Mittwoch, 28. April 2021
ENERGIE 21
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Energisch feilschen: ENERGIE 21
Eine Auszeichnung hat ENERGIE 21 schon weg, Till Meyer und Nicole Stiehl vom Verlag Spieltrieb stehen auf der Nominierungsliste für den Deutschen Lernspielpreis 2005. Damit ist die Zielsetzung dieses Spiels und der meisten Spiele des Kleinverlags aus Niedermeilingen auch schon umschrieben: Spielerisch wollen sie die Welt verbessern, was das damit verbundene Spielvergnügen angeht, gelingt das den beiden Autoren meistens hervorragend.
ENERGIE 21 steht im Zusammenhang mit der NRW-Agenda 21 im Rahmen der Kampagne „Mit Energie in die Zukunft“. Es geht oder vielleicht muss man unter den neuen politischen Bedingungen in NRW besser sagen, es ging um den Ausbau erneuerbarer Energien für den Klimaschutz auf kommunaler Ebene. Im Spiel geht es jedenfalls noch für die zwei bis vier Spieler darum, jeweils einen Landkreis mit seinen Fabriken, Büros, Läden und Wohnbereichen mit möglichst viel regenerativer Energie zu versorgen.
Das Spiel lebt vom freien Handel mit den erneuerbaren Energien. Acht Energieformen sind mit jeweils neun Karten im Spiel, von der Nutzung der Erdwärme über die Biogasanlage bis zu den Klassikern Windkraft und Sonnenkollektoren ist alles dabei. Fünf Karten erhält jeder Spieler zu Spielbeginn, außerdem kommt in jeder Spielrunde eine dazu. Jeder Spieler besitzt in seiner Region jeweils drei Endverbraucher mit niedrigen, mittleren und hohen Verbrauchswerten, wobei die Grenzen fließend sind. Die Chips für den aktuellen Verbrauch werden zu Spielbeginn auf einem Spielplan platziert. Abwechselnd decken die Spieler einen Verbrauchschip auf und dürfen ihn dann auf dem gesamten Spielfeld ablegen. Klar, niedrige Werte legt man in die eigene Region, hohe zu den Gegenspielern. Die Schwankungsbreite ist beträchtlich, bei den Industrieanlagen zwischen 15 und 35. Mit drei Blockheizkraftwerken kann der eine Standort „entsorgt“ werden, für den zweiten sind schon sechs nötig. Das Spiel vor dem eigentlichen Spiel ist damit schon ein wichtiges Vorgeplänkel.
Der Spielablauf selbst folgt festen, aber sehr einfachen Regeln. In jeder Runde erhalten die Spieler eine neue Energiekarte, dann wird eine Ereigniskarte aufgedeckt, die rundenwirksam bleibt. Die Karten verbieten oder fördern den Bau bestimmter Anlagen in einer Runde, wichtig sind die Karten „Energieeffizienz“, da sie einen Chipaustausch von noch aktiven mit bereits abgearbeiteten Energiechips ermöglichen. Das Spielende wird durch zwei Ökobilanz-Karten geregelt. Im zweiten und dritten Drittel des Kartenstapels eingemischt, sorgen sie für eine Zwischen- und Schlusswertung. Das Spiel kann aber auch vorzeitig beendet sein, wenn ein Spieler es schafft, seinen letzten Chip in seiner Region abzuarbeiten. Bilanziert wird über eine Punkteleiste am Rande des Spielplans. Jeder startet mit 12 Punkten, hat aber gleichzeitig ohne den Einsatz regenerativer Energien 18 Minuspunkte (3x3, 3x2, 3x1) in seinem Landkreis stehen. An neue Punkte kommen die Spieler entweder durch Ereigniskarten oder durch die Umwandlung von Chips. Hier ist es dann vorteilhaft, Energiefresser abzubauen, da bringt der 35er-Chip nämlich sechs Punkte, gegenüber drei Punkten für den 15er-Chip.
Nach dem Aufdecken der Ereigniskarte kommt eine ganz offene Handelsphase, wobei Gewinnpunkte, Energiepunkte und Karten in die Tauschverhandlungen mit aufgenommen werden können. Wer danach bauen möchte, legt eine oder mehrere Karten einer Anlagenform ab. Das Kartensammeln lohnt besonders bei Windkraftanlagen, aber auch für geothermische Einrichtungen und für die Biogasnutzung kann man das Sammeln oder kooperative Ablegen empfehlen. Bei den Sonnenkollektoren bringt es dagegen nur wenig. Für die ausgelegten Karten dürfen entsprechend der Energiepunkte Chips vom Spielplan genommen und Gewinnpunkte gesammelt werden. Nicht verbrauchte Energie wird auf einer Speicherskala angezeigt und kann später für Verhandlungen oder zur weiteren Verbesserung der Energiebilanz verwendet werden.
Das Spiel lebt atmosphärisch von dem Energiebasar. Kommunikationsfreudige Spielrunden können hier zur Höchstform auflaufen. Wer sich hier nicht einbringen kann, bleibt schnell auf der Strecke und damit auf seinen verbrauchsintensiven Anlagen sitzen. Die fetzige Tauschrunde darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ganz schön viel Glück im Spiel ist. Es ist schon ein Unterschied, ob ich zum Beispiel unter meinen fünf Startkarten zwei Windräder oder zwei Sonnenkollektoren habe. Die Windräder sind schon 18 Punkte wert, die Kollektoren nur ein Sechstel davon. Solche Unterschiede lassen sich auch in der Handelsphase nicht mehr ausgleichen.
