
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Körnerwerfen mit Berti: ZOFF IM HÜHNERHOF
Früher mussten fliegende Hütchen als Geschicklichkeitsspiel herhalten, heutzutage wird so etwas viel aufwändiger in ein spielerisches Ambiente und eine Spielgeschichte verpackt. Wenn Verpackung und Inhalt stimmen, dann kommt wie bei Marco Teubners ZOFF IM HÜHNERHOF ein tolles Spiel heraus.
Für die Spielqualität bürgt Haba. Eine große Spieleschachtel ist für ZOFF IM HÜHNERHOF nötig, damit das Spiel in der Schachtel mit Hühnerstall und 34 quadratischen, niedrig eingezäunten Hoffeldern stattfinden kann. Bauer Bertis Hühnerhof ist wahrlich imposant, Blumen blühen auf vielen Feldern, ein Rabe scheint allerdings die Mauser zu haben, denn auf fast jedem zweiten Feld fliegen seine Federn herum, er selbst blickt vom Zaun auf den ihm gegenüberliegenden großen Hühnerstall, auf dem vier Holzhühner auf den Spielstart warten. Bauer Berti steht bereit, um sein Federvieh mit Körnern zu versorgen. Als guter Ökobauer sorgt er natürlich für seine freilaufenden Hühner. Da wird kein Futter in den Stall gepackt, nein, bei ihm fliegt es im hohen Bogen ins Hühnergehege.
Was im klassischen Hütchenspiel die Wurfhand ist, stellt bei ZOFF IM HÜHNERHOF Bauer Berti dar, der eine flexible Futterkelle besitzt, mit der mit dem richtigen Schwung Holzkörnerfutter in die Felder des Hühnerhofs katapultiert werden können. Vor Spielbeginn sollten jedem Spieler erst einmal fünf Probeschüsse zugebilligt werden, damit die Körner auch wirklich bei den Hühnern landen. Jeder startet mit zehn Körnern, weitere fünf werden auf in den Ecken befindliche Wurmfelder gelegt. Die Zielfelder eröffnen Aktionsmöglichkeiten, so gibt die Anzahl der Blumen die Bewegungsweite eines dem Spieler zugeordneten Huhns vor. Die Hühner flattern vom Stall in den Hof und bewegen sich dort vor allem in Richtung der Körner, von denen möglichst viele eingesammelt werden. Treffen die Spieler ein Feld mit einer Rabenfeder, hüpft dieser aufgeregt auf seinem Lattenzaun ein Feld weiter, das macht er so lange, bis schließlich ein Fuchs hinter dem Rabenzaun auftaucht und für erhebliche Unruhe unter den Hühnern sorgt. Ab sofort vergessen die Hühner das Körnerpicken und eilen – hoffentlich gut gesteuert durch Bauer Berti – in den Stall zurück. Wer weite Wege zu gehen hat, benötigt das ein oder andere Korn mehr, das in den Hof geschnipst werden muss. Wer zum Schluss die meisten Körner übrigbehalten hat, gewinnt nach 15 bis 20 Minuten vergnüglichen Katapultierens den ZOFF IM HÜHNERHOF.
Verlag und Autor haben mit ZOFF IM HÜHNERHOF ein hervorragendes Geschicklichkeitsspiel entwickelt, das einen hohen Aufforderungscharakter für Kindergartenkinder ab fünf Jahren besitzt. Für jüngere Kinder stellt die Futterwippe mit Bauer Berti zu hohe Anforderungen. Schnipp-Künstler sind natürlich im Vorteil. Wer es durch Übung schafft, gezielt Felder anzusteuern, kann nur durch andere Übungsmeister geschlagen werden. Erste taktische Überlegungen werden auch schon angestellt, das Einbeziehen des Auftauchens des Fuchses reguliert nach den ersten Spielrunden die Bewegungsweite des eigenen Huhns. Marco Teubner erweist sich einmal mehr als Spieleautor, der ein gutes Händchen für ungewöhnliche Spielideen im Kinderspielbereich besitzt. Mit dem Magnetspiel BRAVO PIEPINO (Selecta, 2005) hatte er schon einen guten Einstieg, den er nun mit ZOFF IM HÜHNERHOF noch erfolgreicher fortsetzt.
Titel: ZOFF IM HÜHNERHOF
Autor: Marco Teubner
Verlag: Haba
Spieler: 2- 4
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 29 €
Spiel 26/2007 R193/2021 Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder

Zum Spiel und zum Autor:
Der 49jährige Marco Teubner gehört zu den bekanntesten und erfolgreichsten Spieleautoren Deutschlands. 2003 versuchte sich der damals frisch diplomierte Kulturwissenschaftler Marco Teubner auf dem Autorentreffen in Göttingen. Mit BONOBO & CO, einem taktischen Legespiel rund um Zipfelkrötenfrosch und Zilpzalp und WILDSCHWEIN WILLIS WILDEr WÜHLEREI konnte der junge Autor aus Oberbayern die damaligen Juroren des Spieleautoren-Stipendiums überzeugen und als siebter Preisträger seine Praktika antreten.
2005 folgten die ersten Publikationen. WILLI, das WILDSCHWEIN durfte bei Goldsieber wühlen und mit BRAVO PIEPINO erschien sein erstes Spiel bei Selecta. Nach 2005 stellten sich bald weitere Erfolge ein. Schon ein Jahr später landete er mit ZOFF IM HÜHNERHOF (Haba) auf der Empfehlungsliste der Kinderspieljury, 2007 gelang das mit PINO SORTINO (Selecta) gleich noch einmal und ein weiteres Jahr später folgte für CURLI CULLER (Selecta) die erste Nominierung zum Kinderspiel des Jahres. In dieser Zeit kam mit Entwicklungen wie WIR SPIELEN EINKAUFEN (Ravensburger) und einem frühen tiptoi-Engagement zusammen mit Heinrich Glumpler neben den Ehrungen auch finanzieller Erfolg dazu.
2016 kann Teubner auf viele weitere Spiele auf der Empfehlungsliste für das „Kinderspiel des Jahres“ zurückblicken und vor allem zwei weitere Nominierungen, 2012 für DIE KLEINEN DRACHENRITTER (Huch) und 2016 für STONE AGE JUNIOR vorweisen. Wobei die dritte Nominierung den lang verdienten Erfolg mit der Überreichung des blauen Pöppels für STONE AGE JUNIOR brachte.
Inzwischen lässt sich Teubner nicht nur mit Kinderspielen in Verbindung bringen. Bei moses. arbeitet er mit Spielen wie SAFEHOUSE und KILLERCRUISE mit Sebastian Fitzek zusammen, legendär ist auch seine KNEIPENQUIZ-Reihe mit Heinrich Glumpler.
Für DODO – RETTET DAS WACKEL-EI hat er ganz aktuell den Deutschen Kinderspielpreis 2021 in Essen gewonnen.
Das Bild zeigt Teubner als Preisträger des Spieleautoren-Stipendiums der Jury Spiel des Jahres 2003.