE ist eine witzige MEMO-Variante, die von ständigen Veränderungen durch Kartenbezüge lebt. Spielziel ist es, die halbe Eierpappe zu füllen. Im Grundszenario sind dafür 15 Eier, zehn Hennen und Füchse im Spiel, die gut gemischt der Reihe nach aufgedeckt werden. Sobald fünf Eier im Kasten sind, darf ein Spieler den Dreh beenden. Der Film wird, falls jemand anzweifelt, dass fünf Eier zu sehen sind, zurückgespult und zur Überprüfung gezeigt. Sichtbar sind Eier nur, wenn keine Hühner drauf sitzen, diese können wiederum durch Füchse vertrieben werden. Allein diese wenigen Zusammenhänge sorgen für ein ziemliches gedankliches Durcheinander. Es reicht nicht, die Eier zu zählen, die Hühner, die danach kommen, lassen sie ja wieder verschwinden und die Füchse sorgen dafür, dass eine Henne wegläuft und das Ei freigibt. Wer sich richtig erinnert, bekommt ein kleines Puzzle-Ei, das mit drei Puzzleteilen vollständig wird.
Wer zur Kinofassung übergehen möchte, kann durch die Nebendarsteller die Schwierigkeit steigern. So nimmt sich der Bauer alle bisher sichtbaren Eier und sorgt für einen
Neustart des gedanklichen Zählens. Sein Hund verscheucht einen Fuchs, ihm entkommt nur der Fuchs im Hühnerpelz. Hennen werden zusätzlich zu den Füchsen durch Regenwürmer abgelenkt. Mit dem Straußenei wird das Ziel mit den fünf Eiern schneller erreicht, denn es zählt doppelt, zudem können Hennen wegen seiner Größe nicht auf ihm sitzen. Wird Rico mit in den Stapel gemischt, beendet er sofort die Runde und will die exakte Zahl der zu diesem Zeitpunkt sichtbaren Eier wissen. Launen des Regisseurs können zu weiteren Veränderungen führen. Wenn er beispielsweise Rico unwiderstehlich anlegt, verlassen die Hühner gackernd den Hof, was in der notwendigen Schlussberechnung berücksichtigt werden muss.
Wer Spaß an verrückten Ablegespielen hat, wird von POULE POULE begeistert sein. Die Grundregeln sind ganz einfach und können mit der Zeit erweitert werden, sodass die Eiersuche immer anspruchsvoller wird. Ein gutes Gedächtnis ist hilfreich, das Spiel der Game Factory schult auch die Konzentration. Uwe Rosenbergs MAMMA MIA folgte beim Pizzabacken einem ähnlichen Konzept, das Spiel hat die Jury „Spiel des Jahres“ 1999 immerhin auf ihre damalige Auswahlliste gesetzt.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: POULE POULE
Autor: Charles Bossart
Grafik/Design: Pauline Berdal
Verlag: Game Factory
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 8
Spielzeit: 20 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 29/2020
Donnerstag, 14. Mai 2020
DIE VERLASSENE BIBLIOTHEK
Es lag nahe, dass nun auch der moses. Verlag ins Genre der Escape-Spiele einsteigt. Im Grunde genommen sind es ausgetretene Pfade, denn Holger Böschs rabenschwarze BLACK STORIES sind morbide Rätselgeschichten, die alle Teile eines Escape-Falles sein könnten. Böschs Stärke liegt im Geschichtenerzählen, entsprechend ist die erzählerische Erwartung hoch, wenn sein Verlag eine Spielgruppe in einem Raum einschließt, aus dem sie entkommen muss.
Der Arrangeur des ersten Falls, der VERLASSENEn BIBLIOTHEK ist allerdings nicht Bösch, sondern der renommierte venezianische Autor Leo Colovini. Der Spieleautor startete in den 80er Jahren zusammen mit Alex Randolph u.a. mit INKOGNITO, einem Klassiker des deduktiven Spiels, seine Autorenkarriere. Überzeugte die Idee damals durch überbordende Kreativität unter mimischen Einbindungen und einem originellen Würfelmechanismus, zeigt seine aktuelle Entwicklung für moses. eher klassisches Handwerk.
Erzählerisch bleibt das Konzept karg, wir sind in einer Bibliothek eingeschlossen, aus der wir entkommen müssen. Das ist schon die ganze Geschichte. 18 Bücherregale mit Rätseln wollen geknackt sein. Dazu ordnen wir kompatible Zahlenschloss-Karten, von denen anfangs vier ausliegen, den passenden Aufgaben zu, was nicht weiter schwerfällt. Die Karten ergeben eine Aufgabe, mit deren Code das Schloss geöffnet wird. Wer meint, die korrekte Antwort gefunden zu haben, dreht beide Karten um. War es das richtige Pärchen, dann ergibt sich ein Zahlencode. Stimmt dieser mit der eigenen Lösung überein, kommt die Zahlenschloss-Karte für den letzten Fall zur Seite und die Aufgabenkarte in die Schachtel, außerdem werden die Aufgaben ergänzt.
