Donnerstag, 22. Juli 2021
WER HAT MEHR?
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
WER HAT MEHR?
Geht’s noch ein bisschen hässlicher? Dieses Spiel mit den Temperamenten, das Piatnik von dem englischen Autor Alan Moon in diesem Jahr veröffentlicht hat, wirbt nicht unbedingt mit seinem Cover. Der aufbrausende Choleriker, der träumende Phlegmatiker reizen mich eigentlich nicht, dieses Spiel in die Hand zu nehmen. Dann schon eher das melancholische Konterfei eines Woody Allen Doppelgängers.
Hinter dieser thematischen Verpackung steckt ein Stichspiel, das gar nicht so schlecht ist. Die 60 Spielkarten, die der roten Cholerik, gelben Sanguinik und blauen Phlegmatik zugeordnet sind, besitzen Werte von 1 bis 20. Zusätzlich gibt es vier Trumpfkarten, bei der Allen als Melancholiker den Verzicht auf Trumpf mit sich bringt. Außerdem spielen Bietchips eine nicht unwichtige Rolle.
Die Rundenzahl orientiert sich an der Spielerzahl, sodass zwischen acht und 13 Runden gespielt werden. Die Zahl der Handkarten startet niedrig bei drei Karten und steigert sich von Runde zu Runde um eine Karte. Am Ende bekommt jeder je nach Spielerzahl zwischen 10 und 15 Karten, die Trumpffarbe wird zufällig bestimmt. Vor dem Spiel bewerten alle ihre Kartenhände und wetten der Reihe nach offen auf Farben, von denen man meint, am Ende die meisten Karten zu besitzen. Wer sich für den Melancholiker entscheidet, zeigt damit an, dass er insgesamt die wenigsten Karten am Ende haben möchte. In dieser Bietphase hinten zu sitzen, besitzt Vorteile, da man die vorher abgegebenen Gebote in seine Überlegungen mit einbeziehen kann. Wer will darf auch auf mehr als eine Farbe setzen.
Der Spielablauf entspricht den üblichen Stichspielregeln, die wir aus dem SKAT-Spiel kennen. Es besteht Farb-, aber kein Stichzwang. Wer den Stich gewinnt, spielt weiter aus. Am Ende bringt jede erfüllte Wette fünf Punkte, hinzu addiert wird jede Karte dieser Farbe. Unerfüllte Wetten zählen fünf Minuspunkte. Der graue Chip bringt so viele Plus- oder Minuspunkte wie Handkarten in der entsprechenden Runde verteilt wurden.
Was am Anfang noch eher zufällig abläuft, wird mit steigender Kartenzahl berechenbarer und fängt an Spaß zu machen. Die Spielregel bietet am Ende noch einige Varianten, die keine Langeweile aufkommen lassen. So gibt es doppelte Bietmöglichkeiten und geheime Gebote.
Augen zu und durch, kann ich nur empfehlen, das Spiel ist zwar potthässlich, aber als Stich- und Bietspiel besitzt es Reiz. Bei wenigen Karten ist das Bieten auf eine Farbe eher zufällig, da keiner weiß, welche Karten überhaupt im Spiel sind. Hinten raus wird das alles kalkulierbarer und spannender.
Titel: WER HAT MEHR?
Autor: Alan Moon
Grafik: Wolfgang Rieder
Verlag: Piatnik
Spielerzahl: 3- 6
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: 45 Minuten
Preis: 10.- DM
Spiel 05/1990 R119/2021
Die Rezension erschien 1990
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Alan Moon war in den 80er Jahren für Avalon Hill journalistisch tätig, arbeitete auch an der Spielentwicklung für diese Firma und für Parker Brothers. Dem deutschen Publikum wurde er Anfang der 90er Jahre durch Spiele wie AIRLINES (Abacus) und Spiele des Verlags White Wind bekannt, den er zusammen mit Peter Gehrmann gründete. In dieser frühen Phase erschien WER HAT MEHR (1990) bei Piatnik.
In 1000er Auflagen erschienen die meisten Spiele bei White Wind so auch ELFENROADS, das später in der Version von Amigo als ELFENLAND Moons erstes „Spiel des Jahres“ wurde. Zwischen 1998 und 2004 war Moon besonders erfolgreich.. Mit UNION PACIFIC (1999) und DAS AMULETT (2001) landete er auf der Nominierungsliste. 2004 gelang ihm sein größter Erfolg mit ZUG UM ZUG, zu dem in der Folgezeit verschiedene Varianten und Erweiterungen erschienen sind und immer noch erscheinen.
WER HAT MEHR erschien 2001 in einer attraktiveren Fassung als WHERE’S BOB’S HAT? bei Abacus.
In dieser erfolgreichen Phase war Moon erster Vorsitzender der Spieleautorenzunft. Das Bild stammt aus einem Gespräch zweier Preisträger in Göttingen aus dem Jahre 2005. Werner Hodel und Alan Moon diskutieren, ob der Mississippi oder die Schiene der bessere Transportweg in den USA sei.
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