
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Schrecklich(t)er Spieltitel
Mit Spieltiteln begeben sich Verlage schnell aufs Glatteis. Das klassische Beispiel ist Kramers vor 15 Jahren bei Ravensburger erschienenes SO EIN MIST!, der Titel war Programm. Auf brüchiges Titeleis begibt sich Kosmos mit dem sprachschöpferischen Titel SCHRECKLICHT, für den Verlag ist es zwar nur der assoziative Ausflug in die Halloween-Welt, für den Rezensenten aber die Möglichkeit zu einem schnellen Verriss über das schreckliche Spiel, das es zum Glück nicht ist.
Günter Burkhardt zeichnet verantwortlich für die eigentlich rein abstrakte Spielidee. In vier Spielrunden versuchen zwei bis fünf Spieler jeweils drei Aufgabenkarten durch das Ausspielen von Farbkarten punkteträchtig zu erfüllen. Ganz pfiffig löst Burkhard dabei die Wertung der Aufgabenerfüllung. Die Aufgabenkarten sind den drei Spielfarben der Spielkarten zugeordnet, deren Ablage nicht nur die Schlusswertung steuert, sondern die Fortbewegung von drei Farbsteinen auf einem kleinen Spielplan. Am Ende der Runde bringt die Erfüllung von Aufgaben der vorn liegenden Steine erheblich mehr Punkte als der hinterste Platz.
Diese abstrakte Idee hat Kosmos in eine Hexen-, Geister- und Vampirwelt verpackt, die in einer Vollmondnacht „schaurig pfiffig“, wie es im Untertitel heißt, Spielvergnügen bringen soll. Dazu werden Aufgabenkarten zufällig den Spielfarben zugeordnet. Danach könnte ein Spielziel sein, die meisten der auf den Karten befindlichen Kürbisköpfe zu sammeln oder die niedrigste Summe an Kartenwerten am Ende zu besitzen. Von jeder Farbe sind sogenannte 12 Gruselkarten im Spiel mit Werten von 0 bis 11. Eine Karte wird zu Spielbeginn zufällig vor jedem Spieler ausgelegt und der entsprechende Spielstein wird vorwärts gezogen. Für die Spielrunde erhält jeder sechs weitere Handkarten, mit denen der Spielablauf gesteuert wird. Diese Karten dürfen die Spieler entweder in die eigene oder in eine fremde Auslage bringen, eine offen liegende Karte darf vor jedem Spieler auch einmal abgedeckt werden. Beschränkend ist zu beachten, dass die Auslage vor jedem Spieler auf vier offene Karten begrenzt ist und dass abgedeckte Karten mindestens mit dem gleichen oder höheren Kartenwert zugedeckt werden müssen. Eine solche Maßnahme hat natürlich zur Folge, dass der Farbstein der abgedeckten Farbe zurückgesetzt werden muss. Das Rundenende tritt ein, wenn entweder vor allen Spielern vier offene Karten liegen oder ein Zählstein 45 oder 50 Felder vorangekommen ist. Die Aufgabe, die der Siegfarbe zugeordnet ist, wird mit fünf Punkten für die beste Erfüllung gewertet, wobei auch der zweite noch drei Punkte erhält und der dritte Platz mit einem Punkt gewertet wird.
Ausgehend von der Bewertung der Handkarten und der ersten Spielauslage, gilt es, die Runden zu steuern. Da die Mitspieler fleißig die eigene Auslage sabotieren können, die zudem mit nur vier offenen Karten arg beschränkt ist, sind auch die Steuerungsmöglichkeiten begrenzt. Der Spielreiz ergibt sich sehr kartenabhängig weniger aus dem Aufbaucharakter des Ablagespiels als aus dem Ärger, den man anderen bereiten kann. Es stellt sich immer wieder die spannende Frage, wann man mit seinen wertvollen Karten herausrückt. Oft macht es auch Sinn, in der eigenen Auslage eine nicht so wichtige Karte abzudecken, damit eine sehr gute nicht von den Mitspielern zugedeckt wird. Beim Spiel zu viert oder zu fünft kann das aber schnell dazu führen, dass die Mitstreiter die restlichen offenen Plätze belegen, so dass man für die eigene Auslage nur noch indirekt agieren kann.
SO EIN MIST ist SCHRECKLICHT sicherlich nicht, es kommt auch gar nicht so schrecklich daher, ist eher leichte, unterhaltsame Kost. Ein kleines Ärgerspiel für Zwischendurch. Das Spielmaterial ist solide, das Spiel ist preiswert zu erwerben, insofern für Freunde von glücksabhängigen Spielen mit Ärgerkomponente durchaus empfehlenswert, unbedingt haben muss man dieses Spiel aber nicht.
Titel: SCHRECKLICHT
Verlag: Kosmos
Autor: Günter Burkhardt
Illustration: Tanja Donner
Spieleranzahl: 3-5
Alter: ab 10 Jahre
Dauer: ca. 30 Min.
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 18/2007 1996 R184/2021
Die Rezension erschien 2007 unter
www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder

Zum Spiel und zum Autor:
Der Realschullehrer Günter Burkhardt startete 1997 als 36jähriger zu Beginn gleich richtig durch. Er durfte sich nicht nur über MANITOU freuen, sondern hatte mit LANG LEBE DER KÖNIG und BÜRO CRAZY (beide F.X. Schmid) gleich zwei weitere Spiele in seinem Erstveröffentlichungsprogramm. BGG verzeichnet vorher noch Eigenpublikationen wie die QUASSELSTRIPPE (1994) und DAS LIEBLINGSSPIEL DES ADAM RIESE (1996).
MANITOU gefiel nicht nur den Juroren von Spiel des Jahres, es erreichte den fünften Platz beim Kartenspielpreis der Fairplay und den zehnten beim Deutschen Spielepreis. Im Jahresrhythmus folgten mindestens zwei bis drei weitere Veröffentlichungen. Mit KUPFERKESSEL (Goldsieber) landete er 2002 erneut auf der Auswahlliste der Jury, gewann den österreichischen Titel Spiele Hit für Zwei und erreichte den achten Platz des Kartenspielpreises der Fairplay. Die Spiele MAORI (Hans im Glück, 2009) und POTATO MAN (Zoch, 2014) kamen auf die Empfehlungsliste der Jury Spiel des Jahres.
Beim Kartenspielpreis der Fairplay war er noch erfolgreicher, sein VOLLTREFFER (Berliner Spielkarten) gelangte 2000 auf den vierten Platz und mit VOM KAP BIS KAIRO (Adlung Spiele) erreichte er 2002 den ersten Platz.
Sein bisher größter Erfolg im Team mit seiner Tochter Lena war 2018 die Auszeichnung mit dem Kinderspiel des Jahres für FUNKELSCHATZ.
Von seinem Lehrerberuf hat er sich schon vor einiger Zeit beurlauben lassen. Er arbeitet inzwischen hauptberuflich als Spieleautor, engagiert sich in seiner Heimat in der Nähe von Bad Ditzenbach im Sportverein und ist für Die Grünen im Gemeinderat.
Das Bild zeigt Günter Burkhardt 2005 auf dem Autorentreffen in Göttingen.