Mittwoch, 15. Dezember 2021
WAU WAU
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
WAU WAU - das Buchstabenspiel
Thomas FITZTHUM, 50-jähriger Allrounder aus dem fränkischen Ansbach, bezeichnet sich selbst als Landart Künstler, ist Musiker, Kabarettist, Cartoonist und seit zwei Jahren auch Spieleerfinder. FITZTHUM versteht es, auf sich aufmerksam zu machen, mit einer Art Paukenschlag ist er ins Guinness Buch der Rekorde gekommen: April letzten Jahres hat er den akustischen Rekord an Schlaginstrumenten mit 113,5 Dezibel gebrochen. Nun bellt er, um in der Spieleszene wahrgenommen zu werden: Mit WAU WAU tritt er auf ROMMÉ-Basis in Konkurrenz zu SCRABBLE und Co.
Sein preiswertes Buchstabenspiel kommt in einer Metallschachtel daher, in der ein Zählblock, ein Stift und über 100 große Buchstabenkarten verpackt sind, von denen jeder der bis zu acht Spieler fünf auf die Hand erhält, der Rest wird in ROMMÉ-Manier - Zugstapel mit einer aufgedeckten Karte - bereitgehalten. Das Spielziel ist simpel, der Weg zum Ziel durchaus variantenreich. Es gilt als erster seine Karten loszuwerden. Das klappt einmal dadurch, dass man mit den Handkarten ein Wort bildet, das dann offen ausgelegt wird. Auf die ausliegende offene Karte neben dem Zugstapel können passend, steigend oder fallend, Buchstabenkarten in der Reihenfolge des Alphabets gelegt werden. Die dort ausliegende Karte darf auch aufgenommen werden, um mit ihr ein Wort zu bilden. Ebenso können schon ausliegende Worte verlängert werden, so wird aus dem „Hund“ vielleicht noch „Schund“. Wer nichts machen kann, muss eine Karte nachziehen. Er hat auch die Möglichkeit, ausliegende Worte umzulegen, so kann „Schund“ und „All“ zu „Schall“ und „und“ werden. Wer absehbar fertig wird, kündigt das mit einem überzeugenden „Wau“ an und schließt das mit dem Spieltitel ab. Wer das vergisst, muss eine Karte nachziehen. Es gewinnt der Spieler, der beim Ab- und Anlegen die meisten Punkte ergattert hat. Gewertet wird ganz einfach: Alle Vokale bringen einen Punkt, die Umlaute und die meisten Konsonanten zwei und die schweren Buchstaben XYZ drei Punkte. Diese werden sofort bei der Ablage notiert. Für schon ausliegende Worte kann doppelt kassiert werden, wenn die Zahl der angelegten Buchstaben, die der ausliegenden übertrifft, sonst zählen nur die gelegten Karten. Buchstaben, welche die Spieler am Ende noch auf der Hand halten, werden in Abzug gebracht.
Auch wenn Erwachsenenrunden über das alberne „Wau“ stöhnen, das Wortspiel des Ansbacher Autors hat seinen Reiz. Fitzthums Variationen klassische Motive kommt gerade bei älteren Spielern gut an, je mehr dabei mitspielen, umso besser läuft das Spiel. Für Vor- und Grundschulkinder gibt es einfache Varianten wie das ABC MEMORY, für das der Autor sich aus rechtlichen Gründen schnell einen anderen Namen ausdenken sollte. Seine Karten sind so angelegt, dass sie einen dreifachen Buchstabensatz enthalten, die auf MEMO-Basis ausgelegt werden. Spielziel für die Kinder ist es, vorwärts oder rückwärts als erster ein fertiges Alphabet vor sich liegen zu haben. Zu zweit ließen sich aber auch einfach nur Buchstabenpaare finden. Fitzthums Grundidee lässt unendlich viele Variationen zu. Auf seiner Homepage verweist der Autor auf POKER, ROULETTE, PUZZLE, SCHAFKOPF, BLACK JACK etc. Wow!
Titel: WAU WAU
Verlag: Gartenverlag Ansbach
Autor: Thomas Fitzthum
Graphik: Thomas Fitzthum
Spieleranzahl: 2 - 8
Alter: ab 7 Jahren
Dauer: ca. 30 - 45 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 09/2009 R 223/2021 Rezension erschien 2009 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autoren
Der 63jährige Ansbacher Land-Art-Künstler, Musiker und Autor Thomas Fitzthum ist ein kreatives Multitalent. WAU WAU, das er im von ihm gegründeten Gartenverlag ab 2008 vertrieb, blieb aber sein einziges Spiel.
Seit 2011 wird das Spiel von der Diakonie Neuendettelsau hergestellt und vertrieben, bereits seit 2009 unterstützen Studierende der Hochschule Ansbach das Spiel.
2008 wurde Fitzthums Spiel vom Studienkreis "spielen und lernen" in der Fachzeitschrift "Lernen mit Spielen" zu den 10 besten Lernspielen für Kinder ab 6 Jahren gewählt.
Auf BGG gibt es keine Wertungen zu dem Spiel.
Dienstag, 14. Dezember 2021
TOSTI
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Karten mit Durchblick
Rens Althuizen war gerade einmal neun Jahre alt, als er 2008 im niederländischen Helmond eine Frühstücksidee hatte. Die TOSTIS, die holländischen Sandwiches, kommen bei den Althuizens immer auf den Frühstückstisch, unten eine Toastscheibe und oben eine Scheibe, dazwischen Schinken und Käse, abgerundet durch Tomatenscheiben und Zwiebelringe. Warum daraus kein Spiel entwickeln, sagte sich der kleine Rens, nichts hochkarätig Taktisches, wie die Holzspiele seines Vaters, ganz einfach, vom Kind für Kinder sollte sein Spiel werden.
Mit kräftiger Unterstützung seines Vaters Martijn entstand aus der Idee wenig später ein fertiges Spiel, das sich besonders durch die transparenten Karten vom sonstigen Umfeld abhebt. Herausgekommen ist TOSTI!, ein einfaches Kartenspiel für zwei bis vier Kinder ab vier Jahren. 40 Karten mit den Ingredienzien für das Sandwich stehen in einer Plastikbox bereit: 12 Toastscheiben und jeweils sechs Zutatenkarten, vier Blankokarten - ein durchsichtiges Nichts -bringt Pfeffer auf die Tostis.
Reihum wird die vorderste Karte aus der Plastikbox gezogen, mit der versucht wird, der Zielvorgabe mit drei oder zwei fertigen Sandwiches näherzukommen. Klar, dass die Kinder nicht mit der Tomatenscheibe beginnen dürfen, es soll schon eine sinnvolle Stapelreihenfolge eingehalten werden. Ganz unten eine Toastscheibe, darüber in beliebiger Reihenfolge Schinken und Käse, darüber dann Tomaten und Zwiebeln, zum Abschluss muss erneut eine Toastscheibe gefunden werden. Die Kinder dürfen gleichzeitig an ihren Tostis arbeiten, trotzdem passen häufiger die Karten nicht. Wer dann großzügig den anderen aushilft, wird ebenso generös belohnt, indem er ein oder zwei weitere Karten ziehen darf. Sofort Schluss ist allerdings, wenn eine Blankokarte gezogen wird.
Die Transparenz der Karten lässt ansatzweise vor allem beim Spiel zu zweit Planung zu, verhindert aber das Erkennen der Blankokarten. Nach gut zehn Minuten ertönt meist der TOSTI-Ruf, der eine Spielrunde beendet, wenn vor einem Kind die zwei oder drei fertigen Sandwiches ausliegen. Die Grundidee des kleinen Rens ist wirklich ganz einfach, pfiffig wird das Spiel erst durch die vorausschauende Planung, die durch die durchsichtigen Karten möglich wird. Regellücken sollten großzügig ausgelegt werden. So können nach der deutschen Regel auch bei einer verschenkten Toastscheibe zusätzlich Karten gezogen werden, was in der holländischen und englischen Fassung ausdrücklich untersagt wird. Lässt man es zu, beschleunigt dies das Spiel beträchtlich. Auch wenn schwer einzuschätzen ist, wieviel Unterstützung Vater Martin bei der Umsetzung des fertigen Spiels noch geleistet hat, Rens Althuizen kann stolz auf seinen Spieleerstling sein. Bringen wir doch ein Toast auf ihn aus – mit Orangensaft versteht sich.
Titel: TOSTI!
Verlag: SPLLN
Autoren: Martijn Althuizen, Rens Althuizen
Graphik: Marius Althuizen
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 4 Jahren
Dauer: ca. 10 Min.
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 08/2009 R 222/2021 Rezension erschien 2009 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zu den Autoren
Für Rens blieb es das einzige Spiel in seiner bisherigen Autorenkarriere. Er ist ja aber erst 22 Jahre alt.
Sein Vater liebte die kleinen taktischen Spiele. BGG verzeichnet immerhin 18 Spieleveröffentlichungen von ihm. Leider ist er 2020 verstorben.
TOSTI! wird auf BGG mit einem Rating von 6,5 geführt (Stand 27.11.21).
Sonntag, 12. Dezember 2021
ISOLA
SAMMELSURIUM
Ravensburger Traveller-Serie: ISOLA
Neben der Casino-Serie war die Traveller-Reihe in den 70er Jahren besonders beliebt. Sie erschien in zwei Schachtelformaten, zuerst als flache Ausgabe (202x202x28 mm; 1972 und 1973) und als etwas kleinere dickere Schachtel (190x190x36 mm; 1973-1978). Diese Schachtelform setzte sich durch und diente auch der Veröffentlichung weiterer Titel. Zur Serie gezählt werden aber nur Titel mit dem Logo „traveller serie“. Die Spiele in der Reihe waren fast durchweg Spiele für zwei Personen, meist taktische Spiele mit geringem Glücksanteil.
In der Reihe veröffentlichte Alex Randolph die meisten Spiele, zum Teil wie auch in der Casino-Serie unter dem Pseudonym L.W. Bones (PEGGINO). Daneben erschienen Klassikerausgaben wie REVERSI, GO und GOBANG, TANGRAM, SOGO und 3x16, das alte NÜMMERCHEN.
Herausragend sind für mich die Randolph-Spiele WÖRTERKLAUER, BANDA und HEPTA. Immer wieder gut ist RACKO, das es aber auch in vielen anderen Ausgaben von Ravensburger gibt.
ISOLA
Der Autor Bernd Kienitz hat es nur ganz isoliert zu einer einzigen Spieleveröffentlichung geschafft. Sein ISOLA erschien 1972 zuerst in der Traveller-Reihe und wurde dann 1980 noch einmal in einer etwas größeren Schachtel von Ravensburger verlegt.
ISOLA ist das typische Zweipersonen Taktikspiel, das genau in die Traveller-Reihe passt. Zu Spielbeginn werden 46 gelbe Holzspielsteine auf ein 6x8 Raster gelegt. Zwei Felder bleiben frei, dort stehen die Spielfiguren der beiden Kontrahenten.
Die Spieler bewegen sich überwiegend auf den gelben Steinen, dort können sie sich in jede beliebige Richtung wie der König im Schach um jeweils ein Feld bewegen. Die beiden grünen Ausgangsfelder können ebenfalls besetzt werden. Entscheidend in ISOLA ist, dass nach der Bewegung ein gelber Stein vom Spielfeld entfernt wird, dadurch soll der Gegner letztlich isoliert und bewegungsunfähig werden. Derjenige, der das zuerst schafft, gewinnt das Spiel.
ISOLA lässt sich auch umgekehrt spielen, indem alle mit einem leeren Spielfeld starten, auf das nach jedem Zug ein Spielstein gelegt werden muss. Wer zum Schluss kein freies Feld mehr für seine eigene Figur findet, verliert diese Variante.
Die 80er-Fassung von ISOLA war deutlich aufwändiger produziert. Die gelben Steine, diesmal aus Plastik, wurden nur lose in ein Gitterraster gelegt und konnten nach unten rausgedrückt werden. Die Löcher führten die Isolation deutlicher vor Augen.
ISOLA besitzt Tiefe und gehört zu den guten Strategiespielen der Traveller-Reihe. Für Grundschulkinder ist es auch heute noch gut geeignet, um sie an dieses Genre heranzuführen. BGG führt ISOLA auf Rang 773 bei den abstrakten Spielen mit einem Rating von 5,7 (Stand 26.11.21).
Titel: ISOLA
Autor: Bernd Kienitz
Grafik: o.A.
Verlag: Ravensburger
Spielerzahl: 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 20 DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 50 – S50/2021
Mittwoch, 8. Dezember 2021
Surakarta
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Edition SOS Kinderdörfer - Spiele aus aller Welt
Ein stolzes Vorhaben: 20 Spiele aus aller Welt sollen in der Edition SOS Kinderdörfer erscheinen. Fast ein kulturgeschichtlicher Rundgang, den sich Grubbe Media in Kooperation mit SOS Kinderdörfern vorgenommen hat, ein kleiner realer Spaziergang durch einige Highlights aus Gloneggers DAS SPIELEBUCH. Für die Reihe haben Kinder aus aller Welt ihre Lieblingsspiele vorgeschlagen und der Münchner Verlag setzt diese Vorschläge in Etappen um. Die Edition startet mit acht Spielen aus Indonesien, Japan, Kenia, Korea, Mexiko, Rumänien, Sierra Leone und Tahiti.
Gerhard Grubbe zeichnet zusammen mit Björn Hölle verantwortlich für den neuen Verlag. Hölle (HEXENTANZ u.a.) bringt als Spieleautor und Kommunikationsdesigner den nötigen spielerischen Hintergrund für die Entwicklung der Reihe mit. Eigentlich wollte Hölle ein großes Brettspiel rund um die SOS Kinderdörfer entwickeln, übrig blieb die Idee, das Netzwerk der Kinderdörfer mit einer Spielesammlung aus den jeweiligen Ländern zu verbinden.
Ein einheitliches Schachtelformal, zwischen Mitbringspiel und mittleren Familienspiel angesiedelt, ein buntes kindorientiertes Design, kleine Spielpläne und funktionales Spielmaterial, Regeln mit Tipps und Tricks und Hinweisen auch für Varianten zeichnen alle bisher erschienenen Spiele aus. Außerdem enthält jedes Spiel Hinweise auf die soziale Lage der Kinder in den Ländern, aus denen die spiele kommen, manchmal ergänzt durch Geschichten aus einem SOS Kinderdorf. Für 15€ kann man die Spiele erwerben und spendet damit gleichzeitig einen Euro für die SOS Kinderdörfer.
Bekanntes und Unbekanntes enthält die Startedition. So sind viele Klassiker unter den ersten Spielen, zum Beispiel SURAKARTA, ein Muschelduell aus Indonesien. Dort wird es heute immer noch mit Muscheln im Sand gespielt, auf Java steht dieses Muschelduell Synonym für das Spiel und heißt auch so. Der besondere Pfiff von SURAKARTA ergibt sich aus der Schlagregel. Die Spielsteine werden nicht wie im DAME- Spiel übersprungen, sondern müssen genau getroffen werden, wobei der schlagende Stein vorher einen Bogen über einen der acht Spielplankreise geschlagen haben muss. Diese besonderen Spielzüge zeichnet SURAKARTA aus.
