Donnerstag, 15. Juli 2021
VENICE CONNECTION
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Ein veralextes Legespiel: VENICE CONNECTION
Vor einem Jahr hat der Grafiker und Spieleautor Johann Rüttinger einen eigenen Verlag gegründet. Mit dem Verlagsnamen, DREI MAGIER SPIELE, knüpft Rüttinger an einen seiner größten Erfolge an, das Noris-Spiel DIE DREI MAGIER, für das er 1985 mit dem Sonderpreis Schönes Spiel ausgezeichnet wurde.
Elf Jahre später ist ihm das nun erneut gelungen, wie 1985 ist er für die Grafik verantwortlich, die Spielidee liefert ihm aber der in Venedig direkt an einem der Kanäle lebende Alex Randolph, den wir alle als Autor neben Michael Matschoss vom Spiel des Jahres 1982, SAGALAND, kennen.
Aus einem abstrakten Puzzle mit 16 identischen Legeteilen entwickelt Randolph eine Reminiszenz an seine jetzige Heimatstadt. Wohnbebauung und Kanäle kennzeichnen die grafische Gestaltung der Kärtchen, die Vorderseite zeigt das Wasser gerade fließend, auf der Rückseite ist ein Flussbogen eingezeichnet. Das Spielziel des Legeduells formuliert Randolph ganz simpel, derjenige gewinnt, der zuerst den Kanal durchgehend schließt oder der, der erkennt, dass diese Lösung mit Hilfe der restlichen Karten nicht mehr möglich ist.
Das Besondere an VENICE CONNECTION, es wird nicht abwechselnd jeweils eine Karte gelegt, sondern es dürfen bis zu drei Karten sein, die orthogonal aneinanderpassen müssen, wobei das nicht zwingend für den Kanalverlauf gilt. Genau diese Regel bringt spannende Konstellationen, wenn man beispielsweise zwei naheliegende Verbindungen schafft, die aber weit genug auseinanderliegen.
Ein ähnliches, aber ganz abstraktes Legepuzzle hat Randolph 1973 als BANDA bei Ravensburger veröffentlicht. Die jetzige grafische Umsetzung durch Johann Rüttinger im Venedig-Setting ergibt eine ganz andere Spielatmosphäre. Hinzu kommt der besondere Druck auf venezianischem Algenpapier und dicken Papp-Plättchen. Ein fantastisches kleines Denkspiel, das auch für Soloaufgaben taugt.
Titel: VENICE CONNECTION
Autor: Alex Randolph
Grafik: Johann Rüttinger
Verlag: Drei Magier Spiele
Spielerzahl:1-2
Spieldauer: 5 - 10 Minuten
Preis: 13.- DM
Spiel 28/1996 R115/2021
Die Rezension erschien 1996 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Autor:
Alex Randolph war der Kosmopolit unter den Spieleautoren. 1922 in Böhmen geboren. Seine Mutter stammte aus Colorado, sein Vater war Russe. Schon als Kind lebte er mehrere Jahre in Venedig, bevor er als Zehnjähriger in ein Schweizer Internat geschickt wurde. Ein Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg ging die Familie zurück in die USA. Während des Krieges arbeitete er am Entschlüsseln feindlicher Codes.
Nach dem Krieg lebte er als Werbetexter und Romancier in Boston, bevor er 1961 mit Pentomino-Steinen sein erstes Spiel veröffentlichte. Randolph siedelte dann nach Wien um, spielte dort im Café Hawelka TWIXT mit Herbert Feuerstein, das bald als 3M-Spiel in einer edlen Buchschuberausgabe erschien und ihm einen mehrjährigen Aufenthalt in Japan finanzierte. Mitte der 70er Jahre fand der Spieleautor nach Venedig zurück, wo er 2004 starb.
Anfangs entwickelte er, inspiriert durch die Japanreise, hauptsächlich taktische Spiele für zwei, wie EVADE, BUFFALO und GEISTER. In den 80er Jahren erfand er erfolgreich viele Familienspiele wie SAGALAND, „Spiel des Jahres“ 1981, das er zusammen mit seinem engen Freund Michael Matschoss entwickelte. Es blieb zwar sein einziges „Spiel des Jahres“, für GUTE FREUNDE (1989) gewann er den ersten Sonderpreis „Kinderspiel“, was er mit LEINEN LOS! 1997 noch einmal wiederholte. INKOGNITO (1988) und VENICE CONNECTION (1996) bescherten ihm den Sonderpreis „Schönes Spiel“.
In den 90er Jahren arbeitete Randolph eng mit Johann Rüttinger zusammen, der auch XE CIAO CIAO … in sein Programm nahm. Posthum veröffentlichten Rüttinger und Kathi Kappler 2012 das lesenswerte Buch Randolphs „Die Sonnenseite. Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders“.
In seinem 68. Lebensjahr wird der Philosoph unter den Spieleautoren mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet, außerdem erhält er 1992 einen Sonderpreis für sein Lebenswerk beim Deutschen Spielepreis. Randolph gilt neben Sid Sackson als einer der ersten Spieleautoren, der seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. Er hat schon in den 70er Jahren dafür gesorgt, dass Autorennamen auf den Schachteln auftauchten.
Das Bild zeigt Randolph diesmal 1995 auf dem Autorentreffen in Göttingen zusammen mit der Ravensburger Redakteurin Charlotte Huber, sie spielen einen Nachfolger des alten Klassikers CORONA, der einst 1974 bei Ravensburger erschienen ist.
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