Freitag, 24. September 2021
BLINDES HUHN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
BLINDES HUHN
Wer sich an die einfache Grafik von Michael Schachts vor neun Jahren erschienenen Stichspiel BLINDES HUHN (Berliner Spielkarten) zurück erinnern kann, wird mit Vergnügen Mario Coopmanns Hühner in dem gleichnamigen Bluff- und Versteigerungsspiel von Heike Risthaus genießen. Diese witzige Kartengrafik macht Lust auf ein Spiel. Der Berliner Zeichner tobt sich an Bauernhofgeschichten aus, seine blinden Hühner tappen in fast jedes Fettnäpfchen, das man sich auf dem Lande nur vorstellen kann. Da wird der Blindenstock zum Nasenkitzler für das Schwein, da droht die Mistforke oder das Unheil naht in der Widerspiegelung der Blindenbrille eines Huhns, die einen großen näherkommenden Trecker zeigt.
Jetzt muss nur noch das Spiel mit der Grafik mithalten, dann kann diese Kosmos-Ausgabe der kleinen Reihe in einer Liga mit ALLES IM EIMER von Stefan Dorra mitspielen. Für Heike Risthaus, die 2007 beim Autorenwettbewerb des Hippodice Spieleclubs für BACKE BACKE KUCHEN den Sonderpreis für das beste Kinderspiel erhielt, ist es im Übrigen die erste Spielveröffentlichung.
Die 110 Spielkarten bestehen aus drei Kartenarten. Da gibt es einmal die Kükenkarten, von denen jeder der drei bis fünf Spieler am Anfang acht in unterschiedlicher Farbkombination mit den Werten 1 bis 3 erhält. Daneben gibt es weitere 45 dieser Karten in fünf Farben mit den Werten 1 bis 4, hinzu kommen je 12 goldene Korn- und blinde Hühner-Karten. Die Startkarten legt jeder nach Farben sortiert offen vor sich aus. Die restlichen Karten werden gemischt, wobei sich eine Karte für das Spielende unter den letzten zehn Karten befinden muss.
Während des Spiels erwerben die Spieler in einem Auktionsverfahren Karten. Reihum ziehen die jeweiligen Versteigerer drei Karten vom Stapel, die sie im Paket anbieten. Der Versteigerer darf entscheiden, wie viele Karten er den Mitspielern offen zeigt. Die Regel sieht dabei nur vor, dass mindestens eine offen und eine verdeckt sein muss. Bei der Versteigerung darf jeder nur einmal mit Hilfe seiner Kükenkarten bieten, der Auktionator muss dabei das erste Ge bot abgeben. Die anderen Spieler sind nicht verpflichtet, auf die Karten zu bieten. Gewinnt ein Mitspieler, erhält der Versteigerer die Bezahlung. Gewinnt er die Auktion, wird sein KükenObolus reihum verteilt. Die ersteigerten Kükenkarten werden in die stets offene Kartenauslage einsortiert. Blinde Hühner und goldene Körner werden verdeckt abgelegt. Wenn die Karte für das Spielende gezogen wird, endet das Spiel sofort. Bei der Schlusswertung wird erst einmal festgestellt, wer jeweils die Farbmehrheit bei den Kükenkarten besitzt. Meist gibt es acht Punkte für den ersten und vier Punkte für den zweiten Platz. Zusätzlich darf jeder Spieler drei Farben mit den Kartenwerten für seine Endabrechnung berücksichtigen. Schließlich bringen die blinden Hühner drei Minus- und die goldenen Körner zwei Pluspunkte, jeweilige Kartenpaare fahren dagegen fünf Pluspunkte ein. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt nach einer halben Stunde Spielzeit.
Heike Risthaus bringt mit ihrer Wertungsvorgabe die Spieler ganz schön ins Grübeln. Wer ein fetziges, lockeres Bluffspiel erwartet, sieht sich schnell getäuscht. Da sind stets viele Dinge abzuwägen. Das fängt beim Offenlegen und Verdecken der Karten an und geht bei der Gebotshöhe weiter. ,,Womit bezahle ich?" ist stets eine ganz wichtige Frage. Da ist die Kartenauslage aller Spieler immer im Blick zu behalten, da es ja um Mehrheiten in den Farben geht, aber auch um Kartenwerte, die man am Ende noch in die Wertung einbringen kann. Der Pokerreiz, der sich aus den verdeckten Karten und dem Anfangsgebot des Auktionators ergibt, gibt dem Spiel einen gewissen Pfiff. Die Leichtigkeit des Seins, die Coopmanns Grafik vermittelt, fehlt dem Spiel aber. Trotzdem ein gelungenes erstes Spiel der Autorin, eine nette Idee, die witzig daherkommt.
Titel: BLINDES HUHN
Autor: Heike Risthaus
Grafik: Mario Coopmann
Verlag: Kosmos
Spieler: 3 bis 5
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 04/2007 R166/2021
Die Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zur Autorin:
Für die 52jährige Wolfsburgerin Heike Risthaus war BLINDES HUHN die erste Spielveröffentlichung. 2007 veröffentlichte sie zusammen mit ihrem Mann Stefan auch Siedlerszenarien im Auftrag des österreichischen Spielemuseums. So erschienen für ein Spielefest in der Steiermark die Szenarien CHAFFENBERCH und RENAISSANCE IN DER STEIERMARK. 2008 entwarfen beide für die Österreichische Siedler-Meisterschaft zwei Szenarien, die in Pratchetts Scheibenwelt spielten. RINCEWIND UND DER TOURIST war erneut eine Teamarbeit des Ehepaars Risthaus. DIE GILDEN VON ANKH-MORPORK hat ihr Mann alleine entwickelt.
2011 gründete die Familie, die mit Fabia und Titus auch zwei spielbegeisterte Kinder hat, für ihre Spielideen einen eigenen Verlag. Ostia Spiele verlegte 2015 noch einmal BLINDES HUHN, 2019 erschien dort ihre bisher letzte Veröffentlichung TEE ODER KAFFEE.
BLINDES HUHN wird auf BGG auf Rang 13.711 geführt (Stand 22.09.21) mit einer Note von 5,9 auf der Basis von 111 Wertungen.
Das Bild zeigt Heike Risthaus 2005 auf dem Autorentreffen in Göttingen.
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