Sonntag, 30. Mai 2021
ROBIN HOOD
SAMMELSURIUM
Pelikan Buchkassetten: ROBIN HOOD
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem Pelikan Verlag sind die Buchkassetten, die zwischen 1974 und 1976 erschienen sind. Die ursprünglich nur für Tinten und Farben bekannte Firma aus Hannover mit dem Wappentier Pelikan, war ab den 30er Jahren die wesentliche Firma in Deutschland für Füllfederhalter. Die Erfolge führten in den 70er Jahren zu einer großen Erweiterung der Produktpalette. Neben Spielen kamen Drucker, Projektoren, sogar Kosmetik ins Sortiment der Firma. TKKG wurde von Pelikan ursprünglich entwickelt. Die Expansion ließ die inzwischen von der GmbH zur AG gewordene Firma straucheln. 1984 wurde sie von der Condorpart AG in der Schweiz übernommen, die die Spieleproduktion nicht fortführte. Inzwischen gehört Pelikan dem malaysischen Unternehmen Goodace, das nunmehr als Pelikan International Corporation Berhad firmiert.
18 Spiele in Buchkassetten sind in den 70er Jahren erschienen. Die Spiele waren kleiner als die der Konkurrenz. Ihr quadratisches Format (19x19 cm) wirkte sich auch auf die Spielfeldgröße aus, das geklappt die vierfache Schachtelgröße ergab, oft aber auch nur aus einem Kunststoffbrett eben der Größe bestand.
Pelikan griff teilweise auf renommierte Autoren zurück wie Alex Randolph und Eric Solomon. Bei firmeneigenen Entwicklungen arbeitete die Redaktion mit Pseudonymen. Das Pferderennspiel FINISH wurde so einem E. Siena zugeschrieben, GLOBETROTTER hat angeblich ein R. F. Pleuna erfunden und DIAMANT ein A. Steyn.
Wie in der E-Serie von F.X. Schmid tritt auch bei Pelikan der Spielekritiker Eugen Oker als Serienbegleiter auf, aber auf eine anregende Weise einstimmend. Einleitende Kurzgeschichten führen zu manchen Spielen, wie der Verlag selbst sagt, meist „frei erfunden, zum Teil wahr“. Eugen Oker „wolle ja nicht bloß Einleitungen schreiben, sondern Vorspiele und Einstimmungen.“ Auch an den Regeln der Pelikanspiele soll Oker beteiligt gewesen sein.
ROBIN HOOD
Michael Menzels gleichnamiges Spiel hat 2021 Chancen auf den Titel Spiel des Jahres, kein geringerer als Alex Randolph hat sich 1976 ebenfalls diesem Thema angenommen. Soviel darf vorweggenommen werden, hätte es einen ähnlichen Preis in den 70ern schon gegeben, für dieses Spiel hätte ihn Alex Randolph nicht gewonnen.
Randolphs idee beruht auf unterschiedlich langen gewundenen Wegen, die auf vier doppelseitigen Spielplänen durch Sherwood Forest führen. Das jeweilige Anlegen neuer Pläne kann dabei den weg verkürzen oder verlängern. Alle starten von einer Wegetafel aus und legen sich dabei mit ihrer Robin Hood-Figur auf einen Pfad fest, der exakt weiter verfolgt werden muss.
Das Ziel des Spieles ist es, als erster mit seiner Robin Hood Spielfigur den Sherwood Forest zu durchqueren. Da kann es schon sehr ungerecht zugehen, da die Wege zwischen sechs und 15 Felder lang sind. In der Startsituation sind sie meist zwischen sechs oder acht Feldern lang, es gibt aber stets den einen extrem langen Pfad, der einen schon auf der zweiten Waldtafel treffen kann. Da ist man schnell abgehängt. Ausgesetzt sind alle dem Würfelglück, so kommt ein neuer Waldplan nur, wenn eine „6“ gewürfelt wird. In diesem Fall dürfen auch vorhandene und nicht schon betretene Pläne gedreht werden. Schließlich kann man die Strecke auch über vier Waldteile hinweg verlängern, wenn man schon durchlaufene Waldstücke einfach ans Ende legt. Wer den letzten Spielplan als erster verlässt, gewinnt das Spiel.