Langfristige Vorausplanungen sind schwierig, auch die Konzentration auf das Spielfeld mit seinen Optionen fällt stärker aus als in anderen Spielen, da man auch rücklings über die Kreise geschlagen werden kann. SURAKARTA ist ein durchaus anspruchsvolles Strategiespiel¸ das Ravensburger im Rahmen seiner Casino-Serie schon einmal 1972 herausbrachte.
Bedauerlich ist, dass Grubbe Media sich nicht auch vom Material an die Ursprünge anlehnt, echte Muscheln wären einfach passender gewesen als runde Holzsteine.
Titel: SURAKARTA
Verlag: Grubbe Media – Edition SOS KINDERDÖRFER
Autor:
Graphik:
Spieleranzahl: 2
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: 20 Min.
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 3/2010 R 217/2021 Rezension erschien 2010 unter www.spiel-und-autor.de
Dienstag, 7. Dezember 2021
CULEBRA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Edition SOS Kinderdörfer - Spiele aus aller Welt: CULEBRA
Ein stolzes Vorhaben: 20 Spiele aus aller Welt sollen in der Edition SOS Kinderdörfer erscheinen. Fast ein kulturgeschichtlicher Rundgang, den sich Grubbe Media in Kooperation mit SOS Kinderdörfern vorgenommen hat, ein kleiner realer Spaziergang durch einige Highlights aus Gloneggers DAS SPIELEBUCH. Für die Reihe haben Kinder aus aller Welt ihre Lieblingsspiele vorgeschlagen und der Münchner Verlag setzt diese Vorschläge in Etappen um. Die Edition startet mit acht Spielen aus Indonesien, Japan, Kenia, Korea, Mexiko, Rumänien , Sierra Leone und Tahiti.
Gerhard Grubbe zeichnet zusammen mit Björn Hölle verantwortlich für den neuen Verlag. Hölle (HEXENTANZ u.a.) bringt als Spieleautor und Kommunikationsdesigner den nötigen spielerischen Hintergrund für die Entwicklung der Reihe mit. Eigentlich wollte Hölle ein großes Brettspiel rund um die SOS Kinderdörfer entwickeln, übrig blieb die Idee, das Netzwerk der Kinderdörfer mit einer Spielesammlung aus den jeweiligen Ländern zu verbinden.
Ein einheitliches Schachtelformal, zwischen Mitbringspiel und mittleren Familienspiel angesiedelt, ein buntes kindorientiertes Design, kleine Spielpläne und funktionales Spielmaterial, Regeln mit Tipps und Tricks und Hinweisen auch für Varianten zeichnen alle bisher erschienenen Spiele aus. Außerdem enthält jedes Spiel Hinweise auf die soziale Lage der Kinder in den Ländern, aus denen die spiele kommen, manchmal ergänzt durch Geschichten aus einem SOS Kinderdorf. Für 15€ kann man die Spiele erwerben und spendet damit gleichzeitig einen Euro für die SOS Kinderdörfer.
Bekanntes und Unbekanntes enthält die Startedition. So sind viele Klassiker unter den ersten Spielen, zum Beispiel der mexikanische Schlangenkampf CULEBRA. In dieser strategischen Herausforderung belauern sich zwei Spieler mit auf dem Spielplan stehenden Steinen wie zwei kämpfende Schlangen. CULEBRA gehört zur Familie der DAME-Spiele.
Der längliche Spielplan wird zwischen den Spielen aufgeklappt. Jeder erhält 23 Spielfiguren, Holzsteine, die als schmale Kegel daherkommen und wie Zwergenmützen aussehen. Alle Figuren kommen auf die Schnittpunkte des Gitterfeldes, das über zwei Schlangen gelegt ist. Nur drei Felder bleiben frei. Die Spieler ziehen abwechselnd auf freie Punkte. Wird ein gegnerischer Stein übersprungen, kommt er wie bei DAME aus dem Spiel. Auch Kettensprünge sind möglich. Es besteht Sprungzwang.
CULEBRA endet, wenn ein Spieler alle seine Figuren verloren hat oder nur noch so wenig auf dem Spielplan stehen, dass bei drei aufeinanderfolgenden Zügen sich keine Schlagmöglichkeit ergibt. Der Spieler, der die meisten Steine erbeuten konnte, gewinnt in diesem Fall.
Titel: CULEBRA
Verlag: Grubbe Media – Edition SOS KINDERDÖRFER
Autor:
Graphik:
Spieleranzahl: 2
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: 20 Min.
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 1/2010 R 217/2021 Rezension erschien 2010 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Sonntag, 5. Dezember 2021
WÖRTERKLAUER
SAMMELSURIUM
Ravensburger Traveller-Serie: WÖRTERKLAUER
Neben der Casino-Serie war die Traveller-Reihe in den 70er Jahren besonders beliebt. Sie erschien in zwei Schachtelformaten, zuerst als flache Ausgabe (202x202x28 mm; 1972 und 1973) und als etwas kleinere dickere Schachtel (190x190x36 mm; 1973-1978). Diese Schachtelform setzte sich durch und diente auch der Veröffentlichung weiterer Titel. Zur Serie gezählt werden aber nur Titel mit dem Logo „traveller serie“. Die Spiele in der Reihe waren fast durchweg Spiele für zwei Personen, meist taktische Spiele mit geringem Glücksanteil.
In der Reihe veröffentlichte Alex Randolph die meisten Spiele, zum Teil wie auch in der Casino-Serie unter dem Pseudonym L.W. Bones (PEGGINO). Daneben erschienen Klassikerausgaben wie REVERSI, GO und GOBANG, TANGRAM, SOGO und 3x16, das alte NÜMMERCHEN.
Herausragend sind für mich die Randolph-Spiele WÖRTERKLAUER, BANDA und HEPTA. Immer wieder gut ist RACKO, das es aber auch in vielen anderen Ausgaben von Ravensburger gibt.
WÖRTERKLAUER
Von Randolphs Spiel WÖRTERKLAUER existieren in der Traveller Serie zwei Ausgaben, eine blaue von 1975 und eine braune von 1978, auf die ich mich hier beziehe. In diese Ausgabe hat eine Sanduhr Einzug gehalten, die das Spiel anspruchsvoller werden lässt.
Randolphs Spiel fußt auf den Kreuzwort-Rätseln. Das Spannende an seiner Idee, im Duell muss immer der nachziehende Spieler besser sein als sein Kontrahent. Die 100 Buchstaben sind deshalb auf der einen Seite rot, auf der anderen grün. Wer beginnt, zieht sieben Buchstabenkärtchen aus einem Säckchen, legt dann ein Wort in seiner Farbe. Sein Gegner zieht nur fünf Buchstaben und muss damit mindestens ein neues Wort legen, wobei er auch das vorhandene oder später die vorhandenen verändern darf. Die Buchstaben eines geklauten Wortes werden umgedreht. Nach jedem Zug wird geprüft, von welcher Farbe mehr Steine auf dem Brett sind. Schafft es der aktive Spieler nicht, die Mehrheit zu erreichen, hat er verloren. Man gewinnt auch, wenn man in den 9x8 Kreuzwortraster es schafft, 27 eigene Steine zu platzieren.
Die Sanduhr lässt den Spielern drei Minuten Überlegungszeit, wer schneller ist, kann Chips bis zu einer Maximalzeit von fünf Minuten erwerben. Wer es in der vorgegebenen Zeit nicht schafft, seinen Zug zu beenden hat automatisch verloren. Dass nach der Startsituation die nachzuziehenden Buchstaben erwürfelt werden, gefällt nicht jedem. Wer immer nur wenige Plättchen bekommt, hat es schwer die Dominanz zu erreichen.
WÖRTERKLAUER ergibt durch das ständige Überbietenmüssen trotzdem ein spannendes Hin und Her, das schon sieben Jahre später als JAGO bei Spear eine Neuauflage erlebte, die die Jury „Spiel des Jahres“ mit einer Auszeichnung auf ihrer Auswahlliste würdigte.
Zuletzt ist WÖRTERKLAUER 2015 bei Steffen Spiele erschienen mit Regelvarianten, die Steffen Mühlhäuer ergänzt hat.
Titel: WÖRTERKLAUER
Autor: Alex Randolph
Grafik: o.A.
Verlag: Ravensburger
Spielerzahl: 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 10-30 Minuten
Preis: ca. 20 DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 49 – S49/2021
Donnerstag, 2. Dezember 2021
REISEFIEBER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Weltreise mit Reader‘s Digest
Das REISEFIEBER gepackt hat die Reader‘s Digest-Redaktion, die geschickter als Westermann, eine Spielredaktion eines bekannten Verlages und einen nicht ganz unbekannten Spieleautor mit der Umsetzung beauftragt hat. Die Produktion lag damit im Berliner Hand bei Schmidt Spiele und Hartmut Kommerell.
Noch deutlich größer dimensioniert ist die mit kleinen Kreisen überzogene Weltkarte in REISEFIEBER. Wie die WELTREISE von Westermann ist REISEFIEBER letztlich als Quizspiel angelegt. Die Bewegung der Spielfiguren geschieht aber realer auf der Weltkarte und wirkt sich von der Spielstrategie und der damit verbundenen Spielspannung positiver aus. Die Reisenden erhalten zwischen sieben und 20 Zielkarten je nach Spielerzahl. Auch der Startort wird zufällig vermittelt. Von hier aus muss die Reise über alle Kontinente angetreten werden. Entsprechend der Ziele sollte die Tour logistischen Planüberlegungen folgen, dafür gibt es unterschiedliche Reisemöglichkeiten mit Tickets für Bus, Schiff und Flugzeug, die neben einer normalen Würfelaktion Zusatzbewegungen ermöglichen.
REISEFIEBER ist dadurch zwar ein echtes Laufspiel, letztlich aber auch stark würfelabhängig wie die WELTREISE. Meist wird gewürfelt und die Fortbewegung auf dem Lande, mit dem Bus, auf dem Wasser, mit dem Schiff und in beiden Regionen mit dem Flugzeug über die entsprechenden Feldpunkte vollzogen. Vor und nach dem Wurf dürfen die Tickets eingesetzt werden, von denen jeder am Anfang sich vier aussuchen darf. Sobald ein Ziel erreicht wird, kommen die Quizkarten ins Spiel, die jeweils drei Antwortvorgaben enthalten. Das Pfiffige daran ist, dass die Karte nicht von dem Spieler beantwortet werden muss, der das Ziel erreicht hat, sondern dass die Frage an die Mitspieler gerichtet wird. Für die Beantwortung der Fragen gibt es drei Antwortkärtchen. Bei richtiger Antwort darf ein neues Ticket genommen werden. Auch der Fragende kann ein Ticket gewinnen, wenn er auf die richtige Antwort tippt, müssen alle anderen sie auch richtig haben. Wenn er eine falsche Antwort wählt, erhält er ein Ticket, wenn ebenfalls ein weiterer Spieler diese falsche Lösung getippt hat. Das Spiel endet, sobald ein Spieler in seinem letzten Zielort angekommen ist.
Die Qualität der Quizfragen ist gut, entspricht mindestens dem Niveau der Diercke-Fragen. Hinzu kommt, dass ein Extrastapel von Ereigniskarten, von dem bei einem gewürfelten Fragezeichen gezogen werden muss, eine Reihe von Schätzfragen enthält. Diese Karten können zusätzlich Boni, aber auch Nachteile bringen, manche verlangen kommunikative Leistung, wie einen Kurzvortrag über ein Reiseziel. Das Spielmaterial entspricht dem hohen Diercke-Niveau, führt aber bei dreifach höherer Kartenzahl und größerem Spielplan zu einem doppelt so hohen Preis. REISEFIEBER packt trotzdem die Mitreisenden deutlich mehr als die WELTREISE, die mit der Atlasvariante dafür den Geographieunterricht bereichert.
Titel: REISEFIEBER
Verlag: Reader’s Digest
Autor: Hartmut Kommerell
Graphik: o.A.
Spieleranzahl: 2-6
Alter: ab 12 Jahren
Dauer: 60 Min.
Preis: ca. 60 Euro
Spiel 3/2009 R 213/2021 Rezension erschien 2009 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 55jährige Hartmut Kommerell, der in Berlin lebt und arbeitet, ist spezialisiert auf taktische Schmankerl für zwei Spieler. Kommerell hat rund 40 Spiele veröffentlicht.
DIE SEIDENSTRASSE war 1998 sein erstes großes Spiel. Kommerell engagiert sich über das Spieleerfinden hinaus sehr für die SAZ. Seit 2015 arbeitet er im Vorstand der Autorenzunft mit und ist seit 2017 deren erster Vorsitzender.
Im Bild sehen wir ihn 2005 auf dem Spieleautorentreffen in Göttingen.
Sein Reisespiel wird auf BGG mit einer 5,7 bewertet, allerdings haben nur 7 User eine Wertung abgegeben (Stand 23.11.21).
Montag, 29. November 2021
GEMBLO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Wer BLOKUS kennt, kennt GEMBLO
Nichts Neues also, was Schmidt 2009 in Nürnberg präsentierte. Zumal GEMBLO, aus Korea stammend, seit 2005 auf dem Weltmarkt ist und bisher von der südkoreanischen Firma Dagoy Games (DG) vertrieben wurde. 2007 wurde es erstmalig auf der Spiel in Essen präsentiert. Diese Form der taktischen Legespiele gehört wohl inzwischen in jedes Verlagsprogramm. Winning Moves hatte BLOKUS, nun freut sich Mattel über diesen Dauerbrenner. Kosmos hat um das erfolgreiche EINFACH GENIAL eine ganze Reihe aufgebaut, bei der neben Knizias Spiel besonders UBONGO erfolgreich ist, auch Ravensburger mischt nun kräftig mit und schickt mit FITS einen reizvollen TETRIS-Ableger ins Rennen. Kein Wunder, dass Schmidt für sein Portfolio eine Alternative sucht, zumal die Berliner Firma im letzten Jahr mit dem UBONGO-Klon CODE OMEGA keine Lorbeeren ernten konnte.
Diesmal lehnt sich Schmidt mit dem Spiel von Justin Oh also an BLOKUS an. Das Spielbrett ist wie bei BLOKUS TRIGON ein Sechseck, die Spielsteine unterscheiden sich allerdings deutlich. Die GEMBLO-Steine bestehen aus 108 Sechseckteilen in sechs Farben, die ähnlich wie beim Vorbild in unterschiedlichen Formen aus ein bis fünf Sechsecken zusammengefügt sind. Fairerweise muss an dieser Stelle festgestellt werden, dass die Sechseck-Variante von BLOKUS durchaus sogar von GEMBLO beeinflusst sein könnte, da diese erst 2006 auf den Markt kam. Die Grundidee des raumgewinnenden Legens, das den Gegner einschränkt, eigene Raumoptionen letztlich eröffnen soll, stammt aber von dem 2000 veröffentlichten BLOKUS. Damit ein Plagiatsvorwurf nicht greift, gibt es selbstverständlich eine andere Legeregel: müssen die BLOKUS-Steine sich über Eck berühren, dürfen dies die GEMBLO-Steine gerade nicht.
