Dienstag, 29. September 2020
RÄUBER RAUPE
Der französische Spielautor Thierry Chapeau hat ein Händchen für kleine Spiele, die oft an klassischen Ideen anknüpfen. Sein KUHNO (Zoch, 2016) erinnert nicht nur im Spieletitel an UNO. In dem skurrilen SÄRGE SCHUBSEN (Drei Magier, 2015) kombiniert er schnelle Reaktion und MEMO-Fähigkeiten.
In seiner aktuellsten Neuheit RÄUBER RAUPE, erneut bei Drei Magier erschienen, greift er die typischen Ablegestrukturen von LIGRETTO und SPEED auf. Wie die kleine Raupe Nimmersatt vertilgen Chapeaus Räuberraupen, unnachahmlich gierig von Rolf Vogt in Szene gesetzt, Blatt für Blatt. Dabei folgen sie ständig wechselnden Fress-Riten. Da kann die Farb-Regel gelten, dass die Blattfarbe, die Raupenfarbe der nächsten Karte definiert. Raupen und Blätter gibt es jeweils in grüner, gelber und roter Farbe. Zusätzlich sind die Formen von Blättern und Raupen auch noch unterschiedlich. Sie können gezackt, gerade und rund sein. Denn die zweite Regel gilt der Form. Ist das oberste Blatt rund, muss auch eine runde Raupe folgen.
Wie üblich in solchen Spielen wird der gesamte Kartensatz von 73 Raupen-Karten unter den Spielern verteilt. Eine Karte wird zum Start ausgelegt. Zusätzlich besitzt jeder Spieler eine Wechsel-Karte, die die geltende Regel verändert, und eine Schmetterlings-Karte, die als Joker und ebenfalls zum Wechseln von Form und Farbe genutzt werden kann. Meistens werden solche Ablagespiele nur vom Handkartenstapel aus in der Reihenfolge der Karten abgearbeitet. Chapeau lässt es zu, dass die Handkarten frei nach passenden Karten durchsucht werden dürfen, was das Spiel beschleunigt. Das macht auch deshalb Sinn, weil die Karten beidseitig bedruckt sind.
Fehler werden geahndet, das passiert gar nicht so selten. Unabhängig von Form und Farbe, muss man nämlich zusätzlich noch auf Blattläuse achten, die ab und zu auf den Blättern herumkrabbeln. Wer dann vergisst, beim Abspielen der nächsten Karte „Laus!“ zu rufen, bekommt drei Strafkarten von dem Spieler, der den Fehler bemerkt. Das gilt außerdem, wenn in der normalen Ablage Fehler gemacht werden sollten. Falsche Anschuldigungen werden ebenfalls mit drei zusätzlichen Karten geahndet.
Wer seine Handkarten als erster alle ausspielt, gewinnt RÄUBER RAUPE meist nach schnellen zehn Minuten. Es kann passieren, dass keiner mehr Karten ablegen kann. Dann gewinnt der Spieler mit den wenigsten Karten.
Farbe auf Farbe, Form auf Form klingt eigentlich ganz leicht. Es macht aber schon Sinn, dass die Drei Magier aus Berlin das Spiel erst für Kinder ab sieben Jahren empfehlen. Einmal gilt es, dem Zeitdruck eines Reaktionsspiels standzuhalten, dann erfordern die Ablageregeln doch ein ständiges Umdenken, was anfangs gar nicht so leicht fällt.
Im Genre der hektischen Ablegespiele ist RÄUBER RAUPE von Thierry Chapeau eine nette Ergänzung, die aber bis auf die kleine Blattlaus nichts wesentlich Neues zu bieten hat. Dafür dürfen wir uns wieder einmal an der Kartengestaltung von Rolf Vogt erfreuen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: RÄUBER RAUPE
Verlag: Drei Magier
Grafik: Rolf Vogt
Autor: Thierry Chapeau
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 7 Jahren
Spieldauer: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 12.- Euro
Spiel 63/ 2020
Sonntag, 27. September 2020
DER WOLKENMACHER
Die in Magdeburg lebende Christine Faust hat ursprünglich Spielzeugdesign studiert, landete danach aber bei Animationsarbeiten für Film und Fernsehen. Inzwischen macht sie Kinderbücher, gestaltet Spiele und wenn es ganz gut läuft, dann macht sie alles auf einmal.