Wer den falschen Code gefunden hat, erhält keine neue Karte, sollten dadurch die Fragen ausgehen, kostet die nächste Aufgabe zehn Strafminuten, was den Druck etwas erhöht, da man maximal 75 Minuten Zeit verbrauchen sollte, um die Bibliothek zu verlassen. Sind die 18 Rätsel geknackt, geht es an ein abschließendes Exit-Puzzle, für das die gelösten Codekarten von Bedeutung sind.
Die Mehrheit der Rätsel gehört in die einfache Aufgabenkiste, die zum Teil sogar Grundschüler leicht lösen. Für die wenigen etwas anspruchsvolleren Aufgaben, bei denen man eventuell nicht weiterkommt, gibt es ein abgestuftes Hilfesystem, das die Spielgruppe ohne Zeitstrafen nutzen darf.
Für geübte EXIT-Spieler sind die verschlossenen Türen der Bibliothek keine allzu große Hürde. Die oft mathematisch angehauchten Rätsel lassen sich meistens einfach lösen. Ältere Grundschulkinder und ungeübte Familien sind eher die Zielgruppe der VERLASSENEn BIBLIOTHEK Colovinis. Erzählerische Stärken und originelle Aha-Erlebnisse sucht man in diesem Konzept aber vergeblich. Positiv bleibt die Wiederverwertbarkeit der Schuber-Schachtel von moses., da nichts zerstört wird.
Wertung: Nächsten Monat wieder
Titel: DIE VERLASSENE BIBLIOTHEK
Autor: Leo Colovini
Grafik/Design: Kreativbunker
Verlag: moses.
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 1 - 4
Spielzeit: 45 – 75 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 28/2020
Mittwoch, 13. Mai 2020
WEGE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Landwege und Wasserwege
Das im Amigo-Verlag erschienene WEGE von Edith Schlichting ist ein reizvolles Legespiel für zwei Spieler oder zwei Teams. Aus 40 quadratischen Bildkärtchen mit Wasser- und Landwegen, Biotop- und Brückenkarten versuchen die Spieler oder Mannschaften möglichst alle vier Seiten des am Ende 6x6 Felder großen Spielplans mit entweder Landwegen oder Flussläufen zu verbinden. Die Spieler sollen außerdem noch sechs weiße und schwarze Enten beachten, die zu wenigstens einem Paar zusammengeführt werden müssen, wobei der Spiele, der die Landwege zusammenbringen muss, sich um die schwarzen Enten kümmert, die weißen sind für den „Wasser-Spieler“.
Bei allem Gegeneinander, WEGE ist doch auch eine gemeinsame Gestaltung einer Parklandschaft, an der beide Spieler arbeiten. Deshalb sieht Schlichting auch eine kooperative Fassung vor und für Kinder ein einfache, in der die Enten nicht berücksichtigt werden müssen.
Die taktischen Möglichkeiten sind bei WEGE zwar begrenzt, trotzdem ist das Spiel - nicht nur wegen der gelungenen graphischen Umsetzung - gut für Grundschulkinder geeignet. Bei einer Spieldauer von zehn bis fünfzehn Minuten kann man gut mehrere Partien einplanen.
Wieland Herold
Titel: Wege
Verlag: Amigo
Autorin: Edith Schlichting
Spielerzahl: 2 oder Teams
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 10 bis 15 Minuten
Preis: ca. 12.- DM
Die Rezension erschien 1996 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: gerne morgen wieder
Spiel 10/1996 R 50/2020
Zum Spiel und zur Autorin:
Die Autorin Edith Schlichting kennen nur wenige, dabei ist sie wahrscheinlich die erste deutsche Autorin, deren Name auf einer Spieleschachtel erschien und die ein Spiel im Programm von Ravensburger durchgehend seit 1975 vorzeigen kann. Es handelt sich dabei um das einfache Lege- und Würfelspiel CLOWN, mit dem unendlich viele Kindergenerationen den größten Harlekin legen wollten.
Edith Schlichting war vor allem in den 90er Jahren erfolgreich. Vorher erreichte sie 1989 den Silberplatz im ersten Wettbewerb für Spieleautoren des Hippodice Spieleclubs. Ausgezeichnet wurde ihr Legespiel WEGE, mit dem sie zusätzlich noch den fünften Platz für ihr Design bekam.
Da Reaktionen von Verlagen auf diesem Erfolg erst einmal ausblieben, gründete Schlichting 1991 einen Eigenverlag mit dem ausgezeichneten Spiel in einer kleinen Startauflage, es folgten 1992 das Spiel PARADOX und 1993 war DER TIGER LOS.
Auf dem Spieleautorentreffen 1995 kann sie dann doch erfolgreich WEGE an Amigo verkaufen (Das Bild stammt aus den Verhandlungen mit Redakteur Uwe Mölter und Geschäftsführer Uwe Pauli in Göttingen 1995). 1996 erscheint dann nicht nur WEGE, sondern PARADOX bei Braintrust Games, 1998 folgt dann noch der TIGER erneut bei Amigo.
