Freitag, 30. Juli 2021
GODS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Vom Bastelbogen zum fertigen Spiel: GODS
Es gibt nur wenige Spieleautoren, die ihre Fans besonders preiswert an die eigenen Spielideen heranlassen. Michael Schacht gehört zu diesen Autoren. Seine „Spiele aus Timbuktu“ erscheinen meist als überaus günstige Bastelpackungen. Tolle Spiele wie CONTRA oder DIE TAFELRUNDE sind in dieser Reihe veröffentlicht worden. Das letzte Spiel ist später als KÖNIG DER DIEBE bei Eurogames erschienen, aus dem ersten wurde das Queen Games-Spiel ARCHITEKTON. Auch andere Spiele aus der Reihe haben den Weg in einen Verlag gefunden, für das meines Erachtens beste Spiel, das 2001 veröffentlichte GODS, gilt das allerdings nicht. Als Bastelbogen war es mit seinem umfangreichen Material das Aufwendigste, was Schachts Kleinverlag bislang zu bieten hatte. Trotzdem war die 1000er Auflage schnell vergriffen und das Spiel kam gut an.
Als vollwertiges Spiel, bei dem man ( fast ) ganz ohne Schere und Kleber auskommt, veröffentlicht Michael Schacht sein GODS nun selbst. Wie er sagt, erscheint das Spiel endlich in der Form, „die es sicherlich verdient“, allerdings streng limitiert auf 666 Exemplare.
Die Story bleibt erhalten: Nach der großen Flut ordnen zwei bis vier spielende Götter die Welt neu. Sie besiedeln sie mit Völkern und versuchen diese mit Tempelbauten von der richtigen Religion zu überzeugen. All das kostet auch Göttern Kraft, mit der es geschickt hauszuhalten gilt, um am Ende die zum Gewinn nötigen neun oder zehn Siegpunkte zu erreichen.
Die Götterlandschaft breitet sich auf 84 Hexfeldern aus, 32 davon sind den Völkern zugeordnet, ebenso viele den Tempeln, die die Spieler zu Spielbeginn erhalten, daneben gibt es noch Ödlandkärtchen und Sonderaktionsfelder, diese insgesamt 52 Kärtchen werden für das eigentliche Spiel aus einem Säckchen gezogen.
GODS erweist sich als ein äußerst spannendes taktisches Legespiel, dessen Grundstruktur – wie die meisten Spiele von Michael Schacht – ganz einfach ist. Der Spielablauf reduziert sich auf das Kräftesammeln, wobei es pro Spielrunde drei Kräftepunkte gibt, die nun nicht mehr in Form von Einzelkristallen vergeben, sondern auf einer Zählscheibe angezeigt werden. Mit diesen Punkten müssen zwei Aktionen ausgeführt werden. Dazu füllt man erst einmal seine Auslagetafel auf zwei unterschiedliche Hexplättchen auf, die man danach ins Spiel bringen kann. So können vor allem Völkerstämme gelegt werden. Die Kosten dafür liegen bei einem Kräftepunkt für jede angrenzende Hextafel. Legt man eine Ödlandkarte, erhält man sogar einen Stärkepunkt. Die anderen Sonderaktionen sind meist kostenfrei. Dreimal teurer als bei den Volksstämmen wird es, wenn man einen eigenen Göttertempel ins Spiel bringt, dafür lässt der aber alle anliegenden Volksstämme vom fremden Glauben abspringen. Und nur so kommt man an Punkte. Von der eigenen Religion überzeugte Völker werden mit Göttersteinen gekennzeichnet, sobald drei gleiche Stämme einer Religion angehören, spricht Schacht von einer Volksgründung, die beim ersten Mal mit einem Siegpunkt und zusätzlich einer Punktetafel belohnt wird. Die Stämme wenden sich immer mal wieder anderen Göttern zu, sobald man dadurch keine drei Stämme mehr besitzt, muss man seine Punktetafel abgeben, der anfangs gewonnene Siegpunkt geht aber nicht mehr verloren.
Für entscheidende Aktionen muss langfristig gespart werden, deshalb ist es auch gut, dass man in einer Runde seine beiden Legeplättchen einfach kostenfrei zurück ins Säckchen werfen darf, so dass die drei Kraftpunkte, für das große Kräftemessen und Punktesammeln aufgespart werden können. Zünglein an der Waage sind häufig die vier Einzelsiegpunkte für die vier Völker, die im Spiel sind. Trotzdem brauchen die Spieler zum Sieg in der Regel drei Völkerkarten, um die mindestens neun Siegpunkte zu erreichen, wobei die grünen Völker besonders beliebt sind, da sie vier statt der sonst üblichen drei Siegpunkte bringen. So kann man auch mit zwei Einzelsiegpunkten, einem grünen und einem anderen Volk zum Spielsieg kommen. In GODS läuft aber nichts verdeckt ab, alle Informationen stehen auch den Mitspielern zur Verfügung, so dass ständiges Konvertieren zum Spielalltag gehört.
Für mich ist Schachts Spiel vor allem zu zweit eine besondere Empfehlung wert, die Steuermöglichkeiten im Spiel zu dritt und zu viert lassen dann doch etwas nach. Die grafische Gestaltung hat Michael Schacht vom Vorgängerspiel übernommen. Das Kartenmaterial ist stabil, wird sinnvoll ergänzt durch Holzmaterialien für die Religionsanzeige. Die Regel ist gut strukturiert, enthält auch sinnvolle Anmerkungen zur Spieltaktik. Außerdem war noch soviel Platz auf dem Regelblatt, dass dort die Aktionsphasen vierfach auf kleinen Kärtchen gedruckt werden konnten. Damit geht das Timbuktu-Feeling, mit der Schere zur Spielentstehung beizutragen, doch nicht ganz verloren.
Titel: GODS
Autor: Michael Schacht
Grafik: Michael Schacht
Verlag: Spiele aus Timbuktu
Spieler: 2- 4
Alter: ab 10 Jahren (nicht ab 12 wie in der Regel angegeben)
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Spiel 14/2006 R127/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 56jährige Michael Schacht ist gelernter Grafiker, in diesem Beruf hat er auch bis 2005 gearbeitet, bevor er sich entschied, vom Spieleerfinden zu leben. Inzwischen gehört er hinter Kramer, Kiesling und Knizia zur erfolgreichen zweiten Garde der deutschen Spieleautoren und kann rund 200 Veröffentlichungen vorweisen.
Wichtig war für seine Autorenkarriere der Hippodice Autorenwettbewerb, darüber gelangten Spiele wie TAXI (Spiel im Heft, 1992) und CHARTS (Piatnik,1996) zur Veröffentlichung. Den Wettbewerb 1998 gewann er mit KONTOR. Mit der Umsetzung durch Goldsieber gelangte Schacht 1999 erstmalig auf die Auswahlliste für das Spiel des Jahres, das er dann 2007 für ZOOLORETTO gewann.
„Spiele aus Timbuktu“ war ein Eigenverlag des Autors, in dem er preiswerte Bastelpackungen von Spielideen in Kleinstauflage anbot, außerdem viele Erweiterungen zu COLORETTO und ZOOLORETTO.
Das Bild zeigt Michael Schacht mit seiner Partnerin Marianne Hartz im CALIFORNIA-Jahr 2006 in Göttingen.
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