Mittwoch, 3. August 2016
GIPF
ALTE SCHÄTZE NEU GEHOBEN
Auf dem Spieleautoren-Treffen in Göttingen machen die meisten Redakteure stets einen großen Bogen um abstrakte Spiele. „Das passt nicht in unser Programm! Das nimmt der Markt nicht an!“ Ist das wirklich so?
In ihren Anfangsjahren hat die Jury „Spiel des Jahres“ mehrfach Sonderpreise und sogar einmal den Hauptpreis für abstrakte Ideen vergeben. FOCUS von Sid Sackson wurde 1981 zum „Spiel des Jahres“ gewählt, die abstrakten Spiele SETI, SPIEL und RA erhielten von 1979 bis 1981 Sonderpreise als „Das schöne Spiel“, auf den damaligen Auswahllisten waren jährlich meist mindestens zwei abstrakte Ideen vertreten. Da tauchten Klassiker wie TWIXT (1979), aber auch hervorragende Spiele wie OMBAGI (1981), UISGE (1984), MALAWI (1986) und LOA (1988) auf. ABALONE hatte 1989 sicherlich auch Chancen zum „Spiel des Jahres“ gewählt zu werden. Die Liebhaber abstrakter Positionsspiele stoßen dabei 1991 auf den Namen eines belgischen Autors: Kris Burm machte mit INVERS (Peri) erstmalig auf sich aufmerksam. Sieben Jahre später stand er mit GIPF (damals Schmidt) erneut auf der Empfehlungsliste.
Und es blieb nicht bei GIPF, Burm machte daraus ein Gesamt-Projekt, ein Gesamt-Kunstwerk, das auf sechs Spiele angelegt war. In einem Interview mit Michael Weber erklärte Burm 2001 seine Faszination für dieses Genre: „Für mich sind abstrakte Spiele ganz klar die reinsten und schönsten Spiele. Kein Ballast, keine Tricks, keine speziellen Effekte, keine unnötige Geschichte - nichts außer reiner Essenz. Nur ein paar Regeln, ein Brett und ein paar Spielsteine und du hast einen ganz neuen Kosmos zu entdecken.“
HUCH! & friends belebt nun diesen Kosmos neu. Der Verlag setzt immer wieder auf abstrakte Ideen. Das Eingangsbeispiel würden Redakteure aus Günzburg anders beantworten: „Das passt durchaus in unser Programm!“ Deshalb meint der Verlag mit der Übernahme von GIPF & Co., in dieser Hinsicht sein Programm erfolgreich abrunden zu können. „Der belgische Autor Kris Burm hat mit diesen Spielen ein Stück Geschichte geschrieben. Allein die Ansammlung an Auszeichnungen spricht für sich: Bis auf einen Titel wurde jedes Spiel durch die Jury Spiel des Jahres empfohlen, bis heute finden sich 4 Spiele in den Top 10 der besten abstrakten Spiele auf www.boardgamegeek.com. Bisher erfolgreichster Titel ist YINSH, das in der Spielbox-Bewertung von 2004 mit 9,33 Punkten sogar die bislang drittbeste Note erhielt.“
Angekündigt sind alle sechs Spiele, die bis März 2017 erscheinen sollen. Die große Überraschung dabei, Kris Burm wird im nächsten Jahr ein siebtes Spiel der Reihe vorstellen. Bleiben wir aber erst einmal beim „Starter-Kit“. Jedes der Folgespiele ist zwar eigenständig, kann aber immer wieder mit dem Ursprungsspiel verbunden werden. Der Autor spricht dabei von Potentialen, die dazu kommen. Sie werden auf die Basis-Steine des GIPF-Spiels gesetzt und erweitern die Zugoptionen. Wer ein YINSH-Potential nutzen möchte, muss daher erst einmal eine YINSH-Partie gewinnen. Dadurch gibt es ganz viele Varianten von GIPF.
Burm unterscheidet bei GIPF zwischen dem Basis- und dem Standard-Spiel. Gespielt werden beide auf einem sechseckigen HALMAartigen Gitternetzplan, wobei es 24 Außenfelder zum Einspielen der jeweils 15 bis 18 Spielsteine gibt. Das Gitternetz dazwischen besitzt 37 Schnittpunkte, die einzelnen Linien sind 4 bis 7 Schnittpunkte lang.
Im Basis-Spiel erhält jeder nur 15 Steine, wobei die restlichen zum Stärkeausgleich verwandt werden dürfen. Über die sechs Eckfelder spielt jeder drei seiner Steine in das Spielfeld. In jedem weiteren Spielzug muss ein eigener Stein über ein Randfeld ins Spiel gebracht werden. Wenn das nicht mehr möglich ist, hat man verloren. Die Steine können anfangs frei eingeschoben werden, verschieben aber bald vorhandene Spielsteine. Eine Linie gilt als blockiert, wenn alle Schnittpunkte belegt sind. Damit GIPF nicht schnell statisch wird, darf geschlagen werden. Für Burm gilt die Klassiker-Regel: VIER GEWINNT! Sobald vier gleichfarbige Steine auf einer Linie nebeneinanderliegen, schlagen sie sich selbst und alle restlichen verbundenen Steine. Wobei eigene Steine zurück in den Vorrat kommen, gegnerische gelten als gefangen und stehen nicht mehr zur Verfügung. Die Schwächung des Gegners ist wichtig, denn Steinverluste führen irgendwann zu der Situation, dass man nicht nachziehen kann.
Im Standard-Spiel führt der Autor drei Doppelsteine, die GIPF-Steine, ein. die in die Startposition kommen. Diese Steine müssen in Schlagkonstellationen nicht aus dem Spiel genommen werden. Eigene Doppelsteine lässt man daher stehen, fremde schlägt man in der Regel. Das Spiel endet nun auch, wenn ein Kontrahent keinen GIPF-Stein mehr besitzt.
Wichtig ist, den eigenen Vorrat im Blick zu behalten. Je mehr Steine auf dem Brett sind, umso enger kann es werden, besonders dann, wenn der Gegner mit Viererketten die eigenen Steine schwächt. Zwei bis drei Gewöhnungsrunden sind nötig, um die meisten Optionen dieses Schiebewettkampfs in den Blick zu bekommen. Gut gefällt mir dabei die Ausgleichsregel, dass schwächere Spieler mit mehr Spielsteinen antreten dürfen. GIPF gehört nicht zu den oben erwähnten Top Ten der abstrakten Spiele auf BGG, da landet es „nur“ auf Platz 17, liegt damit aber immer noch vor BLOKUS und UBONGO, aber deutlich hinter YINSH (2. Platz), TZAAR (3. Platz) und DVONN (4. Platz). Ein gutes, aber kein sehr gutes Spiel.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: GIPF
Autor: Kris Burm
Verlag: HUCH! & friends
Alter: ab 13 Jahren (durchaus auch ab 8 Jahren spielbar)
Spielerzahl: 2 Spieler
Spielzeit: ca. 30 – 60 Min.
Preis: ca. 30 Euro
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Aufgenommen: Aug 03, 09:03