Montag, 31. Mai 2021
TAPIKÉKOI
"Was hast du gestohlen?"
Da muss man schon perfekt des Französischen mächtig sein, um mit dem Titel TAPIKÉKOI etwas anfangen zu können. „Tu as piqué quoi?“ - „Was hast du gestohlen?“ nennen Laurent Toulouse und Romaric Galonnier ihr erstes gemeinsames Spiel, mit dem sie nichts stehlen, aber für Djeco gewinnen konnten. Ihre Idee wurde in Frankreich mit dem Prix des Enfants du Palais du Jeu und dem Preis Jouet 2020 in Toulon ausgezeichnet. Aktuell ist es in Deutschland auf der Empfehlungsliste für das Kinderspiel des Jahres gelandet.
Dabei stammt ihre Idee aus der Mottenkiste der Kindergeburtstagsspiele, ist also wahrlich nicht neu. Wer kennt nicht das Spiel mit dem verschwundenen Gegenstand, bei dem zehn oder 20 Einzelteile im Stuhlkreis ausliegen. Alle schauen sich diese an, ein Kind wird hinausgeschickt und die anderen entfernen ein Teil, das das Kind dann erraten muss.
Nichts anderes machen Toulouse&Galonnier in TAPIKÉKOI. Sie binden die klassische Idee in eine häusliche Geschichte ein. In Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer und Garten eines kleinen Hauses, lassen sie zwei bis vier Kinder zwölf Gegenstände auslegen. Da kommen die Bücher ins Wohnzimmer-Regal, dort steht das kleine Rad am Gartenhäuschen und die Nachttischlampe neben dem Bett. Wenn die Kinder mögen, kann das aber völlig anders aussehen. Das Fahrrad steht dann auf dem Bett, die Bücher auf dem Herd und die Lampe liegt im Sandkasten.
In dieses friedliche Haus brechen nachts Einbrecher ein, die bis zu vier Gegenstände mitgehen lassen. Ein Kind übernimmt den Part der bestohlenen Familie und versucht herauszubekommen, was entwendet wurde. Es sucht so lange, bis es alle Teile gefunden oder einen Fehler gemacht hat. Jeder gewonnene Chip bleibt in den Kinderhänden, sogar bei den Dieben, wenn sie nicht entdeckt wurden.
Wenn die zwölf ausliegenden Gegenstände nicht mehr ergänzt werden können, endet die Suche. Im Spiel zu zweit und zu viert ist das nach sechs Runden der Fall, im Spiel zu dritt schon nach vier. In der Regel gewinnt der Familienspieler mehr Chips als die Diebe. Daher ist TAPIKÉKOI eigentlich nur im Duell gerecht, da beide Kinder gleich oft an der Reihe sind. Im Spiel zu dritt ist ein einziges Kind zweimal der Familienspieler und bei vier Spielern sehen zwei in die Röhre. Da hätten sich die Autoren unbedingt einen Ausgleich ausdenken müssen.
Trotzdem funktioniert die Idee. Dieses Gedächtnisspiel ist und bleibt ein Dauerbrenner, nur braucht es dazu eigentlich keine Spieleschachtel.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: TAPIKÉKOI
Autoren: Laurent Toulouse, Romaric Galonnie
Grafik/Design: Sébastien Chebret
Verlag: Djeco
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 45/2021
Samstag, 29. Mai 2021
CHAKRA
Fülle deine Energiezentren: CHAKRA
Ganz ehrlich, mit Harmonisierung von Chakren kann ich nicht wirklich etwas anfangen. Deshalb habe ich ziemlich lange gebraucht bis ich mich dieser Idee Luka Krležas mit spitzen Fingern genähert habe. Da muss man sich schon auf Bhagya-Blase, Lotusblumen, Energie-Kanalisation und Meditation einstellen wollen, um „positive Energie des Universums einzufangen und negative Energie zu lindern.“
Vermutlich würde ich diese Distanz nicht entwickeln, wenn Krleža mit Magiern arbeiten würde, die lupenreine Feuer- und Wasserzauber hinzubekommen versuchen. Beides wären Optimierungsspiele, die von ihrer Mechanik her, perfekt funktionieren. Die persönlichen Spielbretter sind die Steuerungstafeln des Spiels. Sie zeigen eine Art Verschiebebahnhof für sieben bunte Kristalle und Optionen für die Bewegung dieser Edelsteine, die mit Hilfe von fünf schwarzen Chips aktiviert werden. Jeder Kristallfarbe wird geheim ein Punktewert zugeordnet, der zwischen einem und vier Punkten schwanken kann. Anfangs darf sich jeder nur den Wert einer Farbe anschauen. Der Kristallmarkt ist stets mit drei Dreierspalten von Farbsteinchen bestückt. Wer am Zug ist, bedient sich aus einer Spalte und nimmt bis zu drei Steine unterschiedlicher Farbe. Schwarze Steine mit negativer Energie muss man dabei in Kauf nehmen. Diese Steine dürfen dann auf der eigenen Steuerungstafel entweder ganz oben eingesetzt werden oder schon direkt in einen Farbbereich, der für eine Farbe passt und möglichst die anderen in der Nähe hat. Die Option muss aber mit einem schwarzen Marker gekennzeichnet werden, der dann bei den unterschiedlichen Verschiebemöglichkeiten nicht mehr zur Verfügung steht. Das ist nämlich die wesentliche Aktionsalternative. Eines von acht Feldern darf markiert werden und lässt bis zu drei Verschiebeschritte der Kristalle überwiegend nach unten, teilweise aber auch nach oben zu, um die gewünschten Farbkreise zu füllen. Wer keinen Marker mehr hat oder auch vorher mehr Optionen nutzen möchte, passt als dritte Aktionsmöglichkeit und erhält alle Marker von den Bewegungspunkten zurück, nicht aber die, die an den Farbkreisen liegen. Die gibt es erst dann wieder, wenn dort alle drei Kristalle passend ausliegen. Zusätzlich gibt es für das Aussetzen, einen weiteren Blick unter die Punktwerte der Kristallfarben.
Sobald ein Spieler seinen fünften Farbkreis vollständig belegt hat, tritt das Spielende ein. Die sieben Wertungsscheiben werden dann alle aufgedeckt und es gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten. Die schwarzen Steinchen können dabei noch Zünglein an der Waage sein. Wer sie ganz nach unten führt, bekommt einen Punkt für jeden Stein.