Einen großen Vorteil haben die Spieler, die mit der „6“ gute Passungen für ihre Wege finden. Da die Pläne gewendet und gedreht werden können, gibt es stets günstige Fortsetzungen. Wirklich anspruchsvoll ist diese Idee Alex Randolphs nicht. Kinder kennen die Fadenspiele, bei denen man Ende und Anfang in einem Schnurgewirr finden muss. Die finden die Idee mit den Pfadfortsetzungen ganz amüsant. Das war’s dann aber schon. Diese Würfelabhängigkeit ist heute nicht mehr zeitgemäß. Das Material ist in Ordnung, Spielfiguren, bunte Würfel und Spielpläne sind funktional. Für Sammler eine Rarität, für Spieler nicht wirklich interessant.
Titel: ROBIN HOOD
Autor: Alex Randolph
Grafik: o.A.
Verlag: Pelikan
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 20 - 30 Minuten
Preis: ca. 50 DM
Wertung: Nächsten Monat wieder
Sammelsurium 22 - S22/2021
Montag, 3. Mai 2021
HISPANIOLA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
HISPANIOLA
Wolfgang Panning hat es im Jahr 2000 mit PORT ROYAL bis auf die Auswahlliste für das „Spiel des Jahres“ geschafft genauso wie Frederick Herschler zwei Jahre zuvor, als er mit dem Spiel CANYON ausgezeichnet wurde. Beide Spiele haben eine Gemeinsamkeit, ihnen gelingt es auf überzeugende Weise ein Stichkartenspiel mit Brettspielatmosphäre umzusetzen.
Das versucht seit Oktober 2004 auch Michael Schacht, ein Autor, der schon mehrfach auf der Auswahlliste für das „Spiel des Jahres“ mit guten Karten- und Brettspielen war.
Sein bei Pro Ludo erschienenes Kartenbrettspiel HISPANIOLA ist von der Grundstruktur her ein klassisches Stichspiel für drei bis fünf Spieler. 75 Karten mit Werten von 1 bis 15 in fünf Farben sind maximal im Spiel. Je nach Spielerzahl werden die sich im Spiel befindlichen Werte verringert, so dass jeder immer 15 Karten auf der Hand hat. Am Spielanfang wird eine Trumpffarbe bestimmt. Dazu legt jeder Spieler verdeckt eine Karte ab, die höchste Karte bestimmt den Trumpf der Spielrunde. Die gelegten Karten sind aus dem Spiel. Die nächsten vierzehn Spielrunden verlaufen – bis auf eine kleine Ausnahme - nach dem klassischen Schema: Der ausspielende Spieler bestimmt mit einer angespielten Farbe die Stichrunde, es muss bedient, es darf gestochen werden. Wer nicht bedienen kann, hat allerdings die Möglichkeit durch Legen der höchsten Karte in einer anderen Farbe den Stich zu machen. Das Spielziel unterscheidet sich auch vom normalen Stichspiel. Es gewinnt nicht der, der die meisten oder wertvollsten Stiche macht, im Gegenteil, der Spieler, der am Ende die meisten Karten vor sich hat, wird sogar bestraft. Es gewinnt der, der am geschicktesten die Punktmöglichkeiten des Spielplans für sich ausnutzt.