Für Haba ist ihr ein solches Projekt gelungen. Zu ihrem Bilderbuch DER WOLKENMACHER – EIN FREUND FÄLLT VOM HIMMEL durfte sie zusammen mit Kristin Dittmann aus der Haba-Redaktion gleich ein Spiel dazu entwerfen. Die grafische Bearbeitung lag in beiden Fällen natürlich in ihren Händen.
DER WOLKENMACHER geht seiner Arbeit meist gewissenhaft nach. Jeden Tag zaubert er Schäfchenwolken an den Himmel, perfekte Regenbögen und flauschige Schneeflöckchen. Was wird aber mit dem Wetter, wenn DER WOLKENMACHER einen wichtigen Termin nicht verpassen mag? Heute hat ihn der Wassermann zu einem runden Geburtstag eingeladen, diesen Termin durfte er nicht sausen lassen.
Wie gut, dass seine Freundin, die Krähe, ihm oft über die Schulter schauen durfte. Sie verspricht ihm, alles zu richten und wir dürfen ihr helfen. „Wir“ sind in diesem Fall bis zu vier Kinder, die ab vier Jahren die Krähe unterstützen können.
DER WOLKENMACHER ist ein kooperatives Spiel mit kleinen MEMO-Anteilen, das die Kinder im Puzzlehaus des Wolkenmachers spielen. In den sieben Zimmern seines Hauses hat er die Ingredienzien verteilt, die er fürs Wettermachen benötigt. Drei Wetterrezepte schweben über dem Dach, die erst einmal erfüllt werden wollen. Mindestens zwei und maximal drei Zutaten benötigt jedes seiner Rezepte. Vom Dach aus startet auch die Krähe würfelnd ins Haus hinunter, meistens wandert sie in bis zu drei Krähenschritten trippelnd im Haus herum. Wenn die Kinder Glück haben, dann dürfen sie mit der Krähe in einen beliebigen Raum fliegen. Klappt es nicht so gut, würfeln sie den Wolkenmacher, der sich schon auf den Rückweg von seiner Geburtstagsparty macht.
In den Räumen dürfen meist Zutatenplättchen aufgedeckt werden, da meist drei oder vier Zutaten verdeckt dort verteilt sind, macht es durchaus Sinn, sich länger in einem Raum aufzuhalten. Über Lüftungsverbindungen kann die Krähe manchmal Abkürzungen fliegen. Wird eine passende Zutat aufgedeckt, kommt sie gleich auf die Rezeptkarte. Wird ein Wetterfrosch gefunden, darf der mit einer anderen Karte vertauscht werden, die die Kinder sich dabei anschauen dürfen.
Schaffen es die Kinder, alle drei Wetterrezepte zu erfüllen, bevor der Wolkenmacher zu Hause ist, dürfen sie stolz ihre Ergebnisse präsentieren, die Schneekristalle, Schäfchenwolken und den Wirbelsturm. Hat der gute Freund der Krähe aber vorher nach sieben Schritten seine blaue Eingangstür erreicht, haben die Kinder leider verloren. Einfacher wird es, wenn am Anfang nur die Wetterrezepte mit jeweils zwei Zutaten ausgewählt werden, dann kann das Erfolgserlebnis nur durch extrem unglückliches Würfeln verhindert werden.