Die Esoterik beiseiteschiebend, bleibt ein überraschend elegantes Spiel übrig, mit einer interessanten Balance von Steinaufnahme, Platzierungs- und Verschiebungsspielchen. Das besonders effektiv ablaufen zu lassen, macht den Reiz von Chakra aus. Wie sinnvoll dabei die verdeckte Bepunktung ist, darüber lässt sich streiten. Die lila und braunen Startkreise sollte man unabhängig von deren Werten schnell in Angriff nehmen, weil dann die Überbrückung zu den unteren Kreisen schneller klappt. Geschwindigkeit bringt grundsätzlich mehr, als das gezielte Spielen auf eine 4er-Farbe. Wer zuerst fertig ist, kommt minimal auf neun Punkte, meistens sind aber noch höhere Werte mit im Topf. Ob es sich lohnt, Bewegungspunkte für die schwarzen Steine zu opfern, ist auch so eine Frage. Sie ganz nach unten zu bringen ist teuer und macht eigentlich nur Sinn, wenn man den grünen oder gelben Kreis zum Start belegt. Gegen Ende lässt man sie am besten einfach ganz oben, da man sowieso nicht mehr so viele Steine aufnimmt. All das ist letztlich ein Puzzlespiel, das sehr monogam abläuft. Interaktion ist nur ganz beschränkt bei der Aufnahme der Kristalle vorhanden. Damit nicht alle von oben nach unten ihre Brücken bauen, steuert der Autor zumindest in Ansätzen dagegen, indem er sich noch einen kleinen Zusatzbonus hat einfallen lassen, für den Spieler, der in der umgekehrten Wertung die längste Reihe aufbauen konnte. Mit zwei Punkten scheint das nicht besonders lukrativ. Wer allerdings daran baut, bekommt meist zusätzlich schwarze Steine ganz nach unten und damit weitere Punkte.
Die Spielmechanik gefällt mir, dem Thema ,inklusive der sprachverschwurbelten Spielregel, kann ich nichts abgewinnen. Wer das mag, wird sicherlich auch Freude an der Gestaltung finden.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: CHAKRA
Autorin: Luka Krleža
Grafik/Design: Claire Conan
Verlag: Game Factory
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 1 - 4
Spielzeit: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 23 Euro
Spiel 44/2021
Sonntag, 23. Mai 2021
BLOCKADE
SAMMELSURIUM
Bütehorn Buchkassetten: BLOCKADE
Die Buchkassetten, die Ravensburger und Pelikan bis Mitte der 70er Jahre herausbrachten, waren wirtschaftlich nur bedingt Erfolge für die Verlage. Als beide Firmen ihre Reihen einstellten und die hannoverschen Pelikane dann bald auch ihre Spielproduktion, füllte die Lücke eine neue Firma aus dem Umfeld von Hannover. Die Bütehorn KG brachte ab 1976 wertige Buchschuber-Spiele unter dem Dach des Buchholz Verlags in Sarstedt bei Hannover heraus, hielt sich allerdings auch nur bis 1982 auf dem Markt.
Markenzeichen der Buchkassetten aus Sarstedt waren Klappdeckel und Druckknopf-Verschluss an einem Leinenanhänger. Heute ist das zwar eine Schwachstelle vieler in die Jahre gekommenen Spiele, damals war das aber eine originelle Idee. Die Reihe der mittleren Buchkassetten in den 80ern verzichtete dann schon auf diesen Verschluss und nutzte einen normalen Pappdeckel. Von diesen Ausgaben wurden mit der Insolvenz des Verlags einige von Hexagames übernommen. Der Verlag aus Dreieich nutzte die Spiele, um ein gutes Startprogramm neben dem Wirtschaftsspiel LONG SHORT zu haben.
Das Bütehorn-Programm war geprägt von großen, mittleren und kleinen Buchkassetten-Spielen. Daneben gab es einige Spiele in flachen Schachteln u.a. die damals sehr bekannten Ferienrallys. Prägend für die Programmgestaltung war Erik Grischeit als Produktmanager, er hatte vorher für Parker gearbeitet. Grischeit, der mit dem Schweizer Journalisten Walter Luc Haas befreundet war, holte bekanntere Autoren ins Programm. So kam er an DAMPFROSS, das in der Ausgabe von Schmidt Spiele 1984 Spiel des Jahres wurde. Auf der ersten Liste der Jury Spiel des Jahres 1979 waren gleich zwei Titel des Verlages vertreten. SETI bekam den ersten Sonderpreis für das schöne Spiel. Die Jury wollte damit zugleich auch den Buchholz-Verlag für sein Bemühen um besonders schön und aufwändig gestaltete Spiele würdigen. Neben SETI landete BLOCKADE von Sid Sackson auf der Auswahlliste. RÄUBER UND GENDARM von Rudi Hoffmann kam 1981 auf dem Bronzeplatz in diesem Jahr, hinter SAGALAND und FOCUS. 1982 schaffte es dann GEISTER von Alex Randolph auf die Liste der Jury.
BLOCKADE
Auf der ersten Auswahlliste für das Spiel des Jahres 1979 tauchte nicht nur der Bütehorn Verlag mit SETI und BLOCKADE doppelt auf, sondern auch Sid Sackson, der neben BLOCKADE noch für ACQUIRE gewürdigt wurde.
Ein Sackson gehörte ins Programm dieser Zeit, das galt sonst nur noch für Alex Randolph. Da machte es auch nichts, wenn die Idee völlig abstrakt daherkam, was für die Spielesammlung von BLOCKADE in ganz extremer Weise gilt. Heute wäre ein solches Produkt wahrscheinlich unverkäuflich, vor 42 Jahren kam es zu Juryweihen.
BLOCKADE ist eine Sammlung abstrakter Denkspiele. In der Schachtel stecken nur ein Plexiglas-Spielbrett mit 16 3x3 Feldern, wobei der mittlere Raum jedes Feldes mit einem Kreis markiert ist, und vier Sätze Spielsteine in vier Farben mit einem Zylinder, vier Dreiecken und sechs Quadraten. Knut Michael Wolf hat einst in den 80ern recherchiert, dass Spielbrett und Material im Grunde genommen nur Abfallprodukt eines Spiels namens REALM waren, das Philip Orbanes 1973 für Gamut of Games entwickelt hat. Sackson war schon an der Entwicklung von REALM beteiligt, die Spielideen stammten aber weitgehend von Orbanes. Als Gamut of Games größere Materialreste verkaufte, erwarb diese der US-Konzern Amway, der das Material mit sechs neuen Idee Sackson in der Spielesammlung SLY (1975) verarbeitete. Dieses Spiel ist die Vorlage für Bütehorns BLOCKADE.
Die Sammlung enthält ein Solitärspiel, zwei Zweipersonen-Spiele und drei Spiele für bis zu vier Spieler. Am stärksten ist auch aus heutiger Sicht noch das namensgebende BLOCKADE, in dem Sackson ein Zugelement aufgreift, das durchaus noch modern ist.
