Donnerstag, 26. August 2021
DAS WALDSCHATTENSPIEL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010DAS WALDSCHATTENSPIEL
DAS WALDSCHATTENSPIEL
Spiele im Dunkeln gibt es nicht viele. das wohl älteste ist seit über 20 Jahren auf dem Markt, DAS WALDSCHATTENSPIEL, das der ehemalige Waldorflehrer Walter Kraul seit 1985 im Eigenverlag anbietet. Spiele mit den Elementen Erde, Wasser, Luft und Feuer für Kinder wollte Kraul in seinem Verlag anbieten. Am Anfang schien es ihm fast unmöglich, das Feuer als Kraftquelle für Spielzeug zu nutzen, doch dann hatte er die Idee zu einem Spiel mit Licht und Schatten, in dem die Spieler in die Schattenwelt eintauchen oder das Licht suchen.
In beiden Versionen des WALDSCHATTENSPIELs spielt ein Teelicht die entscheidende Rolle. Zehn unterschiedlich große Holztannen werden auf dem Spielbrett verteilt. Auf der einen Seite startet ein „Lichtführer“, ein Spieler, der mit einem Schieber das Teelicht im Wald bewegt, auf der anderen Seite verstecken sich bis zu sieben kleine lichtscheue Zwerge im Schatten der Bäume. Sind die Vorbereitungen getroffen, gilt auch hier: Licht aus! Der Wald in Krauls Spiel wirft gespenstische Schatten. Im Schutz der Baumschatten huschen die Zwerge hin und her und versuchen, sich alle unter einem Baum zu treffen; das Licht versucht alle Zwerge zu bannen. Fällt während der ausgewürfelten Bewegung des Teelichts der Lichtstrahl auf einen Zwerg, ist dieser verzaubert und darf erst wieder bewegt werden, wenn ein anderer Zwerg es schafft, ihn zu erreichen.
In der zweiten Variante geht es umgekehrt zu. Das Licht bleibt in der Mitte stehen, die Kinder müssen diesmal würfelnd im Schein des Lichts durch den Wald laufen und am Ende über das Feuer springen. Wer dabei von einem Baumschatten getroffen wird, gilt wieder als gebannt. Erlöst werden kann er nur durch einen Mitspieler, wenn dieser es schafft, mit Hilfe des reflektierenden Schiebers Licht ins Dunkel zu spiegeln. Gewonnen haben die Kinder nur, wenn sie alle die Waldrunde geschafft haben. Beide Spiele sind erkennbare Produkte der frühen kooperativen Ideen der 80er Jahre. Die Regeln sind sehr offen gehalten und lassen unterschiedliche Varianten zu. Die Umsetzung ist in seiner einfachen, aber sehr praktischen Form auf dünnem Spielplan seit zwanzig Jahren gleichgeblieben, seit 1998 gibt es allerdings eine etwas stabilere, buntere Fassung auf dem Markt.
Das Spiel von Walter Kraul sollten wegen der offenen Flamme aber Kinder nicht alleine spielen. In der Regel wird empfohlen, dass der „Lichtführer“ bei der ersten Variante möglichst ein Elternteil sein sollte. Im WALDSCHATTENSPIEL erfahren die Kinder viel über die Phänomene von Licht und Schatten. Sie erleben ständige Veränderung des Schattenwurfs durch die sich bewegende Lichtquelle und sie können sich mit Spiegelungen beschäftigen.
Titel: DAS WALDSCHATTENSPIEL
Autor: Walter Kraul
Verlag: Kraul GmbH, Neufahrner Weg 2, 82057 Icking (www.spielzeug-kraul.de)
Spieler: 2 bis 8
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: einfache Fassung 17 €, farbige Fassung (DAS MÄRCHENHAFTE WALDSCHATTENSPIEL) ca. 25 €
Spiel 28/2006 R144/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Bereits in den 1920er Jahren wurde von Mara Kraul der Grundstein zur Spielzeugfirma Kraul gelegt. Mit kunstvollen Stick- und Strickarbeiten, die sie mit Hilfe von Heimarbeiterinnen anfertigte, entstand die Basis der Firma, die bis heute in Familienbesitz ist.
Nach dem zweiten Weltkrieg trat ihr Sohn Walter in die Firma ein und entwickelte erste Ideen zur Gestaltung von Spielzeugen: Inspiriert durch ein Riesen-Mobile von Alexander Calder, das er auf der Biennale in Venedig gesehen hatte, entwarf seine Mutter nun eigene Mobiles, die in kunsthandwerklicher Tradition gefertigt wurden.
Angeregt durch seine Arbeit als Waldorflehrer an der Münchner Rudolf-Steiner-Schule und zahlreichen Naturerlebnissen mit seinen Kindern, entstanden Seilbahnen und Wasserräder, die – zeitlos wie sie sind – noch heute ein wichtiger Bestandteil der Kraul’schen Produktpalette sind.
1976 übernahm Walter Kraul die Firma. Spielzeuge mit den Elementen Erde, Wasser und Luft, dem mit der Entwicklung der Lichtwippe und des WALDSCHATTENSPIELS noch das vierte Element Feuer hinzugefügt werden konnte.
1989 wurde Sohn Christoph Mitgesellschafter, seit 1993 ist er Geschäftsführer.
Als Meteorologe und Physiker entwarf er vor allem die Experimentierkästen, die heute einen wichtigen Bestandteil der Produktpalette ausmachen. Auch in diesen Kästen wird das Grundkonzept der vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer in technisch-wissenschaftlicher Weise konsequent weitergeführt.
Das WALDSCHATTENSPIEL ist immer noch im Programm.
Montag, 23. August 2021
TIER AUF TIER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Lastenkroko in TIER AUF TIER
Schafe, Schlangen, Pinguine, Tukane, Igel, Affen und Kragenechsen und alle auf einem Krokodil, das nicht schnappt, sondern geduldig die Lasten erträgt. Eine tolle Tiergesellschaft hat Haba in dem Geschicklichkeitsspiel TIER AUF TIER zusammen geführt. Rundungen, Buckel und Schnabelhaken führen zu einer erstaunlichen Stapelfähigkeit der Tiere, von denen jeder der zwei bis vier Spieler zu Spielbeginn sieben erhält.
Gesteuert wird das Spiel des Autors Klaus Miltenberger durch einen Würfel, der festlegt, ob ein oder zwei Tiere auf dem Krokodil platziert werden dürfen, oder ob man die Baubasis verlängern darf, indem ein Tier neben das Krokodil gestellt wird. Wer Glück hat, braucht nicht selbst zu bauen, er kann eines seiner Tiere einen Mitspieler in die Hand drücken, der dann das Risiko beim Einbau in die Tierpyramide trägt. Es kann aber auch sein, dass die Mitspieler bestimmen dürfen, welches Tier der würfelnde Spieler einzubauen hat. Stürzt die Tierpyramide während einer Bauaktion in sich zusammen, muss der Verursacher zwei Tiere übernehmen. Wer seine Tiere als erster los ist, gewinnt nach knapp zehn vergnüglichen Minuten eine Runde TIER AUF TIER.
Der Aufforderungscharakter des Spiels ist enorm, es bleibt nie bei einer Runde und das Tolle ist: Erwachsene stapeln begeistert mit. TIER AUF TIER lebt vom Tierdesign, die ausgewählten sieben Tierarten eignen sich ausgesprochen gut zum Stapeln, so dass unerwartet hohe Tierpyramiden während des Spiels entstehen können. Für Kinder hilfreich ist, dass die Einsturzstrafe mit zwei Tieren durchaus noch Siegchancen zulässt, die Frustration sich daher in Grenzen hält. Auch also Solospiel für die Geduldsprobe zwischendurch ist TIER AUF TIER sehr gut geeignet. Ein rundum gelungenes Spiel, das schon Vierjährige mit viel Spaß spielen können.
Titel: TIER AUF TIER
Autor: Klaus Miltenberger
Grafik: Michael Bayer
Verlag: Haba
Spieler: 1 bis 4
Alter: ab 4 Jahren
Dauer: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 19/2005 R142/2021
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 58jährige Klaus Miltenberger hat 2005 mit TIER AUF TIER einen Dauerbrenner für Haba entwickelt. Inzwischen gibt es fünf weitere Varianten. Neben diesen Haba-Spielen war er mit MOVE&TWIST (Beleduc 2013) noch erfolgreich. Mit beiden Spielideen landete er auf der Empfehlungliste für das Kinderspiel des Jahres.