Mit diesen Einschränkungen lässt sich umgehen, so dass ENERGIE 21 in der entsprechenden Spielrunde für unterhaltsame und durchaus lehrreiche 60 Spielminuten sorgen kann. Die Spielregel informiert über alle regenerativen Energieformen, die im Spiel vorkommen. Das Spielmaterial ist funktional und solide, der Preis dadurch auch sehr günstig, die Spielregel nur für das Spiel zu viert ausreichend. Unklar bleibt, welche Veränderungen sich im Spiel zu dritt und zu zweit ergeben. Denkbar ist zum Beispiel, dass in der Zweiervariante jeder zwei Gebiete zu verwalten hat. Im Spiel zu dritt könnte das neutrale vierte Gebiet von allen zum Punktesammeln „entsorgt“ werden. Hinweise dazu fehlen leider. Ob es für das Spiel zum Lernspielpreis 2005 reichen wird, bleibt abzuwarten. Spielerisches Potential besitzt dieses neue Spiel von Stiehl und Meyer allemal.
Titel: ENERGIE 21
Autor: Nicole Stiehl und Till Meyer
Verlag: Spieltrieb (www.spieltriebgbr.de)
Spieler: 2 - 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 15 Euro
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Till Meyer und Nicole Stiehl sind nun schon seit über 23 Jahren die engagierten Macher des Verlags Spieltrieb, die hauptsächlich Auftragsarbeiten für Unternehmen und Einrichtungen im Bildungsbereich annehmen, aber auch einige eigene Spiele entwickelt haben und vielen jungen Autoren eine Plattform für ihre ersten Publikationen boten.
Till Meyer bietet Seminare und Workshops zur Spielentwicklung an und das schon viel länger. 1985 leitete er sein erstes spielpädagogisches Seminar. Nicole Stiehl hat ihn während eines solchen Seminars im Rahmen ihrer Ausbildung als Sozialpädagogin kennengelernt und gleich angefangen, mit ihm Spiele zu entwickeln. Daraus erwuchs 1998 die Verlagsgründung.
Neben Auftragsarbeiten wie ENERGIE 21 sind Spiele wie EYNSTEYN, WOLFSPUREN und COLONY herausragende Veröffentlichungen des Verlags. Beachtlich auch die Reihe der KLEINEN FEINEN oder die ähnlich angelegte Spielesammlung DIE BOX mit sieben kleinen Spielen.
Viele Spiele von Spieltrieb zeigen, dass der Verlag die Zeichen der Zeit schon viel früher erkannt hat als die meisten Berliner Politiker. Das belegen Spiele wie ENERGIE 21, aber auch Spiele wie DAS KINDERRECHTSPIEL, KEEP COOL und BAUMLAND.
Für den Deutschen Lernspielpreis 2005 hat es damals leider nicht gereicht, Ernährungsfragen standen wohl für die Jury stärker im Fokus. Gewonnen hat ISIS SÜSSE SÜNDE von Raimund Wybranietz mit seinem Eigenverlag Common Game.
Das Bild zeigt Nicole Stiehl und Till Meyer auf der Spiel in Essen 2005.
Montag, 26. April 2021
HALLO DACHS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Deutscher Kinderspielpreis 1996: HALLO DACHS
Der Rosdorfer Zahntechniker Klaus Teuber hat schon viele Auszeichnungen für seine Spielideen gewonnen, allein viermal den Preis für das Spiel des Jahres, zuletzt vor einem Jahr für DIE SIEDLER VON CATAN. Mit HALLO DACHS ist er erstmals mit einem Kinderspiel ganz vorn mit dabei, und ist der Sieger beim Deutschen Spielepreis in der Kategorie „Bestes Kinderspiel“.
HALLO DACHS ist ein memobasiertes Kinderspiel, in dem sich zwei bis vier Spieler die Lage möglichst vieler Leibspeisen Meister Grimbarts merken müssen.
Die Spieler gehen auf Waldwegen auf Futtersuche für den Dachs. An Wegekreuzungen kann man Punkte sammeln, wenn man die entsprechende Anzahl von Nahrungskärtchen aufdeckt. Bei zwei und drei Punkten ist das vielleicht noch zu schaffen, aber es gibt auch vier und fünf Punkte zu gewinnen, da kommt man ganz schön ins Schwitzen bei der Suche nach Schnecken, Käfern und Waldbeeren, die der scheue Dachs so gerne mag. Gar nicht mag unser Isegrimm, wenn er auf Unrat im Wald stößt, der sich leider recht häufig unter den Nahrungskarten verbirgt.
Das Gute an dem Spiel, ist der allmähliche Aufbau, weil man sich mit der Zeit mehr merkt und an höheren Punktzahlen versuchen kann. HALLO DACHS ist mehr als eine MEMO-Variante, da die geschickte Wegeplanung nicht unwichtig ist. Die Siegchancen für Kinder sind bei solchen Spielen groß, hier kann es ein echtes spielerisches Kräftemessen innerhalb der Familie geben.
Die Reihe „Maxis in der Minibox“ beim neuen Verlag Goldsieber betreut der Autor selbst zusammen mit Reiner Müller, seinem Partner bei TM-Spiele. Beide haben gut daran getan, HALLO DACHS in ihr Programm aufzunehmen.
Wieland Herold
Titel: Hallo Dachs
Autor: Klaus Teuber
Grafik: Gabriela Silveira
Verlag: Goldsieber
Spielerzahl: 2- 4
Alter: ab 6 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 20.- DM
Spiel 27/1996 R71/2021
Die Rezension erschien 1996 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der gelernte Zahntechniker Klaus Teuber war schon vor CATAN einer der bekanntesten Spieleautoren Deutschlands, hatte er doch schon für sein Erstlingswerk BARBAROSSA 1988 das Spiel des Jahres gewonnen. Es folgten Doppelsiege 1990 und 1991 für ADEL VERPFLICHTET und DRUNTER & DRÜBER.