In BLOCKADE geht es darum, den eigenen König vom Spielfeld zu bekommen. Die Könige, die Zylinderfiguren, starten von Kreisfeldern aus. Neben der Königsfigur erhalten die beiden Kontrahenten sechs Quadrate, die Wächterfunktion übernehmen. Der gedankliche Reiz dieses Spiels besteht darin, den Weg aus dem Spielfeld mit Hilfe der Wächter so vorzubereiten, dass der König nur einmalig zieht, dann nämlich, wenn er das Spielbrett auf der gegenüberliegenden Seite verlassen kann.
Die Wächter dienen der Bewegungsänderung. Immer dann, wenn ein König auf einen eigenen oder auch gegnerischen Wächter trifft, muss er im rechten Winkel abprallen, darf sich dabei aber zwischen linker und rechter Richtung entscheiden. Spieltaktisch entscheidend ist daher, wie man die Wächter abwechselnd platziert. Anfangs werden sie nur alle eingesetzt, die Felder um die beiden Könige herum sind dabei tabu, später wenn alle sechs Plättchen im Spiel sind, dürfen diese orthogonal bewegt werden. Das passiert solange, bis ein Spieler seinen König aus dem Spielfeld herausziehen kann.
Wenn Ihnen diese Zugmechanik bekannt vorkommt, dann erinnern sie sich sicher an Spiele von Sacksons Kollege Randolph, der sie in Ideen wie RASENDE ROBOTER oder DIE VERBOTENE STADT nutzt. Allein aus diesem Grund lohnt ein Blick auf dieses alte Spiel von Sid Sackson. Die anderen Spiele sind eher traditionelle Kost, so AUFSTELLEN als VIER IN EINER REIHE-Spiel für zwei Personen oder das Solospiel ALLEIN WETTEIFERN , das nah am klassischen Sprung-SOLITAIRE ist. WELTREICH ist eine Art Schachvariante für zwei bis vier Spieler und SCHAFFE DEN SPRUNG ein Wettrennen.
Da SLY / BLOCKADE damals eine Art Recyclingprodukt war, wäre interessant zu sehen, was heutige Spieleautoren mit diesem Material und Spielbrett anfangen würden, welche Ideen sie entwickeln würden.
Titel: BLOCKADE
Autor: Sid Sackson
Grafik: o.A.
Verlag: Bütehorn
Spielerzahl: 1-4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 10 - 30 Minuten
Preis: ca. 50 DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 21 - S21/2021
Sonntag, 16. Mai 2021
SNIFF
SAMMELSURIUM
E-Serie von F.X. Schmid
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem F.X. Schmid Verlag sind die Spiele der E-Reihe. Das „E“ steht für Erwachsenenspiele, die Serie erschien in den Jahren 1973/74. Die E-Serie war die Antwort aus Prien auf die Casino-Reihe von Ravensburger und die 3M-Serie. Die Spieleschachteln ähnelten aber nur den Buchschubern von 3M. Im Grunde genommen waren es einfache Stülpschachteln mit durchaus edler Innenverkleidung.
Die am meisten gesuchten Spiele dieser Serie sind: TRADE, SAMURAI, PAGODE und SNIFF. Mit LASKA hatte der Verlag einen Klassiker im Programm, der von einem ehemaligen Schachweltmeister stammte.
Die Firma war älter als Ravensburger. Franz Xaver Schmidt gründete den Verlag 1860 in München. Anfangs wurden nur Spielwaren und Karten produziert, nach dem Zweiten Weltkrieg, das Unternehmen war inzwischen in Prien am Chiemsee ansässig, kamen auch Brettspiele und Puzzles dazu. 1997 übernahm Ravensburger die Firma, labelte bis 2000 noch Produkte unter FX, stellte dann aber die Spiele ein.
SNIFF
Eugen Oker hat wie für Pelikan und teilweise 3M ebenfalls die Regeln für die E-Serie aufbereitet, so auch für SNIFF. Hier schreibt er zwar keine Vorgeschichten, liefert aber eine blumige Einstimmung in die Spielidee.
Er erinnert an das klassische SCHIFFE VERSENKEN, das er SEESCHLACHT nennt und spricht vom „erregenden Erlebnis des Verbergens eigener Flotten.“ Mark Berger habe sich mit SNIFF „gewissermaßen eine SEESCHLACHT für Landratten“ ausgedacht.
In SNIFF gehen zwei Detektive auf Schatzsuche. Sie bewegen sich dabei in einem für sie unsichtbaren Labyrinth, sozusagen mit Augenbinde, das der Gegner vorher entworfen hat.
Das geschieht doppelseitig, so dass wie beim SCHIFFE VERSENKEN wechselseitig gezogen wird, bis es heißt „Treffer – versenkt!“.
Im Grundspiel bekommt jeder ein Spielbrett mit doppelten 5x5 Feldern, zusätzlich 20 eigene und gegnerische Mauersteine, einen eigenen und gegnerischen Detektiv sowie zwei Schätze. Die doppelte Bestückung dient der eigenen Labyrinthgestaltung und der Buchführung bei der Suche nach dem versteckten Schatz des Gegners.
Eine Sichtblende verhindert den Einblick in den Aufbau des Labyrinths und das Schatzversteck. Sämtliche Mauern müssen verbaut werden, der Zugang zum Schatz muss aber über einen Grenzstreifen zwischen beiden Feldern zugänglich sein. Dort patrouillieren anfangs die beiden Sherlocks.
Der Ablauf entspricht im Folgenden exakt dem vom SCHIFFE VERSENKEN, wechselseitig nennen die Spieler Koordinaten und erfahren, ob der Weg frei ist oder durch eine Mauer versperrt wird. Meldet der Gegenspieler „freie Bahn“, darf sich der Detektiv auf den Weg ins gegnerische Labyrinth machen und bekommt einen zweiten Zug. Gezogen wird nur orthogonal und nicht diagonal, bis ein Spieler als erster den Schatz des Gegners erreicht.
Beachtlich für die frühen 70er Jahre sind die vielen Spielvarianten, die Berger mitliefert. Da gibt es die Galopp-Partie, in der nach dem ersten Wiederholungszug nicht Schluss ist, sondern erst, wenn ein Spieler auf eine Mauer trifft. In der Non-Stop-Partie wird der gefundene Schatz gleich wieder versteckt, bis ein Spieler fünf Punkte erreicht hat oder einen Punktabstand von zwei Punkten zum Gegner. Die Warm-Heiß-Variante liefert Informationen zur Nähe zum Schatz, auch Blindpartien schlägt Berger vor. Schließlich gibt es noch eine spezielle Variation mit Hunden und Wassergräben. Wer ins Wasser fällt, muss wieder von der Grenzlinie starten. Wer vom Hund angefallen wird, verliert automatisch. Zum Glück machen sich die Hunde vorher durch Knurren bemerkbar.
