Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Wo ist die Regel?
Flohmarktfunde mit Spielen aus den 60er Jahren enden bei der Überprüfung des Spielmaterials meist mit der mühsamen Spielregel suche. „Die steht doch auf der Rückseite oder im Schachteldeckel !“, versuchen sich die Verkäufer stets rauszureden. Bei Noris Spielen aus dieser Zeit haben sie sogar oft Recht. Meist finden sich aber auf den Rückseiten der Schachtel nur Regelkurzfassungen, mit denen das Spiel nur in Ansätzen rekonstruierbar ist. Ähnliche Erfahrungen machen Spieler 2008 mit einem brandneuen Noris Spiel, die Regel zu LANDLORD ist einfach nicht auffindbar. Auf der Suche nach einer ordentlichen Spielregel versuchte ich sogar den schwarzen Plastikteller, der einen Druckmechanismus besitzt, zu öffnen, um dort die eventuelle eingelegte Regel zu ergattern. Vergebliche Mühe. Auch das Tiefziehteil erwies sich als wenig aussagekräftig. Wo war die Regel? Kurz und gut, nach langem Suchen musste ich mich damit abfinden, dass tatsächlich die Schachtelrückseite nicht nur der Demonstration des Schachtelinhalts und von Spielzügen dient: Die sieben maximal fünfzeiligen Absätze stellen die Regeln für das Spiel LANDLORD dar.
In dem Spiel für zwei Personen geht es um Landgewinn. Zwei Plastiklords bewegen sich auf 21 Spielfeldern orthogonal oder diagonal. Die Wege, die sie dabei marschieren, gelbe Stege im Spielbrett, werden durch die Figuren nach unten gedrückt und dadurch als nicht mehr durch gehbar markiert. Sobald durch diese Markierungen Flächen umschlossen sind, dürfen diese farblich gekennzeichnet werden. Wer am Ende auf diese Weise die meisten Gebiete gewonnen hat, gewinnt das Spiel.
So weit so gut, das Material ist in Ordnung, der Druckmechanismus funktioniert, wobei ein genaues Hinsehen oft nötig ist, um festzustellen, ob dieser oder jener Weg schon markiert ist. Auch nach dem Spiel lässt sich durch Drücken auf die Rückseite des Spielbrettes der Ausgangszustand schnell wiederherstellen.
Funktioniert das Ganze auch als vernünftiges Spiel? Um diese Frage zu beantworten, brauchten wir wahrscheinlich doch so etwas wie eine richtige Regel, die uns klarer mitteilt, wie LANDLORD funktionieren soll. Die entscheidende Frage, wie weit bewegen sich die Figuren, wird sehr widersprüchlich von der Schachtel Rückseite beantwortet. Da heißt es einmal, „abwechselnd bewegen Sie ihre Spielfiguren über die Wege (horizontal, vertikal oder - soweit möglich - diagonal)“. Was ist gemeint? Ziehen die Figuren so weit wie möglich oder nur, wenn es möglich ist? Wobei die zweite Interpretation wahrscheinlicher ist, aber trotzdem unlogisch scheint, denn diese Aussage müsste auch für orthogonale Züge gelten. Spielziel soll der Flächengewinn sein, in den Partien, die wir nach der Regel von beliebiger Zugweite gespielt haben, stellt sich schnell heraus, dass die Isolierung des Gegners oft zu einem schnellen Spielende führte. Das Schachtelcover zeigt genau diese Situation , der blaue Lord dürfte sich nicht mehr bewegen.
Wenn ich ernst nehme, dass markierte Wege nicht mehr begehbar sind, muss die Einengung des Gegners die zentrale Strategie sein. So gespielt , bietet LANDLORD sogar einen gewissen Reiz, aber soll es wirklich so gespielt werden? Es könnte ja auch sein, dass Bewegung im eigenen Gebiet noch möglich ist. Wer weiß das schon? Vielleicht die Regel, die dem Spiel demnächst noch bei liegt!
Titel: LANDLORD
Verlag: Noris
Autor: Guido Lap
Graphik: keine Angabe
Spieleranzahl: 2
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: 20 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 2/2008 R197/2021 Rezension erschien 2008 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Guido Lap hat in Deutschland nur ZEPARATE (ursprünglich ISOLATE, 2003 Educational Insights) und LANDLORD (Noris 2007) veröffentlicht.
Für ZEPARATE war Lap für den Deutschen Lernspielpreis 2006 nominiert.
LANDLORD wird auf BGG (Stand 8.11.21) bei neun Wertungen mit einer 5,6 geführt.