Kinderspiele sind eher rar von ihm, BRUMMI ist völlig vergessen. LICHT UND SCHATTEN und BARBAROSSA JUNIOR stellen ebenso Ausnahmen dar, wie HALLO DACHS und DIE RITTER VON DER HASELNUSS in der Reihe Die Maxis in der Minibox.
HALLO DACHS wurde deutlich aufgepeppt als SPINNENGIFT UND KRÖTENSCHLEIM 2012 von Kosmos neu herausgegeben. Dieses Spiel gelangte auf die Nominierungsliste für das Kinderspiel des Jahres 2012.
Das Bild zeigt Klaus Teuber auf dem Goldsieberabend in Nürnberg 1996, als HALLO DACHS vorgestellt wurde.
Sonntag, 18. April 2021
COUP
SAMMELSURIUM: Krone-Spiele
Skrupel, Spiele zu Werbezwecken mit der Gemütlichkeit des Rauchens in Verbindung zu setzen, gab es in den 70er nicht. Da kooperierte die Zigarettenmarke KRONE sogar mit den Spieleherstellern ASS und Schmidt Spiele und produzierte einige sehr interessante Spiele.
Bei ASS erschienen die meisten Spiele, insgesamt sechs, fünf große und das kleinere WÜRFEL JOKER. Für zwei der Spiele wurde kein Autor genannt, so 6MAL6 und DOMINGO.
BATTEL und WÜRFEL JOKER stammen von Hans-Jörn Nürnberger, der zeitgleich wundervolle Holzspiele im eigenen Verlag (Hanje-Spiele) veröffentlichte. Wolfgang Kramer steuerte zur Krone-Reihe TRANS-CART und COUP bei.
Krone initiierte sogar eigene Spielkreise mit einer Publikation, dem Krone-Spiele-Magazin. Begeistert war ich damals nicht nur von einigen Spielen, sondern vom GROSSEn KRONE SPIELEBUCH in dem über 150 Spiele überwiegend aus den 60ern und 70ern vorgestellt wurden. Das Buch erschien 1976 in Kooperation mit dem Hoffmann und Campe Verlag.
COUP
Das beste Spiel aus der KRONE-Reihe ist sicherlich COUP von Wolfgang Kramer. Es erschien als drittes Spiel Kramers bei ASS, wie auch vorher schon TEMPO (1974) und LEGEMAX (1974), die als normale Spiele bei ASS erschienen sind. Die Firma hatte damals ihren Sitz in Leinfelden bei Stuttgart, also im direkten kramerschen Umfeld.
COUP ist in gewisser Hinsicht Kramers Reminiszenz an Sid Sackson AQUIRE, das ich als erstes Spiel in meiner Sammelsurium-Reihe besprochen habe. Es gibt Geld, es gibt Spielsteine für den Aufbau von Ketten und so etwas wie Aktien, die aber als simple Farbchips daherkommen.
Wolfgang Kramer geht noch abstrakter als Sackson an das Thema heran, er differenziert nicht zwischen Hotelketten und lässt auch keine beliebige Entwicklung auf dem Spielplan zu. Ganz nüchtern gibt es nur sechs Farbreihen mit 20 Feldern und entsprechenden Holzsteinen für jedes Feld. Jeder startet in den Partien bis zu vier Spielern mit 3000 DM, mit mehr wird es weniger. Auch die Zahl der Steine, die jeder erhält schwankt zwischen sieben und zwölf. Im Gegensatz zu AQUIRE wird nicht nur ein Stein pro Runde gelegt, sondern es müssen drei bis sechs sein. Auch die Zahl der Aktienkäufe, pardon für den Chip-Erwerb, schwankt bis zu vier. Die Kosten bleiben stets gleich, ein „Hunni“ war zu zahlen.
Nach Aktienkauf müssen alle geforderten Steine gelegt, übrige Handsteine dürfen sogar ausgetauscht werden. Sobald in einer Zahlenreihe mindestens eine Kette von 10 Steinen gebildet wird, spricht man vom COUP. Danach dürfen alle anderen Spieler nur noch einen einzigen Stein setzen.
Die Bilanz am Ende ist etwas Rechenarbeit. Einkäufe rentieren sich erst ab Ketten mit mehr als sieben Steinen, dann bekommt man 150 DM für die investierten 100 zurück. Eine 10er-Kette bringt 300, ab diesem Zeitpunkt bringt jeder zusätzliche Stein jeweils weitere 100 DM pro Anteil ins Portfolio.
Kramers COUP ist deutlich einfacher gestrickt als AQUIRE, macht aber trotzdem Spaß. Das Spekulieren auf Gewinnerketten, das Zurückhalten von Fusionssteinen, das hat schon so etwas vom Sackson-Feeling. Der Ausgang ist stets offen, es bleibt bis zum Schluss spannend. Ein gelungenes Spiel des damals 33jährigen Autors, das atmosphärisch aber wie viele Spiele dieser Zeit arg nüchtern daherkommt.
COUP ist auch das einzige Spiel der Krone-Reihe, das es später zu einer Neuauflage gebracht hat. Optisch aufgehübscht, thematisch besser eingekleidet und auch im Regelwerk verbessert ist es 1990 als HOLIDAY AG bei F.X. Schmid noch einmal erschienen. Zu diesem Zeitpunkt war Kramer schon der erste hauptberufliche Spieleerfinder Deutschlands, der sich nach den Erfolgen für HEIMLICH & CO. und AUF ACHSE wahrlich nicht mehr hinter Sid Sackson verstecken musste.
Titel: COUP
Autor: Wolfgang Kramer
Grafik: o.A.