Die Umsetzung mit Puzzle-Plan und den habatypischen Holzfiguren ist gelungen, auch die Geschichte gefällt der Zielgruppe. Der spielerische Anspruch hält sich in Grenzen. Echte MEMO-Effekte würden erst dann eintreten, wenn mehr als drei Rezepte erfüllt werden müssten. So ist DER WOLKENMACHER ein klassisch konstruiertes kooperatives Spiel, das bei jüngeren Kindern durchaus ankommt.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: DER WOLKENMACHER
Verlag: Haba
Grafik: Christine Faust
Autoren: Christine Faust und Kristin Dittmann
Spielerzahl: 1 - 4
Alter: ab 4 Jahren
Spieldauer: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 15.- Euro
Spiel 63/ 2020
Dienstag, 22. September 2020
MEMORINTH
Michael Schmitt, der 2006 das Spielecafé Spielwiese gründete, dessen Autorenstammtisch inzwischen legendären Status in Berlin besitzt, hat mit seiner Edition Spielwiese vielen jungen Autoren Publikationsmöglichkeiten geboten, die auch für den Verlag Erfolge brachten. Schmitts Mischung aus Rosenberg-Spielen und Ideen von Nachwuchskräften wie Sophia Wagner, Carlo Bartolini, Paul Schulz und Richard Haarhoff haben der Edition ein abwechslungsreiches Programm beschert mit vorzeigbaren Ergebnissen wie dem Platz auf der Empfehlungsliste 2018 für MEMOARRR! und die Nominierung zum Spiel des Jahres 2020 für NOVA LUNA. Aktuell hat er die Szene vorab mit einer Marketingkampagne mit Postkarten zu MICROMACRO - CRIME CITY unterhalten. Den Wimmelbild-Plan in Dimensionen über einem Meter Länge konnte ich schon im letzten Jahr auf der vorerst letzten realen Spiel in Essen bewundern. Von der Idee Johannes Sichs (COSA NOSTRA) zeigte sich Schmitt damals sehr angetan.
An den Erfolg von Bartolinis MEMOARRR! versucht sich Richard Haarhoff aktuell mit MEMORINTH anzuhängen. Das MEMO-Element verknüpft er mit einer Art verrücktem Labyrinth in einem Märchenwald. Wie Hänsel und Gretel müssen die bis zu vier Spieler aus dem Wald herausfinden, der einige Eigentümlichkeiten aufweist. In einem 5x5-Raster wechseln sich Tag- und Nacht-Karten mit unterschiedlich gedrehten T-Wegen ab. Im Kreuzungszentrum stehen die Spielfiguren, die möglichst schnell aus dem Waldlabyrinth entkommen wollen. An den Waldrändern liegen jeweils zwei Märchenfiguren oder Motive, die für die Spielsteuerung wichtig werden.
Wer am Zug ist, dreht eine beliebige Waldkarte von der Tag- auf die Nachtseite oder umgekehrt, die Startspielerkarte gibt dabei die zu nutzende Tageszeit vor, wichtig ist, dass die Ausrichtung der Bäume erhalten bleibt. Das Märchenmotiv, dass nun auf der Karte zu sehen ist, zeigt die Bewegungsrichtung für die eigene Spielfigur. Sofern es eine Wegeverbindung gibt, darf man sich in Richtung der Märchenfigur um eine Waldkarte fortbewegen. Wer auf diese Weise zuerst an beliebiger Stelle den Märchenwald verlassen kann, gewinnt MEMORINTH.
Wie schon bei Bartolini ist auch Haarhoffs MEMO-Variante vielschichtig. Einmal müssen sich alle einprägen, wo sich Märchenfiguren befinden, damit sie ihre Figur in deren Richtung bewegen können, andererseits müssen sie sich aber auch ein passendes Wegenetz zurechtlegen, damit sie überhaupt in Bewegung kommen. Besetzte Felder sind für die Mitspieler tabu, sodass jeder schon für seinen eigenen Weg verantwortlich ist. Da zusätzlich noch die Tag- und Nacht-Situation beachtet werden muss, ist das ganz schön knifflig.
