
Bernhard Weber, der seit 20 Jahren Spiele veröffentlicht, ist zwar oft regelmäßiger Co-Autor von Jens-Peter Schliemann (vgl. GLUPSCHGEISTER), er kann es aber auch alleine. Das hat er schon mit seinem ersten Spiel DOWNTOWN (Abacus, 1996) bewiesen, aber auch mit vielen anderen wie GOLD AM ORINOKO (Haba), mit dem er 2013 für das „Kinderspiel des Jahres“ nominiert war. Rund 20 Spiele hat er in dieser Zeit veröffentlicht, stets seiner Spielephilosophie folgend: „Viele gute Ideen ergeben nicht automatisch ein gutes Spiel. Die einzelnen Ideen müssen gefiltert und oft aufwändig zu einem Ganzen entwickelt werden.“
Die gute Idee von FLORI VIELFRASS (Amigo) kennen wir alle: Farbwürfel zum Fortbewegen von Kriechtieren. Den Klassiker TEMPO KLEINE SCHNECKE von Alex Randolph gibt es schon über 30 Jahre, noch älter ist die SCHNELLE SCHNECKE von Reinhold Wittig, die vor vierzig Jahren in der Edition Perlhuhn erschienen ist und 1990 von Haba wieder veröffentlicht wurde. Das „aufwändige Ganze“ kommt bei der Raupe FLORI durch drei Farbwürfel ins Spiel. Die Anforderungen steigen, damit auch das Einstiegsalter, das Amigo mit vier Jahren ansetzt und damit eindeutig zu tief greift. Weber trainiert das typische dreimalige Würfeln, das KNIFFEL & Co. spielgenetisch festgeschrieben haben. Damit wird die Bewegung seiner Kriechtiere deutlich komplexer. Betrachten wir aber erst einmal die Startaufstellung und die Rennstrecke. Weber verzichtet auf einen Spielplan, er lässt wie schon Wittig im freien Raum kriechen. Jeder erhält einen Raupenkopf mit drei bunten Raupenteilen aus farbigen Halbkugeln. Vor jeder Raupe liegen drei Futterteile, das sind auf den Kopf gedrehten Raupenteile, auf denen ein Blatt zu sehen ist. Die Abstände sind für jede Raupe identisch, die jeweilige Länge reguliert die Renndauer.
Mit drei Würfelwürfen wird versucht, die jeweilig hintere Farbe der eigenen Raupe zu treffen, denn dann wird dieses Teil nach vorn gesetzt, sodass die Raupe zu kriechen beginnt. Die Kettenwirkung im Blick zu behalten, ist gar nicht so einfach für die Kinder. Wer einen Flush wirft, darf immer zwei seiner Raupenteile vorwärtsbewegen. Webers weiterer Zusatz ist, dass alle immer beteiligt sind, bis auf den Flush und bei völligem Stillstand dürfen die anderen Spieler den Würfelwurf zusätzlich für ihre Raupenkette nutzen. Sobald eine Raupe bei einem Blatt ankommt, wird dieses verspeist und sofort in Körpermasse umgesetzt. Das Blatt wird umgedreht und landet direkt hinter dem Kopf der schmatzenden Raupe. Wer es als erster schafft, seine Raupe längenmäßig zu verdoppeln, gewinnt nach einer Viertelstunde das Raupenduell.
Webers viele Ideen machen aus FLORI VIELFRASS ein ordentliches Kinderspiel, das mit den Grundregeln allerdings erst für Fünfjährige spielbar ist. Für jüngere Spieler gibt es eine Variante mit nur einem Farbwürfel. Das Holzmaterial mit den individuellen Raupenköpfen, die wir Michael Menzel zu verdanken haben, hat einen hohen Aufforderungscharakter. Im Wettkampf erweisen sich die Halbkugeln beim Verschieben aber oft als Zankapfel, da verrutscht gern einmal die Raupe zusätzlich in Richtung nächstes Blatt. Kommen irgendwie einmal eine Hand oder die Würfel total zwischen die Raupenwelt, ist der Rennverlauf schwer rekonstruierbar. Bei allem Spaß, den Kinder mit der Raupe FLORI haben, sind das doch Handling-Probleme, die stören und sicherlich auch höhere Weihen für dieses Spiel verhindert haben. Wie Weber richtig sagt: „Gute Ideen ergeben nicht automatisch ein gutes Spiel!“ Aber befriedigend ist es allemal!
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: FLORI VIELFRASS
Autor: Bernhard Weber
Verlag: Amigo
Alter: ab 4 Jahren
Spielerzahl: 2 – 4 Spieler
Spielzeit: ca. 10 bis 15 Min.
Preis: ca. 15 Euro