Verlag: ASS / Krone
Spielerzahl: 2 - 6
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 30 DM
Wertung: Gerne morgen wieder
Sammelsurium 15 - S15/2021
Freitag, 16. April 2021
DICKE DÄMONEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Preiswertes Schnürsenkelspiel: DICKE DÄMONEN
Wer aus vier Schnürsenkeln und 50 Pöppeln ein zwar nicht abendfüllendes, aber äußerst unterhaltsames Spiel entwickeln kann, muss schon ein ganz schön kreatives Köpfchen besitzen. Heinrich Glumpler ist nicht nur das gelungen, er konnte das Ganze noch thematisch entwickeln und eine Spielgeschichte erfinden. Mit fast philosophischem Hintergrund entführt er bis zu vier Spieler in eine magische Welt von Geistern und Dämonen, die sich in den Kraftlinien und –feldern der vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde bewegen und bekämpfen. Die diese magische Welt immer wieder bewegende Frage ist, ob die Dämonen der Elemente oder die weißen Geister diese Welt beherrschen. Die immer wieder kehrende Frage beantworten die Spieler von Glumplers Spiel DICKE DÄMONEN recht zügig, meist steht die Antwort nach fünfzehn bis zwanzig Minuten fest und dann ist auch klar, ob es einen Gewinner gibt oder ob das Spiel pfiffiger als die Spieler war.
Die Schnürsenkel in den Farben rot, blau, gelb, grün werden geknotet und dann übereinander gelegt, so dass sie sich mehrfach schneiden und unterschiedlich große Felder entstehen. Jeder Spieler zieht danach blind aus einem Leinensack vier Pöppel, die den Farben der Elemente entsprechen, die aber auch für die weiße Geisterwelt stehen können. In jedem Spielzug darf ein Spieler eine seiner vier Figuren setzen. Die Dämonen, die die Elemente beherrschen, dürfen in Eckfelder von Linien gesetzt werden, die der Dämonenfarbe entsprechen. Die weißen Geister werden in die Zentren der Flächen, die durch die Schnürsenkelüberschneidungen entstanden sind, gesetzt. Ihre Anwesenheit verhindert das weitere Auftreten von Dämonen in diesen Regionen. Nach dem Setzen eines Spielsteins wird nachgezogen. Einmal im Laufe des Spiels dürfen die Spieler sich als Wahrsager versuchen. Sie bestimmen die voraussichtliche Siegfarbe und stellen den entsprechenden Pöppel vor sich ab.
Wer sich so weit aus dem Fenster gelegt hat, spielt ab sofort nur noch stark eingeschränkt mit. Er muss die restlichen beiden Pöppel abgeben, zieht einen nach und kann dadurch nur noch gering steuernd den weiteren Spielablauf bestimmen. Da anderen Spielern die gewählte Farbe als Siegfarbe nicht mehr zur Verfügung steht, ist die Wahl des richtigen Zeitpunkts dieser Aktion meist siegentscheidend. Da durch das Setzen der Geister immer mehr Eckfelder nicht belegt werden dürfen, ergibt sich das Spielende genau dann, wenn ein Spieler seine Figur nicht mehr unterbringen kann. Bei der Endabrechnung wird überprüft, welche Dämonenfarbe in den Feldern die Mehrheit hat. Bei Gleichstand gibt es keine Punkte, sonst ergibt sich die Siegpunktzahl aus den Eckfeldern und Knotenpunkten. Die weiße Farbe gewinnt dann, wenn mehr weiße Geister beschworen wurden als die anderen Farben an Punkten erreichen konnten. Besonders in Partien, in denen die Spieler häufig Pattsituationen erzielen, kommt das gar nicht so selten vor.
Heinrich Glumpler hat die DICKEn DÄMONEN nur in einer Kleinstauflage von 200 Exemplaren produziert, die ist schon seit einiger Zeit vergriffen. Großzügig stellt er aber eine „Nachbauanleitung“ auf seiner Homepage zur Verfügung, außerdem kann man das Spiel dort online ausprobieren. Die Solovariante, bei der man die Plätze eins bis drei richtig voraussagen muss, besitzt Suchtpotential. Klasse Spiel – ein besonderer Dank geht an den Autor, der seine Idee zur kostenfreien Umsetzung im Internet zur Verfügung stellt.
Wieland Herold
Titel: DICKE DÄMONEN
Autor: Heinrich Glumpler
Verlag: Edition Erlkönig (www.erlkoenig.ws )
Spieler: 1-4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 13 Euro (zurzeit nicht erhältlich, aber kostenloser Nachbau möglich, siehe Homepage Glumplers)
Spiel 8/2005 R63/2021
Die Rezension erschien 2005 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor
Der Kölner Autor hat in den letzten 30 Jahren rund 30 Spiele veröffentlicht. Ursprünglich kam er aus der Rollenspielecke, hat Spiele für MIDGARD und PLÜSCH, POWER & PLUNDER entwickelt. Viele seiner Ideen hat er im eigenen Verlag Edition Erlkönig veröffentlicht, so auch die DICKEn DÄMONEN.
Erfolgreich war er aber auch bei anderen Verlagen, so mit ZAUBERSTAUBER bei Kosmos (2005), Tiptoi-Spielen bei Ravensburger (DIE GEHEIMNISVOLLE MASKE, 2011, DAS TAL DER TEMPEL, 2012), aber vor allem mit dem KNEIPENQUIZ (2016) bei moses.
Die Anleitung zu DICKE DÄMONEN kann man immer noch über seine Seite herunterladen. 2014 hat der Autor eine zweite Auflage des Spiels in seiner Edition veröffentlicht.
Das Bild zeigt Heinrich Glumpler 2004 auf dem Autorentreffen in Göttingen.
Donnerstag, 8. April 2021
TRAUMFÄNGER
Kleinkindgerecht: TRAUMFÄNGER
Gute Spiele für kleine Kinder ab drei oder vier Jahren sind rar. Die Kinderjury zeichnet meistens erst Spiele ab einem Alter von fünf Jahren aus. 2021 dürfte sich das ändern. Wenn mich nicht alles täuscht, landet das fantastische TRAUMFÄNGER-Spiel von Laurent Escoffier und David Franck mindestens auf der Empfehlungsliste. Dem Spiel traue ich auch noch höhere Weihen zu, zumal die Franzosen es vorgemacht haben. Die von Space Cow wundervoll umgesetzte Idee wurde vor zwei Monaten mit dem As D’Or für Kinderspiele ausgezeichnet.