Wer stärker gefordert werden möchte, kann zu den MEISTER MEMORINTH-Varianten übergehen, in denen beispielsweise wie in Kobberts LABYRINTH Karten verschoben werden. In einer anderen Variante, müssen Wege-Kobolde bezahlt werden, wenn man an ihnen vorbeikommen möchte. Alle Varianten reduzieren die Zahl der Märchenkarten am Märchenwald auf vier, wobei die restlichen vier Karten sich auf die Aktionskarte auswirken, die hier die Erschwernisse bringt.
Die genial einfache Folgestruktur beim Aufdecken der Karten in MEMOARRR! fehlt der Idee Haarhoffs. MEMORINTH wirkt unnötig kompliziert, da springt der Begeisterungsfunke leider nicht so schnell über, zumal der Zufall manchen den Weg ebnet, ohne dass sie sich gedanklich recken müssen.
Die bisherige redaktionelle Stärke der Edition Spielwiese bleibt diesmal auf der Strecke, das lässt sich an Anleitungsfehlern aufzeigen, aber auch an grafischen Setzungen, die mich nicht überzeugen. Da kommt Rotkäppchen eher als kleiner Zwerg daher und Aschenputtel mit Kürbiswagen. Mitspielende Grundschulkinder haben gerade einmal Tischlein Deck Dich und den Froschkönig als Motiv erkannt. Da das Grundspiel ab sechs Jahren empfohlen wird, hätte sich Pablo Fontagnier auch eher an dieser Zielgruppe orientieren sollen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: MEMORINTH
Verlag: Edition Spielwiese
Grafik: Richard Haarhoff
Autor: Pablo Fontagnier
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 6 Jahren
Spieldauer: ca. 10- 30 Minuten
Preis: ca. 16.- Euro
Spiel 61/ 2020
Sonntag, 20. September 2020
FLOTSAM FIGHT
TIEFSEEABENTEUER dürfte das bekannteste Spiel von Oink Games sein. Die risikoreiche Schatzsuche auf der Basis eines gemeinsamen Sauerstoffvorrats war ein spannendes Würfelspiel, dem man einen gewissen Tiefgang nicht absprechen konnte. Niemand hat sich 2016 die Frage gestellt, was denn nun mit den ertauchten Schätzen geschehen ist. FLOTSAM FIGHT beantwortet uns aktuell diese Frage.
Tomoyuki Maruta, der ausnahmsweise Spieleautor sein darf und nicht Jun Sasaki, der Verlagschef der Oink Games, setzt die Schätze erneuten Gefahren aus. Ein pazifischer Wirbelsturm bedroht das Schatzschiff, das zu sinken droht. Das einsetzende „Rette sich, wer kann!“ gilt im besonderen Maße den Schätzen, die theoretisch in acht Rettungsbooten untergebracht werden müssen.
Diese Boote besitzen die Eigenart, dass sie mathematischen Gesetzen folgen. Da kann niemand im Chaos des Sturms seine Schatzkarten beliebig verteilen, sondern sucht in den Bootsnummern nach Teilern für seine wertvolle Fracht. Wer die kostbare Statue mit dem Wert 93 besitzt, bekommt diese nur in dem 3er-Boot unter, denn einen anderen Teiler der zu den Bootsnummern zwischen 3 und 10 passt, gibt es nicht. Das zweite Bootsgesetz lautet, in ein schon belegtes Boot kommen nur noch Schätze, deren Wert höher ist, als der der zuletzt gelegten Karte. In das 3er-Boot würde dann nur noch die 96 gelegt werden können, sofern sie überhaupt im Spiel ist. Noch ärgerlicher ist, dass nicht einmal alle acht Boote zur Rettung der Schätze taugen, die Spielerzahl definiert die Anzahl der beladbaren Rettungsschiffe. Im Spiel zu dritt sind es damit nur drei Boote. Kann nur noch einer legen, werden sie leergeräumt und es stehen potentiell wieder alle acht Rettungsschiffe zur Verfügung. Prall gefüllt, wie die Oink-Schachteln, sind die Boote jedenfalls nie. Wenn einer seine Karten loswerden konnte, endet die Runde. Der Gewinner wird mit zwei Siegpunkten belohnt, die anderen vergleichen ihre höchsten Karten miteinander. Der Besitz der wertvollsten Karte wird mit einem Minuspunkt geahndet, wer die niedrigste Karte vorweisen kann, erhält immerhin noch einen Gewinnpunkt. In dieser Weise werden insgesamt drei Rettungsrunden gespielt, bis überprüft wird, wer am Ende am besten dasteht.
