Mittwoch, 16. Dezember 2020
DONNERWETTER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Wettermacher Peter Lewe
Der letzte Notanker als Gesprächsthema ist immer das Wetter. Seit einigen Jahren wird das launische Wetter aber auch häufiger als Spielthema genutzt. Am auffallendsten sicher, das vor zwei Jahren erschienene WIND UND WETTER von Dijkstra und van Dijk. Es ist nicht allzu lobend von der Kritik aufgenommen wurden und wird zur Zeit schon von Jumbo verramscht, war aber in meinen Spielkreisen immer gut angekommen. Wer es preiswert für ca. 15 DM sieht, sollte ruhig zugreifen. 1991 startet Haba in seiner grünen Familienspielreihe einen neuen Wetterballon, der vielversprechend ist.
Der Verlag hat dabei einem neuen Autoren eine Chance gegeben. Der 38jährige Peter Lewe, Physiker, der halbtags in einem Krankenhaus arbeitet, sonst sich als Hausmann um seine drei Kinder kümmert, kann sich freuen, seinen Erstling DONNERWETTER in einer rundherum gelungenen Form der Spieleöffentlichkeit zu präsentieren.
Vier Holzfrösche hüpfen aus einem Einmachglas eine Wertungsleiter empor und zeigen den aktuellen Prognose- und Endstand an. Sieger ist der Wetterprophet, der als erster mit seinem Frosch das Leiterende erreicht hat oder bei Spielende am weitesten geklettert ist. Außer den Holzfröschen gibt es noch einen zwar unnötigen, aber atmosphärisch passenden Wetterhahn, den der Spieler erhält, der gerade am Zug ist, für Kinder zumindest in der Ausprobierphase eine hübsche Idee. Jeder Spieler besitzt außerdem vier Barometersteine für die Wetterprognose und am Anfang eine Wetterkarte.
Und darum geht es: Mit Hilfe dieser Wetterkarten zum „Wettermacher" zu werden. In zwei Spielplanbereichen mit jeweils vier mal vier Feldern liegen 32 Wetterkarten verdeck auf dem Spielplan. Die Viererspalten und -reihen legen, wenn die darauf liegenden Karten im Laufe des Spiels aufgedeckt werden, die Wetterbedingungen für zugeordnete Gebäude fest. Vom schlechten über mäßiges bis zum schönen Wetter ist natürlich alles drin. Was sich über einem Haus zusammenbraut, ergibt sich aus der Zahl von weißen und schwarzen Wolken, die sich auf den Wetterkarten befinden.
Pro Spielzug wird mindestens eine der Wetterkarten aufgedeckt und Wettervoraussagen werden damit wahrscheinlicher. Vor jedem Zug dürfen alle Spieler mit ihren Barometersteinen Prognosen stellen. Entsprechend der drei Wettermöglichkelten sind alle Gebäude in drei Zonen eingeteilt, in die die Steine gelegt werden können. Vier Voraussagen pro Spieler sind danach möglich. Würde die Spielbeschreibung hier enden, wäre Lewes erste Idee ein ziemliches Glücksspiel mit ein bisschen Wahrscheinlichkeitsrechnung, sicherlich immer noch ganz nett, aber nichts für jemanden, der doch lieber steuernd in den Spielverlauf eingreifen möchte.
