Samstag, 12. September 2015
Lauras letzte Party
Viele Köche …
Hinter dem Pseudonym J. K. Johansson verbirgt sich gleich eine ganze Gruppe von Autoren und professionellen Drehbuchschreibern für Film und TV. Die Profis liefern ein Konstrukt ab, das wenig überzeugt. Die Zutaten stimmen zwar, aber die Tiefendimension der Akteure nicht, das bleibt alles nur oberflächlich.
Da ist Miia, einst erfolgreicher TV-Star in Finnland, zuständig für alle Internetfragen und sozialen Netzwerke. Entsprechend hat sie die Polizei auch in diesen Fragen beraten. Letztlich selbst in Abhängigkeit geraten, gibt sie die medienwirksamen Aufgaben auf und zieht sich zurück in die Provinz, wo sie an ihrer alten Schule als Sozialpädagogin arbeitet.
Welches Wunder, die Arbeit läuft ihr nach. Kaum in dem Kaff Palokaski angekommen, verschwindet ein junges Mädchen nach einer Strandparty und in den sozialen Netzwerken, in die Miia in Eigenbeschränkung nur noch einmal am Tag blickt, gibt es mit Nikke nur einen Hauptverdächtigen. Der ist Psychologe an der Schule und zudem noch Miias Bruder.
Reichlich viel Zufälle auf einmal. Natürlich spielt auch die Vergangenheit mit hinein, da in Miias und Nikkes Jugend schon einmal ein durchaus ähnlich aussehendes junges Mädchen verschwand, deren Halskette wieder auftaucht. Die restlichen Zutaten aus der Kochküche der Macher von J.K. Johanson ergeben sich aus Geschäften mit Eizellenspenden, dem Druck der Boulevardpresse und wechselnden Sexpartnern der Hauptakteurin. Letztlich ein Konstrukt ohne echtes Leben, überzeugende Charaktere und echte Spannung. Viele Macher sind nicht unbedingt Garant für spannende Lektüre. Der erste Teil der geplanten Trilogie bringt den Leser nicht viel weiter, irgendwo bleibt alles unbefriedigend, auch der Cliffhanger am Ende reizt mich nicht, mir den zweiten Teil, der im September erscheint, noch anzutun.
Wertung: **
Titel: Lauras letzte Party
Verlag: Suhrkamp Verlag
Autor: J.K. Johannson
Seiten: 266 Seiten
Preis: 8,99 Euro
Der Totenzeichner
Und noch ein Zitat - und noch ein Exkurs
Wie einst bei Heinz Ehrhardt, bei dem wir immer noch 'n Gedicht vertragen konnten, reiht Etzold ein Zitat an das andere, da läuft die Klassik-Schiene von Shakespeare zu Goethe, Wagner und Nietzsche dürfen auch nicht fehlen, sogar Hitlers 'Mein Kampf' dient als Bedienungsanleitung, da muss Musik herhalten und immer wieder leiert die Orgel Etzolds Plattitüden ab, á la der Polizei seien die Hände gebunden, die kann ja gar nicht richtig ermitteln, wie gut, dass es das organisierte Verbrechen gebe und Clara Vidalis, die ermittelnde Kommissarin, nickt das sogar noch innerlich bestätigend ab.
Neunmalklug verbreitet der Autor sein Wikipedia-Wissen, was ihn immer wieder zu Exkursen heraus fordert, so werden wir über Kannibalismus und Tätowierungen aufgeklärt, auch über die damit zusammenhängenden sexuellen Komponenten. Da müssen unnötige viele Serientäter der Weltgeschichte Bleiwüsten füllen, ohne dass damit die eigentliche Handlung vorangetrieben wird. Sie können mehr als die Hälfte des Buches einfach überspringen, Ihnen entgeht dabei nichts Wesentliches. Wo ist da die Lektorin geblieben? Oder sollte unbedingt der Termin im Juli mit über 400 bluttriefenden Seiten gehalten werden? Die offensichtlichen Fehler sprechen für sich, meistens spielt die Handlung 2014, plötzlich aber 2013. Wer einen Rückblick erwartet, sieht sich getäuscht. Nervig sind auch die fast auf jeder Seite vorkommenden Anglizismen. Ein Berliner Krimi darf durchaus mal berlinern, aber nicht durchgängig denglishen. Vergessen Sie kriminalistische Logik, bis auf die mehr als detaillierten pathologischen Befunde, kein Wunder Etzolds Frau ist Rechtsmedizinerin, stimmt ermittlungstechnisch nicht viel. Da wird einer SUV-Spur nicht mit der nötigen Stringenz nachgegangen, 'Kollateralschäden' des Täters, die Beschreibungen hätten abgeben können, werden nicht befragt.
Der eigentliche Fall ist nichts für Zartbesaitete. In der Vorgeschichte wird der Sohn des Polizeichefs von Los Angeles äußerst brutal ermordet aufgefunden. Teile seines toten Hundes sind um ihn drapiert, sein Herz ist in der Küche zum Diner vorbereitet. Zehn Jahre später in Berlin ein ähnliches Szenario, diesmal trifft es einen Bandenchef einer Rockerbande, nur sein Herz kann nicht gefunden werden. Vidalis und ihr Partner Friedrich, genannt Mac Death, ermitteln erst einmal im Bandenmilieu, schnell wird klar, dass mehr dahinter stecken muss und dass beide Fälle miteinander zu tun haben müssen.
Konzentriert sich Etzold auf den eigentlichen Fall, kommt durch wechselnde Erzählperspektiven sogar Spannung auf. Auch für das Ende hat sich Autor eine überraschende Wendung ausgedacht, die nicht jedem gefallen wird. Die formalen und stilistischen Defizite lassen aber keine bessere Bewertung als schwache zwei Sterne zu.
Wertung: **
Titel: Der Totenzeichner
Verlag: Bastei Lübbe
Autor: Veit Etzold
Seiten: 432 Seiten
Preis: 9,99 Euro
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