Samstag, 21. August 2021
PROJECT L
PROJECT L
TETRIS und UBONGO standen Pate bei der Entwicklung von PROJECT L, für das hauptsächlich Adam Spanel verantwortlich zeichnet, der aber mit den tschechischen Co-Autoren Jan Soukal und Michel Mikes gearbeitet hat. Die Plattform Boardcubator hat das Spiel 2020 veröffentlicht, Asmodee vertreibt es seit wenigen Monaten in Deutschland.
Zentral im Spiel sind Puzzlesteinchen, Polyominos, ganz kleine Quadrate bis zu unterschiedlichen Formen, die aus zwei, drei oder vier Quadraten zusammengesetzt sind. Die wollen in Puzzleformen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad untergebracht werden. Da gibt es ganz einfache weiße Puzzle, die zum Teil so simpel sind, dass es nicht einmal Belohnungspunkte für die Erfüllung der Aufgabe gibt, dafür aber stets einen neuen Puzzlestein. Das schwerer zu füllende schwarze Puzzle kann bis zu fünf Siegpunkte einbringen, dafür gilt es dort aber 16 Felder zu füllen. Die Anzahl der schwarzen Puzzleteile ist spielerabhängig. Ist der schwarze Stapel leer, wird die Schlussrunde eingeläutet.
Angenehm bei den Puzzleaufgaben von PROJECT L ist, dass sie keinem Zeitdruck unterliegen. Jeder puzzelt der Reihe nach vor sich hin, das auch wenig interaktiv. Dafür spielt aber der Aufbau einer Puzzlesteinfabrik eine zentralere Rolle und damit die optimale Nutzung der fünf unterschiedlichen Aktionen, von denen pro Spielzug drei ausgewählt werden, dies durchaus auch mehrfach. Alle starten mit einem Einer- und Zweierstein. Wer am Zug ist, nimmt entweder eine von acht offenen Puzzleaufgaben, bis zu vier davon dürfen vor jedem Spieler liegen, oder einen Einerstein. Zusätzlich dürfen Steine um eine Stufe aufgewertet oder innerhalb einer Stufe getauscht werden. Die vierte Aktion ist das Einsetzen eines Steines in ein Puzzle, je mehr passende Vierersteine man hat, desto schneller geht das natürlich. Schließlich gibt es einmal pro Zug die Meisteraktion, bei der man in alle ungelösten Puzzles jeweils ein Teil einfügt.
Was anfangs mühsam scheint, wird gegen Ende immer schneller, da man für jedes gelöste Puzzle einen Belohnungsstein erhält. Damit entwickelt sich PROJECT L zu einem einfachen Engine-Builder, bei dem die richtige Steinauswahl, die effektive Nutzung der Meisteraktion und natürlich der Blick für die richtigen Steinwendungen über Sieg oder Niederlage entscheiden.
Ist das letzte schwarze Plättchen aufgedeckt, wird die Runde noch beendet. Beim abschließenden Feinschliff dürfen alle Spieler angefangene Aufgaben beenden. Jeder eingesetzte Stein kostet aber einen Minuspunkt, sodass sich das nur bei positiver Schlussbilanz lohnt. Am Ende addieren alle ihre Puzzle-Punkte, ziehen die negativen Punkte aus der Feinschliff-Phase ab und haben meist nach einer guten halben Stunde einen Gewinner.
Tolles Material, starke Puzzlekarten und eine eingängige Regel unterstützen das Spielvergnügen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: PROJECT L
Autoren: Michal Mikeš, Jan Soukal, Adam Spanel
Grafik: Jaroslav Jurica, Marek Loskot, Pavel Richter
Verlag: Boardcubator / Asmodee
Spielerzahl: 1-4
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: ca. 20-40 Minuten
Preis: ca. 35 Euro
Spiel 57/2021
Montag, 16. August 2021
SNORTA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Grunzen und Bellen am Spieltisch - SNORTA
Der Spieleverlag Amigo ist bekannt für reaktionsschnelle Ablegespiele, HALLI GALLI ist in unterschiedlichen Variationen ein Dauerbrenner. In diese Sparte gehört auch das auf der Empfehlungsliste für das „Kinderspiel des Jahres“ 2005 gelandete Spiel SNORTA.
Jeder der drei bis sechs Spieler erhält bei Spielbeginn eine Tierkarte zugelost, der er ein passendes Geräusch zuordnet. Das kann dann zum Beispiel ein grunzendes, quiekendes oder schnüffelndes Schweinchen sein. Die Hürde für die Mitspieler besteht darin, sich die Tiere und Geräusche aller anderen merken zu müssen. Die Karten bleiben nach der ersten Geräusche-Runde nämlich verdeckt vor den Spielern liegen. Jeder erhält dann ca. 15 bis 20 weitere Tierkarten, je nach Spielerzahl, die es loszuwerden gilt. Reihum werden Karten aufgedeckt, sobald zwei gleiche Tiere in der Spielrunde offen liegen, geht es SNORTAnisch zu. Die betroffenen Spieler müssen jeweils so schnell wie möglich das Tiergeräusch des anderen nachmachen Der langsamere Spieler übernimmt die schon ausgelegten Karten des anderen und seine eigenen und vergrößert damit seinen Ablagestapel. Sobald ein Spieler alle Karten los ist, endet die erste von drei Spielrunden. Die restlichen Karten bringen Minuspunkte, wobei die Schweinchen doppelt zählen. Eine Sonderkarte bringt zusätzlich noch weitere Verwirrung ins Spiel. Wird diese gespielt, wechselt der betroffene Spieler seine Tieridentität und legt sich ein neues Geräusch zu. SNORTA ist wahrlich nichts genial Neues, aber die knapp hundert Spielkarten liefern hundertprozentiges Spielvergnügen, sogar wenn Erwachsene sich in Spielrunden mischen. Die überlegen dann besonders lang: Was hatte denn mein Gegenüber nur für ein Tier nachgemacht? Die Tierbilder, die doppelt ausliegen, bringen zusätzliche Verwirrung, da es gar nicht um deren Geräusche geht – oder vielleicht doch?
Ganz schön chaotisch geht es zu, wenn am Spieltisch gegrunzt, gebellt, miaut wird. Zungenbrecherisch würgt dann so mancher die Klapperschlang, bis deren Klapper schlapper klang! Ein herrliches, zudem noch preisgünstiges Spielvergnügen von Chris Childs und Tony Richardson für Kinder und jung gebliebene Erwachsene ab sechs Jahren.
Titel: SNORTA
Verlag: Amigo
Autoren: Chris Childs und Tony Richardson
Grafik: Michael Menzel
Spieler: 3-6
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Alter: ab 6 Jahren
Preis: ca. 6 €
Spiel 18/2005 R137/2021
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Chris Childs und Tony Richardson haben nur SNORTA gemeinsam veröffentlicht und landeten immerhin auf der Empfehlungsliste der Kinderjury. Tony Richardson bekam immerhin zwei Jahre später für ZOCKEN (Schmidt) die Auszeichnung Spiel der Spiele in der Sparte Spiele für Viele.
Sonntag, 15. August 2021
SAMURAI
SAMMELSURIUM
E-Serie von F.X. Schmid
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem F.X. Schmid Verlag sind die Spiele der E-Reihe. Das „E“ steht für Erwachsenenspiele, die Serie erschien in den Jahren 1973/74. Die E-Serie war die Antwort aus Prien auf die Casino-Reihe von Ravensburger und die 3M-Serie. Die Spieleschachteln ähnelten aber nur den Buchschubern von 3M. Im Grunde genommen waren es einfache Stülpschachteln mit durchaus edler Innenverkleidung.
Die am meisten gesuchten Spiele dieser Serie sind: TRADE, SAMURAI, PAGODE und SNIFF. Mit LASKA hatte der Verlag einen Klassiker im Programm, der von einem ehemaligen Schachweltmeister stammte.
Die Firma war älter als Ravensburger. Franz Xaver Schmidt gründete den Verlag 1860 in München. Anfangs wurden nur Spielwaren und Karten produziert, nach dem Zweiten Weltkrieg, das Unternehmen war inzwischen in Prien am Chiemsee ansässig, kamen auch Brettspiele und Puzzles dazu. 1997 übernahm Ravensburger die Firma, labelte bis 2000 noch Produkte unter FX, stellte dann aber die Spiele ein.
SAMURAI
Weshalb eine Autorennennung bei SAMURAI von F.X. Schmid vorgenommen wurde, ist mir unverständlich, da es sich um die japanische SCHACH-Variante SHOGI handelt. Die Autorenleistung bestand darin, dass letzteres „in eine für Europäer ablesbare Form gebracht und SAMURAI genannt wurde“.