Abhängig von der Spielerzahl wird GEMBLO auf dem ganzen Brett oder in Teilbereichen gespielt. Die entsprechenden Markierungen zu erkennen, ist anfangs etwas mühsam, man gewöhnt sich aber daran. Jeder startet mit einem beliebigen Spielstein von einem zugeordneten Eckfeld aus. Ab dem zweiten Stein gelten die anderen Legeregeln. Es wirkt schon etwas arg an den Haaren herbeigezogen, wenn diese Regel besagt, dass direkte Berührung der eigenen Steine untersagt wird, aber trotzdem eine Abstands- oder „Nähe“-Regel zu berücksichtigen ist. Der neu gelegte Stein muss im Abstand von exakt einem Feld von einem vorhergelegten eigenen Stein gesetzt werden. Damit sind die Unterschiede beschrieben, gespielt wird, wie gewohnt, bis kein Spielstein mehr gelegt werden kann. Sieger ist der, der die meisten Steine loswerden konnte.
Alle Vorzüge, die für BLOKUS gelten, darf auch GEMBLO für sich beanspruchen: Ein schneller Spielzugang durch die einfachen Regeln, eine überschaubare Spieldauer, die Revancherunden zulässt, durchaus attraktives Spielmaterial, wobei der ästhetische Mondrian-Effekt von BLOKUS sich bei dem Farbgewirr von GEMBLO nicht einstellen kann. Dafür ermöglicht die Farb- und Formvielfalt Puzzleaufgaben für das Solospiel und lässt auch Raum für die eigene Kreativität. Ein weiterer Vorzug liegt in der größeren Spieleranzahl, da nun fünf und sechs Spieler das Spielbrett füllen können. Persönlich gefällt mir das Original weiterhin besser, GEMBLO ist letztlich unübersichtlicher, wirkt irgendwie konstruierter und hinkt damit bis auf wenige Ausnahmen dem Vorläufer hinterher. Wer BLOKUS noch nicht kennt, wird mit GEMBLO zufrieden sein, aber wer kennt schon BLOKUS nicht?
Titel: GEMBLO
Verlag: Schmidt
Autor: Justin Oh
Graphik:
Spieleranzahl: 1-6
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: 20 Min.
Preis: ca. 29 Euro
Spiel 1/2009 R 211/2021 Rezension erschien 2009 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Justin Oh gehört zu den bekanntesten Spieleautoren Südkoreas. Für GEMBLO hat er 2003 den Verlag Gemblo Inc. gegründet, der knapp 30 Spiele von ihm in den letzten 18 Jahren veröffentlichte, ein Drittel davon GEMBLO-Varianten.
Neben GEMBLO ist in Deutschland vor allem sein KLING KLANG KLUNKER bekannt, das 2015 bei Pegasus erschien.
GEMBLO wird im Augenblick mit einer Wertung von 6,8 auf Platz 92 bei den abstrakten Spielen geführt (Stand 18.11.21), damit liegt es 48 Plätze hinter BLOKUS.
Das Foto stammt von Jon, User EYE of NIGHT auf BGG, und darf mit seiner Genehmigung hier benutzt werden.
Sonntag, 28. November 2021
ALCAZAR
SAMMELSURIUM
Ravensburger Traveller-Serie: ALCAZAR
Neben der Casino-Serie war die Traveller-Reihe in den 70er Jahren besonders beliebt. Sie erschien in zwei Schachtelformaten, zuerst als flache Ausgabe (202x202x28 mm; 1972 und 1973) und als etwas kleinere dickere Schachtel (190x190x36 mm; 1973-1978). Diese Schachtelform setzte sich durch und diente auch der Veröffentlichung weiterer Titel. Zur Serie gezählt werden aber nur Titel mit dem Logo „traveller serie“. Die Spiele in der Reihe waren fast durchweg Spiele für zwei Personen, meist taktische Spiele mit geringem Glücksanteil.
In der Reihe veröffentlichte Alex Randolph die meisten Spiele, zum Teil wie auch in der Casino-Serie unter dem Pseudonym L.W. Bones (PEGGINO). Daneben erschienen Klassikerausgaben wie REVERSI, GO und GOBANG, TANGRAM, SOGO und 3x16, das alte NÜMMERCHEN.
Herausragend sind für mich die Randolph-Spiele WÖRTERKLAUER, BANDA und HEPTA. Immer wieder gut ist RACKO, das es aber auch in vielen anderen Ausgaben von Ravensburger gibt.
ALCAZAR
ALCAZAR von Martin Davison gehört zu den letzten Spielen dieser Reihe, die 1978 erschienen sind. Es ist das erste Spiel von Davison, der danach aber noch MACAO (1982) und DAS SCHMETTERLINGSSPIEL für Ravensburger veröffentlicht hat. 1984 erschien dann noch CATS‘ MANSION u.a. bei Spear und Schmidt.
Davisons Traveller-Spiel lebt atmosphärisch von der dreidimensionalen Burgturmlandschaft, die das Spielfeld mit 25 Türmen ausmacht, die an den Eckfeldern eines Rasters von 4x4 Feldern stehen. Die beiden Kontrahenten besitzen jeweils eine große Ritterfigur, mit der sie bis zum Eckfeld des Gegners vorzudringen versuchen. Möglich ist auch der Spielsieg, indem man einfach den Gegner einschließt. Dafür dienen acht Mauern, die einfach in die Turmzinnen eingehängt werden. In der Startsituation schützen sie den jeweils eigenen Startbereich, was gleichzeitig auch bedrohend sein kann, da jede Mauer von jedem Spieler bewegt werden darf.
Wer am Zug ist setzt seinen Ritter, was spätestens beim dritten Mal passieren muss. Die Ritter ziehen orthogonal nur ein Feld weit. Das Versetzen der Mauern geschieht schwingend um die beiden Türme herum, an denen sie hängen. Man wählt einen Turm und versetzt die Mauer um 90 °, 180 ° oder 270°. Diese Mauerbewegungen können den Gegner einengen, eventuell sogar einschließen. Da der Spielfeldrand automatisch als Mauer zählt, sollten die Ritter sich schon eher zentral bewegen, da der Gegner dann vier Mauerteile oder mit dem eigenen Ritter für die Umzingelung braucht. Gelingt das, ist das Spiel beendet. Sonst steht der Sieger nur dann fest, wenn der Gegner das feindliche Ausgangsfeld erreicht. Was theoretisch gar nicht so schwer scheint, da es nur sechs Schritte bis dorthin sind, wenn denn da nicht die Mauern wären.
Das Spiel beginnt spannend, da schon die vier Mauern am Anfang mehr Bedrohung als Schutz darstellen. Jederzeit muss man bedenken, dass jede Mauerwendung auch Schaden für den eigenen Ritter bedeuten kann. Es macht schon Sinn schnell loszumarschieren, da das Ziel erreichbar scheint. Wer gute räumliche Vorstellungen hat, besitzt sicherlich Vorteile bei ALCAZAR.
Ein attraktiv umgesetztes Spiel, das auf die Dauer aber doch redundant wird. Der Mensa Select Gewinner 1997 QUORIDOR erinnert etwas an ALCAZAR.
Titel: ALCAZAR
Autor: Martin Davison
Grafik: o.A.
Verlag: Ravensburger
Spielerzahl: 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15-20 Minuten
Preis: ca. 20 DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 48 – S48/2021
Ravensburger Traveller-Serie: ALCAZAR
Neben der Casino-Serie war die Traveller-Reihe in den 70er Jahren besonders beliebt. Sie erschien in zwei Schachtelformaten, zuerst als flache Ausgabe (202x202x28 mm; 1972 und 1973) und als etwas kleinere dickere Schachtel (190x190x36 mm; 1973-1978). Diese Schachtelform setzte sich durch und diente auch der Veröffentlichung weiterer Titel. Zur Serie gezählt werden aber nur Titel mit dem Logo „traveller serie“. Die Spiele in der Reihe waren fast durchweg Spiele für zwei Personen, meist taktische Spiele mit geringem Glücksanteil.
In der Reihe veröffentlichte Alex Randolph die meisten Spiele, zum Teil wie auch in der Casino-Serie unter dem Pseudonym L.W. Bones (PEGGINO). Daneben erschienen Klassikerausgaben wie REVERSI, GO und GOBANG, TANGRAM, SOGO und 3x16, das alte NÜMMERCHEN.
Herausragend sind für mich die Randolph-Spiele WÖRTERKLAUER, BANDA und HEPTA. Immer wieder gut ist RACKO, das es aber auch in vielen anderen Ausgaben von Ravensburger gibt.
ALCAZAR
ALCAZAR von Martin Davison gehört zu den letzten Spielen dieser Reihe, die 1978 erschienen sind. Es ist das erste Spiel von Davison, der danach aber noch MACAO (1982) und DAS SCHMETTERLINGSSPIEL für Ravensburger veröffentlicht hat. 1984 erschien dann noch CATS‘ MANSION u.a. bei Spear und Schmidt.
Davisons Traveller-Spiel lebt atmosphärisch von der dreidimensionalen Burgturmlandschaft, die das Spielfeld mit 25 Türmen ausmacht, die an den Eckfeldern eines Rasters von 4x4 Feldern stehen. Die beiden Kontrahenten besitzen jeweils eine große Ritterfigur, mit der sie bis zum Eckfeld des Gegners vorzudringen versuchen. Möglich ist auch der Spielsieg, indem man einfach den Gegner einschließt. Dafür dienen acht Mauern, die einfach in die Turmzinnen eingehängt werden. In der Startsituation schützen sie den jeweils eigenen Startbereich, was gleichzeitig auch bedrohend sein kann, da jede Mauer von jedem Spieler bewegt werden darf.
Wer am Zug ist setzt seinen Ritter, was spätestens beim dritten Mal passieren muss. Die Ritter ziehen orthogonal nur ein Feld weit. Das Versetzen der Mauern geschieht schwingend um die beiden Türme herum, an denen sie hängen. Man wählt einen Turm und versetzt die Mauer um 90 °, 180 ° oder 270°. Diese Mauerbewegungen können den Gegner einengen, eventuell sogar einschließen. Da der Spielfeldrand automatisch als Mauer zählt, sollten die Ritter sich schon eher zentral bewegen, da der Gegner dann vier Mauerteile oder mit dem eigenen Ritter für die Umzingelung braucht. Gelingt das, ist das Spiel beendet. Sonst steht der Sieger nur dann fest, wenn der Gegner das feindliche Ausgangsfeld erreicht. Was theoretisch gar nicht so schwer scheint, da es nur sechs Schritte bis dorthin sind, wenn denn da nicht die Mauern wären.
Das Spiel beginnt spannend, da schon die vier Mauern am Anfang mehr Bedrohung als Schutz darstellen. Jederzeit muss man bedenken, dass jede Mauerwendung auch Schaden für den eigenen Ritter bedeuten kann. Es macht schon Sinn schnell loszumarschieren, da das Ziel erreichbar scheint. Wer gute räumliche Vorstellungen hat, besitzt sicherlich Vorteile bei ALCAZAR.
Ein attraktiv umgesetztes Spiel, das auf die Dauer aber doch redundant wird. Der Mensa Select Gewinner 1997 QUORIDOR erinnert etwas an ALCAZAR.
Titel: ALCAZAR
Autor: Martin Davison
Grafik: o.A.
Verlag: Ravensburger
Spielerzahl: 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15-20 Minuten
Preis: ca. 20 DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 48 – S48/2021
Samstag, 27. November 2021
KINGS & CREATURES
KINGS & CREATURES
Nicko Böhnke startet als Spieleautor durch. Gleich auf drei Erstveröffentlichungen bringt er es 2021. Zweimal ist er bei HUCH! mit FABULA RASA: CRIME und SEEMANNSGARN vertreten, einmal bei Zoch mit KINGS & CREATURES.
In einer sagenhaften Ritterwelt mit Burgen, Königen, Schatztruhen, Fabelwesen und tapferen Recken, die wir auf 110 Karten wiederfinden, spielt sich ein „Kräftemessen der Heroen“ ab. Über fünf Spielrunden versucht jeder, seine Auslage zu optimieren. Im Idealfall hat dann jeder neben seiner Burg 15 Karten vor sich liegen.
Sämtliche Karten sind durchnummeriert, was den Spielablauf steuert. Jeder startet mit einer Schlosskarte, der Besitzer der Burg mit der „1“ beginnt. Spielerabhängig liegt eine bestimmte Anzahl von Karten offen aus, von denen dieser Burgbesitzer eine auswählt. Da gibt es die Helden, Ritterfiguren, die nach jeder Runde gewertet werden. Dann die Fabelwesen, die so viele Punkte bringen, wie man verschiedene Wesen sammeln konnte. Wer fünf von den sechs Wundertieren am Ende hat, dessen Karten sind damit jeweils fünf Punkte wert. Bei den Legenden-Karten geht es darum, eine bestimmte Anzahl verschiedener Kartenwerte zu sammeln, das bringt dann Siegpunkte. Am einfachsten sind die Schätze zu berechnen, da zählt nur der aufgedruckte Siegpunktwert. Bleiben noch die Könige, die Herrscher einer Kartensorte sind. Punkte bringen sie stets nur im Mehrheitsvergleich mit dem linken und rechten Nachbarn. Ebenso werden die Ritter Runde für Runde gewertet, wobei es aber immer mehr zu gewinnen gibt, sodass durchgehende Ritterdominanz am Ende mit 30 Ruhmespunkten in die Schlussbilanz eingeht.
Kartengruppen und Wertungsspezifika sind erst einmal nichts Besonderes, der Reiz von KINGS & CREATURES besteht in der Verführung durch hohe Kartenzahlen. Da locken das einmalige Einhorn und wertvolle Schätze jenseits der 100er Grenze, aber nimmt man die, dann bleiben oft nur unsteuerbare Restkarten übrig, denn man wird erst am Ende wieder dran sein. Wer kleinere Zahlensprünge macht, wird gut seine Knappenschar zum Schutze der Burg aufbauen können und im Vorfeld schon Fabelwesen abgreifen, die leichter zu bekommen sind. Jeder darf nur drei Karten pro Runde sammeln. Schluss kann schon vorher sein, wenn man eine Karte nimmt, die niedriger ist als der Kartenwert davor.
Diese Sammelaktionen laufen identisch über die fünf Spielrunden ab. Nach jeder Runde werden die Ritterwerte abgeglichen und Punkte vergeben. Am Ende gibt es dann die große Bilanz mit Schätzen, Fabelwesen, Legenden und Königsmehrheiten.
KINGS & CREATURES funktioniert mit Blick auf die Ritter, Schätze und Fabelwesen tadellos, die Abhängigkeiten, die sich aus den Königskarten und vor allem den Legendenanforderungen ergeben, sind doch recht zufällig, vor allem wenn es um viele Punkte geht. Da taucht die notwendige vierte Schatzkarte partout nicht auf oder wird einem vor der Nase weggeschnappt. Da es keine weitere Interaktion mit den Mitspielern gibt, die Optionen wie das Wegnehmen von Karten beinhalten, hat mein keine Chance und kann so ein oder zwei Karten gar nicht werten. So ganz rund fühlt sich das Spiel daher nicht an, unterhaltsam, ja, aber an manchen Stellen auch frustrierend und unsteuerbar.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: KINGS & CREATURES
Autor: Nicko Böhnke
Grafik: Stephan Lorenz
Verlag: Zoch
Spieler: 2-6
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 72/2021
Freitag, 26. November 2021
MAULWURFSHÖHLE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Besetzt die Maulwurfhügel!