Zehn Schatzkarten müssen meistens in Sicherheit gebracht werden, wobei die Erstsortierung möglichst nach den Teilern vorgenommen wird. Maruta verlangt keine mathematischen Grundkenntnisse, sondern liefert alle potentiellen Bootsteiler markiert gedruckt auf jeder Karte. Schätze wie die 72 mit fünf Teilern kann man erst einmal außer Acht lassen. Schwieriger wird es bei allen Karten mit nur einem Teiler, da ist es dann doch hilfreich, dass jeder ein Boot zur Belegung nutzen kann. Bei solchen Karten macht es auch Sinn, hohe Werte gleich auszuspielen, um andere zu blockieren, dabei sind nie alle Karten im Spiel, sodass sich nichts endlich berechnen lässt.
FLOTSAM FIGHT ähnelt Kramers 6 NIMMT! Da sind einmal die Zahlenkarten, die beschränkten Ablagemöglichkeiten und die Notwendigkeit der steigenden Zahlenreihen. Das Einkassieren von ganzen Reihen bei Überfüllung entfällt, dafür muss im Oink Spiel oft frühzeitig gepasst werden. Die mathematischen Teiler verhindern die Gradlinigkeit, die Kramers Spiel auszeichnet, trotzdem taugt Marutas Idee für eine Rettungspartie zwischendurch. Dabei reicht es auch, wenn man nur eine Runde spielt und auf die unnötigen Wertungsberechnungen verzichtet.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: FLOTSAM FIGHT
Verlag: Oink Games
Grafik: Hiroko Izumida
Autor: Tomoyuki Maruta
Spielerzahl: 2 - 6
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 20.- Euro
Spiel 60/ 2020
Freitag, 18. September 2020
GOLD
Reiner Knizia liebt Variationen klassischer Spielelemente, so ist DOMINO von ihm EINFACH GENIAL umgesetzt worden und für mich ansprechender als im Spiel des Jahres 2017 KINGDOMINO. Mit MEMO-Elementen hat Knizia ebenfalls schon häufig experimentiert, im SCHATZ DER DRACHEN hat ihn das 2004 immerhin zur Nominierung zum Kinderspiel des Jahres gebracht.
In GOLD, das in der kleinen Metalldose von der Game Factory angeboten wird, in der auch Spiele wie KWATRO, PUNTO und ZOINK! erschienen sind, steht das MEMO-Prinzip klar im Vordergrund. Thematisch beamt sich der Autor in seine allerersten Anfänge zurück, als er 1990 mit DIGGING (Hexagames) und GOLDRAUSCH (Hans im Glück) auf den Spuren von Goldgräbern war.
Die Minidose aus Metall enthält 69 runde und auch einigermaßen stabile Kärtchen. Fünf farbige Mineneinfahrten für die Spieler, 24 Goldkarten mit Werten zwischen 1 und 4 und je sieben Goldgräber in den fünf Minenfarben, deren Werte zwischen 2 und 5 liegen. Für unkalkulierbare Zerstörungen sorgen noch fünf Dynamit-Karten.
Jeder hat einen Mineneingang zur Kennzeichnung seiner Sammelfarbe vor sich, alle restlichen Karten liegen verdeckt aus. In MEMO-Manier werden reihum stets zwei Karten aufgedeckt, wobei nicht nur passende Paare gesucht werden, sondern durchaus aggressiv gegen Kontrahenten vorgegangen werden kann. Tappen alle anfangs im Dunkel ihrer Schächte herum, gibt es mit der Zeit doch einige Lichtblicke, die es geschickt zu nutzen gilt, sofern man sich wie in jedem MEMO-Spiel die richtigen Kärtchen merken kann.