Die Leistung des als Autor angeführten Hermann Friedls besteht darin, die sehr spezifischen Gangarten der Figuren in eine leicht erkenntliche Symbolsprache umgesetzt zu haben.
SAMURAI weist einige Besonderheiten auf, die die Nähe zum SCHACH nicht verleugnen, aber auch ganz spezielle Eigenarten besitzen, die das Japan-Schach schon ganz speziell machen.
Gespielt wird auf einem 9x9 Feld, das wegen der länglichen Spielsteine rechteckig ausfällt. Jeder verfügt anfangs über 20 Spielsteine, die sich nicht durch die Farbe, sondern nur durch die Ausrichtung unterscheiden. Geschlagene Steine sind nicht aus dem Spiel, sondern dürfen vom Gewinner des Steins später wieder eingesetzt werden. Ganz besonders ist aber die Werterhöhung, die die meisten Steine zulassen. So können die Samurais, die wie die Bauern im Schach nur ein Feld vorziehen, zu Goldfeldherren werden, der sich drei Felder vorwärts, zwei Felder seitlich und ein Feld rückwärts bewegen darf. Zum Goldfeldherren werden auch Wagen, Pferde, Silberfeldherren. Läufer und Türme sind die schnellen Figuren in SAMURAI, auch sie bekommen die Zusatzgangarten des Goldfeldherren. Aufwertungen passieren immer dann, wenn die Figuren in den Startbereich des Gegners gelangen.
Der Kaiser ist wie der König um ein Feld in alle Richtungen bewegbar. Letztlich wird er nicht geschlagen, sondern umzingelt, bis er sich nicht mehr bewegen kann. Nicht in SAMURAI aber in SHOGI gibt es die Thronregel: Wenn ein Spieler seinen König auf das Startfeld des gegnerischen Königs zieht, gewinnt er die Partie.
Die japanische Schach-Variante SAMURAI/SHOGI besitzt ihren besonderen Reiz durch die erneute Nutzung geschlagener Figuren und durch die Aufwertungsmöglichkeit, die die Option immer vielfältiger werden lässt. Wirklicher Spielreiz entwickelt sich nur bei vergleichbar starken Gegnern. Im Gegensatz zu den anderen Spielen der Schachfamilie ist es bei SHOGI üblich mit Handicap zu spielen. Der stärkere Spieler gibt dabei dem schwächeren ein paar Figuren vor. Diese werden vor Beginn der Partie aus dem Spiel genommen und können nicht wie die geschlagenen Figuren erneut eingesetzt werden.
Die Ikonographie für die Bewegungsoptionen hat Friedl recht gut gelöst. Die Umsetzung entspricht der üblichen Qualität der F.X. Schmid Spiele aus den 70ern.
Titel: SAMURAI
Verlag: F.X. Schmid
Autor: Hermann Friedl
Spielerzahl: 2
Alter: o.A.
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 60.- DM
Wertung: Gerne morgen wieder
Sammelsurium 34 – S34/2021
Freitag, 13. August 2021
SEERÄUBER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Spiel des Jahres- Tipp - Stimmung am Spieltisch ist garantiert: SEERÄUBER
Fast ein Drittel der diesjährigen nominierten Spiele im Kinder- und Familienspielbereich greift das Thema Piraten auf. Im Kinderspielbereich sind es das raffinierte Schatzsammelspiel PIRATTISSIMO und DER SCHWARZE PIRAT, dessen Segelschiffe durch einen Blasebalg angetrieben werden. Um den Hauptpreis „Spiel des Jahres“ bewirbt sich das Spiel SEERÄUBER (Queen Games) von Stefan Dorra.
Das Spiel des niedersächsischen Spielautors für drei bis fünf Spieler ab acht Jahren zeichnet sich durch einen schnellen Zugang aus. 15 unterschiedlich wertvolle Frachtsegler stellen die Beute für die Piraten, von denen jeder Spieler fünf in Form von runden Holzscheiben mit verschiedenen Zahlenwerten besitzt, dar. Im Ausguck erblicken die Piratenspieler zu Beginn drei mögliche Opfer, dafür sind sie bereit, ihre Korsaren auf Entertour zu schicken. Das eigentliche Spiel ist simpel, aber trotzdem richtig spannend.
Die Frachtsegler, schöne Schiffskarten, signalisieren, welches Geld und welche Schätze sie an Bord haben, aber auch wie viele Piraten benötigt werden, um den Segler zu entern. Dazu müssen die Spieler Entermannschaften zusammenstellen. Da ist bei allem Gegeneinander Teamgeist angesagt. Zum Entern werden die Piratenscheiben ins Spiel gebracht, einzeln gesetzt oder auf einem schon vorhandenen Piratenstapel platziert. Den Scheibenturm befehligt immer der oben auf liegende Piratenspieler. Ist der Stapel so hoch, dass die Zielvorgabe für ein Schiff erreicht ist, kann geentert werden. Der Spieler dessen Pirat oben liegt erhält einen Schatz, bei vielen Schiffen erhält auch der zweite Spieler ein weiteres Beutestück. Der Kapitän erhält den Geldwert des Schiffes ausbezahlt, muss aber alle seine Kombattanten entsprechend ihres Wertes ausbezahlen. Aufpassen sollte man dabei schon, damit nicht aus der eigenen Kasse zugeschossen werden muss. Wenn auf diese Weise alle 15 Schiffe Opfer der Piratenteams geworden sind, endet das Spiel. Das meiste Geld und die meisten Schatzkarten bestimmen nach einer knappen halben Sunde den Spielsieger.
SEERÄUBER spielt sich einfach und zügig. Wiederholungspartien sind garantiert, da der Reiz des Mit- und Gegeneinanderspielens zum Ausprobieren immer neuer Strategien reizt. In diesem fetzigen Piratenduell reagieren die Spieler direkt aufeinander, insofern ist es das interaktivste der fünf nominierten Spiele. Keiner muss grübelnd allein für sich hin spielen, immer sind die Züge der Mitspieler im Blick zu behalten. Der leichte Zugang, das animierende Spielmaterial und die Stimmung am Spieltisch, die SEERÄUBER hervorruft , machen das außerdem noch äußerst preiswerte Spiel zu einem heißen Kandidaten für das „Spiel des Jahres“ 2006.
SEERÄUBER
Verlag: Queen Games
Autor: Stefan Dorra
Grafik: Jo Hartwig
Alter: ab 8 Jahren
Anzahl Spieler: 3-5
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 22/2006 R136/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der in der Nähe von Hildesheim lebende Sprachheilpädagoge Dorra startete 1992 seine Autorenkarriere mit einem Achtungserfolg. Sein Zocker-Spiel RAZZIA landete auf der Auswahlliste der Jury, erreichte den 9. Platz beim Deutschen Spielpreis und den 6. bei À la Carte. RAZZIA ist letztlich der Vorgänger für HICK-HACK IN GACKELWAG, das familienspieltauglicher gemacht wurde. Eine grafisch überarbeitete Neuauflage erschien 2014.
1994 bestimmte sein INTRIGE die Messediskussion auf der Spiel in Essen. Das Spiel erreichte den vierten Platz beim Deutschen Spielepreis.
Mit LINIE 1 war er wahrscheinlich am dichtesten am Spiel des Jahres dran. Er hatte nur das Pech, dass Teubers CATAN unschlagbar war. Daher reichte es „nur“ für die Auswahlliste und den zweiten Platz beim Deutschen Spielepreis und wurde mehrfach neu aufgelegt.
Mit den Spielern SEERÄUBER (2006), LAND IN SICHT (2009) und ESELSBRÜCKE (2011) war er dann später ebenfalls nominiert. Für MEDINA (2001) bekam er noch einmal den 2. Platz beim Deutschen Spielepreis.
Das Bild zeigt Dorra mit seiner Gattin Rita und André Maack von Ravensburger im SEERÄUBER-Jahr 2006.