Die Titelgrafik verspricht ein lustiges Kinderspiel rund um Maulwürfe, aber man lasse sich nicht täuschen, das was drinsteckt, ist ein raffiniertes strategisches Schmankerl, das Rombol thematisch eingepackt als Familienspiel für 2 - 4 Spieler vermarktet. Für DIE MAULWURFSHÖHLE von Michael Stetter ist schon ein bisschen Hirnschmalz nötig. Auch wenn der Verlag es ab 8 Jahren für spielbar hält, sollten mitspielende Kinder mindestens zwei Jahre älter sein. Im Grunde genommen sind die Regeln zwar leicht zugänglich, das was sich in der Maulwurfwelt abspielt, ist dann aber doch ganz schön vielseitig.
Wer bei einem Rombol-Spiel hochwertige Holzausstattung erwartet, wird eventuell enttäuscht sein: Spielregel, großer Pappspielplan und gut 40 Pappchips als Spielsteine, das ist das ganze Equipment. Der Plan stellt einen großen Garten mit einhunderteinundachtzig Feldern dar, in dessen Zentrum sich neun Maulwurfshügel befinden. Der Garten ist zusätzlich durchwühlt mit 32 Tunneleingängen, die unterirdisch alle miteinander verbunden sind, so dass den Maulwürfen ein überraschendes Auftauchen fast überall möglich ist. Jeweils neun Maulwürfe platziert jeder Spieler nach fester Vorgabe auf den Spielfeldrändern. Außerdem hat jeder Spieler noch zwei Marker mit einem „Besetzt“- Schild, zur Kennzeichnung von in Besitz genommenen Hügeln. Sobald das zweite Schild platziert wird, endet das Spiel, was in Vollbesetzung gut eine Stunde dauern kann.
Die Zugmöglichkeiten sind simpel: Ein Maulwurf-Chip zieht stets nur ein Feld orthogonal oder diagonal weit. Auf einen Hügel darf nicht direkt gezogen werden, sondern - und hier verlässt unser Spiel seine thematische Glaubwürdigkeit und wird strategisch abstrakt - er muss für die Eroberung orthogonal umzingelt werden. Wenn also vier Maulwürfe Ringelreihen um einen Hügel tanzen, dann darf die „Besetzt“-Flagge gehisst werden. 36 Maulwürfe kommen sich trotz des großen Spielfeldes im Kampf um die rund 60 zentralen Felder ganz schön ins Gehege. Um da flexibel zu sein, mach die Nutzung des Tunnels Sinn. Ist ein Maulwurf auf einem Tunneleingang, darf er sofort graben, das heißt, er verschwindet im Erdreich und taucht auf einem beliebigen Tunnelausgang irgendwo auf dem Spielbrett wieder auf. Ein zweiter Effekt, ich nenne ihn einfach ABALONE-Effekt, hilft ebenfalls im Gedränge weiter. Wer auf ein besetztes Feld zieht, schiebt den dort befindlichen Maulwurf und eventuell noch weiter dahinterliegende in Zugrichtung ein Feld weiter. Dabei kann es vorkommen, dass Maulwürfe auf einen Hügel geschoben werden, diese sitzen dort fest und können nur durch eben diesen Schiebe-Effekt wieder befreit werden. Sollte ein solcher Hügel erobert werden, wird der gefangene Maulwurf als geschlagen betrachtet und aus dem Spiel genommen.
Das Spiel lebt von dem Beschleunigungsfaktor der Gänge. In Reichweite von je einem Feld Entfernung zu jedem Hügel befindet sich ein Gangausgang, so dass die Grabowskis schnell zu jedem Hügel eilen können. Sobald der Ausgang aber wieder freigemacht wird, kann ein Gegner im Rücken auftauchen und es besteht die Bedrohung, auf einen Hügel geschoben zu werden. Da müssen eigene Ketten aufgebaut werden, die aus dem Maulwurfsreigen eine Gefahr erwachsen lassen. Manchmal entsteht daraus besonders zu dritt und zu viert ein etwas langwieriges Hin und Her, das nur schwierig aufzulösen ist. Ein direktes Rückgängigmachen des vorangegangenen Zuges wird durch die Regel auch nicht ausdrücklich untersagt, was im Zweierspiel zu einer Pattsituation führen könnte. Trotzdem, gerade zu zweit macht DIE MAULWURFSHÖHLE Spaß. Zu viert sollte man eine in der Regel nicht vorgesehene Teamvariante ausprobieren, in der vier besetzte Hügel für den Sieg notwendig sind.
Titel: DIE MAULWURFSHÖHLE
Verlag: Rombol
Autor: Michael Stetter
Graphik:
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: 30 – 60 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 12/2008 R 209/2021 Rezension erschien 2008 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Michael Stetters erstes Spiel war SCHACH4 (2006) bei Rombol. Es folgte dann ein Jahr später DIE MAULWURFSHÖHLE und zuletzt KONSTELLATION (2013), ebenfalls bei Rombol.
DIE MAULWURFSHÖHLE ist bewertungslos bei BGG.
Donnerstag, 25. November 2021
DIE KLEINE RAUPE NIMMERSATT – DAS KARTENSPIEL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
NIMMERSATT wird 40: DIE KLEINE RAUPE NIMMERSATT – DAS SPIEL
Unter dem Titel “The very hungry Caterpillar“ erschien vor 40 Jahren ein Bilderbuch von Eric Carle, das mit seinen Löchern im Buch und seinen einfachen Zeichnungen zum Kinderbuchklassiker wurde. Mehr als 20 Millionen Bände des Kinderbuchs wurden verkauft und DIE KLEINE RAUPE NIMMERSATT verschaffte Carle damit seinen größten Erfolg.
Gerade auf der Welt, entwickelt die kleine Raupe einen enormen Appetit und frisst sich durch alles, was sie so finden kann, wird aber eine ganze Woche lang nicht satt. „Am Montag fraß sie sich durch einen Apfel, doch satt war sie noch lange nicht.“ Am Ende der Woche ist ihr schlecht, weil jeden Tag eine Obstsorte dazu kam und sie wechselt zu gesunder Blätternahrung. Das Buch gibt den Kindern nicht nur Ernährungstipps, es lässt die Zahlen, die Wochentage und etwas über das Wunder der Metamorphose lernen. Denn zum Schluss wird alles gut, da die Raupe Nimmersatt zu einem wunderschönen Schmetterling wird.
Google ließ die kleine Raupe zu ihrem Geburtstag durch das Firmenlogo kriechen, kein Wunder, dass spielerische Reminiszenzen nicht ausblieben. Die Rechte für den deutschen Markt hat die holländische Firma University Games erworben, die neben MEMO und PUZZLE ein Brett und Kartenspiel zum Jubiläum herausgebracht hat.
Nicht immer entpuppt sich das Hauptspiel auch als bestes Spiel. Leider gilt dies für die kleine Raupe aus Holland auch: Die Geschichte ist reduziert auf den Fressakt, der auf einem Rundkurs auf zwei Feldern stattfindet. Kinder, die das Buch kennen, sind enttäuscht, da fehlt der Bezug zu den Wochentagen, da findet der Früchteschmaus auf einem einzigen Feld statt mit gleich fünf Früchten. Ganz schwach fällt der Schlemmertag, der Samstag, aus. Von der Vielfalt der Völlerei der Raupe bleiben vier Picknick-Leckereien übrig, so dass gleich nach fehlenden Eiswaffeln und dem Loli gefragt wird.
Der Wiedererkennungswert für Kinder bei einem Spiel zum Buch muss groß sein. Kai Haferkamp ist der Autor, der sich genial in Astrid Lindgren, Ottfried Preussler und Co. hineinzudenken vermag und authentische Produkte schafft, die das Buch leibhaftig erleben lassen. Die fehlende Hand eines solchen Autors merkt man dem großen Jubiläumsprodukt an. Bearbeitet sind zwar die Bilder Carles, aber nicht seine Geschichte. Immerhin dürfen die Kinder mit den Plastikraupen die Essenskärtchen aufspießen, so dass die Löcher aus dem Buch hier auftauchen. Ursprünglich war das wohl nicht so geplant, denn auf der Rückseite der Schachtel sind noch kleine Papp-Körbchen zum Sammeln von Obst zu sehen. Hier hat zumindest ein Redakteur sich etwas Gedanken gemacht. Trotzdem, das Spiel lässt Kinder, die dieses Buch kennen und lieben, enttäuscht zurück.
Stimmiger läuft das Kartenspiel ab. Es ist sehr nah am Buch, enthält sogar die pädagogischen Elemente. Zwei bis vier Kinder erhalten jeweils eine Raupen-Karte und fünf weitere Spielkarten. Diese 50 großen Karten mit Abbildungen aus dem Buch enthalten 20 Karten zu den fünf Obsttagen von Montag bis Freitag, außerdem 16 Samstagkarten, bei denen es zwar auch nicht alle Speisen gibt, aber hier lässt es sich spieltechnisch gut erklären. Dann gibt es noch zehn Blattkarten für den Sonntag und vier Schmetterlingskarten.
Spielziel ist es, als erster seine Karten loszuwerden und die Raupe in einen Schmetterling zu verwandeln. Abgelegt werden muss in der Folge der Wochentage. Da die Blattnahrung für die Raupe als besonders gesund gilt, werden diese Karten als Joker benutzt. Am Samstag dürfen auch mehrere Karten gespielt werden, wobei die Leckereien sich aber nicht wiederholen dürfen. Zum Gewinnen notwendig ist, dass die Kinder eine Schmetterlings-Karte auf der Hand haben, die sie als letzte Karte ausspielen. Hier stimmt fast alles: der Durchlauf durch die Woche, die Zahl der Früchte, der Verwandlungsprozess der Raupe.
Das Spiel funktioniert, mit der Altersangabe ab drei Jahren überfordert der Verlag aber die ganz Kleinen. Im Grunde genommen müssen die Kinder lesen können, um mit den Wochentagen klarzukommen oder das Buch so gut verinnerlicht haben, dass sie jede Frucht dem passenden Tag zuordnen können. So umgesetzt, erhält Carles Kinderbuchklassiker auch spielerisch eine ansatzweise passende Geburtstagswürdigung.
Titel: DIE KLEINE RAUPE NIMMERSATT – DAS SPIEL
Verlag: University Games
Autor: o.a.
Graphik: Eric Carle
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 3 Jahren
Dauer: 20 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 31/2007 R 208/2021 Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 3 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Titel: DIE KLEINE RAUPE NIMMERSATT – DAS KARTENSPIEL
Verlag: University Games
Autor: o.a.
Graphik: Eric Carle
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 3 Jahren
Dauer: 10 Min.
Preis: ca. 8 Euro
Spiel 32/2008 R 209/2021 Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Die beiden Spiele waren redaktionelle Bearbeitungen des Themas.
Sie werden auf BGG jeweils mit einer Wertung von 3,7 geführt. (Stand 16.11.21)
Wie im Text angedeutet, braucht es so jemanden wie Kai Haferkamp, um dem Thema gerecht zu werden. 2010 hat Schmidt die Umsetzungsrechte von Carle erworben. Die Fassung von Kai Haferkamp landete dann auch gleich auf der Empfehlungsliste der Kinderspieljury.
Mittwoch, 24. November 2021
CASINO HOT DOG
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
CASINO HOT DOG: Zockerspiel für Kinder
Die Pokermanie des letzten Jahres ist nun bei den Kinderspielen angekommen, die Hasardeure dürfen jetzt im Grundschulalter sein und werden von Haba ins Casino geschickt. Kindgerecht zocken Hunde am Tisch. Pudeldame Susi und der bullige Boxer Bruno hoffen auf den richtigen Griff ins Stoffsäckchen, dort befinden sich neun echte Pokerchips, die eine entscheidende Rolle in Wolfgang Dirscherls Casino Hotdog spielen.
Die Jetons haben Zahlenwerte von 1 - 5, verdoppeln Ergebnisse und lassen einen so richtig in die Sch ... greifen. Gepokert wird um zwei Würfelergebnisse, die die Hundefiguren auf ihrem Weg vom Pokertisch in ihre Hundehütte über 17 teilweise mit Knochen aufgepeppte Felder voranbringen. Die Zockerrunden laufen für die Kinder nach einem einfachen Schema ab. Sie greifen in ein Säckchen und ziehen einen Chip heraus. Solange es kein Hundehaufen ist, darf weiter gezogen werden.
Hilfreich ist die Verdopplungsmöglichkeit, wer diesen Chip gezogen hat, erhält seine Punktzahl noch einmal angerechnet. Sollte dieser Chip allerdings als Erster gezogen werden, dann muss dieser Spieler in die zweite Runde gehen. Wenn alle gepasst haben oder ausgeschieden sind, wird überprüft, wer die meisten Punkte besitzt. Dieser Spieler darf jetzt Erster einen der beiden Würfel aussuchen und seine Figur entsprechend Richtung Hundehütte voranziehen. Ist ein Knochen abgebildet, dürfen sich die Kinder zum nächsten Feld mit Knochen bewegen, so kann man von Feld 14 direkt ins Ziel springen oder vom Feld zwei auf Feld sieben. Die Pokerrunde dauert meist nur 15 - 20 Minuten, verläuft also so schnell, dass weiter gezockt werden kann.
Das Spiel mit dem Risiko macht Freude, überfordert aber eigentlich Erstrechner, die rechentechnich deutlich Probleme haben und ohne Unterstützung eines erwachsenen Spielbegleiters nicht klarkommen. Das Material von Casino Hotdog ist hervorragend, die Pokerchips könnten den Pokerkoffern der Väter entstammen, auch sonst ist das Ambiente, was Spielplan und Figuren betrifft, stimmig. Wer mit Vorschülern und sechsjährigen spielt sollte, wie in der Variante empfohlen, die Multiplikationschhips weglassen, dadurch greift man zwar häufiger in den Hundehaufen, aber das Rechnen geht einfacher. Was mir ausgesprochen gut gefällt, ist die Autoren- und Grafiker-Vorstellung in der Spielregel. Mit Bild und Kurzbiografie werden Wolfgang Dirscherl und Daniel Döbner ausführlich gewürdigt. Vorbildlich!
Titel: CASINO HOT DOG
Verlag: Haba
Autor: Wolfgang Dirscherl
Graphik: Daniel Döbner
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 7 Jahren
Dauer: 20 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 11/2008 R 207/2021 Rezension erschien 2008 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Wolfgang Dirscherls (Jahrgang 1974) erfolgreiche Karriere begann vor 20 Jahren in Göttingen mit dem Gewinn des Stipendiums der Jury Spiel des Jahres für den besten Nachwuchsautoren 2001.
Dirscherl stand damals in der letzten Phase seines betriebswirtschaftlichen Studiums an der Fachhochschule Regensburg. Den Weg dorthin hatte er nach der Schule über eine Ausbildung zum Bankkaufmann eingeschlagen. Sein erster Besuch des Autorentreffens lag schon fünf Jahre zurück, seit 1998 nahm er am Spieleautorenwettbewerb des Hippodice Spieleclubs teil, wobei es gleich im ersten Jahr mit TV 2000 immerhin bis zur Empfehlungsliste reichte, ähnlich erfolgreich war er ein Jahr später mit SMASH und 2000 schaffte er mit KÖNIG FUSSBALL immerhin einen vierten Platz im Wettbewerb.
Es folgten neben dem Studienabschluss bald erste Spieleveröffentlichung, vorerst aber nur als Spiel im Heft in der spielbox. 2002 ergriff er die Chance, Redakteur bei Habe zu werden, wo er bis Ende 2009 blieb.