Was tun, wenn die eine oder andere Gruselgestalt im Traum auftaucht? Unter dem Bett verstecken, geht nicht, da lauern wahrscheinlich noch andere Monster. Aber Kuscheltiere um Hilfe zu bitten, hat noch nie geschadet. Die beiden Autoren nutzen simple Ideen des Größenvergleichs und der Abdeckung für ihr TRAUMFÄNGER-Spiel. Dafür stehen den Kindern große runde Scheiben mit Teddybären, etwas kleinere mit Pandas und noch kleinere mit einem rosa Hasen und einem kleinen Pummeleinhorn zur Verfügung.
Eine Albtraum-Karte wird in die Mitte dieser Kuscheltier-Parade gelegt. Reihum wählen die Kinder ein Kuscheltier, von dem sie ausgehen, dass es erfolgreich den Albtraum bekämpfen kann. Das heißt, er muss vollständig abgedeckt werden. Vor der Überprüfung legen alle die gewählten Tiere in ihr Wolkenbett, dort sammeln sie gleichzeitig Traumplättchen für den späteren Spielsieg.
Haben alle ein Tier gewählt, wird der Erfolg überprüft. Der Bär passt immer, bringt aber nur ein Traumplättchen. Auf kleine Albträume kann man vielleicht auch mit Einhorn oder Häschen reagieren, passen diese, bringen sie gleich drei oder vier Gewinnplättchen. Das ist immer ein Spiel mit dem Risiko, dass die Kleinen hier lernen, durchaus aber auch abhängig von der Zugreihenfolge, denn von den ganz kleinen Kuscheltieren gibt es jeweils nur eine Abdeckscheibe.
Wer als erster zwölf schöne Traumplättchen für sein Wolkenbett bekommt, gewinnt das Spiel. Die Ausstattung mit Traumkissen, dicken Kuscheltier-Scheiben und schönen Wolkenfeldern ist gelungen, auch die grafische Gestaltung von Maud Chalmel hält den Gruselfaktor in Grenzen. Varianten für Dreijährige und ältere Kinder runden das Ganze sinnvoll ab. Ein rundum gelungenes und stimmungsvolles Kinderspiel, das viele Erzählanlässe bietet, über Albträume zu reden, aber auch über die vielen schönen Traumerlebnisse, die die doppelseitigen Traumplättchen anbieten.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: TRAUMFÄNGER
Autoren: Laurent Escoffier, David Franck
Grafik/Design: Maud Chalmel
Verlag: Space Cow, Vertrieb: Asmodee
Alter: ab 3 Jahren
Spielerzahl: 2-4
Spielzeit: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 22 Euro
Spiel 23/2021
Mittwoch, 7. April 2021
BUNTE RUNDE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Strategisches Sammeln in BUNTE RUNDE
Aus ein paar Holzteilen, Chips und einer simplen Regel ein gutes Spiel zu machen, dazu gehört schon die Genialität eines guten Spieleautors. Reiner Knizia hat ein Händchen, aus wenig viel zu machen. In BUNTE RUNDE, seinem neuen Kinderspiel bei Winning Moves, gelingt ihm dies mit 36 Holzteilen in sechs Formen und Farben. Attraktiv wirkt das nicht unbedingt, eine Spielfigur, die im Kreise läuft, scheint dem DDR-Ampelmännchen nachempfunden, das Holzmaterial erinnert an vergangene Mengenlehrezeiten.
Lassen wir mal die Ästhetik beiseite, dann liegen wir mit der Mengenlehre gar nicht so schlecht. BUNTE RUNDE ist zwar vordergründig kein Lernspiel, aber ein hochkarätiges, planerisches Rechenexempel, wer sich noch an ein fantastisches Frühwerk des Autors erinnern kann, ist versucht zu sagen: TUTANCHAMUN light. Großer Vorzug der BUNTEn RUNDE: Es ist in einer Minute erklärt, besitzt aber langfristiges Entwicklungspotential, das Kinder vorzüglich in strategisches Denken einführt und auch mitspielenden Erwachsenen einiges abverlangt.
Ovale, Kreise, Dreiecke, Quadrate, Rechtecke und Stäbchen liegen sechsfarbig im Kreis aus. Das dort wandelnde Ampelmännchen darf von jedem der zwei bis sechs Spieler ein bis drei Holzteile weit bewegt werden. Der Zielstein geht in den Besitz des Spielers über. Der Sinn des Ganzen ergibt sich aus der Wertung: Sobald das letzte Teil einer Farbe oder Form, beides ist natürlich auch möglich, genommen wird, gibt es für alle Spieler, die Anteile besitzen, Goldmünzen. Besonders raffiniert ist, dass bei weitem nicht alles gewertet wird, denn das Spiel endet nach schnellen zehn bis fünfzehn Minuten, wenn die nur 36 Münzen verteilt sind.
BUNTE RUNDE sollte man nicht unterschätzen, die simple Regel für das Ende, bringt die eigentliche Strategie ins Spiel. Das Beobachten der Sammelaktivitäten Mitspieler ist zwingend erforderlich, es bringt nichts, allein eine Form oder Farbe zu sammeln, da schaffen die anderen es garantiert, Wertungen zu verhindern. Koalitionsbildungen sind gut, aber auch ständigem Wechsel unterworfen. Spannend wird das Spiel vor allem am Ende, wenn klar wird, welche Farben und Formen nicht gewertet werden.