Gold lässt sich nur mit passenden Goldgräbern einsammeln, die Passung wird über das Goldgewicht und die Tragfähigkeit der Goldsucher ermittelt. Wer ein 4er Gold aufdeckt, braucht einen entsprechenden Goldgräber, ein 3er Schürfer ist überfordert. Farblich sollte er dabei möglichst ein eigener Goldgräber sein oder ein neutraler, denn alle anderen Ergebnisse sind an den Besitzer der entsprechenden Mine abzuliefern. Treffen Goldgräber aufeinander, vertreibt der höherwertige den schwächeren Goldsucher. Wenn man Pech hat, gilt das sogar für die eigene Farbe. Kommt Dynamit ins Spiel, sind einfach beide Karten futsch.
Gegen Ende werden diese Regeln aufgehoben. Liegen nur noch zehn Karten auf dem Tisch, kommt es zum Goldrausch. Jetzt nimmt jeder nur noch eine Karte und das restliche Gold wird verteilt. Der Goldgräber mit den meisten Nuggets gewinnt nach einer schnellen Viertelstunde das GOLD-Spiel.
Reiner Knizias MEMO-Variante hat es in sich. Sind die Anfänge zwar noch völlig zufällig, entwickelt sich im Laufe des Spiels durchaus eine Steuerbarkeit, die auf unterschiedlichen Ebenen Spielreiz bringt. Da ist die Duell-Ebene, die gezielt gegen Gegner eingesetzt werden kann. Da ist das Partizipieren von neutralen Farben, deshalb sollte man GOLD möglichst nicht in Vollbesetzung spielen. Entwertend kann auch geschickt ein 1er Nugget eingesetzt werden. Zuerst aufgedeckt, opfert man möglichst nicht einen eigenen Goldgräber dessen Lage man kennt, sondern einen 5er Schürfer eines Mitspielers, der mit minimalem Ertrag aus dem Spiel geht und außerdem für Duelle nicht mehr eingesetzt werden kann.
GOLD ist ein kurzweiliges MEMO-Spiel, das sich gut in die kleine Dosenreihe der Schweizer Game Factory einreiht. Unterhaltung für Zwischendurch, die in jede Hosentasche passt.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: GOLD
Verlag: Game Factory
Grafik: Melanie Friedli
Autor: Reiner Knizia
Spielerzahl: 2 - 5
Alter: ab 6 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 10.- Euro
Spiel 59/ 2020
Mittwoch, 16. September 2020
HAPPY CATS
Wolfgang Dirscherl spielt mit dem klassischen Bild von Katzen, die hinter einem Wollknäuel herjagen. In HAPPY CATS, von Piatnik umgesetzt, der Verlag, der 2020 erstmalig den blauen Pöppel der Jury Kinderspiel des Jahres für SPEEDY ROLL gewann, sind es deutlich kleinere Fusselbälle, die die Garnrolle ersetzen.
Insgesamt 48 Fusselbällchen in vier Farben stecken in der kleinen Spieleschachtel, dazu 40 Zahlenkarten, die geschickt ausgespielt werden müssen, um an möglichst viele der Bälle zu gelangen. Jeder bekommt erst einmal fünf von den Karten, die bis zur 40 durchnummeriert sind, außerdem eine Katzenkarte und eine Farbkarte, die den Wert einer Farbe verdoppelt. Diese Karte bleibt für die anderen geheim, alle legen sie verdeckt vor sich ab. Zusätzlich liegt noch ein Stapel mit verdeckten Fragezeichenplättchen aus. Wer am Zug ist, wirft einen Spezialwürfel. Das Ergebnis bestimmt, wieviel Fusselbällchen er aus einem Säckchen ziehen darf.
