Freitag, 3. Januar 2020
TINY TOWNS
Städtegründung sind DAS Spielethema in den letzten Monaten der Zehnerjahre. Mit dem Dorf in VILLAGERS (Kosmos) beginnt es, führt zu überschaubaren Örtchen in LITTLE TOWN (iello/HUCH!) und TINY TOWNS (Pegasus) zu modernen Großstädten mit Umweltproblemen und Kriminalität in CITIES SKYLINES (Kosmos), bis zu dampfgetriebenen Supergebilden, wie sie in STEAMOPOLIS (Corax) entstehen, oder zu Städten mit Mauern wie in ERA: DAS MITTELALTER (Pegasus).
Wir bleiben heute bei den einfachen Dimensionen, die LITTLE TOWN der Taguchis habe ich im Oktober schon gewürdigt. Peter McPhersons TINY TOWNS gefällt mir mindestens genauso gut.
Für den amerikanischen Autor aus dem Bundesstaat New York ist es die erste Veröffentlichung bei einem Spieleverlag. Seine Spielentwicklung erschien zuerst bei AEG, für die deutsche Bearbeitung zeichnen die Redakteure Martin Zeeb und Klaus Ottmaier von Pegasus verantwortlich.
Die Stadtentwicklung in TINY TOWNS läuft minimalistisch auf einem winzigen 4x4 Raster ab, trotzdem wundern sich alle am Ende, dass in den kleinen Städtchen nicht nur einige Landhäuser stehen, sondern Getreidespeicher, Schuppen, Klöster, Schenken, Theater, Fabriken und lila Türme, die einmal ein großes Mausoleum sein können, dann ein Palast oder Obelisk. Bis auf das Landhaus können alle Gebäudetypen in immer wieder neuer Variation im Spiel auftauchen. Von jeder Sorte gibt es eine Auswahl von vier Karten, die ähnliche Bau-, aber unterschiedliche Siegpunktbedingungen zur Folge haben. Die lila Gebäude werden individuell zugeordnet, wobei die Spieler unter zwei verschiedenen wählen würfen, alle anderen sind zu jederzeit für die Beteiligten baubar.
TINY TOWNS ist eine logistische Herausforderung, bei dem Ressourcenwürfel wie Holz und Stein auf dem kleinen Raster ausgelegt werden, um Baubedingungen zu erfüllen. Für das Landhaus sind so in dreieckiger Anordnung die Holzwürfel für Ziegel, Glas und Weizen nötig. Im Grundspiel werden dazu Ressourcenkarten aufgedeckt, wobei nach jeweils zwei Karten eine Ressource frei gewählt werden darf. Der Gebäudebau geschieht en passant und kann beliebig oft hintereinander stattfinden. Grenzen setzt nur das kleine Stadtraster. Daraus ergibt sich die Hauptaufgabe, denn jedes errichtete Bauwerk bringt zwar am Ende meistens Siegpunkte, nimmt aber Platz für Ressourcensteine weg. Damit wird TINY TOWNS zu einem raffinierten Puzzle, in dem die speziellen Bedingungen der jeweiligen Häuser optimal ausgenutzt werden. So sind die Landhäuser stets durch Speicher oder Bauernhäuser zu versorgen. Für viele Gebäude müssen orthogonale Angrenzungen oder das Vorhandensein bestimmter Bauten in Reihen oder Spalten beachtet werden. Manchmal zählt man aber ganz profan die Anzahl spezieller Bauwerke.
Da der Platz immer enger wird und minimal zwei Steine nötig sind, um ein Haus zu errichten, endet das Spiel individuell. Wer nicht mehr bauen kann, ist raus aus der Runde. Alle anderen dürfen weiter spielen, was durchaus noch zwei oder drei Runden dauert. Leere Felder zählen am Ende einen Minuspunkt, die Gebäude bringen die spezifischen Pluspunkte, die sich aus den jeweiligen Kartenbedingungen ergeben. Die effektivste Nutzung von Synergieeffekten führt meist zum Sieg, oft sind aber spezielle lila Türme das Zünglein an der Waage, da gibt es einige ganz starke Bauwerke, die die anderen in den Schatten stellen. So hilft der Obelisk bei der optimalen Platzausnutzung. Mit ihm muss ein Gebäude nämlich nicht auf einem der Felder der Ressourcenwürfel platziert werden, sondern darf auf ein beliebiges freies Feld gesetzt werden. Mit der Architekten-Gilde dürfen zwei Gebäude getauscht werden. Ist diese in meinem Besitz, baue ich zwei einfache Brunnen oder Schuppen und tausche sie beispielsweise in Handelsposten ein, die stets eine fiktive Ressource zum Umfeldbau mit sich bringen.
In TINY TOWNS sind alle immer voll eingebunden, es läuft ein Parallel-Spiel ab, das auf Vertrauen aller basiert. Wer sich mehr an den anderen orientieren möchte, sollte zur Hammer-Variante greifen. In der werden keine Karten für die Ressourcenwürfel aufgedeckt, sondern reihum wandert der Hammer und der jeweilige Besitzer bestimmt, was jeder nehmen darf. Meist spielen die eigenen Interessen dabei die Hauptrolle, gegen Ende schaut man aber schon, was den anderen in die Planung passt.
Durch die vielen verschiedenen Karten verläuft jedes Spiel anders. Für die ersten Runden wird eine einfache Konstellation mit vorgegebenen Häusern empfohlen, die bunte Mischung bringt dann aber erst den Reiz. Die Startpartien sind allerdings hilfreich, denn bei der Raumlogistik passieren anfangs immer Fehler, die zu späteren Blockaden führen. Da die Gebäude real als individuell gestaltete Holzhäuser auf den Plan kommen, wird TINY TOWNS außerdem zur Augenweide und besitzt haptische Qualitäten. Das wunderbare Material, die leichte Zugänglichkeit und vorhandene Spieltiefe machen aus der Idee McPhersons ein rundum ideales Familienspiel.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: TINY TOWNS
Autor: Peter McPherson
Grafik/Design: Matt Paquette
Verlag: Pegasus Spiele
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 1 – 6
Spielzeit: 30 - 45 Minuten
Preis: ca. 35 Euro
Spiel 02/2020
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