Donnerstag, 12. August 2021
ROBINSON & FREITAG
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Zurück zur Natur: ROBINSON & FREITAG
Was ist eine Robinsonade ohne Floßbau, Palisaden und einen ordentlichen Ausguck nach Rettung bringenden Schiffen. HiKu hat ein bisher einmaliges spielerisches Ambiente für den Klassiker Gestrandeter geschaffen. Der Spieleschatz kommt in einer Schatztruhe aus Holz verpackt daher. Fünf Robinsoninseln aus Leder – für jeden der maximal fünf Spieler eine -, dazu fast 150 Bauteile aus Naturmaterial, für alles, was Robinson so auf seiner Insel braucht, notwendiges Strandgut, Fässer, Planken, Bretter und Steine. Richtig eingesetzt, bieten diese Ressourcen Schutz vor den Gefahren der unbekannten Insel. Ein Zaun bietet Deckung vor wilden Tieren, eine Hütte aus Steinen und Brettern hilft bei Überflutung und schützt vor feindlichen Wilden. Notwendiges Frischwasser fließt durch die Wasserrinne. Entscheidend ist letztlich aber der rettende Floßbau, denn nur wer am Ende das größte Floß gebaut hat, darf von seiner Insel ablegen.
Michael Palm setzt sein Spiel ROBINSON & FREITAG mit Hilfe eines einfachen, aber reizvollen Pokermechanismus um. Jede Spielrunde beginnt mit
einem Bietverfahren um das Baumaterial. Aus der Fülle des Materials nimmt sich jeder Spieler drei Teile, die er verdeckt bietet. Um Bauteile auch behalten zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden:
1. Bietet ein Spieler eine Sorte Bauteile alleine an, darf er alle gebotenen Teile behalten.
2. Haben mehr Spieler Bauteile einer Sorte in ihrer Hand, dann erhält nicht der Spieler, der am meisten geboten hat, sondern der, der am wenigsten geboten.
3. Gibt es mehr Spieler, die gleich wenig oder gar nichts geboten haben, bekommt keiner etwas.
Nach der Bietrunde und der Verteilung des Baumaterials, dürfen die Inseln ausgebaut werden. Das gewonnene Material darf im Vorrat bleiben, es sollte aber auch zum Floßbau und zum Schutz der eigenen Insel verwandt werden, denn nur so schützt man sich vor der nach der Baurunde folgenden Ereignisrunde. Wenn ein Spieler nichts gewonnen hat und auch keine Materialien mehr in seinem Vorrat liegen hat, darf er eins von acht Ereignissen auslösen, die in Form von kleinen bedruckten Lederinseln existieren. Dabei gibt es meist negative Ereignisse, einige positive und die Begegnung mit Freitag, die keine direkte Auswirkung hat, dafür aber durch die zweite Begegnung, wenn die Ereignisinseln einmal durchgespielt sind, das Spielende herbeiführt. Sichern kann man sich vor schlechten Ereignissen wie den Angriff feindlicher Inselbewohner nur durch spezifische Schutzbauten, hier zum Beispiel den Palisadenbau. Der Spieler, der sich am wenigsten geschützt hat, verliert ein Bauteil, das der Spieler aussuchen darf, der das Ereignis ausgelöst hat. Umgekehrt können die Spieler bei den Ereignissen „Treibgut“ und „Freundliche Inselbewohner“ Bauteile gewinnen.
Der Reiz des Spiels geht einerseits von dem tollen Material aus, anderseits von dem raffinierten Bietmechanismus. Das hat etwas von spannenden Pokerrunden, da ist viel Psychologie mit im Spiel. Jedes Mal stehen die Spieler vor der Entscheidung, ob die breite Streuung und das Bauen auf eine Sorte die angemessene Strategie sein könnte. Wer viel Glück hat, kann seine drei Teile behalten und zusätzlich noch andere Sorten abkassieren. In jeder Runde ist es immer wieder ein erregendes Spielchen mit den Mitspielern. Problematisch ist allerdings, dass das Ganze in voller Besetzung doch sehr zufällig bleibt. Zu dritt und zu viert machen diese Bietrunden aber viel Vergnügen. Da für den Spielsieg die Planken für den Floßbau wichtig sind, geht es natürlich vor allen Dingen um den Gewinn dieser Bauteile. Die Regel lässt Vorratshaltung zu, was anderseits verhindert, dass Ereignisinseln genommen werden können. Hier besteht eine gewisse Gefahr, dass das Spiel sich selbst aufhängt. Wenn alle nur auf Vorrat spielen, weil sie keine Floßplanken verlieren wollen, kommt die erste Ereigniskette gar nicht so recht in Gang. Problematisch ist auch, dass es keine Baubegrenzung aus dem Vorrat heraus gibt. Wer also lang genug genügend Planken bunkert, könnte am Ende sein Floß bauen, zum zweiten Mal Robinson nehmen und das Spiel gewinnen. Wir haben in unseren Runden auf die Vorratsregelung verzichtet und alle gewonnenen Teile verbauen lassen, das führt zu einem zügigeren Ende des Spiels. Als reizvoll hat sich im Übrigen auch eine Zweier-Variante heraus gestellt, in der jeder für zwei Inseln verantwortlich ist und in der jeder weiß, was sich in seiner rechten und linken Hand für die entsprechenden Inseln verbirgt. Das gibt der Bietrunde zusätzlichen Pfiff.
Mit leichten Regeländerungen und unter Verzicht auf das Spielen in voller Besetzung lohnt ein spielerischer Ausflug in die Inselwelt von ROBINSON & FREITAG. Sie erhalten einen Spieleschatz, der jenseits von ludofaktischen Schachteln und Spielmaterialien angesiedelt ist - etwas ganz Besonderes also!
Titel: ROBINSON & FREITAG
Autor: Michael Palm
Verlag: HiKu
Spieler: 3- 5, besser bis 4, auch für zwei Spieler möglich
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 30 bis 45 Minuten
Spiel 21/2006 R135/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der „Seetroll“ Michael Palm entwickelt seit 25 Jahren Spiele und managt seit fast 30 Jahren das Spielefachgeschäft Seetroll in Konstanz und Friedrichshafen.
Viele seiner Ideen hat er zusammen mit Lukas Zach entwickelt, darunter DIE ZWERGE und die UNDO-Reihe bei Pegasus Spiele, aber auch Kinderspiele wie Bim BAMM! und ZAUBEREI HOCH DREI, die auf der Empfehlungsliste für das Kinderspiel 2013 bzw. 2017 landeten.
Für Hiku hat er neben ROBINSON & FREITAG noch VOODOO PARTY und ÉTOILE veröffentlicht. Das letzte Spiel ist dann später noch einmal bei Gerhards Spiel und Design erschienen.
Das Foto zeigt Michael Palm in einem seiner Läden am Bodensee.
Mittwoch, 11. August 2021
RAPA NUI
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Osterinselspiel: RAPA NUI
Der Göttinger Geologe und Spieleerfinder Reinhold Wittig hat schon in den 80er Jahren mit Vielen Ideen die Materiallandschaft für Spiele verändert.
Jenseits von Papp-Plan, Pöppeln und Plastik-Chips spielten bei ihm Leder- oder Skaipläne, Muttern (schon 1974) und Muscheln, opulente Holzausstattungen eine wichtige Rolle. Über 30 Jahre hinweg ist der Autor diesem Prinzip treu geblieben, er liefert Augenschmaus, er bietet Haptik und kulturell oder wissenschaftlich eingebundene Spielideen. Immer noch befindet er sich auf einer Reise „Mit 80 Spielen um die Welt“ und ist dabei zum zweiten Mal auf der Osterinsel gelandet, diesmal begleitet ihn ein neuer Freund und Erfinderkollege, der Jenaer Mathematikprofessor Ingo Althöfer. Nach HOTU MATUA, dem ersten Osterinsel-Spiel, das den Reisen des sagenhaften gleichnamigen Entdeckers der Osterinsel gewidmet war, steht RAPA NUI diesmal selbst im Vordergrund, gespielt wird auf der Osterinsel. Das berühmte Inseldreieck stellt mit seinen geschwungenen Buchten den großen stabilen Holzspielplan dar, der mit 45 Bohrungen versehen ist, in diese Felder kommen Würfel-Sockel, dort hinein Sockel-Würfel, außerdem besitzt jeder Spieler zwei sein Spiel steuernde Spielsteine.
