Dienstag, 5. Oktober 2021
FEUERBERG
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Faszinierender FEUERBERG
Nach dem Hype, den letztes Jahr NACHT DER MAGIER entfacht hat, lohnt ein Blick auf das Umfeld der Dunkelspiele. Ein immer noch anhaltendes Abenteuer für Kinder ist das spannende WALDSCHATTENSPIEL von Walter Kraul, das der ehemalige Waldorflehrer Kraul seit 1985 im Eigenverlag anbietet. Spiele mit den Elementen Erde, Wasser, Luft und Feuer für Kinder wollte Kraul in seinem Verlag anbieten. Am Anfang schien es ihm fast unmöglich, das Feuer als Kraftquelle für Spielzeug zu nutzen, doch dann hatte er die Idee zu einem Spiel mit Licht und Schatten, in dem die Spieler in die Schattenwelt eintauchen oder das Licht suchen. Im WALDSCHATTENSPIEL spielt ein Teelicht die entscheidende Rolle. Zehn unterschiedlich große Holztannen werden auf dem Spielbrett verteilt. Auf der einen Seite startet ein „Lichtführer“, ein Spieler, der mit einem Schieber das Teelicht im Wald bewegt, auf der anderen Seite verstecken sich bis zu sieben kleine lichtscheue Zwerge im Schatten der Bäume. Sind die Vorbereitungen getroffen, gilt: Licht aus! Der Wald in Krauls Spiel wirft gespenstische Schatten. Im Schutz der Baumschatten huschen die Zwerge hin und her und versuchen, sich alle unter einem Baum zu treffen; das Licht versucht alle Zwerge zu bannen. Fällt während der ausgewürfelten Bewegung des Teelichts der Lichtstrahl auf einen Zwerg, ist dieser verzaubert und darf erst wieder bewegt werden, wenn ein anderer Zwerg es schafft, ihn zu erreichen. Sein Spiel ist erkennbar Produkt der frühen kooperativen Ideen der 80er Jahre. Die Regeln sind aber offen gehalten und lassen Varianten zu.
Seit fünf Jahren hat Kraul ein weiteres Dunkelspiel in seinem Programm, das bisher von der Spielekritik überhaupt nicht entdeckt wurde: Sabine Erdmanns FEUERBERG. Nicht nur Erdmanns Spielidee ist ungewöhnlich, auch das Spielmaterial, ein sechseckiger Keramikteller, in dessen Zentrum eine Erhebung den vulkanischen FEUERBERG repräsentiert. Ein Teelicht thront in diesem Berg. In den sechs Ecken kann man sich durch leichte Wölbungen angedeutet steinzeitliche Höhlen vorstellen, die im Dunkeln liegen. Bis zu sechs Spieler treten den Kampf um das Feuer an. Die Vulkanlandschaft ist überzogen durch ein wabenförmiges Netz mit Verbindungslinien und Kreuzungspunkten. Die Spieler können so eine Zündleitung von ihrer Höhle zum Vulkan bauen, dazu „knobeln“ sie um die Feuerleitungsstücke. Geknobelt wird mit Würfeln, das Ergebnis kann daher nicht beeinflusst werden. Jeweils zwei Würfelseiten sind den Ereignissen Steinschlag, Sturm und Wasser zugeordnet, wobei drei Würfelseiten zusätzlich noch eine Flamme zeigen. Im klassischen Stein-Schere-Papier-Prinzip, schlägt das Wasser den Stein, siegt der Sturm über das Wasser und gewinnt der Stein gegenüber dem Sturm. Der Sieger des Würfelduells erhält ein kleines Stück Zündschnur, das an die ersten drei Teile angebaut werden kann, das die Spieler zum Start erhalten. Die Teile dürfen auch frei platziert werden und, was am Ende spannend werden kann, man darf auch versuchen, Verbindungen zu den Nachbarleitungen zu legen. Für jede gewürfelte Flamme gibt es im Übrigen auch ein Leitungsteil. Der Würfelkampf beschert von Zeit zu Zeit Pattsituationen, die eine besondere Rolle beim FEUERBERG spielen. Die Stein-Stein-Kombination beschert einen Erdrutsch, der zur Folge hat, dass Steine (im Spiel Kugeln) auf Kreuzungen gelegt werden, die den Weg zum FEUERBERG verlängern. Bei Wasser-Wasser werden Leitungsteile weggeschwemmt und tauchen an anderer Stelle wieder auf, ärgerlich ist auch die Sturm-Kombi, bei der Endteile in eine andere Richtung gelenkt werden. Geschützt sind die Spieler, wenn sie in der Pattsituation auf ihrer Würfelseite eine Flamme haben. Damit die Feuerleitung gut verlegt werden kann, liegt eine Pinzette dem Spiel bei. Sobald ein Spieler seine Leitung fertig gestellt hat, wird der Raum verdunkelt und die Leitung am vulkanischen Teelicht angezündet. Die Lunte brennt und bewegt sich in Richtung Höhle, hat ein Mitspieler angedockt, kommt es zum Wettlauf zweier Flammenstränge. In der Höhle selbst steckt ein Streichholz, das am Ende brennen muss.
Der FEUERBERG ist ein außergewöhnliches Spiel, dessen Spielmaterial zur ganz besonderen Spielatmosphäre beiträgt. Spielerisch ist das recht glücksabhängige Würfelduell zwar nicht gerade ein leuchtendes Beispiel kreativer Spielideen, das macht aber nichts, da Kinder auf das Ende fixiert sind und der Flammenstafette entgegenfiebern. Da stört es auch nicht, dass die Farbwürfelseiten schlecht zu unterscheiden sind, Hauptsache die Lunte brennt irgendwann und bewegt sich langsam kriechend auf eine Höhle zu. Wenn sie zum Schluss beim Streichholzkopf angelangt ist und der entflammt, dann fühlt man sich tatsächlich fast in eine steinzeitliche Höhle versetzt und kann sich die große Bedeutung des Feuers für die Menschheitsentwicklung vorstellen. Wer seinen Kindern ein ganz besonderes Geburtstagserlebnis verschaffen möchte, wer ungewöhnliche Spiele schätzt, wer seine Teelichter in besonderer Form präsentieren möchte, der kommt an dem Wohnzimmerschmuck von Sabine Erdmann nicht vorbei. Die Keramiklandschaft ist zwar nicht billig, aber allemal ihren Preis wert.
Titel: FEUERBERG
Verlag: Walter Kraul GmbH
Autorin: Sabine Erdmann
Spieleranzahl: 2 - 6
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 15 bis 30 Min.
Preis: ca. 120 Euro
Spiel 07/2007 R172/2021
Die Rezension erschien 2007 unter
www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zur Autorin:
Zu Sabine Erdmann konnte ich nur den Eintrag für das Spiel FEUERBERG finden. FEUERBERG ist im Gegensatz zum WALDSCHATTENSPIEL im Augenblick nicht verfügbar, was sicherlich an der teuer zu produzierenden Porzellanschale liegt.
Bei BGG ist es verzeichnet, bei Luding musste ich erst einen Eintrag vornehmen. Die beiden Wertungen (4 und 7) sagen letztlich nichts aus.
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