Dienstag, 26. Juli 2016
VIVA TOPO!
Alte Schätze – neu gehoben!
Ein Blick auf die aktuellste Pressemitteilung von Selecta (Mai 2016) zeigt, dass kreative Brettspiele kein Thema mehr für den Verlag aus Edling sind. Innovativ scheinen nun Greifling und Schnullerkette, „weil uns Kinder wichtig sind.“ Als Claudia Wieczorek noch Redakteurin für Selecta war, sah das ganz anders aus. An anderer Stelle habe ich auf die großen Erfolge des Verlags schon hingewiesen. Daher ist es nur gut so, dass sie nun als Claudia Geigenmüller einige der damaligen Perlen mit zu ihrem neuen Arbeitgeber Pegasus nahm, um dort eine annähernd erfolgreiche Kinderspielreihe aufzubauen.
2002 und 2003 durfte Selecta einen ähnlichen Doppelsieg einfahren wie als Autorenduo heuer Alexander Pfister und Andreas Pelikan. Dem grandiosen MASKENBALL DER KÄFER folgte VIVA TOPO! als Kinderspiel des Jahres. Gegenüber dem gefühlvollen STERNENSPIEL von Laura (Amigo) und den Schubsversuchen in ROBBYS RUTSCHPARTIE (Kosmos) konnte sich die Idee von Manfred Ludwig damals klar durchsetzen.
Der ehemalige Französisch- und Sportlehrer gehört zur alten Autorengarde Deutschlands. Wie Wolfgang Kramer hat er schon in den 70er Jahren mit Spielentwicklungen begonnen. 1983 landete er mit dem schönen Titel FUZZI, HEINZ und SCHLEDRIAN FAHREN MIT DER EISENBAHN (Spear) erstmals auf der Auswahlliste der Jury. Neben VIVA TOPO! nahm er 2010 für DIEGO DRACHENZAHN (Haba) zum zweiten Mal den begehrten blauen Pöppel in Empfang. In diesem Jahr feiert er seinen 80. Geburtstag, dass er dabei auf hohem Niveau mit seinen Konkurrenten mithalten kann, belegt u.a. FRÖSCHLEIN AUFGEPASST! (Noris), das 2015 von der Jury empfohlen wurde.
Mit VIVA TOPO! greift Ludwig in die Klassiker-Kiste. Inhaltlich widmet er sich der Katz-Maus-Käse-Thematik, die immer zieht, was Pegasus aktuell mit der Nominierung von Knizias MMM! erleben durfte. Spielmechanisch erinnert das Ganze schon sehr an Kramers MITTERNACHTSPARTY, wobei die Kinder hier nur nicht „Hugo kommt!“ schreien, sondern „Hilfe, die Katze kommt!“. Im Spiel zu dritt oder zu viert besitzt jedes Kind vier niedliche kleine Holzmäuse mit Öhrchen und Schwänzchen, die aus ihrer Mäusehöhle ins weit entfernte (21 Felder) Käseparadies wandern. Dort wartet auf sie ein schöner runder Käselaib. Wer vorher Freunde auf den Eckfeldern besucht, bekommt kleinere Stücke, was immer noch besser ist, als von der Katze erwischt zu werden, die zwei Runden lang auf Mäusejagd geht.
Da gilt es viel abzuwägen für die Kleinen. Setzen sie auf wenige Mäuse, die aber das Käseparadies erreichen, oder geben sie allen Familienmitgliedern eine Chance, für die mehrere kleine Stücke auch großen Käse ergeben können. Die ersten taktischen Überlegungen machen aus VIVA TOPO! ein rundes Familienspiel, das wegen der Würfelsteuerung ziemlich glücksabhängig ist, was aber für das anvisierte Spielalter ab vier Jahren völlig in Ordnung geht. Das fantastische Spielmaterial sorgt für hohen Aufforderungscharakter. Zwar haben die Mäuse und die Katze keine Filzohren mehr, aber der Plastik- und Holzersatz sieht immer noch gut aus, zumal die Mäuse deutlich standfester als in der ersten Selecta-Ausgabe sind.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: VIVA TOPO!