Das zweite Foto zeigt Edith Schlichting 1993 an ihrem Verlagsstand in Essen mit Peter Lewe. Im Vordergrund ist eine Fassung von Wege in ihrer Kleinauflage zu sehen.
Dienstag, 12. Mai 2020
CHARTAE
Marcello Bertocchi leitet seit Juni 2018 unweit des Gardasees den kleinen Spieleverlag XVGames unter dem Motto “a minute for the rules, a life for the game”. In den letzten zwei Jahren hat der junge Verleger 11 Spiele auf den Markt gebracht und sogar schon einen eigenen Autorenwettbewerb für seine Zielgruppe ins Leben gerufen. Der Designer-Wettbewerb „Smart Filler – international board game design contest“ läuft in diesem Jahr erstmalig.
Mit solchen Wettbewerben hat der Verleger selbst gute Erfahrungen. Gewann er doch 2018 fast den zurzeit erfolgreichsten Wettbewerb für Spieleautoren, den Premio Archimede. Mit dem abstrakten Duell FEUDALINK belegte er den zweiten Platz, u.a. begutachtet von Bernd Brunnhofer, Klaus Ottmaier, Philipp Sprick, Albrecht Werstein und Wolfgang Lüdtke. Die Italiener zelebrieren die Bekanntgabe des Siegers in einer Live-Stimmabgabe, die mit Duplosteinen dem Auditorium vorgeführt wird. Bis kurz vor Schluss war Bertocchis Turm der höchste, erst am Ende fing ihn Gian Andrea Cappuzzo mit dem Piratenspiel Jap ein. Lüdtke sicherte sich Bertocchis Idee für den Verlag Kosmos, der das Spiel in Nürnberg als AQUALIN vorstellte.
Marcello Bertocchi nutzt den eigenen Verlag nicht nur zu den Veröffentlichungen seiner Ideen, knapp die Hälfte der bisher erschienenen Spiele stammen von anderen Autoren, darunter sind durchaus renommierte Namen wie etwa Reiner Knizia zu finden. Dessen Idee CHARTAE ist 2019 in Essen erschienen, für den deutschen Markt hat es inzwischen Board Game Circus aufbereitet.
Reiner Knizia ist bei manchen Spielentwicklungen ein Meister der Reduktion. Mit EINFACH GENIAL hat er das exemplarisch vorgeführt. CHARTAE ist ein noch mehr reduziertes durchaus vergleichbares DOMINO-Derivat. In einem 3x3-Raster puzzeln zwei Spieler an einer Landkarte. Knizia reichen damit nur neun quadratische Pappplättchen für ein fünf- bis zehnminütiges Denkduell.
Im Stil alter Karten mit Schiffen, Meerungeheuern, Burgen und Vulkanen bastelt ein Spieler an einem möglichst großen Wassergebiet, der andere an exorbitanten Festlandteilen. Ausgehend von einer zentralen Windrose mit einer Land- und Wasserhälfte, werden die restlichen Teile orthogonal angelegt oder schon ausgelegte 90 Grad im Uhrzeigersinn gedreht. Damit nicht alle durch Drehorgien verwirrt werden, findet diese Aktion maximal zweimal hintereinander statt, sodass ein schnelles Ende absehbar ist.
Die Schlusszüge sind entscheidend. In die Kalkulation fließt ein, welches Landkartenteil, das stets offenliegt, folgt und was Drehungen für Veränderungen bewirken. Da geht es um Trennung gegnerischer Gebiete oder aber um Zusammenführung eigener. Wer anfangs meint, das könne doch mit nur neun Kärtchen gar keine große Herausforderung werden, reibt sich erstaunt die Augen, ob der Tiefe des einfachen Spiels. Brückenteile, diagonale Land- oder Wasserformationen ermöglichen erstaunliche Gebietsausweitungen. Von Vorteil ist, wenn beide Kartographen alle Teile kennen, dann wird das Ausreizen mit der zweiten Drehung und der folgenden Anlege-Verpflichtung zum Rechenkalkül. Es gibt immer gute Platzierungen und gute Rotationen, mit der Zeit bekommt man ein Gespür dafür. Mit wenig Material bietet Reiner Knizias CHARTAE kurzweiliges Spielvergnügen mit stets überraschenden Wendungen.
1988 hat Reinhold Wittig bei Hugendubel seine SPIELECOLLECTION No. 1 mit SPIELEN ZUR SCHATZINSEL veröffentlicht und dabei mit Kramer, Kobbert, Randolph & Co. die Crème de la Crème der damaligen Autorenszene als Projektteilnehmer dabeigehabt. Reiner Knizia war aber über Postspielentwicklungen Ende der 80er Jahre noch nicht herausgekommen, sein CHARTAE würde sich heute gut neben dem GEHEIMNIS DER SCHATZINSEL, der SEERÄUBER GMBH oder dem DUELL DER PIRATEN machen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: CHARTAE
Autor: Reiner Knizia
Grafik/Design: Michele Mor
Verlag: Board Game Circus
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2
Spielzeit: 5 - 10
Preis: ca. 12 Euro
Spiel 27/2020
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