Auch wenn wir hier nur eine Variante vom SCHIFFE VERSENKEN vorliegen haben, Bergers reduzierte Idee auf dem kleinen 5x5 Feld funktioniert gut und bekommt Tiefe durch allein acht Varianten. Ohne Autorennennung hat MB drei Jahre später Bergers Idee als IRRGARTEN veröffentlicht, nur das Spielfeld war mit 6x6 Feldern etwas größer. Die Idee greift 1987 Edith Grein-Böttcher noch einmal in einer Schatzsuche in einer Pyramide auf, diesmal auf 7x7 Feldern. Ihr bei Ravensburger erschienenes SPHINX nennt aber immerhin Mark Berger als ursprünglichen Autor.
Grafisch gefällt das angedeutete Sherlock-Cover auch heute noch. Nur etwas textlastig kommt die Frontseite daher. Der farbliche Kontrast der Rückseite ist voll daneben. Drinnen steckt überwiegend Plastik, gut gelagert im samtigen Inlett allerdings. Irritierend ist aus heutiger Sicht, dass die Figurenform für Schätze, Detektive und Hunde völlig identisch bleibt und sich nur farblich unterscheidet. Mark Berger wird als Autor nicht nur auf dem Cover erwähnt, absolut keine Selbstverständlichkeit für die 70er Jahre, sondern landet zusätzlich noch mit einer Namenserwähnung auf den Sichtschirmen. Berger hat neben SNIFF noch das Spiel CRISS CROSS in der E-Serie für F.X. Schmid veröffentlicht.
Titel: SNIFF
Autor: Mark Berger
Grafik: o.A.
Verlag: F.X. Schmid
Spielerzahl: 2
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 60 DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 20 - S20/2021
Freitag, 14. Mai 2021
UFO BOOM
UFO BOOM
Der Hamburger Lehrer Tom Schoeps veröffentlicht seit Ende der 80er Jahre Spiele. Sein erster Erfolg war 1988 RONDA MAGICA bei Kosmos, mit dem Spiel STERNENHIMMEL (Goldsieber) landete er 1995 auf dem dritten Platz beim Deutschen Spielepreis. Aktuell bewegt er sich mit UFO BOOM von Logis genau in der Sphäre dieser alten Ideen, einerseits thematisch und auf der anderen Seite mechanisch, alles aber auf die Ebene eines Kinderspiels heruntergebrochen.
In Schoeps Universum ist Chaos ausgebrochen. Ein Ufo ist abgestürzt und sieben Aliens wuseln völlig durcheinandergewirbelt im interstellaren Raum herum. Dabei gibt es Wichtiges zu besprechen, da wollen Ei- und Kraken-Alien die Reparatur des Ufos erörtern. Sie sind aber im Raum durch einen Kometen und vier weite Felder voneinander getrennt. Dein Nachbar will dagegen Wurm- und Ei-Alien zusammenführen, was die Ei-Kreatur aber von dem Krakenwesen wegführen würde.
Jeder Spieler hat eine solche Zielkarte offen vor sich liegen. Die Aliens schweben in einer ovalen Kreisbahn mit zehn Feldern im All. Zentral stehen ihnen vier mittlere Felder für Austauschbewegungen zur Verfügung. Fünf Kometen stellen Bewegungssperren in diesen Bereichen dar, zusätzlich stört ein Schwarzes Loch, das nicht betreten werden darf. Bewegungstechnisch setzt Schoeps auf einen Würfel, der einen oder zwei Bewegungsschritte für die Aliens bringt, die beim Doppelschritt auch auf zwei Aliens aufgeteilt werden können, zusätzlich lassen jeweils zwei Würfelseiten das Verschieben einer Kometensperre zu und das des Schwarzen Loches.
Wer es schafft, die Bedingungen seiner Karte zu erfüllen, bekommt eine neue Aufgabe. Gewinner ist der Spieler, der zuerst fünf solche Treffen organisiert.
In meinen Runden mit zwei achtjährigen Kindern, kam häufiger die oben beschriebene Zieldoppelung auf, die zu einem Hin-und-Her-Gezerre führt. Da wünschten sich die Kinder auch eine Bewegung über drei Felder durch den Würfel. Tjaard schlug vor, das Ganze kooperativ zu spielen. Keine schlechte Idee, wenn man beispielsweise der Gruppe vorgibt, sie müssen mit 20 Würfelwürfen so viele Aufgabenkarten wie möglich erfüllen. Wir haben inzwischen eine Würfelseite auf drei Punkte ergänzt, da spielt es sich gleich fluffiger und UFO BOOM auch schon kooperativ versucht. Dabei hat sich dann aber doch herausgestellt, dass man gemeinsam die Hindernisse beiseiteschiebt, um nur noch Treffen zu arrangieren. Dann ist ein Ergebnis mit 14 Karten bei 20 Würfen gar nicht schwer. Kooperativ funktioniert UFO BOOM wahrscheinlich nur mit festen Hindernissen oder geregelten Wanderbewegungen der Sterne und des Schwarzen Loches.
Um komplexere Konstellationen ging es in RONDA MAGICA vor 33 Jahren, die nun heruntergebrochene Spielidee überzeugt durch den Würfeleinsatz nicht ganz. Wer häufig eine „1“ würfelt, wird nichts zustande bringen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: UFO BOOM
Autor: Tom Schoeps
Grafik/Design: Gediminas Akelaitis
Verlag: LOGIS
Alter: ab 6 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 15-25 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 35/2021
Donnerstag, 13. Mai 2021
SCHNECKENSLALOM
SCHNECKENSLALOM
Schnecken gehören zu den Lieblingstieren von Spieleautoren, wenn es um Wettläufe im Tierreich geht, da kann sich sogar der Hase hinter dem Igel verstecken. Ich weiß nicht, woran es liegt, dass diese extrem langsamen Tiere immer wieder durch Würfel, Karten oder andere Dinge zum Laufen gebracht werden, vermute aber, dass Kindheitserinnerungen da eine Rolle spielen. Wer hat nicht einst in echt solche Rennen mit den Nachbarkindern ausgetragen und Bonbons oder Murmeln wettend eingesetzt?
Wie das bei Violetta Leitner und Thomas Daum ist, weiß ich nicht. Das Duo aus dem Raum München ist aber schon elf Jahre kreativ unterwegs. Schon mit ihrem Spieleerstling, MEIN MÄUSCHEN-FARBSPIEL (Ravensburger 2010), landeten sie auf der Empfehlungsliste für das Kinderspiel des Jahres. Noch erfolgreicher waren sie dann mit ihrer nächsten Idee bei Drei Magier, DIE KLEINEN ZAUBER LEHRLINGE wurden 2011 sogar zum Kinderspiel des Jahres nominiert. Mit Bild und kurzem Text werden die beiden vorbildlich in der Spielregel zu ihrem SCHNECKENSLALOM von Pegasus einleitend vorgestellt. Dort erfahren wir auch, dass Thomas der Ideenlieferant sei und Violetta die Dinge „zum Laufen bringe“.
