Welches ist der älteste Spieleverlag im deutschsprachigem Raum? Wenn Sie jetzt auf Ravensburger tippen, dann liegen Sie falsch. In Bodenseenähe werden zwar seit 1883 Spiele produziert, schon 59 Jahre vorher begann aber die Produktion von Kartenspielen in Wien bei Piatnik. Von Anfang an setzte die Firma dabei auf ein Reiterlogo, das im Gegensatz zu den vielen Logo-Wechseln bei Ravensburger die Jahrhunderte überdauert hat. Ganz aktuell verabschiedet sich Piatnik von dem den Reiter umrahmenden gelben Dreieck und setzt auf eine runde, rot-weiße Einbettung in den Farben der Stadt Wien. Auch Reiter und Pferd sind leicht überarbeitet: Aufrechte Haltung auf einem dynamischeren Pferd, das sich nun mit dem Blick zum Betrachter ausrichtet.
Zur alten Tradition gehört noch Mira Lobes DIE OMAMA IM APFELBAUM. Die in Görlitz geborene jüdische Autorin ist wohl die bekannteste Kinderbuchautorin unseres Nachbarlandes. Ihre größten Erfolge feierte sie mit DIE OMAMA IM APFELBAUM (1965) und DAS KLEINE ICH BIN ICH (1972). Für das erste Buch bekam sie vor 51 Jahren den Österreichischen Staatspreis für Kinder- und Jugendliteratur. Die Umsetzung als Brettspiel hat die Wiener Spieleakademie nun mit dem „Spiel Hit Familie 2016“ ausgezeichnet.
Verantwortlich für das Spiel zeichnen Susi Weigel, Andrea Kattnig und Klemens Franz. Für Klemens Franz ist es dabei keine zeichnerische Aufgabe, da die Originalgrafiken von Susi Weigel aus dem Buch übernommen wurden. Er hat zusammen mit seiner Frau Andra Kattnig die Spielidee entwickelt und die bleibt eng an der Buchgeschichte und damit besonders phantasievoll.
Der kleine Andi hat zwar Geschwister und Eltern, aber keine Oma. In seiner Fantasie schafft er sich eine im Apfelbaum, mit der er zum Prater geht, Wildpferde fängt und über stürmische Meere schippert. Dabei braucht er diese Superoma eigentlich gar nicht, denn in der Nachbarschaft lebt Frau Fink, die viel realer ist als seine Fantasie-Oma.
Voller Äpfel hängt zu Spielbeginn der Apfelbaum. Wird ein Apfel gepflückt, ergibt sich für den aktiven Spieler ein Abenteuer mit der Omama oder Haushaltsunterstützung bei Frau Fink. Wir starten erst einmal rein spielerisch mit Würfelaufgaben. Jede Karte ist versehen mit einem Begriff und zeigt ein bis vier Farbwürfel, die in 30 Sekunden Sandrieselzeit erwürfelt bzw. bei Frau Fink erbaut werden müssen. Wer fertig ist, bekommt sofort die nächste Aufgabe vorgelegt, bis die 30 Sekunden vorüber sind. Dann heißt es: Augen zu! Die Würfelkarten müssen nun in richtiger Reihenfolge in eine kleine Geschichte gepackt nacherzählt werden. Jede richtige Karte kommt auf den Apfelbaum und zählt für die gemeinsame Schlusswertung, wenn der Baum abgeerntet ist. Wer die Kooperation nicht so mag, kann natürlich den Gewinner auch kompetitiv bestimmen.
So richtig beachtet haben bisher nur die Österreicher diese tolle Spielidee. Franz und Kattnig sind auf eine interessante Mischung zwischen Würfelhektik und Sanduhrdruck mit Erinnerungsvermögen und erzählerischem Können gekommen. Das ist durchaus anspruchsvoll und besitzt hohen Reiz. Zu kritisieren gibt es wenig, nur die Schachtel hätte bei dem überschaubaren Inhalt halb so groß ausfallen können.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: DIE OMAMA IM APFELBAUM
Autoren: Andrea Kattnig und Klemens Franz
Verlag: Piatnik
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 – 5 Spieler
Spielzeit: ca. 25 Min.
Preis: ca. 23 Euro