BUNTE RUNDE ist wieder einmal ein ideales Familienspiel von Winning Moves. Es besitzt Anspruch, bereitet sogar reinen Erwachsenenrunden großen Spaß, bietet durch eine Einsteigerversion mit 25 Bildkärtchen Vorschulkindern einen leichten Einstieg. Kritik übe ich nur an der Spielerzahl, zu sechst entsteht eine äußerst zufällige BUNTE RUNDE, zwei bis vier Spieler genießen aber durchaus Spielspannung.
Wieland Herold
Titel: BUNTE RUNDE
Autor Reiner Knizia
Grafik: Rolf Vogt
Verlag: Winning Moves
Spieler 2-6
Alter ab 6 Jahren
Spieldauer ca. 15 Minuten
Spiel 5/2005 R60/2021
Die Rezension erschien 2005 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Reiner Knizia, der weltweit produktivste Spieleautor, der auf inzwischen über 700 Spieleveröffentlichungen stolz sein kann, hatte bis 2004 schon einige Auszeichnungen gewonnen, darunter 1993 für MODERN ART und 1998 für EUPHRAT & TIGRIS. Die besondere Leistung für die spielerische Adaption von DER HERR DER RINGE zeichnete die Jury „Spiel des Jahres“ mit dem Sonderpreis „Literatur im Spiel“ 2001 aus.
2004 war Knizias EINFACH- Jahr. Mit EINFACH GENIAL erschien eines seiner besten Spiele, EINFACH TIERISCH war thematisch überzeugender als der Vorgänger HIGH SOCIETY, der aber noch den 10. Platz beim Deutschen Spielepreis erreicht hatte.
BUNTE RUNDE hätte man 2005 durchaus auch auf Empfehlungslisten vermuten können, das Spiel ging aber leer bei Auszeichnungen aus. Nur die „Kinderspielexperten“ packten es 2006 auf ihr Nominierungsliste.
2008 erhielt Knizia für KELTIS erstmals den Titel „Spiel des Jahres“ und das gleichzeitig im Doppelpack, da WER WAR’S den blauen Pöppel bekam.
Das Bild stammt aus dem Jahr 2016 als Reiner Knizia mit MMM! für das Kinderspiel des Jahres nominiert war.
Montag, 5. April 2021
NEUE SPIELE IM ALTEN ROM
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
NEUE SPIELE IM ALTEN ROM
Zu jedem Verlagsprogramm gehört eine gute Spielesammlung. Ravensburger spendierte sie einst sogar der ganz besonderen Casino-Serie. Was eher ungewöhnlich ist, dass sich aus der Kooperation eines deutschen Buchverlags mit einem ausländischen Spieleverlag das Projekt für eine Spielesammlung ergibt.
Hugendubel veröffentlicht in seiner von Stefan Wilfert betreuten Reihe homo ludens NEUE SPIELE IM ALTEN ROM, die Spielideen stammen alle von Reiner Knizia, das Spielmaterial von der Wiener Firma Piatnik. Herausgekommen ist eine virtuose Spielesammlung mit einem Spielebuch das wunderbar auf 14 Spielideen einstimmt und Knizias Talent als Arrangeur ganz unterschiedlicher Bereiche zeigt.
Als Historiker begeistert mich die Einbettung des Ganzen in die römische Geschichte von der Gründung Roms bis zur römischen Kaiserzeit, Da tauchen die sieben Gründungshügel ebenso auf wie die Punischen Kriege und Phase der spannenden römischen Revolution im ersten vorchristlichen Jahrhundert.
Spielerisch erleben wir natürlich ein Wagenrennen im CIRCUS MAXIMUS. Der Erfinder von MODERN ART verzichtet auch nicht auf den Auktionsmechanismus (MERCATOR). Verhandelt wird in TRIBUNAL, Bluff spielt im Duell um DIE SIEBEN HÜGEL ROMS eine entscheidende Rolle. Sogar um eine MEMO-Variante macht Knizia keinen Bogen (KONSUL). Um Mehrheiten geht es in der Auseinandersetzung ums IMPERIUM und die von Knizia gewohnte Kombinatorik begegnet uns in der VERSCHWÖRUNG DES CATILINA wider.
Das ist großes historisches Kino, das uns hier geboten wird. Zurecht ist das Projekt mit der Essener Feder 1994 ausgezeichnet worden. Die Spiele sind alle gut bis solide, lassen sich schnell mit mindestens zwei Spielern spielen, nur für TRIBUNAL braucht man vier oder mehr. Materialmäßig hätte Piatnik das Ganze schon spezieller ausstatten können, das ist eher herkömmliche Pöppelware, die neben dem tollen Buch im Kasten steckt. Für die Grafik zeichnet Franz Vohwinkel verantwortlich. Wer eine ganz besondere Spielesammlung zu Hause haben möchte, der sollte hier aber unbedingt zugreifen.
Titel: NEUE SPIELE IM ALTEN ROM
Autor: Reiner Knizia
Grafik: Franz Vohwinkel
Verlag: Hugendubel & Piatnik
Spieler: 2-7
Alter: ab 8
Spieldauer: ca. 15-60 Minuten
Preis: 59 DM
Spiel 11/1994 R59/2021
Die Rezension erschien 1994
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Gestern habe ich eine ganz besondere Spielesammlung Reiner Knizias aus dem Mittelalter vorgestellt. Zeitgleich widmete sich der fleißige Autor auch den Spielen im alten Rom. Piatnik brachte diese Sammlung in Kooperation mit Hugendubel 1994 heraus, deren Regelbuch mit der Essener Feder gewürdigt wurde.
Reiner Knizia, der weltweit produktivste Spieleautor, der auf inzwischen über 700 Spieleveröffentlichungen stolz sein kann, hatte bis 2004 schon einige Auszeichnungen gewonnen, darunter 1993 für MODERN ART und 1998 für EUPHRAT & TIGRIS. Die besondere Leistung für die spielerische Adaption von DER HERR DER RINGE zeichnete die Jury „Spiel des Jahres“ mit dem Sonderpreis „Literatur im Spiel“ 2001 aus.
