Freitag, 29. Oktober 2021
TRAPPER
TRAPPER … auf Bärenjagd
Beim Spielaufbau von TRAPPER, dem neuesten Clementoni Spiel, fühle ich mich in die frühen 80er Jahre versetzt. Da gab es einst ein Spiel mit ganz vielen Waldkärtchen und ein Bär spielte die zentrale Rolle, gemeint ist Hajo Bückens BÄRENSPIEL, das erste gut funktionierende kooperative Kinderspiel beim Herder Verlag. Eine ähnliche, nicht ganz so große Waldlandschaft lassen uns Wolfgang Kramer und Michael Kiesling für die TRAPPER aufbauen. Ausgerichtet an vier Pappwinkeln wird ein 8 x 8 Felder großer Wald ausgelegt. Unbesehen werden dann die vier mittleren Kärtchen entfernt und an deren Stelle kleine Holztrapper aufgestellt. Alle orthogonal an die Figuren angrenzenden Karten werden aufgedeckt, sie zeigen eine mögliche Beute oder Boote der Fallensteller. Ihre Ausrichtung orientiert sich an einem Schmetterlingssymbol. Das ist deshalb wichtig, weil alle Kärtchen eine Wasserseite haben, über die die TRAPPER sie nicht erreichen können.
Jeder Spieler erhält sechs Spielkarten, über deren Farbzuordnung die Trapperfiguren bewegt werden. Die zwei bis vier spielenden Jäger besitzen daher auch keine bestimmte Spielfigur, sondern jeder darf jeden Trapper bewegen. Bei einem Spielzug dürfen beliebig viele Karten einer Farbe ausgespielt werden, beziehungsweise zwei Karten einer anderen Farbe, die Jokerfunktion übernehmen. Der Trapper bewegt sich auf eine offene Beutekarte, die der Spieler an sich nimmt, danach werden wieder die an den Trapper angrenzenden verdeckten Karten aufgedeckt und die Figur kann, wenn entsprechende Farbkarten noch vorhanden sind, weiter bewegt werden. Ist sie isoliert, was durchaus ganz bewusst herbeigeführt werden kann, darf die Figur auf ein beliebiges Beuteplättchen springen. Am Ende des Spielzugs gibt es unabhängig von der gelegten Kartenzahl zwei neue Spielkarten.
Unter den Kärtchen befinden sich 18 Kanus, mit denen bestimmte Tiersorten in unterschiedlicher Anzahl transportiert werden können, dazu passend gibt es sechs Wildtiere, die jeweils sechsmal mit Werten zwischen 1 bis 4 im Spiel sind und fünf Kräuter und Pilzkarten in den Werten 1 bis 5. Gesammelte Beutekarten müssen sofort ausgelegt werden, die Boote an die passenden Tiere, Pilze und Kräuter dürfen an beliebige Kanus gelegt werden. Sobald die Zielvorgabe des Kanus erreicht ist, zum Beispiel die Füllung mit zwei Bären, fährt das Boot ab und darf auch nicht mehr durch eine wertvolle Pilzlieferung aufgehalten werden. Abfahren bedeutet im Spiel werten. Die Zahlenwerte der transportierten Kärtchen werden addiert, der Wert wird dann verdoppelt und in Goldmünzen aus der Bank ausgezahlt.
Das abgerechnete Kanu bleibt beim Spieler, da es bei Wertungen von 16 und mehr Punkten noch zusätzlich Bonuschips gibt, die aber nicht beliebig zur Verfügung stehen. Zusätzlich gibt es eine Wertung verschiedener Tierarten. Am Ende, wenn keine sinnvollen Aktionen mehr durchgeführt werden können, erhalten die Spieler für den jeweils höchsten Bonuschip 12 Goldmünzen, wobei auch der Fünftplatzierte noch mit drei Münzen belohnt wird. Noch ausliegende Kanus werden einfach gewertet, isolierte Einzelkärtchen bringen Minuspunkte. Der Trapper mit dem meisten Geld gewinnt nach meist zügigen dreißig bis fünfundvierzig Minuten.