Zwar nicht zum Laufen, aber zum Kriechen müssen drei bis fünf Kinder die vier Schnecken in ihrem Spiel bringen und das mit durchaus ungewöhnlicher Steuerung. Daum&Leitner gehen erst einmal von hungrigen Bauchfüßern aus, ihnen knurrt der Magen und schon sprinten sie durch stacheliges Unkraut hin zu den Salatfeldern an der Pfingstweide in Friedberg.
Unsere Rennschnecken, keine randolphschen Holzschnecken, aber immerhin welche mit hölzerner Basis, sehen die noch umgedrehte Zielkarte mit eventuell einem Salat in nicht allzu großer Entfernung vor sich. Auf den Weg dorthin stören aber drei Unkrautpflanzen. Nachdem ein Schiedsrichter bestimmt ist, kann das Rennen starten, es sei denn, eine Gärtnerkarte wird aufgedeckt, die stets Ärger bringt. Derjenige, der zuletzt einen Salat bekommen hat, muss diesen an den ärmsten Spieler abgeben. Wird kein Gärtner aufgedeckt, der immerhin bei jeder fünften Karte theoretisch auftaucht, ist man immer noch nicht ganz sicher im Rennen. Auf 20 der 24 Salatkarten findet sich eine Karoschnecke, die keiner Farbe zugeordnet wird, damit fehlt aber eine der sonst üblichen vier Farben und diese Schnecke darf nicht mitmachen.
In allen anderen Fällen geht’s nun los. Es kommt nun nicht zu einem Wettwürfeln, sondern geht ganz simpel um geschickte Steuerung der Schnecken. Dazu muss die eigene Schnecke mit Hilfe eines Stäbchens um die Unkräuter gelenkt werden, um dann als erste an die Salatkarte zu gelangen. Berühren des Unkrauts, Umkippen der Schnecke sorgen für ein Ausscheiden aus dem Wettkampf. Dafür bedarf es des Schiedsrichters, denn so nebenbei können das die anderen bei ihrer eigenen Konzentration nicht kontrollieren. Sobald einer fünf Karten gewinnt, endet das Spiel.
Die Geschicklichkeitsidee in ein Schneckenrennen mit einzubauen, macht Sinn, das hatten die Erwachsenen schon, als sie bei CARABANDE schnipsen durften. Was mich stört am SCHNECKENSLALOM, sind die Ausschlussregeln. Einerseits brauchen wir den Schiedsrichter, der ein Spiel zu zweit unmöglich macht, andererseits sorgen die Karoschnecken zusätzlich noch für eine Reduzierung. Die Autoren wollten hier noch eine Prise genaues Beobachten beisteuern, die aber in Partien zu dritt dazu führt, dass gar kein Rennen stattfinden muss, da nur noch eine Schnecke aktiv laufen darf. Das wirkt unausgegoren.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: SCHNECKENSLALOM
Autoren: Violetta Leitner, Thomas Daum
Grafik/Design: Anne Pätzke
Verlag: Pegasus
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 3 - 5
Spielzeit: ca. 15-20 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 34/2021
Mittwoch, 12. Mai 2021
POINT UP
POINT UP
POINT UP von Katrin Abfalter war nicht unbedingt ein Fingerzeig im 2020er Programm von Schmidt Spiele, bediente es doch das übliche Genre der schnellen Beobachtungsspiele á la DOBBLE. Meine Enkelkinder ziehen es im Augenblick aber der identischen Bildersuche von DOBBLE vor, was vielleicht an den gefräßigen Figuren liegt. PAC MAN sagt ihnen zwar nichts mehr, aber daran erinnern die kleinen Schmatzer , die wir im 3x3- oder 4x4-Raster vor uns haben.
Das Ganze steckt wie das französische Vorbild in einer runden Dose im dunklen Tiefblau, fast an Nivea erinnernd. Schmidt spendiert dem Spiel noch eine Umverpackung für die Regale im Handel, die kann man aber sofort entsorgen, weil selbst die Spielregel in der Dose steckt. Mit 100 Karten bietet Abfalters Spiel fast doppelt so viele Aufgaben wie DOBBLE an, allerdings macht eine Vorsortierung schon Sinn und wird auch empfohlen. Starten sollte man im kleinen Raster, bevor man zu den 16 Symbolen kommt. Wer will, mischt jeweils noch Karten mit unterschiedlich großen Pacman-Kreisen dazu, die es für beide Mengen gibt, die dienen letztlich der zusätzlichen Verwirrung.
In POINT UP sucht man nicht identische Symbole, sondern folgt Aufgaben, die die Rückseiten der nächsten Karten vorgeben. Das kann ganz einfach die häufigste Farbe sein, auf die es zu zeigen gilt. Schwieriger sind die Aufgaben, die sich auf die Pacman-Figuren beziehen. Da wird zum Beispiel gefragt, welche Figur von keiner anderen angesehen wird oder welche sogar doppelt Blicke einfängt. Die Beziehungen müssen nicht nur orthogonal, sondern auch vertikal mit in den Blick genommen werden, was für Kinder schon im kleinen Raster eine recht hohe Anforderung darstellt und ziemlich schwierig im 4x4-Raster wird.
Gespielt wird, bis der ausgewählte Kartenstapel verteilt ist. Wer am Ende die meisten Karten besitzt, gewinnt POINT UP nach etwa 15 Minuten.
Das Spielprinzip funktioniert wie bei DOBBLE auch hier sehr gut. Die Beobachtungsaufgabe ist bis auf die Farbmehrheit anspruchsvoll und sogar für Erwachsene mit 16 Pacmans nicht einfach zu lösen. POINT UP von Katrin Abfalter, die vor drei Jahren für das Stipendium für Nachwuchsautoren während des Autorentreffens in Göttingen nominiert war, ist ein gelungenes Reaktions- und Konzentrationsspiel, das mit großen Vorbildern durchaus mithalten kann.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: POINT UP
Autor: Katrin Abfalter
Grafik/Design: VISID GmbH
Verlag: Schmidt Spiele
Alter: ab 6 Jahren
Spielerzahl: 2 - 6
Spielzeit: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 33/2021
Freitag, 7. Mai 2021
LANG LEBE DER KÖNIG
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
LANG LEBE DER KÖNIG!