Wittig und Althöfer begeben sich spielerisch auf die Spuren der Besiedlung der Insel. Ihr taktisches Würfelspiel beginnt mit der ersten Siedlungsphase und endet unter dem Druck der sich ausbreitenden Bevölkerung. Am Anfang setzen die zwei bis drei Spieler ihre beiden Spielsteine ein, von diesen Feldern aus beginnen sie ihre Besiedlung der Insel. In der nächsten Phase, die die Autoren als „Kultur-Phase“ bezeichnen, müssen neun Felder belegt werden, dazu bewegen die Spieler ihre Spielsteine abwechselnd. Sie ziehen ein Feld weiter, auch auf diagonal angrenzende Felder. Die verlassenen Felder werden mit Holzsockeln belegt und einer von neun vorher bereit gelegten Würfeln wird oben auf den Sockel gelegt. Danach folgt das eigentliche Spiel, in dem es enger und enger auf RAPA NUI wird. Zu diesem Zeitpunkt sind beim Spiel zu dritt ein Drittel der 45 Felder mit Spielsteinen oder Würfel-Sockel mit Würfeln belegt. Die Spielsteine der Spieler besitzen also noch genügend Bewegungsmöglichkeiten, um sich auf der Insel auszubreiten. Im Prinzip geht das Spiel wie in der „Kultur-Phase“ weiter: Spielstein bewegen, Würfel-Sockel setzen, würfeln und den Würfel in den Sockel setzen. Zusätzlich muss jetzt ein rosa Würfel geworfen werden. Das Wurfergebnis macht es möglich, einen Würfel aus einem Sockel zu entfernen. Sobald das erstmals passiert ist, dürfen die Spieler nach ihrem Zug entscheiden, ob sie mit dem rosa Würfel werfen oder einen leeren Sockel entfernen. Dadurch können neue Bewegungsräume gewonnen werden. Trotzdem sorgt der Zwang, in jeder Runde den Sockel mit Würfel platzieren zu müssen, dafür, dass es immer enger auf der Insel wird. Sobald ein Spieler keinen seiner Setzsteine mehr bewegen kann, scheidet er aus.
Eine Besiedlungspartie geht meist nach einer halben Stunde vorüber, ein zügiges Spiel also, das Revancherunden zulässt. Die sollte man auch nutzen, denn RAPA NUI ist zwar ein Würfelspiel, besitzt aber einigen taktischen Tiefgang. Das geht schon mit der Einsetzphase los, über die Gebiete abgesteckt werden können. Jeder versucht für sich Rückzugsbereiche zu schaffen, die aber durch die Rosa-Phase immer wieder durchbrochen werden. Dieses Glückselement macht den eigentlichen Reiz des Spiels aus, da dadurch Schneisen in Umzingelungen geschlagen werden können, die den Mitspielern gar nicht passen. Tolles Material, klasse Spielidee und viel Spielspaß, RAPA NUI sollten sich auch große Verlage näher ansehen.
Titel: RAPA NUI
Autor: Reinhold Wittig, Ingo Althöfer
Verlag: Edition Perlhuhn
Spieler: 2 - 3
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 60 Euro
Spiel 20/2006 R134/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Der 1961 in Lage geborene Mathematiker Ingo Althöfer promovierte 1986 in Bielefeld, seit 1994 hat er den Lehrstuhl für Mathematische Optimierung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena inne.
Seine Forschungsschwerpunk liegen in den Bereichen Spieltheorie und Kombinatorische Optimierung. Althöfer hat experimentell untersucht, wie sich Lego-Steine beim Waschen in der Waschmaschine zu Zufalls-Komplexen zusammensetzen, die Ergebnisse dokumentierte er in „Meine wunderbare Wasch-Saison“. Sein Highlight der Wasch-Saison2013: „Steine von verschiedenen Herstellern (einschließlich LEGO und der DDR-Marken PeBe2000 und Formo) bilden in der Waschmaschine gemeinsame Zufallskomplexe: Es wäscht zusammen, was zusammen gehört!“
Spielideen veröffentlichte er im Eigenverlag 3-Hirn Spiele. 2006 erhielt Altöfer den Inno-SPATZ der Stadt Göttingen.
Über den Göttinger Geologen, Puppenspieler, Künstler und Spieleerfinder ließen sich Seiten füllen. Ich halte mich an dieser Stelle kurz:
Reinhold Wittig, der 84jährige Erfinder des Spieleautoren Treffens in Göttingen, entwickelt seit 1958 Spiele. 1976 gründete er seinen Kleinverlag Edition Perlhuhn, der mit Skaiplänen und Spielen in der Rolle bekannt wurde.
Zu seinen bekanntesten Spielen gehört die Würfelpyramide DAS SPIEL (1980 mit dem Sonderpreis Schönes Spiel ausgezeichnet), das heute immer noch von Abacus vertrieben wird. Für WIR FÜTTERN DIE KLEINEN NILPFERDE und MÜLLER & SOHN bekam er ebenfalls diese Auszeichnung, für die Grafik war jeweils sein Sohn Matthias verantwortlich. Seine ästhetischen Maßstäbe für Spielmaterial und Optik haben maßgeblich dazu beigetragen, dass der einfache Pöppelalltag aus den Spieleschachteln verschwand. Den Kosmos-Verlag brachte er durch edle Spiele in der Reihe mit der Feder voran, darunter auch eigene Veröffentlichungen wie MARITIM, das 1987 Chancen auf das Spiel des Jahres hatte.
1990 landete er mit DINO, damals noch von Hexagames auf der Auswahlliste für das Spiel des Jahres.
In den 90er Jahren prägte seine Handschrift die Spiele von Blatz und teilweise auch Haba. KULA KULA und das hier schon vorgestellte DOCTOR FAUST aus diesem Verlag bekamen ebenfalls den Preis für das Schöne Spiel.
Die ganz großen Erfolge blieben dann zwar im neuen Jahrtausend aus, immerhin landete CORNU 2007 auf der Empfehlungsliste der Kinderspieljury und MOGULI erhielt 2013 eine MinD-Würdigung.
Die Organisation des Autorentreffens hat Wittig 2016 an die SAZ übergeben. Ein Jahr danach ist er mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet worden. 2020 wurde Wittig in die Hall of Fame des Origins Award aufgenommen. Aktuell besteht eine enge Kooperation mit Joe Nikisch, der exklusiv bei Abacus einige Perlhühner veröffentlicht.
Das Bild zeigt Wittig und Althöfer bei der SPATZ-Verleihung 2006.
Sonntag, 8. August 2021
NUMBER ONE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Es wird eng für die NUMBER ONE
Die Crème de la Crème der italienischen Spielautoren hat sich bei dem bei Mespi erschienen Spiel NUMBER ONE mit dem leider im letzten Jahr verstorbenen Alex Randolph zusammengetan. Eine Reminiszenz an den Altmeister, den Nestor aller Spieleautoren, eine Erinnerung an eines seiner Frühwerke PFERDEÄPPEL ist dabei entstanden. Leo Colovini (INKOGNITO, CARTAGENA, CLANS, KÖNIG SALOMONS SCHATZKAMMER u.v.a.), Dario de Toffoli (DUMMY/YUMMY, JAGD DER VAMPIRE u.a.) und Renato de Rosa (INFERNO) greifen zusammen mit Alex Randolph das Isolationsprinzip des 1981 erschienenen Bütehornspiels auf.
Waren es dort kleine Pferdeköttel, die die Pferdefiguren in Schachmanier auf einem Spielplan hinterließen, um damit die Bewegungsmöglichkeiten des Gegenspielers einzuengen, so sind in NUMBER ONE die „Köttel“ alle schon vorhanden. 91 davon liegen – schaumstoffgelagert - in einem sechseckigen Lochbrett und können leicht herausgedrückt werden. Die Spielerzahl hat sich von zwei auf vier verdoppelt, aus den zwei Pferdefiguren sind drei Figuren für jeden Spieler geworden. Das Spielprinzip ist aber geblieben: die Gegenspieler werden in ihren Bewegungsmöglichkeiten eingeengt, so dass der Spieler gewinnt, der sich als letzter noch bewegen kann. Dabei spielt die Spielfigur NUMBER ONE die entscheidende Rolle. Sie ist die kleinste Figur, die jeder Spieler besitzt und kann sich immer nur um ein Feld vorwärts bewegen. Die mittlere Figur muss zwei Felder gehen und die größte drei. Die letzte Figur entspricht durch ihre Winkelzüge am ehesten dem Pferd aus Randolphs Vorläuferspiel. Sobald sich die kleinste Figur eines Spielers nicht mehr bewegen kann, hat dieser verloren. Positiv formuliert: Das Spiel gewinnt der Spieler, dessen kleinste Figur als einzige am Ende noch bewegungsfähig bleibt.