In dieser entstanden viele Spiele für seinen Arbeitgeber, so WILDE WIKINGER, das 2008 auf der Empfehlungsliste der Kinderjury landet.
Inzwischen weist er rund 100 Veröffentlichungen vor, redaktionell betreut er meistens die Kinderspiele von Queen Games mit. Hier fuhr er auch zusammen mit dem österreichischen Autor Manfred Reindl seine größten Erfolge heim. Mit PUSH A MONSTER (2015) und CAPTAIN SILVER (2017) landeten die beiden Autoren auf der Nominierungsliste zum Kinderspiel des Jahres.
Mit CASINO HOT DOG war er nicht so erfolgreich. Das Spiel wird im Augenblick bei 47 Ratings mit einer Wertung von 5,0 auf BGG (Stand 15.11.21) geführt und liegt damit auf Rang 579 bei den Kinderspielen.
Das Bild zeigt Wolfgang Dirscherl 2001 als frisch gekürten Stipendiaten.
Sonntag, 21. November 2021
BANDA
SAMMELSURIUM
Ravensburger Traveller-Serie: BANDA
Neben der Casino-Serie war die Traveller-Reihe in den 70er Jahren besonders beliebt. Sie erschien in zwei Schachtelformaten, zuerst als flache Ausgabe (202x202x28 mm; 1972 und 1973) und als etwas kleinere dickere Schachtel (190x190x36 mm; 1973-1978). Diese Schachtelform setzte sich durch und diente auch der Veröffentlichung weiterer Titel. Zur Serie gezählt werden aber nur Titel mit dem Logo „traveller serie“. Die Spiele in der Reihe waren fast durchweg Spiele für zwei Personen, meist taktische Spiele mit geringem Glücksanteil.
In der Reihe veröffentlichte Alex Randolph die meisten Spiele, zum Teil wie auch in der Casino-Serie unter dem Pseudonym L.W. Bones (PEGGINO). Daneben erschienen Klassikerausgaben wie REVERSI, GO und GOBANG, TANGRAM, SOGO und 3x16, das alte NÜMMERCHEN.
Herausragend sind für mich die Randolph-Spiele WÖRTERKLAUER, BANDA und HEPTA. Immer wieder gut ist RACKO, das es aber auch in vielen anderen Ausgaben von Ravensburger gibt.
BANDA
Die 36 Spielsteine stellen Teilstücke eines langen grünen Bandes dar, geradlinig, verzweigt und in U-Form abschließend. Alle Teile kommen nur im Solospiel zum Einsatz. Eine Puzzleaufgabe, in der ein geschlossenes Band ohne Inseln oder lose Ende entstehen muss.
Im Duell werden 25 der 36 Teile in ein 5x5 Raster gelegt werden. Der Startspieler beginnt mit zwei Steinen, die isoliert platziert werden. Danach dürfen auch mehr Steine gelegt werden, die aber stets zusammenhängende Reihen ergeben müssen, sonst darf nur ein einzelner Stein platziert werden.
Einerseits kooperieren die Spieler bei ihrer gemeinsamen Arbeit am Band. Letztlich denkt jeder aber ans Spielende, denn es gewinnt der Spieler, der den letzten verbindenden Stein legt.
Sollte ein Spieler zwischendurch glauben, dass der zuletzt vom Gegner gelegte Stein ein durchgehendes Band unmöglich macht, darf er Einspruch einlegen. Der Gegner muss nun beweisen, dass es doch möglich ist. Gelingt ihm das nicht, hat der Spieler, der Einspruch einlegte gewonnen.
Man braucht schon ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen, um sich in die abstrakte Schnurwelt einzudenken. Aus den NIM-Welt stammt die Nutzung beliebig vieler Steine. Eine Begrenzung wäre mir lieber gewesen.
Deutlich schöner, überschaubarerer und beschränkt auf die maximale Nutzung von drei Kärtchen ist Alex Randolphs Neubearbeitung in VENICE CONNECTION gelungen, die Johann Rüttinger 1996 herausbrachte und die den Sonderpreis „Schönes Spiel“ gewann.
Titel: BANDA
Autor: Alex Randolph
Grafik: o.A.
Verlag: Ravensburger
Spielerzahl: 1 - 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15-20 Minuten
Preis: ca. 15 DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 47 – S47/2021
Samstag, 20. November 2021
GHOST ADVENTURE
Nicht wirklich neu: GHOST ADVENTURE
Etwas verwundert habe ich mir bei der Entscheidung für den diesjährigen Preis „inno-Spiel“ 2021 die Augen gerieben. Gewann doch ein simples Geschicklichkeitsspiel auf Beyblade-Basis oder mit Handbetrieb den Preis gegenüber Hochkarätern wie MICROMACRO CRIME CITY oder DER PERFEKTE MOMENT. Wahrscheinlich hat sich die Jury gedacht, dass Johann Sichs Spiel schon genügend Preise abkassiert habe, aber den PERFEKTE(n) MOMENT habe ich schon deutlich vor GHOST ADVENTURE gesehen.
Im Grunde genommen haben wir in Wlad Watines Spiel eine Abwandlung des KUGELLABYRINTHs, nur fördert die Spielplanbewegung hier keine kleine Kugel voran, sondern einen Kreisel, der per Aufzugsystem mit Reißleine gestartet wird oder ganz traditionell mit dem Fingerdreh. In GHOST ADVENTURE bewegen wir uns in verschiedenen Welten, wechseln dabei auch Spielpläne. Ähnliches bot SLIDE QUEST mit einem kugelgelagerten Ritter, wo wir uns unterschiedlichen Questen stellen durften. Hier sind es Soloabenteuer und Teamaufgaben, in denen sich unser Kreisel stets ausgehend von einem Steinkreis von Mission zu Mission fortbewegt. Die Brettneigungen für die gewünschten Wege werden händisch vorgenommen und nicht über Seitenhebel wie in SLIDE QUEST, was den Teamgedanken in diesem Spiel verstärkte.
Hat in GHOST ADVENTURE der Kreisel das vorgegebene Ziel erreicht, muss dieser Erfolg durch Rückkehr in den Steinkreis erst einmal sichernd abgespeichert werden, erst dann bewegt man sich zum Ausgang einer der acht Welten, wo ein Partner wartet, um den Kreisel in der neuen Zielwelt vom dortigen Steinkreis aus weiter laufen zu lassen. Es klappt natürlich nicht immer, das kostet einen von drei gefüllten Erfrischungstränken. Geht der Getränkevorrat aus, hat das Team verloren. Sonst ist die Mission erfolgreich beendet, wenn alle Zielfelder erreicht wurden und auch das letzte Ziel sicher abgespeichert ist.
Übung am Anfang ist dringend nötig, dafür gibt es sogar eine spezielle Übungsarena. Nicht jeder kommt mit der Zugvorrichtung des Spinners klar. Klappt es aber, dreht sich der Kreisel schon deutlich länger und kann locker die einfachen Aufgaben in einer Welt schaffen. Spezielle Felder geben der ganzen Geschichte zusätzlichen Pfiff, so können Tränke wieder aufgefüllt werden, giftige Tümpel verlangen aber auch einen Neustart. Insgesamt 56 Missionen sieht die Spielregel vor und bietet damit mehr Varianz als SLIDE QUEST. Ansonsten ist der wesentlich neue Effekt eigentlich nur der direkte Übergang, das Springen des Kreisels, von der einen zur anderen Welt. Für den inno-SPIEL Preis ist das für mich ein bisschen wenig, denn alles andere kennen wir und in der Kooperation vielleicht sogar noch besser umgesetzt.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: GHOST ADVENTURE
Autor: Wlad Watine
Grafik: Jules Dubost, Yann Valeani
Verlag: Pegasus
Spieler: 1-4
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: ca. 15-30 Minuten
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 71/2021
Donnerstag, 18. November 2021
SCHAFE SCHNAPPEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Schacht schnappt Schafe
Michael Schacht geht nicht nur auf die Zoojagd nach Elefanten und Pandas, in einem fetzigen Würfelspiel lässt er auch SCHAFE SCHNAPPEN. In klassischer CAN‘T STOP-Manier würfeln zwei bis vier Spieler um eine Schafherde. Zu Beginn des Spiels besitzt jeder nur eine kleine Herde mit drei Schafen. Wer es schafft, als erster seine Herde auf mindestens 20 Tiere zu vergrößern, gewinnt das Spiel.
Für das Spiel mit dem Risiko stehen fünf Würfel zur Verfügung. Jeder Würfel zeigt jeweils zweimal ein Schaf, einen Wolf und ein Verdopplungszeichen. Die Würfel werden einzeln geworfen. Nach jedem Wurf darf jeder Spieler entscheiden, ob er weitermachen möchte oder ob der Wurf abgerechnet werden soll. Nach dem fünften Würfel wird auf jeden Fall gewertet. Für jeden Schafwurf gibt es einen Schafchip aus dem Vorrat, für jeden Wolf muss ein Schaf aus der eigenen Herde abgegeben werden, entsprechend positiv oder negativ fallen die Verdopplungen aus. Mit ganz viel Glück können so auf einen Schlag 16 Schafe in den Stall gebracht werden, So groß können aber auch die Verluste sein.
Die Verdopplung bringt den Spielreiz. Würfelt man einen Wolf, versucht man auf alle Fälle einen weiteren Wurf, um mit einem Schaf auszugleichen. Schwierig wird es, wenn der Wolf verdoppelt wird. Minimiert man das Risiko und opfert zwei Schafe oder versucht man erneut auszugleichen. Wird dann ein zweites Mal die Verdopplung gewürfelt, sind es schon vier Schafe, die zu zahlen wären. Andererseits weiß man, dass ein Schaf immer noch ein Nullsummenspiel daraus macht. Geht man das Risiko ein?
Ständig sind die Spieler bei SCHAFE SCHNAPPEN mit der Risikofrage konfrontiert. Entsprechend spannend verlaufen die Würfelrunden.
SCHAFE SCHNAPPEN ist nicht mehr und nicht weniger als ein Glücksspiel, aber eines, bei dem man meint, das Glück steuern zu können. Das Spiel macht richtig Spaß und eignet sich gut als Familienspiel. Kinder ab sechs Jahren kommen schon gut klar damit und Eltern würfeln mit den gleichen Chancen mit ihrem Nachwuchs gerne mit. Für ein preiswertes Mitbringspiel ist das Material solide, die Regel lässt keine Fragen offen.
Titel: SCHAFE SCHNAPPEN
Verlag: Schmidt Spiele
Autor: Michael Schacht
Graphik: Michael Menzel
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: 15 Min.
Preis: ca. 8 Euro
Spiel 87/2008 R203/2021 Rezension erschien 2008 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 56jährige Michael Schacht ist gelernter Grafiker, in diesem Beruf hat er auch bis 2005 gearbeitet, bevor er sich entschied, vom Spieleerfinden zu leben. Inzwischen gehört er hinter Kramer, Kiesling und Knizia zur erfolgreichen zweiten Garde der deutschen Spieleautoren und kann rund 200 Veröffentlichungen vorweisen.
Wichtig war für seine Autorenkarriere der Hippodice Autorenwettbewerb, darüber gelangten Spiele wie TAXI (Spiel im Heft, 1992) und CHARTS (Piatnik,1996) zur Veröffentlichung. Den Wettbewerb 1998 gewann er mit KONTOR. Mit der Umsetzung durch Goldsieber gelangte Schacht 1999 erstmalig auf die Auswahlliste für das Spiel des Jahres, das er dann 2007 für ZOOLORETTO gewann.
„Spiele aus Timbuktu“ war ein Eigenverlag des Autors, in dem er preiswerte Bastelpackungen von Spielideen in Kleinstauflage anbot, außerdem viele Erweiterungen zu COLORETTO und ZOOLORETTO.
Das Bild zeigt Michael Schacht 2007 in Göttingen.
SCHAFE SCHNAPPEN wird auf BGG (Stand 11.11.21) mit einer Wertung von 4,9 geführt und liegt auf Rang 19.485 bei 30 Ratings.
Sonntag, 14. November 2021
AKROPOLIS
SAMMELSURIUM
Bütehorn Buchkassetten: AKROPOLIS
Die Buchkassetten, die Ravensburger und Pelikan bis Mitte der 70er Jahre herausbrachten, waren wirtschaftlich nur bedingt Erfolge für die Verlage. Als beide Firmen ihre Reihen einstellten und die hannoverschen Pelikane dann bald auch ihre Spielproduktion, füllte die Lücke eine neue Firma aus dem Umfeld von Hannover. Die Bütehorn KG brachte ab 1976 wertige Buchschuber-Spiele unter dem Dach des Buchholz Verlags in Sarstedt bei Hannover heraus, hielt sich allerdings auch nur bis 1982 auf dem Markt.
Markenzeichen der Buchkassetten aus Sarstedt waren Klappdeckel und Druckknopf-Verschluss an einem Leinenanhänger. Heute ist das zwar eine Schwachstelle vieler in die Jahre gekommenen Spiele, damals war das aber eine originelle Idee. Eine Reihe der Ausgaben in den 80ern verzichtete dann schon auf diesen Verschluss und nutzte einen normalen Pappdeckel. Von diesen Ausgaben wurden mit der Insolvenz des Verlags einige von Hexagames übernommen. Der Verlag aus Dreieich nutzte die Spiele, um ein gutes Startprogramm neben dem Wirtschaftsspiel LONG SHORT zu haben.
Das Bütehorn-Programm war geprägt von großen, mittleren und kleinen Buchkassetten-Spielen. Daneben gab es einige Spiele in flachen Schachteln u.a. die damals sehr bekannten Ferienrallys. Prägend für die Programmgestaltung war Erik Grischeit als Produktmanager, er hatte vorher für Parker gearbeitet. Grischeit, der mit dem Schweizer Journalisten Walter Luc Haas befreundet war, holte bekanntere Autoren ins Programm. So kam er an DAMPFROSS, das in der Ausgabe von Schmidt Spiele 1984 Spiel des Jahres wurde. Auf der ersten Liste der Jury Spiel des Jahres 1979 waren gleich zwei Titel des Verlages vertreten. SETI bekam den ersten Sonderpreis für das schöne Spiel. Die Jury wollte damit zugleich auch den Buchholz-Verlag für sein Bemühen um besonders schön und aufwändig gestaltete Spiele würdigen. Neben SETI landete BLOCKADE von Sid Sackson auf der Auswahlliste. RÄUBER UND GENDARM von Rudi Hoffmann kam 1981 auf dem Bronzeplatz in diesem Jahr, hinter SAGALAND und FOCUS. 1982 schaffte es dann GEISTER von Alex Randolph auf die Liste der Jury.
AKROPOLIS
Der inzwischen 72jährige Walter Wolf Windisch arbeitete Anfang der 70er Jahre als Art Director in einer Schweizer Werbeagentur. 1973 machte er sich als Erfinder von Kinder- und Erwachsenenspielen sowie als Autor von Kinder- und Sachbüchern selbständig. Vor allem Anfang der 80er Jahre hat er viele Spiele entwickelt, darunter AKROPOLIS für Bütehorn, das 1984 von Fagus übernommen wurde. Der Verlag hat auch die wundervollen Märchenspiele HÄNSEL UND GRETEL und DIE SIEBEN GEISSLEIN von ihm herausgebracht.