Um diese Bällchen wird mit den Karten gepokert. Wer den höchsten Kartenwert spielt, darf als Erster zugreifen. Das Problem, je höher der Kartenwert, um so weniger Bällchen sind auf der Karte abgebildet. Die Werte 31-40 bringen zwar meist den Erstzugriff, aber nur einen Ball, die kleinsten Werte bis zur 10 dagegen vier Bälle. Bei den niedrigen Karten ist das Problem, dass für den Fall, in dem die Wünsche gar nicht mehr vollständig erfüllt werden können, die Karte verfällt.
Wird der Korb gewürfelt, gewinnt nur einer in dieser Runde Fusselbälle. Nur die höchste Zahl geht siegreich aus diesem Kartenduell hervor. Schließlich gibt es noch den Fragezeichen-Wurf, indem Plättchen ausgesucht werden dürfen, die Bälle und neue Karten bringen, aber auch den Besitz einer kleinen Aufziehmaus. Kartennachschub gibt es außerdem dann, wenn die eigene Katzenkarte gespielt wird, deren Ertrag besteht stets aus zwei neuen Karten.
Sobald der letzte Fusselball vergeben ist, wird der Sammlungswert bestimmt. Die geheime Farbkarte wird aufgedeckt und alle entsprechenden Fusselbällchen bringen doppelte Punkte, der Rest zählt einfach, nur die Aufziehmaus wird mit lukrativen drei Punkten gewertet. Als HAPPY CAT darf sich der fühlen, der in der Addition die meisten Punkte aufweisen kann.
HAPPY CATS von Wolfgang Dirscherl wird keine großen Preise gewinnen, aber es ist ein unterhaltsames kartengesteuertes Sammelspiel, das ganz im Stil des Klassikers HOL’S DER GEIER daherkommt, kind- und familiengerecht in eine nette Katzengeschichte verpackt.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: HAPPY CATS
Verlag: Piatnik
Grafik: Fiore GmbH
Autor: Wolfgang Dirscherl
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 7 Jahren
Spieldauer: ca. 25 Minuten
Preis: ca. 15.- Euro
Spiel 58/ 2020
Dienstag, 15. September 2020
LA-TREL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
LA-TREL: Für Schachliebhaber und Dame-Freundinnen
DAME und SCHACH werden in der Regel auf 8x8 Feldern gespielt. Typisch für das moderne Damespiel ist das Überspringen und Wegnehmen von Steinen, typisch für SCHACH sind Figuren mit unterschiedlichen Zugmöglichkeiten. Richard Morgan führt beide Spiele in LA-TREL zusammen.
ASS verspricht auf dem Cover der überdimensionierten Spieleschachtel „Das spielerische Denkduell des 21. Jahrhunderts“. Man wird sehen, ob von LA-TREL 2001 noch jemand reden wird.
Die Aufstellung der eher abstrakten Spielfiguren ähnelt sehr dem SCHACH-Vorbild, da gibt es jeweils acht kleine Verteidiger wie die Bauern, dahinter befindet sich ein Teil der Offiziere aus dem Klassiker, nur auf König und Pferde wurde verzichtet. Der „Quadru“ entspricht dem Turm, der „Trident“ dem Läufer und der „Rondo“ der Dame. Die bauernähnlichen Verteidiger dürfen nicht schlagen, dafür in alle orthogonalen Richtungen um ein Feld wandern.
Im eigentlichen Duell gelten dann die DAME-Regeln, geschlagen wird nur durch Überspringen, Kettensprünge sind ausdrücklich erlaubt. Nur Figuren, die sich in den Ecken verstecken, dürfen durch direktes Ziehen auf diese Figur geschlagen werden. Da es keinen König gibt, müssen schon alle gegnerischen Angriffsfiguren besiegt oder bis auf drei geschlagen sein, sofern diese bewegungsunfähig sind. In einer Turnier-Version, die deutlich länger dauert, kommen aufgewertete Verteidiger ins Spiel und Kettensprünge sind nicht mehr erlaubt.