Die tonnenähnlichen Holzfiguren starten je nach Spielerzahl von vorgegebenen Spielplanecken aus. Sie werden so aufgestellt, dass eine Markierung im Kopfteil der kleinen Tönnchen zu sehen ist. Gezogen werden muss immer mit allen drei Figuren. Die Reihenfolge legt jeder Spieler selbst fest. So führt er seine größte Figur über drei Felder, die mittlere über zwei, wobei in der Regel geradlinig gezogen werden muss, ein Abbiegen bei auftretenden Hindernissen (Spielfeldrand oder andere Figuren) aber erlaubt ist. NUMBER ONE kann immer nur ein Feld weitergehen, je nach Position maximal in sechs verschiedene Richtungen. Auf den jeweiligen Zielfeldern werden die schwarzen Markierungssteine hinausgedrückt, so dass in der nächsten Runde, wenn die Tönnchen ihre Felder verlassen, Löcher zurückbleiben. Nur ein einziges Mal dürfen die Spielfiguren solche Felder betreten. Damit die Spieler die Übersicht behalten, welche Figuren diese Möglichkeit genutzt haben, werden sie umgedreht, so dass die Markierung am Kopfende nicht mehr zu sehen ist. Sobald die Spielsituation zum zweiten Mal das Betreten eines Feldes ohne Spielstein nötig macht, muss sie aus dem Spiel genommen werden. Trifft dies die kleinste Figur, ist das Spielende für den entsprechenden Spieler gekommen, auch wenn er noch größere Figuren bewegungsfähig auf dem Spielbrett hat.
NUMBER ONE besitzt deutlich mehr Spieltiefe als das Vorläuferspiel von Alex Randolph. Die Bewegungspflicht für die drei Spielfiguren ermöglicht einerseits aggressives Spiel, das Räubern in den Bewegungsfeldern der Gegner, andererseits kann man versuchen, abzublocken, Schutzräume und damit Bewegungsmöglichkeiten für die eigene NUMBER ONE zu schaffen. Darum geht es im Wesentlichen auch: die Bewegungsspielräume für die kleinste Figur müssen erhalten bleiben, denn das Spielende ist immer schnell absehbar. 91 Spielfelder, von denen in jeder Spielrunde, auch schon durch die Startpositionen je nach Spielerzahl sechs bis zwölf verschwinden, zeigen die Endlichkeit auf. Für Liebhaber taktischer Spiele ist diese italienische Teamarbeit ein Muss, besonders wenn man es zu zweit spielt. Die Südtiroler Firma Mespi hat das Spiel funktionsgerecht produziert. Das Spielmaterial ist hochwertig, die Spielregel lässt keine Frage offen. Ich hätte mir nur eine Farbgestaltung des in Natur gehaltenen Pressholz-Brettes gewünscht.
Titel: NUMBER ONE
Autor: Leo Colovini, Renato de Rosa, Dario de Toffoli, Alex Randolph
Verlag: Mespi
Spieler: 2 - 4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15 bis 30 Minuten
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 17/2005 R132/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Diese Teamarbeit von Venice Connection um Randolph, Colovini, de Toffoli und de Rosa darf als Reminiszenz für den 2004 verstorbenen Altmeister Alex Randolph angesehen werden. Seine Partner kleiden den Klassiker PFERDEÄPPEL in ein neues Gewand.
BAZAAR
SAMMELSURIUM
3M Buchkassetten
In den 60er und 70er Jahren hat die Firma 3M (Minnesota Mining & Manufacturing Company) Maßstäbe in der Spielentwicklung gesetzt, die sich auch auf den deutschen Markt auswirkten. Spiele landeten im Buchschuber und damit plötzlich im Bücherregal nicht nur von 3M, sondern als Casino-Spiel von Ravensburger oder in der E-Serie von F.X. Schmid und im kleineren Schuber von Pelikan.
Gut die Hälfte der 3M-Spiele kommt ohne Autorennennung aus, hauptsächlich tauchen Sackson (neben AQUIRE, BAZAAR, EXUCUTIVE DECISION) und Randolph (TWIXT, BREAKTHRU, OH-WAH-REE) auf, daneben noch Frank Thibaut (CONTIGO, PLOY), Winters (HIGH BID), Bernett (PHLOUNDER) und Lipman (POINT OF LAW).
Insgesamt gibt es 29 Spiele der Bookshelf-Reihe, in Deutschland sind dann allerdings nur 10 erschienen (AQUIRE, BAZAAR, BREAKTHRU, EXECUTIVE DECISION, FACTS IN FIVE, FEUDAL, PLOY, STOCKS AND BOUNDS und TWIXT), ergänzt durch drei Klassiker (BACKGAMMON, GO und SCHACH).
Die deutschen Spiele hat Michel Matschoss betreut, der zusammen mit Alex Randolph SAGALAND entwickelt hat und lange Zeit Produktmanager für Winning Moves war.
BAZAAR
In den USA erschien BAZAAR von Sid Sackson zuerst 1967, die deutsche Fassung kam nur ein Jahr später heraus.
BAZAAR ist ein ganz abstraktes Tauschspiel, das sehr variabel immer wieder neue Tauschrelationen von Farbchips neu reguliert, mit denen man Warenkarten erwirbt. Zwei von zehn Kurskarten definieren für jedes Spiel diese Relationen. So bekommt man für einen blauen Chip zwei grüne, oder für einen weißen, einen grünen, einen roten und einen gelben usw.
Ein Warenangebot von vier Karten, deren Erwerb jeweils fünf beliebige Farbchips erfordert, liegt offen aus. Wer am Zug ist erwürfelt sich einen Chip oder nutzt die Tauschoptionen, um später Warenkarten zu kaufen. Der Wert der Karte wird definiert durch die übriggebliebenen Chips. Je knapper man kalkuliert, umso mehr Punkte gibt es. Bei besonders schwierigen mit Sternchen gekennzeichneten Farbkombinationen gibt es mehr Punkte. Wer bei einer einfachen Karte drei oder mehr Chips behält, bekommt nur einen Punkt. Für die Buchhaltung liegt ein kleiner Block bei.
Sobald zwei Warenstapel mit jeweils fünf Karten vollständig verkauft wurden, endet das Spiel. Sid Sackson bietet für BAZAAR auch eine Soloregel an, nach der bewertet wird, wie oft man tauscht, um eine Warenkarte ohne Reststein zu bekommen.
Das Besondere an Sacksons Klassiker ist die Punktwertung. Minimalistisch darf man keinen Tauschwucher betreiben, sondern muss sich auf das Notwendigste reduzieren. Das verstärkt allerdings auch den Grübelfaktor dieses Spiels.
Die Umsetzung mit Plastik-Chips in der 3M-Fassung ist atmosphärisch steril. Zu den vielen Neuauflagen gehörte 1979 eine mit Biersorten. BIER BÖRSE von Parker war aber schnell vom Markt verschwunden. Gelungen war dann aber sieben Jahre später eine Fassung von Schmidt Spiele, in denen kleine Plastikedelsteine das Tauscherlebnis haptischer machten. Die vorerst letzte deutsche Fassung erschien 1993 bei Klee.
Titel: BAZAAR
Verlag: 3M
Autor: Sid Sackson
Spielerzahl: 2 - 6
Alter: o.A.
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 60.- DM
Wertung: Gerne morgen wieder
Sammelsurium 32 – S32/2021
Samstag, 7. August 2021
ECHOES - DIE TÄNZERIN
ECHOES DIE TÄNZERIN – Hör-Spiel
Ravensburger ist ein kleiner Coup gelungen. Mit Dave Neale und Matthew Dunstan konnten sie zwei Autoren für ihr ganz neues und spannendes Projekt gewinnen. ECHOES ist eine Art Zeitreise auf Hörbasis in die Vergangenheit. Gegenstände erzählen Geschichten und die gilt es, in richtiger Reihenfolge zu rekonstruieren.
Das Autorenteam ist Garant für spannende Abenteuer. Neale ist promovierter Spielpsychologe und hat schon an einigen UNLOCK!-Spielen mitgearbeitet und prägt die Sherlock Holmes Reihe der Space Cowboys. Dunstan kennen wir von den ADVENTURE GAMES bei Kosmos und von Spielen wie ELYSIUM und CITY OF ROME.
Das Spiel ECHOES DIE TÄNZERIN ist ohne App nicht spielbar, da die Tonfetzen zu sechs Kapitelkarten und 18 Objektkarten ja irgendwo herkommen müssen. Jeder Tafel, jeder Karte sind Bruchstücke der Geschichte zugeordnet. Wir befinden uns in einem schottischen Landhaus, in dem der Geist eines jungen Mädchens spukt. Das Rätsel um den Tod der kleinen Tänzerin versuchen wir herauszubekommen.