Autor: Manfred Ludwig
Verlag: Pegasus Spiele
Alter: ab 4 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 25 Euro
Montag, 25. Juli 2016
IMAGINE
Das Konzept des japanischen Autorentrios Shingo Fujita, Motoyuki Ohki und Hiromi Oikawa geht voll auf. Ihren Begriffsratespaß IMAGINE setzten sie mit 60 transparenten Folienkarten um und treten damit gekonnt in die Fußstapfen des 2014 nominierten Spiels CONCEPT. Hatten dort einige Spieler Zugangsprobleme mit den vielen Ober- und Unterbegriffen, wird nun die Begriffssuche auf das Wesentliche reduziert. Wer mag, kann nun sogar auf die dritte Dimension zugreifen oder den Erklärungsvorgang animieren.
Das ist genial gelöst, man braucht nicht die 117 Bilder und Piktogramme aus CONCEPT, es reichen 60 Folien mit Bildern, Formen und Symbolen, die überlappt gelegt, in Bewegung gebracht und in die Senkrechte gestellt werden können.
Die zu ratenden Worte liefern 65 doppelseitig bedruckte Karten mit jeweils acht Begriffen. Hilfreich ist dabei, dass eine Kategorie genannt wird, aus der der Begriff stammt. Der linke Nachbar nennt dazu eine Zahl zwischen 1 und 8, derjenige der den Begriff nun mit den Folien darstellen darf, hat noch die Wahl zwischen dem nächsthöheren oder tieferen Begriff. Spielen Kinder mit, sollte man diesen ganz freie Auswahl lassen. Der Folienschieber nennt die Kategorie und bedient sich nun aus den in zwei Kreisen ausliegenden Folien, die im Zentrum arrangiert werden. Fast alles ist erlaubt, man darf nur nicht sprechen oder mit den Händen Rückmeldung geben. Sobald die erste Karte liegt, dürfen die Mitspieler wild durcheinander ihre Vermutungen äußern.
Ein Beispiel für solche eine erklärende Animation gefällig. Es geht um einen Film. Wir sehen ein Rechteck, dann nähert sich ein Kopf mit einer Krone diesem Rechteck. Wenig später kommt eine dunkle Gestalt mit einem Schwert zu dieser ersten Bildgruppe hinzu und bewegt sich gleich danach weg. Jetzt sehen wir eine junge Frau, die davonläuft. Erst kommt sie in einen Wald, dann zu einem Haus, wo sie sich schlafen legt. Schließlich kommen sieben Folienmänner in dieses Haus und betrachten die schlafende Frau. Spätestens dann dürfte klar sein, dass „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ gemeint waren. 15 Folien dienen dieser kleinen Animation des Begriffs, oft reichen viel weniger Folien aus. Der „Ritter“ lässt sich recht einfach als Mann mit Schwert darstellen, die „Sonnenfinsternis“ mit einem roten Kreis, vor den sich eine schwarze Wolke schiebt. Schwieriger wird es bei Persönlichkeiten wie Louis Pasteur oder Naturbegriffen wie „Venusfliegenfalle“. Da ist man oft froh, dass man auf die danebenliegenden Begriffe ausweichen darf.
Alle brauchen anfangs meist etwas Gewöhnung, um mit allen Möglichkeiten, die die Folien bieten, sinnvoll experimentieren zu können. Dann lässt diese kreative Begriffsentschlüsselung die meisten Spieler aber nicht mehr los. Ach ja, wer will kann auch Punkte vergeben und nach zwei runden Bilanz ziehen. Die Wertung wird aber wie schon beim Vorgänger schnell weggelassen, das gemeinsame Raten macht auch ohne Punktevergabe Spaß und kann bei den 1040 Begriffen ganz schön lange dauern.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: IMAGINE
Autoren: Shingo Fujita, Motoyuki Ohki und Hiromi Oikawa
Verlag: HUCH! & friends
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 3 - 8 Spieler
Spielzeit: ca. 30 Min.
Preis: ca. 25 Euro
(Seite 1 von 1, insgesamt 2 Einträge)