AKROPOLIS erschien 1981. Der Autor war dem Verlag so wichtig, dass er sogar in der Spielregel mit Bild und Signatur auftaucht, was nicht einmal Alex Randolph schaffte. Der Materialaufwand für das Baumeisterspiel ist beträchtlich. Mit 40 Boden- und Deckplatten, 50 Säulenteilen und 12 Friesen steckt eine Menge Holz in der Klappschachtel. Alle Teile haben eine jeweils helle und braune Seite, deren Farbe den Gegnern anfangs zugeordnet wird.
Windisch definiert den Tempelbau wie folgt: Ein Tempel besteht auf vier gleichhohen Säulen, die aus mindestens zwei oder drei Säulenstücken bestehen müssen und mit vier Friesen verbunden sind.
Entscheidend ist beim Säulenbau, dass der endgültige Besitz erst durch die letzte Deckplatte definiert wird, sodass zwischendurch beide Spieler an einer Säule bauen dürfen. Wer nicht bis zum fertigen Tempelbau warten will, kann niederschwelligere Spielziele vereinbaren, wie den Bau von drei Säulen, die mit zwei Friesen verbunden sind.
Gespielt wird abwechselnd. Zuerst kommen die Bodenplatten auf das Baurasten von 12x12 Feldern. Insgesamt dürfen nie mehr als drei leere Bodenplatten auf dem Plan sein. Die Platten selbst dürfen nur von ihren Besitzern bebaut werden. Auf die erste Säule darf dann jeder bauen. Das gilt auch für die dritte Säule, wer abschließen will, muss aber im Besitz der zuvor gesetzten Säule sein. Entsprechend dürfen Friese auch nur zwischen gleichfarbigen Deckplatten gesetzt werden.
Da man sich ständig in die Quere kommt, ist konstruktiver Bau gar nicht so einfach, sodass es durchaus häufig vorkommt, dass auch die einfacheren Spielziele nicht erreicht werden. Dann wird der Säulenbau nach Punkten abgerechnet. Kleine Säulen bringen zwei Punkte, die großen drei, mit Fries verbundene Säulen bringen zusätzlich noch einmal die hälftige Punktzahl beider Säulen also zwei oder drei Punkte.
Ein schönes Spiel, bei dem letztlich unbefriedigend bleibt, dass echte Tempel kaum errichtet werden. Fingerspitzengefühl ist nötig, da gegen Ende ein ziemliches Säulenwirrwarr auf dem Spielfeld entsteht. Am Tisch darf man jedenfalls nicht ruckeln, sonst stürzt die ganze AKROPOLIS ein.
Titel: AKROPOLIS
Autor: Walter Wolf Windisch
Verlag: Bütehorn
Spielerzahl: 2
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 50.- DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 46 – S46/2021
Samstag, 13. November 2021
SNOWHERE
Welt im Wandel
Zum notwendigen Umdenken in unserer Welt im Wandel will NSV mit der neuen Produktreihe NATURELINE beitragen. Der Fürther Verlag verzichtet bei Spielen dieser Linie ganz auf Plastik. Statt Folie drumherum gibt es eine Art Papierschuber, der die Verpackung schützt. Spielregel, Schachtel und Verpackung sind aus recyceltem Kartonmaterial. Die Karten (100% FSC) werden von einer Papierbanderole zusammengehalten. Kleinere Verpackungen bei Kosmos, der Plastikverzicht bei NSV, diese Signale sollten Schule machen.
Zum Start der Reihe hat sich der Hausautor des Verlags, Steffen Benndorf, ein Feuerinferno aus 111 Karten einfallen lassen, das es zu löschen gilt. Benndorf überrascht immer wieder durch genial einfache Ideen mit pfiffigem Dreh. Das muss man in SNOWHERE wörtlich nehmen, denn seine Wendekarten zeigen einerseits das Flammenmeer und andererseits eine Schneelandschaft, die als Löschteppich fungiert.
Wie groß der Feuerteppich ist, entscheidet der Solospieler oder das Team. Die Karten werden einfach als zusammenhängende Fläche auf dem Tisch ausgebreitet. Nur freie, nicht überdeckte Karten dürfen aufgenommen, umgedreht und als Schneefeld platziert werden. Deckungsgleich darf nie gelegt werden, leichte Überlappungen zu den Karten und auch zu den Rändern des Feuerteppichs sind nötig. Dafür ist die Puzzleaufgabe klar: Wie schafft man es, effektiv an möglichst viele Karten heranzukommen, die das gesamte Feuer abdecken. Meistens geht es in den ersten Runden bei SNOWHERE so zu wie bei vielen Waldbränden, da lässt sich nicht sofort alles bekämpfen, da und dort züngeln noch Flammen oder größere Brände.
Wer meint ein kompakter Feuerteppich mache es leichter, irrt, da er von vornherein an weniger Karten herankommt und der Rest wird bald unzugänglich durch die Schneekarten. Mit einem flächigeren Brand zu arbeiten, macht es auch nur bedingt leichter, da ja auch eine viel größere Fläche abgedeckt werden muss. In diesem Fall kommt man aber vom Abbau her leichter an Karten heran, das ist ja auch eine Form der Feuerbekämpfung, und vor allem an mehr Karten. Die Chance, damit auf einige von sechs Sonderkarten zu stoßen, wächst zusätzlich. Das sind Schneeflocken, die nicht sofort zur Abdeckung genutzt werden, sondern helfen, am Ende die Lücken zu füllen.
Die fast patienceartige Aufgabe, die Benndorf hier stellt, besitzt auf alle Fälle Reiz. Stellen sich die Erfolge aber häufiger ein, ist bald die Luft raus. Und wie das so ist mit dem Feuer, ohne den Sauerstoff der Luft geht es von alleine aus. Das bedeutet nicht das Ende des Spiels, es kann gut weiterverschenkt werden.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: SNOWHERE
Autor: Steffen Benndorf
Grafik: Christian Opperer
Verlag: NSV
Spieler: 1-
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: ca. 15-20 Minuten
Preis: ca. 12 Euro
Spiel 70/2021
Freitag, 12. November 2021
MING DYNASTIE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
MING DYNASTIE: Elfenland lässt grüßen
Robert F Watson ist bisher ausschließlich durch Kinderspiele bei Haba in Erscheinung getreten, wobei sein 2005 erschienen ist Geschicklichkeitsspiel POLLY POTTWAL äußerst innovative Elemente besitzt.
Um die Wertung gleich vorwegzunehmen, ähnlich Innovatives gelingt dem Autor mit seinem ersten abendfüllenden Spiel MING DYNASTIE, das bei Hans im Glück erschienen ist, leider nicht. Das in letzter Zeit beliebte China Thema greift Watson aus der Perspektive des 14. Jahrhunderts auf. Die Mongolen sind vertrieben und die Ming Dynastie kam nach vielen Jahrhunderten Fremdherrschaft wieder als eine rein chinesische Dynastie an die Macht, die sie bis ins 17. Jahrhundert behielt. Zwei bis vier Spieler agieren als kaiserliche Prinzen und versuchen den größten dynastischen Einfluss zu gewinnen.
Der Autor hat sich Mühe gegeben und vielfältige Elemente in seinen Mehrheitenspiel verwoben, Erinnerungen an EL GRANDE und ELFENLAND werden wach. Um Mehrheiten in sechs kaiserlichen Provinzen geht es letztlich. Dazu stellt Watson viel Material zur Verfügung, da ist einmal die kaiserliche Prinzenfigur, die zusätzlich auf 31 Familienmitglieder zurückgreifen kann. Reihum stellen die Spieler ihre Prinzen in eine Provinz und erhalten dafür eines von jeweils 18 Provinzplättchen. Jede Provinz ist in durch Wege begrenzte drei Gebiete eingeteilt, die im Zentrum eine gemeinsame Metropole besitzen, deren drei Stadtbezirke mit jeweils drei Häusern den drei Gebieten zugeordnet sind. Jedes Gebiet verfügt zusätzlich noch über ein Klosterfeld.
Den Provinzen zugeordnet sind Provinzfelder, neben denen Bewegungskarten ausliegen, die wiederum für die Fortbewegung der Prinzen notwendig sind. Das läuft ähnlich wie in ELFENLAND ab, für das Überschreiten von Grenzen sind jeweils bestimmte Fortbewegungsmittel vorgeschrieben, für die man eine entsprechende Karte benötigt. Zu Beginn jeder Spielrunde setzen die Spieler reihum jeweils fünf Familienmitglieder in Einzelschritten auf die Provinzfelder. Einerseits eröffnen sie damit die Optionen für den Kartenerwerb, andererseits können sie, sofern der Prinz sich in die entsprechende Provinz bewegen kann, dort zum Einsatz kommen. Das müssen Sie auch, denn in jeder geraden Rundenzahl von insgesamt sechs Spielrunden führt ihr Einsatz zu Siegpunkten, die auf einer Kramerleiste angezeigt werden. Mehrheiten in den jeweils drei Gebieten der sechs Provinzen werden abgerechnet. Der Spieler mit den meisten Anhängern darf zwei der drei Häuser des zugeordneten Stadtbezirks besetzen, der zweite das dritte Haus. Für jedes Familienmitglied in einer Stadt gibt es im Anschluss daran ein Provinzplätzchen, die wiederum bringen im Sechserpack die Siegpunkte, 28 nach der ersten Wertung bis hinzu nur nach 20 nach der dritten und letzten Wertung, einzelne Plättchen zählen dann nur noch einen Punkt. Punkte gibt es dann zusätzlich noch für in der Stadt verbliebene Figuren und Anhänger in den Klöstern
In MING DYNASTIE wird für wenig Spiel ein gewaltiger Abrechnungsaufwand betrieben. Die Vernetzung von Figureneinsatz, Kartenerwerb und Mehrheitsveränderungen scheint auf den ersten Blick interessant, erweist sich dann aber doch als viel weniger steuerbar als ursprünglich vermutet. Oft kann die eingeplante Wegeroute für den Prinzen nicht umgesetzt werden, weil die entsprechenden Karten nicht zur Verfügung stehen. Die gegensteuernde Jokerlösung muss unter Verzicht eines Familienmitglieds recht teuer erkauft werden. Auch die Wertung verläuft in Dimensionen ab, die die Kramerleiste mit ihren 50 Punkten regelmäßig sprengt. Der Verlag hat dafür zwar extra Zählplättchen vorgesehen, aber elegantere Lösungen hätte es sicherlich auch geben können. Was sich die Redaktion mit den beiden Regelfassungen gedacht hat, von denen die zweiseitige eine Kurzfassung scheint, die aber ohne das vielseitige Erklärungsblatt unverständlich bleibt, wird wohl Verlagsgeheimnis bleiben. Hinzukommt eine Schludrigkeit bei den Kurzspielregeln, da auf der Wertungsseite die entscheidende Berechnung der Provinzplättchen fehlt.
Positiv sei eine Neuerung anzumerken, die Schule machen sollte: Autor und Grafiker werden mit Bild und Kurzbiografie auf den inneren Schachtellängsseiten vorgestellt. Die Erwartungshaltung bei Spielen dieses Münchner Verlags ist in der Regel hoch, von daher fällt die Enttäuschung vielleicht noch etwas größer aus als bei einem anderen Verlag. Der Autor, der mit diesem Spiel 2001 im Hippodice-Wettbewerb vertreten war, hat durchaus interessante Elemente seinem Spiel zugrunde gelegt, allerdings ist seine Idee schon vor sieben Jahren nur auf der Empfehlungsliste gelandet und nicht bis zur Endrunde vorgedrungen. Irgendwie bleibt auch bei diesem Produkt der Eindruck zurück, dass weniger mehr gewesen wäre oder, um im Kulturkreis Chinas zu bleiben, Laotse war der Auffassung, das „in Einfachheit und Veredelung“ am Ende der Reichtum läge.
Titel: MING DYNASTIE
Verlag: Hans im Glück
Autor: Robert F. Watson
Graphik: Harald Lieske
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 12 Jahren
Dauer: 90 Min.
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 4/2008 R199/2021 Rezension erschien 2008 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Für Robert F. Watson war MING DYNASTIE die letzte Veröffentlichung. Es blieb bei diesem Spiel und den im Text erwähnten Haba-Spielen POLLY POTTWAL und DIE NASCHBÄREN.
MING DYNASTIE wird auf BGG mit einer Wertung von 5,9 bei immerhin 521 Ratings auf Platz 2015 bei den Strategiespielen geführt.
Das Bild zeigt Watson 2002 auf dem Autorentreffen in Göttingen mit dem Prototypen von MING DYNASTIE.
Dienstag, 9. November 2021
GEMISCHTES DOPPEL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
MEMO mit Wortwitz
Christian Gottwalt hat die kürzeste Kolumne der Welt erschaffen, zwei Worte reichen ihm im Magazin der Süddeutschen Zeitung, seine wachsende Fangemeinde mit GEMISCHTES DOPPEL zu erfreuen. Gottwald spielt mit Worten, verdrehte Buchstaben und kommt mit Wortwitz zu neuen Sichtweisen.
In seiner Kolumne wird aus „Klitschko“ „Kitschklo“, das „Heidekraut“ zur „Kreidehaut“ oder die „Gartenkunst“ zur „Kartenkunst“. Kein Wunder, dass die Wortpaare sich irgendwann im Spiel wiederfinden mussten. Bastian Sicks RETTUNG DES GENITIVS wird inzwischen erfolgreich von Kosmos vermarktet, Gottwalds GEMISCHTES DOPPEL setzt der Frankfurter Verlag MeterMorphosen passend in ein MEMO-Spiel um.
Das klassische Gedächtnisspiel geht von der Suche nach Bildpaaren aus. Die Anforderungen in Gottwalts Spiel toppt den Klassiker gleich doppelt. Einerseits dürfen sich die Spiele auf Wortverdrehungen einlassen, andererseits muss auch bei dem Bildsignalen total umgedacht werden.
Wer denkt denn schon bei unserer Kanzlerin an ein Schweinchen? Wenn diese aber nur fast so aussieht wie das Original, also eigentlich nur eine „Fastmerkel“ ist, dann ist der Weg zum „Mastferkel“ nicht weit. Die
besondere redaktionelle Leistung liegt In der Umsetzung der Sprachschöpfung Gottwalts. Die Bildauswahl steht dem Sprachwitz des Autos in nichts nach und interpretiert seine Wortschöpfung kongenial. So wie Gottwalt sprachschöpferisch mit seinen Lesern spielt, so spielt auch der Frankfurter Verlag MeterMorphosen mit seinen Spielern.
Die Spielanregung führt sich selbst ad absurdum. „Die wichtigste Regel ist dabei allerdings, dass sie keine der folgenden Regeln ernst nehmen müssen. Was sie am Ende mit den Spielkarten anstellen, ist allein ihre Sache.“ Bevor mit dem Pappkärtchen (KapptPärchen) das Kaminholz entzündet wird oder sie in irgendwelchen Schubladen (Schulbaden) verschwinden, sollten Sie sich der Kartengunst stellen.
GEMISCHTES DOPPEL ist mehr als eine reizvolle MEMO-Variante, ein tolles Partyspiel, bei dem der Gesprächsstoff nie ausgeht. Wenn sie demnächst mal wieder richtig Powershoppen (Schauerpoppen), dann denken Sie daran ein gemischtes Doppel mit in die Tüte zu packen. Der stabile Kartenschuber, den Sie dann erwerben, enthält 72 Kartenmotive für Anregendes Denkvergnügen. Sollten Sie aber tatsächlich nichts damit anfangen können, verzichten Sie auf die Kaminlösung, als Geschenk taugt das Spiel allemal.