Vier zusätzliche Wetterkarten bringen die fehlende Steuermechanik und Spannung ins Spiel. Zu Beginn hat bei vier Spielern Jeder eine Karte auf der Hand. Diese Karte darf verdeckt gegen eine offene auf dem Spielplan eingetauscht werden, so dass man hier sein Wetter wirklich selbst machen kann. Der Austausch einer Karte mit drei weißen Wolken gegen eine (noch verdeckte) mit drei schwarzen Wolken kann alle Prognosen über den Haufen werfen, aber vielleicht die eigene zur richtigen machen. Die ausgetauschte Karte kommt, weder verdeckt, auf eine Wolkenbank, auf der im Laufe des Spiels bald vier Karten liegen, die immer wieder zum Austausch zur Verfügung stehen. Dieser MEMOteil des Spieles hat es in sich. Wer meint, dass es ganz einfach sei, sich die Wettersituation der vier Karten zu merken, der wird bei den Turbulenzen auf dieser Wolkenbank bald eines Besseren belehrt. Sind in einer Reihe alle Kärtchen aufgedeckt, wird gewertet. Für Jede richtige Prognose hüpft ein Frosch vier oder zwei Sprossen (für den zweiten richtig gesetzten Stein; frühe Prognosen werden also belohnt.) nach oben. Geht es den Spielern so, wie häufig unseren Fernsehmeteorologen, dann beginnt der Abstieg, aber nur um ein Feld. DONNERWETTER ist ein schnelles Spiel, das spätestens nach vierzig Minuten zu Ende ist. Da mit jedem Spielzug eine Karte mehr umgedeckt werden muss - das bedeutet im Übrigen beim Austausch von Karten, dass dann der Spieler zwei weitere Karten aufdecken darf, was spieltaktisch sehr wichtig ist - muss das Spiel nach 32 Spielzügen zu Ende sein. Jeder kommt bei vier Spielern also achtmal an die Reihe, bei zwei Spielern sechszehnmal, nur bei drei Spielern ist der letzte Spieler im Nachteil , da er nur zehnmal Wettermacher sein darf. Nicht ganz klar geregelt ist auch, ob die verdeckt ausgetauschte Wetterkarte im gleichen Spielzug wieder aufgedeckt werden kann, was natürlich massive Steuerungsmöglichkeiten zur Folge hätte. In Reihen, in denen nur eine Karte noch umgedeckt ist, kann damit in den meisten Fällen eine todsichere Prognose abgegeben werden. Wir haben uns darauf geeinigt, dass ausgetauschte Karten erst im nächsten Zug wieder aufgedeckt werden dürfen.
Wetterprophet sein dürfen, dazwischenfunken können, Donner und Blitz durch strahlenden Sonnenschein vertreiben, das macht alles in dem neuen Spiel von Haba und Peter Lewe viel Spaß. Über meinem Häuschen auf den Spielplan habe ich mir jedenfalls schon mein Wunschwetter für die nächsten Monate zurechtgelegt: Das Wetter mit nur einer weißen Wolke.
Wieland Herold
Titel: DONNERWETTER
Autor: Peter Lewe
Grafik/Design: Walter Matheis
Verlag: Haba
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 – 4
Spielzeit: ca. 30 Min.
Preis: ca. 49 DM
Spiel 13/1991 R173/2020
Die Rezension erschien 1991
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu dem Autor:
Peter Lewe war zwischen 1991 und 2005 ein recht erfolgreicher Autor. Gleich sein erstes Spiel, das hier beschriebene DONNERWETTER, landete 1992 auf der Auswahlliste der Jury Spiel des Jahres.
Das satirische SALUDOS AMIGOS (Goldsieber, 1996) war in aller Munde und wurde auch öffentlich von Politikern gespielt. Der Begriff (oft auch nur abgekürzt „Amigo“) wird seit dem Bestechungsskandal um den Bayerischen Ministerpräsidenten Streibl insbesondere im Zusammenhang mit der CSU als Synonym für Affären um die Verquickung von Politik und Wirtschaft verwendet.
Das Spielprinzip von DONNERWETTER hat Lewe 2001 in einer überarbeiteten Form noch einmal als GALILEO bei W&L veröffentlicht.
Lewes letzte Spielveröffentlichung war das geniale SANWÜRMCHEN mit einem Kilo Spielsand in der Pappkiste, das damals noch Johann Rüttinger bei Drei Magier Spiele herausgab.
Lewe engagierte sich von Anfang an für seine Kollegen in der SAZ. Von 2001 bis 2003 war er Vorsitzender der Zunft.
Das Foto zeigt Peter Lewe auf dem Spieleautorentreffen 2001.
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