Der Newcomer Günter Burkhardt, ein Lehrerkollege aus Baden-Württemberg, freut sich aktuell über drei Erstveröffentlichungen auf einen Schlag. Im Verlag Goldsieber konnte er sein Kartenspiel MANITOU unterbringen und F.X. Schmid veröffentlicht mit LANG LEBE DER KÖNIG und BÜRO CRAZY gleich zwei seiner Ideen.
Mit LANG LEBE DER KÖNIG! tritt der 36jährige Autor im Prinzip gegen einen Granden an, nämlich Wolfgang Kramer, der mit EL GRANDE im letzten Jahr das Spiel des Jahres gewann. Bei Burkhardt sind es keine spanischen Provinzen, sondern 13 englische Grafschaften. Drei bis fünf Spieler wollen am Ende den König von England stellen.
Barone, die Herrschaftsanwärter, starten mit zwei Gefolgsleuten, die sie möglichst schnell vermehren wollen. Dazu breiten sie sich aus und geraten in diplomatische Geplänkel mit den Gegnern. Das machen alle mit Hilfe von Karten und Würfeln mit dem entsprechenden Glücksanteil. Sobald ein Spieler seine 20 Einflusskarten aufgebraucht hat, kommt es zur Königswahl. Erreicht ein Spieler 19 oder 20 Stimmen, endet das Spiel, sonst tritt das Ganze in Wiederholungsrunden ein, die gar nicht so selten sind.
LANG LEBE DER KÖNIG! hat eher etwas von RISIKO als von EL GRANDE, wobei der Karten-Würfel-Mechanismus schon etwas Neues bietet. In den Duellen wählen die Beteiligten bis zu maximal fünf Ihrer Karten und würfeln entsprechend viele Würfel. Jeder Karte mit einfachem, doppeltem oder dreifachem Wert wird dann ein Würfel zugeordnet und multipliziert. Der Spieler mit der höchsten Gesamtsumme besetzt dann das Gebiet, das ihm Stimmen für die Wahl bringt. Als strategisch kann man LANG LEBE DER KÖNIG! nicht bezeichnen, da spielt das Glück dann doch eine zu große Rolle. Regeltechnisch verwundert ist man auch über die Setzung, dass an den Auseinandersetzungen um die Grafschaften nicht nur dort stehende Adlige und Gefolgsleute kämpfen, sondern alle beteiligt sind.
Deutlich leichtere Kost als Kramer in EL GRANDE bietet uns Günter Burkhardt hier mit seinem Spieleerstling an. Für Familien geeignet, aber nicht für jüngere Kinder.
Titel: LANG LEBE DER KÖNIG
Autor: Günter Burkhardt
Grafik: Franz Vohwinkel
Verlag: F.X. Schmid
Spielerzahl: 3-5
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 39.- DM
Spiel 20/1997 R78/2021
Die Rezension erschien 1997 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der Realschullehrer Günter Burkhardt startete 1997 als 36jähriger zu Beginn gleich richtig durch. Er durfte sich nicht nur über MANITOU freuen, sondern hatte mit LANG LEBE DER KÖNIG und BÜRO CRAZY (beide F.X. Schmid) gleich zwei weitere Spiele in seinem Erstveröffentlichungsprogramm. BGG verzeichnet vorher noch Eigenpublikationen wie die QUASSELSTRIPPE (1994) und DAS LIEBLINGSSPIEL DES ADAM RIESE (1996).
MANITOU gefiel nicht nur den Juroren von Spiel des Jahres, es erreichte den fünften Platz beim Kartenspielpreis der Fairplay und den zehnten beim Deutschen Spielepreis. Im Jahresrhythmus folgten mindestens zwei bis drei weitere Veröffentlichungen. Mit KUPFERKESSEL (Goldsieber) landete er 2002 erneut auf der Auswahlliste der Jury, gewann den österreichischen Titel Spiele Hit für Zwei und erreichte den achten Platz des Kartenspielpreises der Fairplay. Die Spiele MAORI (Hans im Glück, 2009) und POTATO MAN (Zoch, 2014) kamen auf die Empfehlungsliste der Jury Spiel des Jahres.
Beim Kartenspielpreis der Fairplay war er noch erfolgreicher, sein VOLLTREFFER (Berliner Spielkarten) gelangte 2000 auf den vierten Platz und mit VOM KAP BIS KAIRO (Adlung Spiele) erreichte er 2002 den ersten Platz.
Sein bisher größter Erfolg im Team mit seiner Tochter Lena war 2018 die Auszeichnung mit dem Kinderspiel des Jahres für FUNKELSCHATZ.
Von seinem Lehrerberuf hat er sich schon vor einiger Zeit beurlauben lassen. Er arbeitet inzwischen hauptberuflich als Spieleautor, engagiert sich in seiner Heimat in der Nähe von Bad Ditzenbach im Sportverein und ist für Die Grünen im Gemeinderat.
Das Bild zeigt Günter Burkhardt 1996 beim Hippodice Wettbewerb in Bochum.
Donnerstag, 6. Mai 2021
DIE VERBOTENE STADT
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Ganz schön teuer: DIE VERBOTENE STADT
Im letzten Jahr trat der Grafikdesigner Thomas Fackler in Göttingen auf und bot seine ABTEI DER WANDERNDEN BÜCHER in Einzelfertigung für 820 DM an. Die Spielwelt schüttelte den Kopf, ob des Preises, war aber von der Fertigungsqualität des Spieles durchaus angetan, so dass Fackler schon einige Vorbestellungen erhalten hat. Dieses Kratzen an Preisgrenzen setzt ganz aktuell der Branchenriese aus Ravensburg fort und wirbt mit einem Familienspiel weit jenseits der Preisgrenze von 60 DM. Das sollte verboten werden, was uns Ravensburger mit DIE VERBOTENE STADT zumutet.
Entwickelt haben DIE VERBOTENE STADT zwei bekannte Gesichter der Spieleszene Alex Randolph, der mit SAGALAND 1982 das Spiel des Jahres gewann und Johann Rüttinger, der im gleichen Jahr mit VOKABO auf der Auswahlliste der Jury stand und 1985 für DIE DREI MAGIER den Sonderpreis „das schöne Spiel“ erhielt. Von der grafischen Gestaltung bis zu den großen gedrechselten Spielfiguren war das schon ein ganz besonderes Spiel, das nicht einmal die Hälfte des Ravensburger Spiels kostete.
Immerhin sind mit 25 Holzchinesen auch eine Menge Figuren in der großen Spieleschachtel. Die Montage der Figuren ergibt jeweils fünf Körper in den Farben rot, gelb, blau, grün und schwarz mit unterschiedlichen Hütchen in eben diesen Farben. In einer Diebstahlgeschichte spielen sie eine wichtige Rolle. Im Reich der Mitte scheint die Macht des Kaisers auf dem absteigenden Ast. Hofbeamte scheuen nicht einmal davor zurück, seine Prunkgewänder zu stehlen. Damit ist das Spielziel für Randolphs und Rüttingers Spiel definiert: Die Kleider müssen wieder her.