Titel: GEMISCHTES DOPPEL
Verlag: MeterMorphosen
Autor: Christian Gottwalt
Graphik: Mirko Borsche
Spieleranzahl : 1-6
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: 30 Min.
Preis: ca. 17 Euro
Spiel 29/2007 R196/2021 Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Christian Gottwalt, 1968 in Mellrichstadt in Unterfranken geboren, studierte Volkswirtschaft in Würzburg und absolvierte die Deutsche Journalistenschule in München.
Er arbeitete Ende der 90er und Anfang der 00er Jahre zehn Jahre lang als Redakteur beim "Süddeutsche Zeitung Magazin", wo er sich um schräge Geschichten und die Wortspiel-Kolumne GEMISCHTES DOPPEL kümmerte. Danach war er mehrere Jahre Textchef beim Frauenmagazin InStyle und arbeitete für das Allianz Magazin 1890.
Vom GEMISCHTEN DOPPEL sind inzwischen vier Ausgaben bei MeterMorphosen erschienen.
Die erste Fassung wird auf BGG mit 5,6 bewertet und liegt auf Rang 17.406 aller Spiele. (Stand 8.11.21).
Donnerstag, 4. November 2021
ZAMBEZY
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Auf den Spuren Livingstones: ZAMBEZY
Seit 2000 begleiten Detlef Keßler Kugelpyramiden bei der Spielentwicklung. Mit GISEH hat er auf sich aufmerksam gemacht und um dieses Spiel herum ein inzwischen beachtliches Verlagsprogramm entwickelt. Neben Spielen von Reinhold Wittig hat er dabei besonders viele Ideen von Martin Samuel herausgebracht. Beide verbindet ein Faible für Variationen klassischer Spielideen. Samuel druckt seine Spiele auf Kunststoffplänen, gespielt wird mit Glassteinen.
Im Verlagsprogramm von Giseh fallen die Produkte von Samuel auf. Sie genügen den spielerischen Ansprüchen, indem einfache Spielprinzipien leicht zugänglich umgesetzt sind, sie genügen aber nicht den Materialansprüchen, die Keßler an seine sonstigen Umsetzungen stellt. Eine Ausnahme stellt ZAMBEZY dar, dass Keßler 2006 nach eigenen Vorstellungen seinem Verlagsprogramm angepasst hat. Martin Samuel liefert eine völlig abstrakte Idee, bei der es für zwei Spieler darum geht, Punkte über quadratische Positionierungen von Setzsteinen zu erreichen. Die Besonderheiten von ZAMBEZY bestehen einmal darin, dass in verschiedenen Ebenen gespielt wird und dass die Spielsteinfarbe wechseln kann, wobei errungene Punktwerte nicht verloren gehen. Samuel hat das Ganze mit einfachen Mühlespielsteinen auf einem funktionalen Spielbrett entworfen.
Keßler, inspiriert von Samuels Spieltitel, begibt sich atmosphärisch auf die Spuren von Livingstone, der vor über 150 Jahren der erste Europäer war, der den Fluss erkundete und die Victoriafälle entdeckte. Sein auf alt getrimmtes Holzspielbrett mit eingebranntem Spielfeld hat die Anmutung einer alten Landkarte. Das Diamantenfieber, das auch am ZAMBEZY ausbrach, setzt Keßler in eigens für das Spiel entworfenen, gekerbten Würfelsteinen um, die stapelbar sind. Auf der einen Seite finden wir den rein spielerischen Anspruch von Samuel, auf der anderen den mit dem spielerischen verknüpften ästhetischen Anspruch Keßlers. Jedes mit einem Brandstempel individuell gefertigte ZAMBEZY-Brett wird in der Giseh-Fassung zum Unikat.
Das Spiel selbst ähnelt dem klassischen VIER GEWINNT!, wobei Gewinnstellungen nicht in der Reihe, sondern im Quadrat erzielt werden. Den Spielern wird am Anfang die rote bzw. blaue Spielfarbe zugeordnet. Die Spielsteine werden wechselnd aus einem Stoffbeutel gezogen. Jeder Stein wird auf das 4x4 Felder große Spielfeld gesetzt, d.h. auch die gegnerische Farbe. Dabei gilt es, Punkte durch eigene Farbquadrate zu erreichen. Da bis in die vierte Etage gebaut werden darf, erreicht man die Gewinnstellung auch dann, wenn von oben gesehen in unterschiedlichen Etagen vier Steine einer Farbe im Quadrat zu sehen sind. Beim Stapeln muss allerdings beachtet werden, dass zwei gleichfarbige Steine nicht aufeinandergesetzt werden dürfen. Zwei Sondersteine, die immer wieder gezogen werden können, dienen der Bewegung und Entfernung von Spielsteinen, ein dritter, nur einmalig nutzbar, wechselt die Spielerfarbe, aber nicht die erreichte Punktzahl. Das Spiel endet, wenn 64 Spielsteine platziert sind.
ZAMBEZY besticht nicht nur durch das außergewöhnliche Spielmaterial. Der Glücksfaktor des Steineziehens ist kalkulierbar, da sowohl konstruktives als destruktives Spiel je nach Steinfarbe möglich ist. Da stets nur die Draufsicht zählt und nicht irgendwelche Diagonalen mit im Blick sein müssen, ist der spielerische Anspruch auch nicht zu hoch. Die vier Zentrumsfelder müssen aber beachtet werden, gegnerische Steine dort zu platzieren, macht deshalb Sinn, weil damit erst einmal sichergestellt ist, dass in der vierten Etage die eigene Farbe landet. Ärgerlich nur, dass die Sondersteine hier zu Veränderungen und sogar zum Farbwechsel führen.
Die Unberechenbarkeit macht durchaus den Reiz von ZAMBEZY aus. Etwas unbefriedigend kann das sich hinauszögernde Spielende sein, da es nur zwei Farbsteine mehr als nötig gibt und dadurch immer wieder die beiden Sondersteine gezogen werden. Daher ist es auch denkbar, dass man eine Gewinnpunktzahl, zum Beispiel die auf dem Brett vorgedruckten 40 Punkte, vereinbart und so das Spiel beendet.
Titel: ZAMBEZY
Verlag : Giseh Verlag
Autor : Martin Samuel
Design: Detlef Keßler
Spieleranzahl : 2
Alter : ab 10 Jahren
Dauer : ca. 20 bis 30 Min.
Spiel 26/2007 R193/2021 Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
der 72jährige Martin H. Samuel, in Kenia geborener britischer Staatsbürger war über viele Jahre seines Lebens professioneller Schlagzeuger (u.a. für Heatwave und die Bright Eye Band), hat auch als Flugbegleiter der Fluglinie Continental und als Surflehrer gearbeitet und ist seit 1985 Spieleerfinder. Am wohlsten fühlt er sich aber auf dem Wasser und übernimmt auch private Charterfahrten.
Die meisten seiner Ideen hat er unter Games Above Board selbst veröffentlicht. Dort finden sich auch heute noch alle Spiele von ihm (http://www.gamesaboveboard.n.nu)
Sein erstes Spiel war EXCEL– American Airlines, Inc. American Way Magazine 1985/86 - U.S.A. Gewürdigt wurde er u.a. für HIJARA (Spiel Gut 2006), FLIPPIT (Creative Child Magazine Game Of The Year 2007). Recht bekannt ist auch sein RHUMB LINE, ein abstraktes Strategiespiel um punkterzielende Kombinationen aus Radien, Bögen und Spiralen. Mit dieser Idee wurde er mit dem Major Fun Award 2008 in den USA ausgezeichnet.
ZAMEBEZY besitzt eine gute Wertung von 7,3 auf BGG (Stand 31.10.21), allerdings nur auf der Basis von drei Ratings. Der Abdruck seines Fotos erfolgt mit seiner freundlichen Genehmigung.
Mittwoch, 3. November 2021
URMEL AUS DEM EIS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Mit Wawa und Wutz wird Urmel gerettet
Max Kruse, dessen Mutter wir die Käthe Kruse Puppen verdanken, hat für lesende Kinder und vorlesende Eltern die wunderbar vorwitzige Figur eines aufgetauten eiszeitlichen Urmel geschaffen, für Professor Tibatong, der auf der Insel Titiwu Tieren das Sprechen beibringt, das entscheidende Bindeglied in der Entwicklung vom Saurier zum Säugetier. Urmel, das in elf Büchern die Welt und den Weltraum kennen lernt, gehört neben Jim Knopf und Pumuckl zu den Klassikern deutscher Kinderbuchliteratur. Geadelt wurde Urmel durch eine frühe Aufführung der Augsburger Puppenkiste (1969) und seit August 2006 auch durch einen computeranimierten Zeichentrickfilm. Das Spiel zum Film hat kein geringer als der Autor und Verleger Klaus Zoch entwickelt, Huch & Friends hat es für drei bis sechs Urmelfreunde ab fünf Jahren mit den entsprechenden Filmmotiven produziert. Ein Merchandisingprodukt also, aber keins von der Wegwerfsorte.
Im Buch wie im Film jagt König Pumponell von Pumpolonien das Saurier-Findelkind Urmel. Daraus entwickelt Klaus Zoch für URMEL AUS DEM EIS zwei Spielziele: Urmel muss gerettet oder gefangen werden. Ein Spieler übernimmt die Rolle des Großwildjägers Pumponell, der auf dem äußersten Lauffeld einer aus 36 Einzelfeldern flexibel auslegbaren Wegstrecke startet. Vier Felder vor ihm starten die Freunde Urmels, Wawa, der Waran, Seele-Fant, der immer traurige Lieder singt, das reinliche Hausmütterchen Wutz, der Pinguin Ping und Schusch, der Schuhschnabel. Jeder Spieler muss außerdem noch einen der Diener Pumponells übernehmen und bekommt als letzten Notanker eine Bananenschale. Urmel spielt natürlich auch mit, er wird aber keinem einzelnen Spieler zugeordnet, sondern von allen Spielern gezogen. Vorwärts geht es mit einem Würfel. Zuerst würfeln Urmels Freunde, wobei Urmel stets auf das vorderste Feld der Figuren gezogen wird. Dann folgt der König, der die Ausreißer einholen möchte. Erwischt er einen der Freunde, muss Pumponell auf diesem Feld stehen bleiben. Der Gefangene wird aus dem Spiel genommen und durch einen Diener ersetzt. Der Spieler wechselt damit seine Rolle vom Helfer Urmels zum Unterstützer des Königs. Aufhalten können den König nur die Bananenschalen, von denen die Freunde aber nur jeweils eine besitzen. Kommt diese zum Einsatz, muss der König in dieser Runde aussetzen. Der Spieler, der die Bananenschale gespielt hat, darf ein zweites Mal würfeln. So gestärkt und so vorankommend, gäbe es wahrscheinlich immer nur einen Sieger, das Urmel und einen seiner Freunde, der den kleinen Saurier auf das Zielfeld bringt. Damit es spannender wird, appelliert der Autor aber an die Solidarität der Tierfreunde. Vor jeder neuen Runde starten das Urmel und alle noch nicht gefangenen Tiere immer vom Feld des langsamsten Freundes aus. Damit haben auch der König und seine Diener gute Chancen, das Spiel zu gewinnen und Urmel vor dem Erreichen des 36. Feldes zu stellen. Das ist zwar schade und nicht so versöhnlich wie im Buch und Film, aber vielleicht startet Pumponell dann ebenfalls mit dem kleinen Saurier zu einem Hubschrauberrundflug um die Insel.
Die Wegekarten sind groß und stabil, die Spielfiguren aus Pappe wandern leider in nicht ausrottbaren Plastikfüßen über die Wegstrecke. Es wird zwar „nur“ gewürfelt, aber für die Kinder reicht das zur Spielspannung. Atmosphärisch lebt das Spiel URMEL AUS DEM EIS vom Gruppengeist der Verfolgten und Verfolger. Deshalb macht das Spiel in großer Besetzung auch deutlich mehr Spaß als zu dritt. Am Anfang sind die Kinder noch auf der Seite Urmels und blicken gespannt auf den Verfolger zurück und Schwubdiwup müssen sie das Lager wechseln. Auch wenn es nicht leicht fällt, das liebenswerte Urmel zu verlassen, sie können nun trotzdem noch gewinnen, indem nun ihre Jagdinstinkte wach werden.
URMEL AUS DEM EIS ist nicht nur für Freunde des Films ein vergnügliches Laufspiel, für die ist der Wiedererkennungswert groß und für alle anderen vielleicht ein Anlass, Kruses Buch zum Vorlesen oder selbst Lesen hervorzuholen. Freuen Sie sich mit Ihren Kindern über Wawas „Mupfel“ und das „Öff öff“ von Wutz, großes Lesevergnügen ist garantiert, mit dem das Spielvergnügen fast mithalten kann.
Titel: URMEL AUS DEM EIS
Verlag : Huch
Autor : Klaus Zoch
Illustration: Oliver Fischer
Spieleranzahl : 3-6
Alter : ab 5 Jahren
Dauer : ca. 15 Min.
Preis: ca. 20 €
Spiel 25/2007 R192/2021 Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Klaus Zoch und Albrecht Werstein, die den Zoch Verlag 1987 für den BAUSACK gegründet haben, sind Schulfreunde. Während ihres gemeinsamen Schulbesuches in der Schwarzwaldgemeinde Hornberg hatten sie Mitte der 60er Jahre schon komplexe Spielsysteme entwickelt. Von der Steinzeit bis ins Raumfahrtzeitalter spielte ihr frühes CIVILIZATION, den Spielplan gab ein Diercke-Weltatlas her.
Zoch, gescheiterter Physikstudent, Werstein, Jurist, gingen eine kreative und organisatorische Symbiose ein: Der Handwerker, Designer und häufige Ideengeber Klaus Zoch, der Redakteur, Organisator, Mann für die Vertragswerke, Albrecht Werstein.
1988 landete BAUSACK auf der AWL der Jury. Danach ging es aber nur zögerlich weiter, eine Lizenzvergabe vom BAUSACK an MB hielt sie über Wasser. Die Teamarbeit der beiden als Autoren des Spiels SCHEHERAZADE überzeugte nicht so ganz, auch die gar nicht so schlechte Kartenspiel-Reminiszenz an ihren Geburtsort Hornberg und DAS HORNBERGER SCHIESSEN stieß auf nicht allzu viel Gegenliebe.
Die Wende und der Erfolg kamen mit der Rückwendung zu Holzprodukten und Kinderspielen. AZTEC (Sonderpreis Schönes Spiel, 1997) und BAMBOLEO (1997) überzeugten. Mit ZICKE ZACKE HÜHNERKACKE gewannen sie den Sonderpreis Kinderspiel 1998. Es folgten Siege mit VILLA PALETTI (2002), NIAGARA (2005), DA IST DER WURM DRIN (2011) und SPINDERELLA (2015). 2010 hat Simba Zoch übernommen, als Marke jedoch weitergeführt.
2004 war Klaus Zoch an der Gründung von HUCH & friends beteiligt. Hier erschien 2006 das URMEL-Spiel, das von der Kritik kaum beachtet wurde. Auf BGG gibt es gerade einmal vier Wertungen, die zu einer schlechten 4,0 führen (Stand 30.10.21).
