
Die Spielgemeinde ist ein lernbereites Völkchen. Die kreativen Space Cowboys aus Frankreich haben mit ihrem aktuellen Erfolg unser anglistisch geprägtes Begriffsvokabular um das „Decksploration“-Spiel erweitert. In meiner Jugend hat man das Pfadfinderspiel genannt mit den unterschiedlichsten und zum Teil bewusst verwirrend gestalteten Zettelhinweisen einer Schnipseljagd. Nichts Anderes ist T.I.M.E STORIES, mit dem kleinen Unterschied, dass wir uns nicht in der freien Natur bewegen, sondern in fiktiven Räumen und Landschaften.
Trotzdem haben Marc Nunes, Philippe Mouret Cyril Demaegd, Sébastien Pauchon und Croc, die Gründerväter der Space Cowboys mit T.I.M.E STORIES von Manuel Rozoy ein Spielprinzip entwerfen lassen, dem jetzt schon extreme Langlebigkeit prognostiziert werden kann. Rozoy habe vorher eine Menge „paralleler Spiele-Raumzeiten“ erkundet, sagt sein Verlag. Er war Chefredakteur des französischen Spielemagazins „Jeux sur un plateau“ und Ausrichter des Spieleautorenwettbewerbs „Concours de créateurs de jeux“, hat lange Theaterstücke inszeniert und über die Geschichte von Spielen referiert, ist außerdem Spieleentwickler bei den Ubisoft-Paris-Studios.
Die Rahmenhandlung ist für alle seine Erzählansätze der „Zeitgeschichten“ identisch. Die Akteure sind Zeitreise-Agenten und im Auftrag ihrer Agentur sorgen sie dafür, dass Störungen im Zeitgefüge beseitigt werden. Dabei können sie in den Jahrhunderten hin und her springen, sogar in magische Welten eintauchen, wie sich das aber für richtige Zeitreisende gehört, stehen sie stets unter Zeitdruck.
Das Basis-Set liefert ein erstes Abenteuer in einer Nervenheilanstalt in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Für mich immer noch die beste Geschichte, der inzwischen durch drei weitere Fälle ergänzten Reihe. Zum Spielprinzip gehört, dass die Agenten in Wirtskörper ihrer Zeit schlüpfen. In einer solchen Anstalt müssen sie daher mit der einen oder anderen Macke leben. Für die Vorstellungskraft entscheidend sind die Bilderwelten, die sich auftun. Grafisch opulent gestaltete Schauplätze, die individuell angesteuert werden können, an denen es wichtige und ablenkende Informationen gibt, sodass mit der Zeit das zu untersuchende Problem klar wird und einiges an deduktiver Leistung von der Gruppe gefordert wird. Solche kniffligen Fälle lösen die Agenten nämlich unmöglich im Alleingang, echte Kooperation ist hier gefordert und damit ein spannendes gemeinsames Abenteuer der Gruppe. Bis zur Lösung braucht es meist mehrere Anläufe, für den ersten Fall sollte man schon zwei oder drei Abende einplanen oder um 15:00 Uhr mit dem Spielen beginnen.
Danach muss T.I.M.E STORIES aber ebenso wie PANDEMIC LEGACY mit dem Problem leben, dass der Reiz weg ist. Die Gruppe kennt die Lösung und wird nicht noch einmal in die Nervenheilanstalt gehen. Immerhin ist das Spiel nicht „kaputt“, kann daher weiter verschenkt oder verkauft werden. Dieser „Einmaligkeit“ steht wie bei Matt Leacock und Rob Daviau ein ganz besonderes Spielerlebnis gegenüber, ein Film, der im Kopf abläuft. Das Konzept macht damit das klassische Rollenspiel wieder salonfähig, erweckt die Prinzipien von Abenteuerbüchern eines Steve Jackson und Ian Livingstone neu.
An weiteren Geschichten arbeitet inzwischen nicht nur Rozoy. Der Verlag bietet ein Designer-Kit für alle Interessierten an, das sicherstellen wird, dass den Space Cowboys die Ideen für Folgeabenteuer nicht ausgehen werden.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: T.I.M.E STORIES
Autor: Manuel Rozoy
Verlag: Space Cowboys / Vertrieb Asmodee
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 2-4 Spieler
Spielzeit: ca. 120 Min.
Preis: ca. 45 Euro
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Aufgenommen: Jun 27, 09:30