Im Zentrum der VERBOTENEn STADT stehen am Anfang alle 25 Hofbeamten herum. Im Randbereich sind die Gewänder in Pavillons versteckt, jeweils Hut, Mantel und Hose in gemischter Reihenfolge. Jeder Spieler bekommt eine Bestechungstafel, mit der sowohl die Hutfarbe als auch der Körper eines Hofbeamten genau eingestellt werden kann.
Erst einmal bestimmt ein achtseitiger Würfel, welches der erste Zielpavillon wird. Die Bewegung der Figuren ist anfangs gewöhnungsbedürftig. Unabhängig von dem eingestellten Beamten, darf jeder jede Figur bewegen, allerdings muss der gewählte Beamte zumindest in der Anfangsphase letztendlich zum Zielpavillon geführt werden. Die Figuren werden stets orthogonal bewegt, bis sie auf ein Hindernis stoßen, dort darf der Spieler seinen Zug beenden, aber auch rechtwinklig abknickend weiterziehen bis zum nächsten Hindernis. Nur in einer Sackgasse, von der es einige auf dem Plan gibt, ist Schluss. Ist ein Zug beendet, entscheidet ein Schicksalswürfel darüber, ob es noch eine zweite, dritte oder gar vierte Zugrunde gibt. Nur wenn ein schwarzer Punkt gewürfelt wird, ist Schluss. Auf dem ersten Würfel gibt es nur einen solchen Punkt, auf dem zweiten schon auf jeder zweiten Seite und zum Schluss sind es gar fünf schwarze Punkte. Ärgerlich sind zusätzliche Sondersymbole auf den Würfeln, dadurch wird häufig die Planung zunichte gemacht, da der Zielpavillon geändert wird. Das Drachensymbol erlaubt sogar das Stehlen mühsam erworbener Kleider.
Wird ein Zielpavillon erreicht, bekommt der Spieler die oberste Gewänderkarte, sein Hofbeamter wird zusätzlich auf die Terrasse verbannt. Der Spieler stellt dann eine neue Kombination auf seiner Bestechungstafel ein. Sollte ein anderer Spieler ebenfalls den bestochenen Hofbeamten eingestellt haben, der im Pavillon angelangt ist, erhält er die Kleidung und nicht derjenige, der den Beamten geführt hat.
Ab dem Zeitpunkt, zu dem mindestens zwei Spieler eine Kleidungskarte besitzen, kommt ein zusätzliches Bluffelement ins Spiel. Wenn nun ein Beamter im Zielpavillon ist, deckt der Spieler seine Bestechungskarte nicht auf, sondern fragt in die Runde, ob sie ihm glaube. Wer blufft und damit durchkommt, ist sofort noch einmal am Zug. Wer falsch anzweifelt, verliert eine Karte an den Gegner. Wenn der Bluff misslingt, bekommt der Zweifler die Karte aus dem Pavillon und eine zweite vom Schummler.
Sobald zehn Spielfiguren auf die Terrasse verbannt sind, beschleunigt sich das Spiel . Ab sofort bekommt jeder sämtliche Gewänder, die noch im Pavillon herumliegen. Mit der 15. Spielfigur auf der Terrasse ist dann Schluss. Eine einzelne Gewänderkarte bringt nur einen Punkt, zwei Karten einer Farbe immerhin vier Punkte. Ein vollständiger Kleidungssatz in unterschiedlichen Farben bringt sechs Punkte und schließlich bringt der Straight-Flush in diesem Spiel, die drei Gewänderkarten in einer Farbe , zehn Punkte.
Das Raffinierte an DIE VERBOTENE STADT ist der taktische Zugmechanismus, der im Fortgang des Spiels durch den Blufffaktor unterstützt wird. Gejubelt wird häufiger, wenn ein Bluff gelingt oder wieder einmal ein Gegner die eigene Figur ins Ziel führt. Gerade das Bluffen macht aber so richtig erst mit drei oder viel Spielern Spaß, da lässt der Spielreiz zu zweit eher nach. Vom Grundansatz haben Rüttinger und Randolph auf einen Bewegungswürfel verzichtet, aber leider nicht auf den Glücksfaktor. Die Zufälligkeit beim Klauen von Karten stört den Spielablauf schon gewaltig.
Insgesamt ein interessantes Spielkonzept mit schönem Material, dessen Anschaffung aber eindeutig zu teuer kommt.
Titel: DIE VERBOTENE STADT
Autor: Alex Randolph, Johann Rüttinger
Grafik: Johann Rüttinger, Ulrich Lichthardt
Verlag: Ravensburger
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 45-60 Minuten
Preis: ca. 85.- DM
Spiel 7/1992 R77/2021
Die Rezension erschien 1992
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Alex Randolph war der Kosmopolit unter den Spieleautoren. 1922 in Böhmen geboren. Seine Mutter stammte aus Colorado, sein Vater war Russe. Schon als Kind lebte er mehrere Jahre in Venedig, bevor er als Zehnjähriger in ein Schweizer Internat geschickt wurde. Ein Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg ging die Familie zurück in die USA. Während des Krieges arbeitete er am Entschlüsseln feindlicher Codes.
Nach dem Krieg lebte er als Werbetexter und Romancier in Boston, bevor er 1961 mit Pentomino-Steinen sein erstes Spiel veröffentlichte. Randolph siedelte dann nach Wien um, spielte dort im Café Hawelka TWIXT mit Herbert Feuerstein, das bald als 3M-Spiel in einer edlen Buchschuberausgabe erschien und ihm einen mehrjährigen Aufenthalt in Japan finanzierte. Mitte der 70er Jahre fand der Spieleautor nach Venedig zurück, wo er 2004 starb.
Anfangs entwickelte er, inspiriert durch die Japanreise, hauptsächlich taktische Spiele für zwei, wie EVADE, BUFFALO und GEISTER. In den 80er Jahren erfand er erfolgreich viele Familienspiele wie SAGALAND, „Spiel des Jahres“ 1981, das er zusammen mit seinem engen Freund Michael Matschoss entwickelte, der sich inzwischen um sein spielerisches Erbe kümmert. Es blieb zwar sein einziges „Spiel des Jahres“, für GUTE FREUNDE (1989) gewann er den ersten Sonderpreis „Kinderspiel“, was er mit LEINEN LOS! 1997 noch einmal wiederholte. INKOGNITO (1988) und VENICE CONNECTION (1996) bescherten ihm den Sonderpreis „Schönes Spiel“.