Klaus Zoch ist auf einer Aufnahme in Göttingen von 2008 zu sehen.
Dienstag, 2. November 2021
UM KRONE UND KRAGEN
Gewürfelt wird UM KRONE UND KRAGEN
Haus und Hof haben manche schon verwettet, um Kopf und Kragen sich gespielt, bei Tom Lehmann (MAGELLAN u.a.) würfeln zwei bis fünf Spieler UM KRONE UND KRAGEN. Die Amigo-Spielredaktion hat sich bei der Entwicklung des Spiels in die Karten blicken lassen. Von August 2005 bis Januar 2006 konnten die Leser der Amigo-Homepage die Bearbeitungsschritte einer Spielentwicklung fast live miterleben.
Als ROYAL ADVENCEMENT kam das Spiel des in Kalifornien lebenden Autors in Dietzenbach an. Die Leser konnten sich an der Titelsuche des Spiels beteiligen, immerhin 263 Titelvorschläge gingen dabei ein. Moritz Eggert machte dabei mit seinem alliterativen UM KRONE UND KRAGEN -Vorschlag das Rennen.
Auf dem würfeligen Weg zur Krone und zum Hermelinkragen helfen 20 verschiedene Charaktere, vom Hofnarren über die Dienstmagd bis zum Alchemisten und Bischof. Der Kartenerwerb wird einerseits durch Würfeln gesteuert, beeinflusst andererseits aber auch die Würfelergebnisse. Die Spieler starten stets mit drei Würfeln. Nach jedem Wurf muss mindestens ein Würfel rausgelegt werden, so dass anfangs maximal drei Würfe möglich sind. Das Ergebnis ermöglicht meistens den Erwerb einer Charakterkarte, zum Beispiel bei zwei gleichen Würfeln ein Bauer, der in der nächsten Runde einen zusätzlichen Würfel bringt. Sobald es mit der Zeit ein Spieler schafft, sieben gleiche Würfel abzulegen, erhält dieser das Königspaar. Er hat damit noch nicht gewonnen, läutet aber die entscheidende Abschlussrunde ein, wobei er den Vorteil hat, als Letzter würfeln zu dürfen. Wer in dieser Runde das beste Würfelergebnis erzielt, das heißt, die größte Anzahl gleicher Würfel herauslegt, gewinnt je nach Spielerzahl meist nach einer halben Stunde oder knappen Stunde das Würfelduell UM KRONE UND KRAGEN.
Würfeln, um bestimmte Karten zu erobern, die hilfreich für den Spielsieg sind, kommt Ihnen wahrscheinlich bekannt vor. Michael Schacht hat schon vor sechs Jahren mit KNATSCH ein äußerst vergnügliches interaktives Ritterduell mit Würfeln und Karten erfunden. UM KRONE UND KRAGEN setzt differenzierter bei den vielschichtigen Charakterkarten an, die einerseits neue Würfel bringen, andererseits das Wurfergebnis verbessern helfen. Es dauert schon mehrere Runden, bis die Spieler mit den unterschiedlichen Möglichkeiten der Charaktere umgehen können, das erschwert den Zugang zu dem eigentlich einfachen Spiel. Nachteilig ist auch, dass jeder nur vor sich hin würfelt und seine optimale Ausgangslage für die Finalrunde vorbereitet. Ein Mit- oder Gegeneinander findet maximal im Kampf um die nicht für alle vorhandenen Charakterkarten statt, zum Beispiel um den Feldherren, der zwei zusätzliche Würfel bringt, auf den im Spiel zu viert und zu fünft zwei Spieler verzichten müssen. Letztlich bleibt die Konzentration auf die Abschlussrunde unbefriedigend. Da optimiert jeder über 30 bis 60 Minuten seine Ausgangslage und ist dann doch vom letzten Würfelglück, das nur zum Teil beeinflusst werden kann, abhängig. Bei aller Kritik: KNIFFEL-Freunde kommen auf ihre Kosten; das Spielmaterial ist solide, die grafische Umsetzung hervorragend; wer über die Einstiegshürden hinweg ist, kann Spaß beim Würfeln UM KRONE UND KRAGEN haben.
Titel: UM KRONE UND KRAGEN
Autor: Tom Lehmann
Grafik. Volkan Baga
Verlag: Amigo
Spieler: 2- 5
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Spiel 24/2007 R191/2021 Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 63jährige in Kalifornien lebende Thomas („Tom“) Lehmann gehört zu den bekannteren Spieleautoren in den USA. In den 80ern hat er mit einem Master of Science der Stanford University als Programmierer gearbeitet. Erst Anfang der 90er Jahre begann er nebenberuflich Spiele zu entwickeln, teilweise mit seinem Freund James Hlavaty, die im gemeinsamen Kleinverlag Prism Games/ TimJim Games veröffentlicht wurden, so FAST FOOD FRANCHISE (1992) oder 2038 (1995).
In Europa kam der erste große Erfolg mit MAGELLAN (Hans im Glück 2002). Das Spiel landete auf der AWL zum Spiel des Jahres 2002. Seit 2007 ist Lehmann hauptberuflich Spieleentwickler.
Zu seinen Erfolgen darf man auch UM KRONE UND KRAGEN zählen, aber vor allem das Kartenspiel RACE FOR THE GALAXY (Spiele Hit für Experten 2008, 1. Platz beim à la carte 2008). Auf dieser Idee fußt das 2014 erschienene Würfelspiel ROLL FOR THE GALAXY.
Außerdem war Lehmann zusammen mit Matt Leacock an PANDEMIE-Erweiterungen beteiligt.
UM KRONE UND KRAGEN wird zur Zeit mit 6,4 auf BGG bewertet (Stand 30.10.21). Bei den Familienspielen rangiert es auf Platz 584.
In Österreich wurde das Spiel 2006 mit dem Spiele Hit mit Freunden ausgezeichnet. 2007 war es beim Golden Geek nominiert zum besten Familien- und Partyspiel.
Abdruck des Fotos mit freundlicher Genehmigung von Tom Lehmann.
Sonntag, 31. Oktober 2021
PFERDEÄPPEL
SAMMELSURIUM
Bütehorn Buchkassetten: PFERDEÄPPEL
Die Buchkassetten, die Ravensburger und Pelikan bis Mitte der 70er Jahre herausbrachten, waren wirtschaftlich nur bedingt Erfolge für die Verlage. Als beide Firmen ihre Reihen einstellten und die hannoverschen Pelikane dann bald auch ihre Spielproduktion, füllte die Lücke eine neue Firma aus dem Umfeld von Hannover. Die Bütehorn KG brachte ab 1976 wertige Buchschuber-Spiele unter dem Dach des Buchholz Verlags in Sarstedt bei Hannover heraus, hielt sich allerdings auch nur bis 1982 auf dem Markt.
Markenzeichen der Buchkassetten aus Sarstedt waren Klappdeckel und Druckknopf-Verschluss an einem Leinenanhänger. Heute ist das zwar eine Schwachstelle vieler in die Jahre gekommenen Spiele, damals war das aber eine originelle Idee. Eine Reihe der Ausgaben in den 80ern verzichtete dann schon auf diesen Verschluss und nutzte einen normalen Pappdeckel. Von diesen Ausgaben wurden mit der Insolvenz des Verlags einige von Hexagames übernommen. Der Verlag aus Dreieich nutzte die Spiele, um ein gutes Startprogramm neben dem Wirtschaftsspiel LONG SHORT zu haben.
Das Bütehorn-Programm war geprägt von großen, mittleren und kleinen Buchkassetten-Spielen. Daneben gab es einige Spiele in flachen Schachteln u.a. die damals sehr bekannten Ferienrallys. Prägend für die Programmgestaltung war Erik Grischeit als Produktmanager, er hatte vorher für Parker gearbeitet. Grischeit, der mit dem Schweizer Journalisten Walter Luc Haas befreundet war, holte bekanntere Autoren ins Programm. So kam er an DAMPFROSS, das in der Ausgabe von Schmidt Spiele 1984 Spiel des Jahres wurde. Auf der ersten Liste der Jury Spiel des Jahres 1979 waren gleich zwei Titel des Verlages vertreten. SETI bekam den ersten Sonderpreis für das schöne Spiel. Die Jury wollte damit zugleich auch den Buchholz-Verlag für sein Bemühen um besonders schön und aufwändig gestaltete Spiele würdigen. Neben SETI landete BLOCKADE von Sid Sackson auf der Auswahlliste. RÄUBER UND GENDARM von Rudi Hoffmann kam 1981 auf dem Bronzeplatz in diesem Jahr, hinter SAGALAND und FOCUS. 1982 schaffte es dann GEISTER von Alex Randolph auf die Liste der Jury.
PFERDEÄPPEL
Randolphs PFERDEÄPPEL ist erst 1981 erschienen, obwohl die Idee schon viele Jahre auf dem Markt war. Zuerst veröffentlichte sie 1969 Sid Sacksons in genialer Ideensammlung A GAMUT OF GAMES, die 1969 in den USA herauskam und in einer deutschen Ausgabe von Hugendubel 1981 erschien.
PFERDEÄPPEL hieß ursprünglich KNIGHT CHASE oder PFERDEJAGD und konnte mit einem weißen und schwarzen Pferd aus einem SCHACHspiel und 30 beliebigen Markierungszeichen gespielt werden.
Spezielle Pferdefiguren mit Loch im Kopf hat Randolph extra für das Bütehornspiel entwickelt, die das Markieren leichter machen. In dieser Fassung versucht Braun die weiße Figur zu fangen, Weiß versucht sich nicht in die Ecke treiben zu lassen. Gezogen wird nach Pferdesprungmanier. Jedes verlassene Feld wird mit einem braunen Köttel markiert. Darüber hinaus darf ein weiteres belegt werden.
Im Gegensatz zur PFERDEJAGD sind diesmal sogar 40 Köttel im Spiel, davon 12 goldene. Solange die 28 braunen gespielt werden und das weiße Pferd gefangen wird, hat Braun gewonnen. Kommen die goldenen PFERDEÄPPEL zum Einsatz, hat Weiß gewonnen. Jeder goldene Pferdeapfel bringt ihm ab sofort einen Gewinnpunkt.
Im Gegensatz zur Buchfassung lässt die Bütehornregel eine gewisse Beliebigkeit beim Setzen eines zweiten Blockadesteins zu. Randolph hatte das ursprünglich viel enger definiert und auf die erste Zugphase beschränkt.
Wer sich mit dem Rösselsprung auskennt, wird dieses Köttel-Duell lieben, zumal die randolphschen Pferdefiguren ein Hingucker sind. Vereinbart werden sollten gleich mehrere Partien, die Abrechnungsmodalitäten lassen dann auch einen eindeutigen Gewinner zu.
Titel: PFERDEÄPPEL
Autor: Alex Randolph
Verlag: Bütehorn
Spielerzahl: 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 10 - 20 Minuten
Preis: ca. 29.- DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 44 – S44/2021
Samstag, 30. Oktober 2021
ART ROBBERY
Streit um Raubkunst: ART ROBBERY
Reiner Knizia gehört, wie so oft schon, zu den fleißigsten Spieleautoren der Messe in Essen. Mit WITCHSTONE (HUCH!) ist er ganz vorn mit dabei (zweiter Platz der Fairplay Scoutaktion). Mit MILLE FIORI (Schmidt) und HIGH SCORE (Kosmos) mischt er ebenfalls gut mit und auch mit ART ROBBERY (Helvetiq) muss er sich nicht verstecken. BGG verzeichnet noch knapp 20 weitere Spieleveröffentlichungen.
Viel Mühe mit der Spielgeschichte geben sich Verlag und Autor nicht. Da wird einfach nur von Verteilungsproblemen unter Räubern nach einem Einbruch gesprochen. Dass es dabei um Kunstraub geht, wird grafisch nur durch eine Karte angedeutet, auf der ein Dieb zu sehen ist, der mit einem Gemälde unterm Arm die Biege macht. Ein bisschen mehr Atmosphäre hätte man der Spielidee schon gegönnt. So begegnen wir dem typischen Kampfzahlenspiel, von denen Reiner Knizia so einige entwickelt hat.
Wir streiten uns um Zahlenchips mit den Werten 0 bis 5 mit Hilfe von Spielkarten mit eben diesen Werten und einigen wenigen Sonderkarten, die beispielsweise einen Wachhund ins Spiel bringen.
Vier Überfälle sind abzuwickeln, in denen jeweils neun dieser Zahlenchips ausliegen. Besonders ist dabei der Boss-Chip, der eine Bossin zeigt. Ergeht nur in die Wertung, wenn der Erwerb mit dem zusätzlichen Besitz eines weiteren 5er oder 4er Markers verbunden ist. Um an einen Chip heranzukommen, wird eine von fünf Handkarten ausgespielt, das sind meistens Ziffernkarten, die Bosskarte, ein Wachhund und ein gieriger Dieb, der einen beliebigen Chip stibitzen darf.
Eine Runde endet, wenn die Beute verteilt ist. Davor wechseln die Punktechips aber noch häufig den Besitzer, den liegt die 4 nicht mehr in der Mitte, klaue ich sie natürlich vom aktuellen Besitzer, der nur geschützt ist, wenn er den Wachhund besitzt, den er dann aber an mich abtreten muss.
Unscheinbare weiße Punkte, die mit wachsender Anzahl auf den vier Überfällen auftauchen, spielen für die Schlusswertung eine entscheidende Rolle. Typisch knizianisch kommt nicht jeder in die Endwertung. Addiert ergeben die weißen Punkte so etwas wie eine weiße Weste, sie stellen die Alibis dar. Wer die wenigsten hat, fliegt raus, auch wenn er die meisten Punkte sammeln konnte. In unserer Erstpartie zu dritt, sind wir sogar alle rausgeflogen, da jeder fünf weiße Punkte besaß, wofür die Regel nur eine unbefriedigende Klärung bot. Im Duell ist die weiße Weste besonders wichtig, denn der Unterlegene verliert Tokens im Wert von zehn Punkten.
Die kleine Helvetiq-Schachtel ist wie gewohnt randvoll mit Karten und Chips, sogar ein kleiner Holzhund übernimmt die Rolle des Bewachers. Wie schon gesagt, ein bisschen mehr Atmosphäre hätte die Grafikerin Petra Eriksson Tokens und Karten schon spendieren können. Die einzelnen Raubzüge unterscheiden sich durch die Farbe der Pappchips. Da wegen der sich steigernden Alibi-Punkte die Abfolge von Bedeutung ist, hätte man dies auf der Rückseite der Chips durchaus vermerken können. So muss man jedes Mal wieder in der Regel nachschauen, damit wir mit dem gelben Überfall starten und der rote zuletzt kommt.
ART ROBBERY ist ein wirklich fetziges Kartenspiel, das man aber nicht zu ernst nehmen darf. Letztlich entscheiden die Kartenhände und das, was man nachzieht, über Gewinn und Verlust, über das Hin und Her der Tokens. Ganz nett sind die unterschiedlichen Konstellationen der Beutetokens, so tauchen im dritten Überfall gleich zwei Boss-Marker auf. Insgesamt solide Knizia-Kost in kleiner Schweizer Verpackung.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: ART ROBBERY
Autor: Reiner Knizia
Grafik: Petra Eriksson
Verlag: Helvetiq
Spieler: 2-5
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 68/2021
(Seite 1 von 16, insgesamt 382 Einträge)
nächste Seite »