Damit es nicht ganz so schwer wird, werden anfangs neun markierte Karten aussortiert, die erst zur zweiten Hälfte der Geschichte herangezogen werden. Erst einmal geht es darum, die drei Objekte den zugehörigen Kapitelkarten zuzuordnen. Dafür ist Lauschen angesagt, genaues Zuhören, am besten mit geschlossenen Augen, um sich auf das schottische Landhaus mit der merkwürdigen Geschichte der kleinen Tänzerin einzustellen. Ein Lautsprecher lohnt, da die Produktionsqualität exzellent ist.
Man kann zwar vorher schon die Bilder nach Gefühl ordnen, aber das sollte nur einer ersten Hör-Reihenfolge dienen. Manche Kapitel und Objektkarten muss man schon mehrmals hören, um Zusammenhänge zu rekonstruieren. Der Fall der Tänzerin ist nicht zu schwer, der Lösungs-Modus recht hilfreich konstruiert. Man erfährt, wie viele Karten zum gewählten Kapitel passen, aber noch nicht deren korrekte Reihenfolge. Stimmt alles, lohnt es sich, das ganze Kapitel noch einmal zu hören, denn nun enthält es zusätzliche Hinweise. Sind alle sechs Kapitel gelöst, bleibt nur noch eine letzte Aufgabe, diese nämlich in eine korrekte Erzählreihenfolge zu bringen, wobei ein Epilog die Geschichte zu Ende bringt. Wer jetzt denkt, dass sei ja ganz einfach, da jeweils nur die drei in einer Phase gelösten Kapitel zu ordnen seien, täuscht sich. Die Startabschnitte entsprechen nicht den Kapiteln eins bis drei, sondern sind durcheinandergewirbelt. Trotzdem ist es nicht allzu schwer, diese Aufgabe zu lösen.
Die Hör-Komponente ist spannend, weil einerseits Gesprächsfetzen, andererseits nur die Geräusche eine Rolle spielen. Das ist neu und äußerst innovativ und vor allem technisch hervorragend umgesetzt. Die Bilder werden ruckzuck erkannt und auch die Tonqualität ist ausgezeichnet. Gut gefällt mir der Wegfall jeglichen Zeitdrucks, den wir aus vergleichbaren Spielen kennen. Wir können uns Zeit lassen und unser genaues Zuhören wird immer mehr belohnt, das hat Hörspielqualität und läuft auch nicht eindimensional ab. Das Autorenteam sorgt immer wieder für überraschende Wendungen und spannende Geschichten.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: ECHOES DIE TÄNZERIN
Autoren: Dave Neale und Matthew Dunstan
Grafik: M81 Studio
Verlag: Ravensburger
Spielerzahl: 1-6
Alter: ab 14 Jahre
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Beachtet werden müssen technische Voraussetzungen: iPhone 6s mit iOS 12.0 oder besser oder iPad (2017, 5. Generation), iPad Pro mit iOS 12.0 oder besser. Android-Gerät mit Android 7.0 oder besser.
Spiel 55/2021
Donnerstag, 5. August 2021
KEY LARGO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Auf Schatzsuche in KEY LARGO
Cayo Lago, die lange Insel, habe ich bisher eigentlich nur mit dem Humphrey Bogart Klassiker „Key Largo“ (1948) in Verbindung gebracht. Seit der Spiel in Essen 2005 lohnt es sich sogar noch weitere 50 Jahre zurück in der Geschichte zu gehen. Paul Randles, Mike Selinker und Bruno Faidutti führen drei bis fünf Spieler ab 10 Jahren in die Meereswelt vor Florida. Versunkene Schiffe mit vergessenen Schätzen liegen vor Key Largo und warten auf ihre Entdeckung. Alles geschieht aber unter enormen Zeitdruck, Katrina warten draußen im Atlantik, nur zehn Tage haben die Taucher zur Verfügung, so wenig, dass das Spiel in Halbtagen abgewickelt wird.
Um aktiv zu werden, besitzen die Schatzsucher am Anfang ein Boot, einen Taucher und etwas Geld. Gold, Edelsteine und Antiquitäten warten an fünf Stellen in drei unterschiedlichen Tiefen auf die Spieler. So ganz unvorbereitet sollten diese aber nicht ins Wasser gehen, dort lauern Seeungeheuer, auf dem Lande ist es auch nicht ganz ungefährlich, da sind es Taschendiebe, die das Leben wenig vergnüglich machen. Um das Spiel zu gewinnen, muss man sich aber aller Gefährdungen mehr oder weniger versichert aussetzen. Ein buntes Treiben herrscht auf Key Largo, nicht unwichtig ist die Kneipe, dort heuern Taucher Diebe an und für eine Lokalrunde gibt es sogar wichtige Tauchtipps. Auf Einkäufe im Tauchladen darf man ebenfalls nicht verzichten, Luftschläuche, Gewichte und Dreizacks helfen bei größeren Tiefen und Angriffen des Seeungeheuers. Wird das Geld knapp, lassen sich immer noch Touristen anheuern, die für halbtägige Schifffahrten bezahlen. Spielentscheidend sind aber letztlich die Schatzfunde, die auf dem Markt verhökert werden können. Angebot und Nachfrage bestimmen an den Aktionsplätzen die Preise, von daher ist auch ein bisschen Psychologie im Spiel, wenn mit Hilfe der zu Rundenbeginn zu spielenden Aktionskarten die Zielorte festgelegt werden. Nach zehn Doppelrunden ist das Spiel vorbei, wer dann am meisten Geld besitzt, gewinnt innerhalb einer knappen Stunde das Spiel.
KEY LARGO hat einen leicht zugänglichen Spielablauf, der besonders in der Besetzung mit vier oder fünf Spielern familienspieltauglich ist. Die Grundelemente des Spiels sind schnell verstanden, das Ineinandergreifen dieser Elemente verspricht Spielspannung. Die Grundspannung entwickelt KEY LARGO aus dem ADEL VERPFLICHTET-Prinzip, dass niemand weiß, wo die anderen agieren. Ärger und Freude sind damit vorprogrammiert. Damit ist KEY LARGO ein gutes Familienspiel, Vielspieler werden eher gelangweilt die Schulter zucken. Sie reißt wahrscheinlich auch nicht die Profivariante mit zusätzlichen Charakterkarten für Sonderaktionen vom Hocker. An der Ausstattung hat Tilsit gespart, der Plan liegt leider nicht plan, die Schiffe sind wohl die zukünftigen Wracks, kippelnd sind sie dem Untergang geweiht. Grafisch weiß Key Largo aber durchaus zu gefallen. Die Arbeit David Cochards, der auch für Himalaya verantwortlich zeichnete, ist hervorragend. Wenn Sie ihn kennen lernen wollen, schauen Sie sich den Verkäufer im Tauchladen näher an, in ihm hat sich Cochards porträtiert. Schön ist auch die Idee, Autoren, Grafiker und Herausgeber auf den Geldscheinen zu verewigen. Eine postume Würdigung des 2003 verstorbenen Paul Randles ((Piratenbucht), der die Ausgangsideen für das Spiel entwickelt hat. Sein Freund Mike Selinker hat sie dann weiterverfolgt und schließlich Bruno Faidutti mit ins Boot geholt. Aus der 2003 beginnenden transatlantischen Kooperation mit dem Arbeitstitel Treasure Island wurde schließlich das spannende Familienspiel Key Largo.
Titel: KEY LARGO
Autor: Paul Randles, Mike Selinker und Bruno Faidutti
Grafik: Johann Aumaitre, David Cochard u.a.
Verlag: Tilsit
Spieler: 3 bis 5
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 17/2006 R130/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Wie im Text damals schon erwähnt, stammt die Idee ursprünglich vom früh verstorbenen Paul Randles (1965-2003), der 2002 PIRATENBUCHT veröffentlichte. Sein Freund Mike Selinger, der für Wizard of the Coast und Avalon Hill arbeitete und rund 200 Veröffentlichungen (darunter AXIS & ALLIES und BETRSYAL AT HOUSE ON THE HILL) vorweisen kann, entwickelte das Spiel mir Bruno Faidutti weiter, bekannt vor allem durch OHNE FURCHT UND ADEL, DIAMANT und BOOMTOWN.
Mittwoch, 4. August 2021
JUST 4 FUN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Kurze Regel – langer Spielspaß: JUST 4 FUN
„Ich will mich nicht lange durch Regeln arbeiten müssen, um spielen zu können“, höre ich immer wieder in Gesprächen über Brett- und Kartenspiele. Deshalb überleben die vielen Klassiker wie SCRABBLE, MONOPOLY und TRIVIAL PURSUIT. Die Regeln sind bekannt, große Vorbereitungen sind nicht nötig, große Erklärungen für die Mitspieler ebenfalls nicht. Man sitzt am Spieltisch und es geht sofort los.