In den 90er Jahren arbeitete Randolph eng mit Johann Rüttinger zusammen. Hierbei entstand auch DIE VERBOTENE STADT. Vorher hatten sie beide schon TWIDDELDUM bei Noris veröffentlicht. Rüttinger war in den 80er Jahren erfolgreich als Autor und Grafiker für Noris und hat für den Verlag viele Auszeichnungen eingefahren (vgl. Text).
1994 gründeten er und seine Frau Kathi Kappler den Spieleverlag Drei Magier Spiele, der viele Spiele von Randolph veröffentlichte, so VENNICE CONNECTION, das 1996 den Sonderpreis der Jury Spiel des Jahres für das „Schöne Spiel“ erhielt. 2004 bekam der Verlag für Michelle Schanens GEISTERTREPPE den Titel für das Kinderspiel des Jahres. 2008 übernahm der bisherige Vertriebspartner Schmidt Spiele, die Marke Drei Magier. Kappler und Rüttinger gründeten mit Drei Hasen in der Abendsonne einen neuen Verlag, der zuerst nur Bücher veröffentlichte, darunter das lesenswerte Buch Randolphs „Die Sonnenseite. Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders“, später aber auch wieder Spiele herausgab. Darunter wieder viele, die von der Kinderjury und Spiel des Jahres Jury empfohlen wurden.
DIE VERBOTENE STADT würdigte die Jury Spiel des Jahres 1992 auf ihrer Empfehlungsliste. Das Bewegungsprinzip tauchte dann später in Randolphs RASENDE ROBOTER wieder auf.
Mittwoch, 5. Mai 2021
HALUNKEN UND SPELUNKEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
HALUNKEN UND SPELUNKEN
Im 18. Jahrhundert beherrschte England die Weltmeere. Gute Matrosen waren Mangelware, so dass oft zwielichtige Gestalten angeheuert wurden. Thematisch sind wir damit schon mitten im neuen Kosmos-Familienspiel HALUNKEN UND SPELUNKEN, in dem zwei bis vier Kapitäne möglichst gute Schiffsmannschaften in den Spelunken einer anrüchigen Hafengegend anwerben müssen. 14 Kneipen, die kreisförmig auf dem Spielplan um ein Hafenbecken angeordnet sind, gilt es, nach geeigneten Matrosen abzusuchen.
Besonders reizvoll ist dieses Spiels von Alex Randolph durch seinen Bewegungsmechanismus. Hier wird nicht gewürfelt, sondern jeder Spieler darf seine Zugweite über acht Bewegungskarten festlegen. Mit diesen Karten lassen sich gezielt Spelunken ansteuern, um eine möglichst hochwertige Matrosenkarte zu ergattern. Vorwärts bewegen dürfen sich die Spieler aber nur dann, wenn kein Mitspieler die gleiche Karte gewählt hat. Genaue Beobachtung der Spielsituation, Einschätzung von Mitspielerreaktionen sind hier gefragt und machen einen großen Teil der Spielspannung aus. Eine besondere Rolle spielt die „Black Jack-Figur“, die in jeder Spielrunde ersteigert werden kann und unter anderem dazu dient, Mitspielern Matrosenkarten zu rauben.
Sind die acht Bewegungskarten gespielt, ist ein Spiel nach etwa zwanzig Minuten beendet. Der Spieler mit der wertvollsten Mannschaft gewinnt die Spielrunde. HALUNKEN UND SPELUNKEN ist damit ein sehr schnelles, durchaus vielschichtiges Familienspiel mit Wiederspielwert, an dem sich Kinder ab acht Jahren problemlos beteiligen können.
Titel: HALUNKEN UND SPELUNKEN
Autor: Alex Randolph
Grafik: Claus Stephan
Verlag: Kosmos
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 39.- DM
Spiel 19/1997 R76/2021
Die Rezension erschien 1997 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Alex Randolph war der Kosmopolit unter den Spieleautoren. 1922 in Böhmen geboren. Seine Mutter stammte aus Colorado, sein Vater war Russe. Schon als Kind lebte er mehrere Jahre in Venedig, bevor er als Zehnjähriger in ein Schweizer Internat geschickt wurde. Ein Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg ging die Familie zurück in die USA. Während des Krieges arbeitete er am Entschlüsseln feindlicher Codes.
Nach dem Krieg lebte er als Werbetexter und Romancier in Boston, bevor er 1961 mit Pentomino-Steinen sein erstes Spiel veröffentlichte. Randolph siedelte dann nach Wien um, spielte dort im Café Hawelka TWIXT mit Herbert Feuerstein, das bald als 3M-Spiel in einer edlen Buchschuberausgabe erschien und ihm einen mehrjährigen Aufenthalt in Japan finanzierte. Mitte der 70er Jahre fand der Spieleautor nach Venedig zurück, wo er 2004 starb.
Anfangs entwickelte er, inspiriert durch die Japanreise, hauptsächlich taktische Spiele für zwei, wie EVADE, BUFFALO und GEISTER. In den 80er Jahren erfand er erfolgreich viele Familienspiele wie SAGALAND, „Spiel des Jahres“ 1981, das er zusammen mit seinem engen Freund Michael Matschoss entwickelte, der sich inzwischen um sein spielerisches Erbe kümmert. Es blieb zwar sein einziges „Spiel des Jahres“, für GUTE FREUNDE (1989) gewann er den ersten Sonderpreis „Kinderspiel“, was er mit LEINEN LOS! 1997 noch einmal wiederholte. INKOGNITO (1988) und VENICE CONNECTION (1996) bescherten ihm den Sonderpreis „Schönes Spiel“.
In den 90er Jahren arbeitete Randolph eng mit Johann Rüttinger zusammen. Posthum veröffentlichten Rüttinger und Kathi Kappler 2012 das lesenswerte Buch Randolphs „Die Sonnenseite. Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders“.
In seinem 68. Lebensjahr wird der Philosoph unter den Spieleautoren mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet, außerdem erhält er 1992 einen Sonderpreis für sein Lebenswerk beim Deutschen Spielepreis. Randolph gilt neben Sid Sackson als einer der ersten Spieleautoren, der seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. Er hat schon in den 70er Jahren dafür gesorgt, dass Autorennamen auf den Schachteln auftauchten.
HALUNKEN UND SPELUNKEN gehört zu den eher unbeachteten Spielen des Autors. Mit einer BGG-Wertung von 5,6 und einer Platzierung über 10.000 (Platz 14531, Stand 02.05.21) ist es heute in Vergessenheit geraten.
Das Bild zeigt Randolph auf dem Autorentreffen 1995 in Göttingen.
(Seite 1 von 1, insgesamt 10 Einträge)