Die ausführliche Regel sieht noch eine einfache Variante für jüngere Spieler vor, in der die Bonusplättchen wegfallen und der Zugang über die Wasserseite erlaubt wird. Hochkarätiger ist die taktische Variante, in der um das Zugrecht mit den Farbkarten gesteigert wird. Bei dieser Variante, in der jeder Einzelzug zur Versteigerung kommt, muss deutlich mehr Zeit mitgebracht werden.
Die Beutekarten sind stabil, auch das Geld und die Bonusplättchen sind aus solider Pappe. Bei Kunstlicht sind die Tiere nicht alle immer eindeutig zu unterscheiden, zumindest bei den ersten Partien sollte man sich auf Verwechslungen von Luchsen und Wölfen einstellen. Unverständlich bleiben die Verlagsüberlegungen für den Schachteleinsatz, der zwar das unausgestanzte Pappmaterial sinnvoll aufnehmen konnte, mit dem man aber mit allen 64 Beuteplättchen nichts mehr anfangen kann. Sofortige Entsorgung ist hier zu empfehlen.
TRAPPER ist mit seinem Sammelelement ein grundsolides Familienspiel. In gewisser Hinsicht lässt sich die Jagdbeute steuern, das gilt vor allem beim Spiel zu zweit, deutlich weniger allerdings in voller Spielrunde. In beiden Fällen sind die Spieler aber letztlich von ihrer Kartenhand abhängig. Interaktion spielt keine allzu große Rolle in dem Spiel. Die Spieler versuchen sich natürlich, die notwendigen Kanus und die hochwertigen Tiere wegzunehmen. Nicht zu unterschätzen sind die Zuladungen durch Pilze oder Kräuter, mit denen man hochwertige Bonusplättchen ergattern kann. Wie bei Hajo Bückens Aufdeckspiel aus dem Jahre 1983 macht es auch den Trappern Spaß, in den Wald vorzudringen und die Freude ist groß, wenn der Bär gefunden wird. Bei Kramer und Kiesling natürlich nur der Bär mit vier Punkten, kommt danach noch ein 5er Pilz, herrscht eitel Sonnenschein. Wer sich nicht an den Zufälligkeiten stört, erlebt ein recht unterhaltsames Jagdabenteuer.
Titel: TRAPPER
Verlag: Clementoni
Autoren: Michael Kiesling, Wolfgang Kramer
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 30 - 60 Min.
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 22/2007 R189/2021 Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Der 78jährige Wolfgang Kramer ist neben Reinhold Wittig der dienstälteste Spieleautor in Deutschland und der erste, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat. Der gelernte Betriebswirt und Informatiker hängte 1989, nach zwei Spiel des Jahres-Auszeichnungen seinen Beruf an den Nagel und lebte fortan vom Spielerfinden.
Sein erstes Spiel TEMPO erschien 1974 bei ASS, HEIMLICH & CO. war sein erstes Spiel des Jahres (1986), es folgte gleich danach AUF ACHSE. In vielen seinen späteren Erfolgen war er mindestens im Team unterwegs. Bei EL GRANDE (SDJ 1996) begleitete ihn Richard Ulrich und bei TIKAL und TORRES Michael Kiesling.
Mit MOGELEI UND ZÜNDSTOFF war Michael Kiesling einmalig auf der Spiel in Essen mit seinem 1x1-Verlag 1995 präsent. Zwei Jahre später begann die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Wolfgang Kramer, zuerst mit HASTE WORTE (F.X. Schmidt) später folgten die Spiele des Jahres TIKAL und TORRES. Aktuell ist Kiesling mit AZUL (Spiel des Jahres 2018) und den Folgespielen erfolgreich unterwegs.
Beide Autoren arbeiten aber auch eng mit dem neuen Verlag Deep Print zusammen, wo sie RENATURE und SAVANNAH PARK veröffentlicht haben.
Das Bild zeigt beide Autoren 1999 bei der Preisverleihung beim Deutschen Spielepreis für TIKAL.
Das Spiel besitzt eine Wertung von 6,1 auf BGG (Stand 19.10.) und ist auf Rang 1724 bei den Familienspielen.
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