2004 war Knizias EINFACH- Jahr. Mit EINFACH GENIAL erschien eines seiner besten Spiele, EINFACH TIERISCH war thematisch überzeugender als der Vorgänger HIGH SOCIETY, der aber noch den 10. Platz beim Deutschen Spielepreis erreicht hatte.
2008 erhielt er für KELTIS erstmals den Titel „Spiel des Jahres“ und das gleichzeitig im Doppelpack, da WER WAR’S den blauen Pöppel bekam.
Das Bild stammt von Franz Vohwinkel aus dem Buch NEUE SPIELE IM ALTEN ROM.
Samstag, 3. April 2021
YINSH
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
YINSH
Kris Burm ist etwas Einmaliges gelungen, im unbeliebten Marktsegment der abstrakten Zweipersonenspiele nicht eins, nicht zwei, nicht drei, nicht vier, sondern inzwischen fünf hervorragende Spiele entwickelt zu haben. Ich will dabei gar nicht auf das alle Spiele verbindende Gipf-Projekt eingehen, mit dem ich nie viel anfangen konnte. Ich will auch nicht auf meine persönlichen Vorlieben eingehen, natürlich gibt es die, natürlich finde ich das eine Spiel dann doch noch etwas besser als die anderen ebenfalls sehr guten Spiele. Ich will an dieser Stelle nur ausdrücklich den Autor loben, der fünf völlig unterschiedliche Spiele anbietet, die alle faszinierend umgesetzt sind und von außerordentlicher Spielqualität sind.
Kris Burm, ich ziehe meinen Hut: „Hochachtung!“
Nach dieser Einleitung ist klar, dass die Beschreibung von Burms neuestem Spiel kein Verriss sein kann. YINSH folgt dem „Fünf in einer Reihe“-Prinzip, enthält aber auch Elemente von REVERSI. Die Burmsche Besonderheit sind die fünf Ringsteine, die jeder der Spieler besitzt, sie steuern das Spiel und sorgen für dessen Ausgewogenheit, so dass es am Ende stets knapp zugeht. Auf einem sechseckigen mit einem Dreiecksraster markierten Spielfeld, dem die sechs Ecken allerdings fehlen, platzieren die Spieler ihre Ringe auf die Schnittpunkte der Linien. Diese Ausgangspositionen sind insofern von besonderer Bedeutung, weil im Spiel jeder bewegte Ring eine Spur in Form eines Markierungssteines hinterlässt. Diese 51 Steine besitzen eine schwarze und eine weiße Seite, sie bleiben statisch, was ihre Position angeht, trotzdem sind sie unsichere Kantonisten, da sie immer wieder ihre Farbe wechseln können. Immer dann, wenn ein Ringstein über ausliegende Markierungssteine springt, müssen sie gedreht werden. Die Ringsteine dürfen sich geradlinig beliebig weit bewegen, sie sind in ihrer Zugweite nur blockiert durch die Grenzen des Spielfeldes, durch andere Ringsteine, nicht durch Markierungssteine, die müssen notwendigerweise übersprungen werden. Hierbei ist nur zu beachten, dass der Ring, sobald er einen oder mehrere zusammenhängende Steine überspringt, exakt hinter dem letzen landen muss. Ziel des Springens und Drehens ist es, fünf Steine einer Farbe in einer Reihe zu haben. Diese fünf Steine kommen vom Spielbrett zurück in den Vorrat der Markierungssteine, zusätzlich muss ein Ringstein aus dem Spiel genommen werden. Gelingt das einem Spieler dreimal, endet eine Partie YINSH.
Sie sehen, YINSH ist ein schnell zugängliches Spiel, dass, wie meist bei Kris Burm, seine Vielschichtigkeit erst im Spielablauf beweist. Genial ist bei YINSH die Schwächung des Führenden gelöst. Einerseits schwächt der Verlust des Ringsteines die Positionen des Spielers auf dem Spielbrett, so dass ein Aufholen deutlich leichter wird, andererseits öffnet auch die Herausnahme der fünf Markierungssteine neue Perspektiven für den nachziehenden Gegenspieler. Entscheidend ist die dritte Fünfer-Reihe und nur um die muss man sich langfristig Gedanken machen. Gerade bei YINSH erlebt man immer wieder die Bestätigung des Sprichworts: Die Letzten werden die Ersten sein.
Nicht nur das Spiel ist fantastisch, auch in der Umsetzung hält Kris Burm die Qualität der bisherigen GIPF-Spiele. Die Grafik ist äußerst gelungen, das Spielmaterial ist funktional und ansprechend, das Spielbrett kommt vielleicht etwas blass daher. Aber wir wollen uns ja auf das Notwendige, das Spiel konzentrieren.
Titel: YINSH
Verlag: Don & Co.
Autor: Kris Burm
Spieler: 2
Alter: ab 9
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: 25 Euro
Spiel 26/2003 R58/2021
Die Rezension erschien 2003 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Kris Burm startete mit dem österreichischen Verlag Peri-Spiele. INVERS, sein erstes Spiel, war gleich ein großer Erfolg. Er landete damit auf der Auswahlliste für das Spiel des Jahres 1991. Später erschienen neben OXFORD noch BI-LITAIRE und TASHKENT DOMINO bei Peri.
Der 1957 geborene belgische Autor ist aber vor allem bekannt durch sein GIPF-Projekt, mit Ideen, die er ursprünglich im Eigenverlag Don & Co herausgebracht hat, die später dann zuerst bei Schmidt und ab 2016 bei HUCH! erschienen.