Das bieten nur wenige neue Brettspiele, JUST 4 FUN von Jürgen Grunau gehört dazu. Sein Spiel ist in nicht einmal zwei Minuten erklärt. Der Zuschauerblick auf eine Partie genügt und sofort kann man einsteigen. So einfach ist das Setzspiel aus dem Kosmos Verlag.
Gespielt wird auf einem großen bläulichen Spielplan mit 36 Feldern, denen ungeordnet die Zahlen eins bis sechsunddreißig zugeordnet sind. Das Spielziel ist klassisch an VIER GEWINNT angelehnt. Dazu setzen die Spieler ihre Setzsteine, kleine Plastikhütchen, auf diese Felder. Etwas Rechenarbeit ist allerdings nötig, denn die Spielsteuerung geschieht mit Kartenwerten von eins bis neunzehn. Vier Karten haben die zwei bis vier Spieler stets zur Verfügung, die sie, beliebig kombiniert, ablegen dürfen. Auf das Feld mit der entsprechenden Zahl kommt dann der Spielstein. Hat ein Spieler beispielsweise die Karten 1, 3, 12 und 17 auf der Hand, kann er eine Karte spielen und die entsprechenden vier Felder markieren, er könnte durch Ablegen mehrerer Karten aber auch auf die Felder 13, 16, 20, 33, usw. setzen. Ein Zahlenfeld gehört einem Spieler dann endgültig, wenn er dort zwei Steine mehr als die Mitspieler besitzt. Gewinnt ein Spieler auf diese Weise vier nebeneinander liegende Felder, gewinnt er das Spiel. Schafft es kein Spieler nach Setzen der 20 Spielsteine, zählen die Punktwerte der gewonnenen Spielfelder für den Spielsieg.
JUST 4 FUN macht richtig Spaß! Das scheinbar nüchterne Addieren von Zahlen gerät hier zum reinen Vergnügen, Kinder lernen so ganz nebenbei auch etwas einfache Mathematik. Der Glücksfaktor ist zwar hoch, das muss aber kein Nachteil sein. Fast immer bieten die Karten mehrere Möglichkeiten eigene Ketten zu entwickeln oder die Mitspieler in Schwierigkeiten zu bringen. Das Spiel bereitet eingefleischten Brettspielern Freude, eignet sich aber ebenso als Spiel für Kinder mit ihren Eltern und auch Großeltern. Dabei taucht man zwar nicht großartig in thematische Spielwelten ein, besiedelt keine Inseln, geht nicht auf Schatzsuche. Trotzdem hinterlässt es nach einer Partie, bei der es garantiert nicht bleibt, ein nachhaltiges Spielerlebnis. Ein ganz besonderer Spielschatz kann entdeckt werden. Der Verlag hat das Spiel überzeugend umgesetzt. Mit JUST 4 FUN hat Kosmos gute Chancen 2006, elf Jahre nach der Auszeichnung für die SIEDLER VON CATAN, wieder einmal die lang verdiente Hauptwürdigung zu erhalten. Grunaus Spiel hat alle Qualitäten, ein neuer Spieleklassiker zu werden.
Wieland Herold
JUST 4 FUN
Verlag: Kosmos
Autor: Jürgen P. K. Grunau
Grafik: Claus Stephan
Alter: ab 10 Jahren
Anzahl Spieler: 2-4
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 16/2006 R129/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 68jährige Psychologe Jürgen Grunau hat über 30 Spiele veröffentlicht, viele davon im Team mit Wolfgang Kramer und Hans Raggan (KRAG-TEAM), so BLOX, das 2008 zum Spiel des Jahres nominiert war.
2006 war für Grunau das wohl erfolgreichste Jahr, mit JUST 4 FUN war er zum Spiel des Jahres nominiert und mit GIRO GALOPPO zum Kinderspiel des Jahres.
Auf dem Bild ist Grunau auf der Spiel in Essen 2004 zu sehen.
Sonntag, 1. August 2021
GEISTER
SAMMELSURIUM
Bütehorn Buchkassetten: GEISTER
Die Buchkassetten, die Ravensburger und Pelikan bis Mitte der 70er Jahre herausbrachten, waren wirtschaftlich nur bedingt Erfolge für die Verlage. Als beide Firmen ihre Reihen einstellten und die hannoverschen Pelikane dann bald auch ihre Spielproduktion, füllte die Lücke eine neue Firma aus dem Umfeld von Hannover. Die Bütehorn KG brachte ab 1976 wertige Buchschuber-Spiele unter dem Dach des Buchholz Verlags in Sarstedt bei Hannover heraus, hielt sich allerdings auch nur bis 1982 auf dem Markt.
Markenzeichen der Buchkassetten aus Sarstedt waren Klappdeckel und Druckknopf-Verschluss an einem Leinenanhänger. Heute ist das zwar eine Schwachstelle vieler in die Jahre gekommenen Spiele, damals war das aber eine originelle Idee. Die Reihe der mittleren Buchkassetten in den 80ern verzichtete dann schon auf diesen Verschluss und nutzte einen normalen Pappdeckel. Von diesen Ausgaben wurden mit der Insolvenz des Verlags einige von Hexagames übernommen. Der Verlag aus Dreieich nutzte die Spiele, um ein gutes Startprogramm neben dem Wirtschaftsspiel LONG SHORT zu haben.
Das Bütehorn-Programm war geprägt von großen, mittleren und kleinen Buchkassetten-Spielen. Daneben gab es einige Spiele in flachen Schachteln u.a. die damals sehr bekannten Ferienrallys. Prägend für die Programmgestaltung war Erik Grischeit als Produktmanager, er hatte vorher für Parker gearbeitet. Grischeit, der mit dem Schweizer Journalisten Walter Luc Haas befreundet war, holte bekanntere Autoren ins Programm. So kam er an DAMPFROSS, das in der Ausgabe von Schmidt Spiele 1984 Spiel des Jahres wurde. Auf der ersten Liste der Jury Spiel des Jahres 1979 waren gleich zwei Titel des Verlages vertreten. SETI bekam den ersten Sonderpreis für das schöne Spiel. Die Jury wollte damit zugleich auch den Buchholz-Verlag für sein Bemühen um besonders schön und aufwändig gestaltete Spiele würdigen. Neben SETI landete BLOCKADE von Sid Sackson auf der Auswahlliste. RÄUBER UND GENDARM von Rudi Hoffmann kam 1981 auf dem Bronzeplatz in diesem Jahr, hinter SAGALAND und FOCUS. 1982 schaffte es dann GEISTER von Alex Randolph auf die Liste der Jury.
GEISTER
In Randolphs Geisterschloss spuken acht gute und acht böse Geister herum. Sie bewegen sich in einem Burglabyrinth, das als 6x6 Felder großer Spielplan angelegt ist. Anfangs stehen sich die acht Geister jedes Spielers frontal in einer 2x4 Aufstellung gegenüber. Keiner weiß , welches dabei die guten, durch einen grünen Rückenstecker gekennzeichnet, und die bösen Geister sind. In dieser Bütehornfassung sind das die mit gelbem Stecker.
Für das Geisterduell hat sich Randolph drei unterschiedliche Spielziele ausgedacht. Entweder fängt einer alle guten Geister seines Gegners, oder er lässt den alle eigenen bösen Geister fangen. Schließlich gewinnt man auch noch, wenn man einen guten Geist durch das Eckzimmer ins Freie führt.
Alles funktioniert ganz simpel durch abwechselndes orthogonales Ziehen der Figuren in alle Richtungen, nur diagonale Bewegungen sind verboten. Wer in einem Raum zieht, in dem sich ein gegnerischer Geist befindet, schlägt diesen. Und dadurch entwickelt sich das spannende Geister-Duell mit Angeboten, Drohgebärden und vor allem ständigen Bluff-Versuchen.
Einfacher geht’s nicht. Es gibt aber auch kaum ein vergleichbar gutes Bluffspiel auf dem Markt, das in unendlich vielen Varianten immer wieder neu aufgelegt wurde. Später dann meist unter dem Titel DIE GUTEN UND DIE BÖSEN GEISTER (1984 von Schmidt Spiele, 1992 von Noris, 2001 von Drei Magier, 2015 von Asmodee).
Titel: GEISTER
Verlag: Bütehorn
Autor: Alex Randolph
Spielerzahl: 2
Alter: o.A. (jung und alt)
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 40.- DM
Wertung: Gerne morgen wieder
Sammelsurium 31 – S31/2021
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