Stellen wir uns das Kartenduell unter Piraten in der Karibik vor, zehn Spießgesellen in Form kleiner Holzchips hat jeder Spieler vor sich liegen. Auf dem Spielplan finden wir sechs Schiffe, fünf, die den jeweiligen Kartenspielfarben zugeordnet sind, und ein sechstes neutrales Boot. Auf den Schiffen sind jeweils drei Positionen zu vergeben, die zentrale des Kapitäns, der links und rechts noch zwei Seeleute an Bord duldet. Sollten sich mehr Personen auf das Schiff wagen, landen sie im Wasser und müssen sich mühsam über vier unwirtliche Inseln bis zu einem rettenden Floß durchkämpfen, um dann endlich wieder für Schiffseinsätze zur Verfügung zu stehen. Der Gewinner einer Stichrunde darf einen seiner Holzpiraten auf das Schiff der angespielten Farbe legen, natürlich erst einmal auf die Position des Kapitäns. Sobald in einem Stich mindestens drei Kartenfarben liegen, muss das neutrale Schiff geentert werden. Spätere Stiche führen dann zur schon beschriebenen Verdrängung bis zum Inselhopping. Nach dem letzten Stich erfolgt die Abrechnung, bei der alle Piraten auf Kapitänsposition 5 Punkte bringen, die noch am Bord befindlichen Seeleute erhöhen das Punktekonto immerhin um einen Punkt. Minuspunkte kassieren die Piraten auf den Inseln. Minuspunkte gibt es aber auch für Spieler, die besonders viele Stichkarten gesammelt haben. Der Spieler mit den meisten Karten erhält vier Punkte abgezogen, der nächstfolgende zwei Punkte. Das können dabei durchaus Spieler sein, die gar nicht so viel Stiche gewonnen haben, da der Autor nach jedem Stichgewinn ein Weiterschieben des Stichstapels zulässt. Die Spielerzahl legt die Anzahl der Spielpartien fest, die Mindestrunde beträgt danach drei bis fünf Spiele. Wer dann am Ende die meisten Pluspunkte hat, gewinnt HISPANIOLA.
An die beiden erfolgreichen Kartenbrettspielvorgänger PORT ROYAL und CANYON reicht Michael Schachts HISPANIOLA bei weitem nicht heran. Die meisten Runden verlaufen unbefriedigend, meist hat man das Gefühl, dass man nicht spielt, sondern gespielt wird. HISPANIOLA gaukelt Einflussmöglichkeiten vor, die es aber überhaupt nicht besitzt. Das liegt an den retardierenden Elementen, nicht die ersten Stiche sind entscheidend, sondern die letzten. Damit werden starke Blätter zusätzlich belohnt, mit ihnen holt man sich die Kapitäne, mit ihnen schiebt man auch die Stichhaufen weiter. Wobei die Kartenschieberei besonders unsinnig ist. Auf diese Negativwertung hätte Schacht ruhig ganz verzichten können, es reichen doch schon die Minuspunkte von den Inseln.
HISPANIOLA hinterlässt insgesamt den Eindruck, dass das Spiel noch nicht ganz ausgereift ist, ein Schnellschuss, der die sonst klare Linie der Schacht-Spiele vermissen lässt.
Titel: HISPANIOLA
Autor: Michael Schacht
Grafik: Ségur
Verlag: Pro Ludo
Spieler: 3-5
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 40 Minuten
Preis: ca. 14 €
Spiel 12/2005 R74/2021
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 56jährige Michael Schacht ist gelernter Grafiker, in diesem Beruf hat er auch bis 2005 gearbeitet, bevor er sich entschied, vom Spieleerfinden zu leben. Inzwischen gehört er hinter Kramer, Kiesling und Knizia zur erfolgreichen zweiten Garde der deutschen Spieleautoren und kann rund 200 Veröffentlichungen vorweisen.
Wichtig war für seine Autorenkarriere der Hippodice Autorenwettbewerb, darüber gelangten Spiele wie TAXI (Spiel im Heft, 1992) und CHARTS (Piatnik,1996) zur Veröffentlichung. Den Wettbewerb 1998 gewann er mit KONTOR. Mit der Umsetzung durch Goldsieber gelangte Schacht 1999 erstmalig auf die Auswahlliste für das Spiel des Jahres, das er dann 2007 für ZOOLORETTO gewann.
„Spiele aus Timbuktu“ war ein Eigenverlag des Autors, in dem er preiswerte Bastelpackungen von Spielideen in Kleinstauflage anbot, außerdem viele Erweiterungen zu COLORETTO und ZOOLORETTO.
Das Bild zeigt den Autor 2004 auf dem Autorentreffen in Göttingen.
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