Mit fast allen Spielen dieser Reihe landete er auf der Auswahl- oder späteren Empfehlungsliste für das Spiel des Jahres. Darunter GIPF selbst 1998, ZÈRTZ (2000), DVONN (2002), YINSH (2003), PÜNCT (2006) und TZAAR (2008).
Das Bild stammt aus Essen 1997, als Burm GIPF erstmalig präsentierte.
Freitag, 2. April 2021
VIELE DINGE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Spiele mit Sprache - VIELE DINGE
Wer denkt bei "C" an einen Clown, obwohl dieser auf der Bildkarte "Zirkus" nicht abgebildet ist? Viele Bilder liegen auf dem Tisch. Ein Buchstabe wird aufgedeckt und sofort suchen bis zu acht Spieler nach Begriffen auf den Karten. Dabei dürfen auch Dinge genannt werden, die nicht direkt zu sehen sind, aber zum Thema einer Bildkarte passen. Doch man muss schnell sein, bevor ein anderer zugreift!
Um sprachliche und gedankliche Kreativität und Geschwindigkeit geht es in dem neuen Adlung-Spiel VIELE DINGE. Voraussetzung für das Ergreifen von kleinen Bildkarten ist, dass vorher ein Begreifen stattgefunden haben muss. Adlungs Bildkärtchen sind einerseits mit Buchstaben und andererseits mit sehr klar gehaltenen Bildmotiven aus unterschiedlichen Erfahrungsbereichen bedruckt. Die Hälfte der Karten wird mit der Bildseite nach oben ausgelegt. Eine Buchstabenkarte wird umgedreht, so dass nun zu den Bildern passende Begriffe, die mit der Buchstabenvorgabe beginnen, gesucht werden.
Sobald einer der Spieler sechs Karten gefunden hat, ist die Spielrunde beendet. In der Auswertung werden die gefundenen Begriffe überprüft, schon genannte dürfen nicht weiter verwandt werden, so dass nach kreativen Ersatzlösungen gesucht werden muss. Für den Spieler mit den meisten gültigen Begriffen gibt es zwei Karten als Siegpunkte, der Nächstplatzierte erhält noch eine. Die Kartenauslage wird danach ergänzt, nach sechs Runden steht dann der Sieger von VIELE DINGE fest.
Das Spiel, das Karsten Adlung zusammen mit Bernhard Naegele entwickelt hat, ist anspruchsvoll. VIELE DINGE ist viel mehr als ein Lernspiel, die beiden Autoren bezeichnen es als „(be)griffiges Kartenspiel“. Es ist ein Kommunikationsspiel, das nicht nur für Kinder reizvoll ist. In zwei Varianten für Drei- bzw. Sechsjährige wird mit den Kartenfarben gespielt. Wie so oft, liefert uns Adlung in einer kleinen und äußerst preiswerten Kartenspielschachtel beachtliches Spielvergnügen, das, ohne aufdringlich zu sein, en passant exzellente Sprach- und Argumentationsschulung für Kinder bedeutet.
Titel: VIELE DINGE
Autoren: Bernhard Naegele, Karsten Adlung
Grafik: T. Hammer und J. Martens
Verlag: Adlung Spiele
Spieler: 2-8
Alter: ab 3 Jahren
Preis: ca. 6 €
Spiel 27/2003 R57/2021
Die Rezension erschien 2003 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Möbelgriffe haben den damals 27 -jährigen Korntaler Behördenangestellten Karsten Adlung vor 30 Jahren zu seinem ersten Spiel CHEROLI inspiriert. Er bot das Spiel damals Franckh Kosmos an, wo es wegen der Materialfülle abgelehnt wurde. Dort bekam er aber den Tipp, es beim Göttinger Spieleautorentreffen zu versuchen. In Göttingen brachte eine Partie mit Alex Randolph, der begeistert war, die Entscheidung, dass er das Spiel selbst herausbringen wollte.
Der Verlag Adlung-Spiele war auf den Weg gebracht und damit ein gewichtiges Spiel, das fast 2 Kilo wog, vollgepackt, ganz ohne Luft, ein Spielkasten der später gut die Hälfte seiner rund 150 kleinen Folgespiele hätte aufnehmen können.
CHEROLI folgte 1992 noch das Würfelspiel KARMAS. Ein Jahr später zeichneten sich schon die eigentlichen Umrisse seines erfolgreichen Weges als Verleger ab. Seine eigenen Spielideen passten in immer kleinere Schachteln, wie auch schon TAKTVOLL. Der Weg zur Profilierung im Bereich Kartenspiele war beschritten.
Den großen Durchbruch schaffte er zusammen mit Reinhard Staupe und dem Ablegespiel SPEED. Große Erfolge hatte er dann später noch mit Spielen wie MEUTERER und VERRÄTER. Daneben war er auch auf der Empfehlungs- oder Nominierungsliste der Kinderspiele mit Ideen wie IM MÄRCHENWALD (nominiert 2001) VIELE DINGE (empfohlen 2004) und MANIMALS (empfohlen 2007). An VIELE DINGE und MANIMALS war Bernhard Naegele beteiligt, der ausschließlich Spiele für Adlung Spiele veröffentlicht hat. Naegele arbeitet als Projekt Manager bei Bosch Thermotechnik, für Adlung übernimmt er auch redaktionelle Arbeiten.
Adlung, der sich selbst als hyperaktiv bezeichnet, ist sicher, dass seine Spiele ihn therapiert hätten. Lern- und Förderspiele sind ihm daher stets im Programm wichtig gewesen und haben vor allem in den letzten 15 Jahren seine Veröffentlichungen geprägt. Deshalb hat er sich auch von der Spiel in Essen zurückgezogen und besucht seit 2018 die zeitgleich stattfindende Messe Therapie in Hamburg.
Das Bild zeigt Karsten Adlung 2015 in Nürnberg.
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