Wer abstrakte strategische Spiele liebt, wird Gefallen an dem doch etwas trockenem LA-TREL finden. Die Kettensprünge liefern die dynamische Prise in der Grundversion, die vielleicht etwas Abwechslung für SCHACH- und DAME-Spieler bringt. Puristen werden es ablehnen.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: LA-TREL
Verlag: ASS
Autor: Richard Morgan
Grafik: o.A.
Spielerzahl: 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 49.- DM
Die Rezension erschien 1995 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Spiel 18/ 1995 R 113/2020
Zum Spiel:
Für LA-TREL reichte es nur für den Platz auf der Auswahlliste 1995. Meine Skepsis, dass von dem „spielerischen Denkduell des 21. Jahrhunderts“ 2001 niemand mehr sprechen könnte, war angebracht. Schon allein der Verlag stellte 1997 seine Produktion ein und es kam zu keiner Neuauflage. Allerdings hatte er kurz vor der Aufgabe dem Spiel noch zwei Edelausgaben in Holz und Metall spendiert.
Donnerstag, 10. September 2020
IM REICH DES WEISSEN BÄREN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Auf Schollen unterwegs
Wer in der aktuell brütender Sommerhitze am liebsten in der Arktis sein möchte, der ist bei dem Spiel der Firma Schmidt IM REICH DES WEISSEN BÄREN bestens aufgehoben. In arktischer Kälte harpunieren dort Eskimos Fische, sofern sie nicht von Nanuk, dem Eisbären, gestört werden.
Das frostige Spielthema dieses für das "Spiel des Jahres" vorgeschlagenen Spiels von Charles Lerue kann zu heftigen Auseinandersetzungen um die heißbegehrten Fische führen. Um die vier Fische für den Sieg zu ergattern, müssen die Eskimos erst waghalsig über Eisschollen balancieren, damit sie zum Fischeisloch gelangen, ohne dass Nanuk sie behindert. Auch das Zurückbringen der gefangenen Fische ins heimische Iglu bedroht der Bär, der ganz wild auf die Heringe ist.
Spielmotor ist ein Würfel, der festlegt, ob man seine Eskimos auf Fischjagd schicken kann oder mit Nanuk, den jeder setzen darf, andere Mitspieler ärgern darf. Die Besonderheit dieser Fischjagd besteht in dem variablen Spielfeld. Auf einer Wasserfläche zwischen Iglus und Fischloch treiben 16 Eisschollen, die beliebig verschoben werden können. Gelingt es, eine freie Bahn für eine Scholle zu schieben, können sich Eskimos in einem Rutsch von einer Spielfeldseite zur anderen treiben lassen, unter der Voraussetzung allerdings, dass sie keine andere Scholle berühren. Fingerspitzengefühl und Würfelglück sind hier vonnöten, um bei diesem außergewöhnlichen Spielmechanismus letztlich Sieger zu sein.
Die "Spiel des Jahres"-Jury hat erst einmal die Eisschollen für das Schmidtspiel beiseitegeschoben, sodass es auf die Bestenliste kam. Der erste Lorbeer ist gewonnen, ob er auch erfolgreich nach Eching in Bayern gebracht wird, hängt davon ab, wie Nanuk, der weiße Bär, in der Schlusswertung bei den Jury-Mitgliedern ankommt.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: IM REICH DES WEISSEN BÄREN
Verlag: Schmidt
Autor: Charles Lerue
Grafik: o.A.
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 49.- DM
Die Rezension erschien 1991
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Spiel 7/ 1991 R 110/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Für Chales Lerue war IM REICH DES WEISSEN BÄREN das erste und auch einzige Spiel, dessen Besonderheit der flexible Spielplan war.
Aus diesem Grund schaffte es das Spiel wahrscheinlich auf die Auswahlliste der Jury 1991, das war aber auch der einzige vorzeigbare Erfolg für die Spielidee. Die freie Bewegung der Schollen, die solange stattfinden konnte bis eine Eisscholle eine andere oder den Uferbereich berührte führte damals zu vielen Auslegungsproblemen.
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