
Die Angebote in den Geschäften sind gute Seismographen für anstehende Wetter- und Jahreszeitenwechsel. Nach der Olympiade geht es los mit herbstlichen Stimmungen. Nach den Kürbislichtern wird bald der erste Weihnachtsmann zu sehen sein. Im Prinzip waren ja schon die ersten Augustwochen eine Vorwegnahme der fallenden Blätter. Noch durch Drachenfeste an der Nordseeküste geprägt, können wir uns gut auf den kommenden Herbst einstellen.
Peter Ratschiller und Markus Hagenauer bieten diese Stimmung mit WINDY WOODY (Piatnik) ganzjährig an. Für den Südtiroler Ratschiller ist es erst die vierte Spieleveröffentlichung. Der in Freilassing geborene Hagenauer, der als Architekt in Nähe Salzburgs arbeitet, hat mehr als doppelt so viele Spiele bei Verlagen untergebracht.
Piatnik bezeichnet WINDY WOODY als „Such- und Reaktionsspiel“. Das Genre prägt die Wiener Spiele 2015/16, neben WINDY WOODY gibt es da noch MONSTARS, CUBINGOS und JUNGOLINO. Die Anforderungen der Spielideen von Ratschiller und Hagenauer sind dabei am höchsten.
Wir sehen sechs Kinder auf einer Drachenwiese, die Haltegriff mit Drachenschnur in der rechten Hand. Weit über ihnen flattern sechs farbige Drachen im Wind. Dazwischen - je nach Schwierigkeitsgrad - ein Leinengewirr aus zwei bis drei Pappstreifen. Im Grundspiel geht es um die Drachenfarbe. Die Kinder benötigen zusätzlich einen Farbwürfel und sechs Kleidungskarten. Der Farbwürfel legt den Drachen fest, zu dem nicht nur das passende Kind gesucht werden muss, sondern auch das farbgleiche Kleidungsteil. Alle sind an der Suche beteiligt, wer zuerst nach der passenden Karte greift, gewinnt die Runde und einen bunten Drachenschwanz. Der Sieger dreht einen der beidseitig bedruckten Pappstreifen um, sodass die nächste Suchaufgabe zu anderen Ergebnissen führt. Nach 21 Runden sind die Drachenschleifen verteilt und wir haben einen Beobachtungskönig.
Wer es komplizierter mag, spielt nach den Regeln des Grundspiels die Variante „Fehlende Farbe“. Jetzt zählen nicht nur Drachenfarben, sondern auch die Farben der Stangen und Schleifen. Beim passenden Kind wird nun überprüft, welches Kleidungsstück nicht mit dem Drachen übereinstimmt. Dabei bleiben wir immerhin noch bei einer gefundenen Verbindungslinie, die verlassen wir aber mit der dritten Variante „Schleifen“. Nun definiert der Würfelwurf zwei Drachen mit identischer Doppelschleife. Hat man die passenden zwei Kinder gefunden, muss ein farbidentisches Kleidungsteil gefunden werden. Schließlich gibt es noch einen Variationswettkampf, bei dem ein Spezialwürfel festlegt, welche der drei Varianten gilt.
Stress pur! Das Leinengewirr verknotet irgendwann auch die Gedankengänge. Piatnik empfiehlt WINDY WOODY für Kinder ab sechs Jahren, deren Anfangselan stets groß ist. Die Begeisterung lässt dann aber nach, da fehlen bei Kindern und Eltern oft Geduld und Ausdauer. Wie bei allen Reaktionsspielen kristallisieren sich die Könner schnell heraus und stapeln Schleifenkarte über Schleifenkarte, für die anderen steigt nicht der Drachen aber der Frust. Das lässt sich etwas ausgleichen, indem die Cracks nach der Schleifen-Variante spielen und die anderen das Grundspiel.
Das überschaubare und einfach gehaltene Spielmaterial kommt in einer völlig überdimensionierten großen Schachtel daher mit viel unnötiger Wiener Luft. Dafür sind mehr als 20 Euro viel Geld. Was überzeugt, ist die hohe Varianz, die sich die beiden Autoren haben einfallen lassen. Erwähnt werden muss allerdings auch, dass das Leinengwirr nicht ganz neu ist. Strippen zogen schon Tom Schoeps und sein Sohn Jan 1993 bei Ravensburger und 2001 bei Berliner. Ihr STRIPPENSALAT um Telefonkabelverbindungen besaß einen festen Spielplan, aber flexible Endverbraucher.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: WINDY WOODY
Autoren: Peter Ratschiller und Markus Hagenauer
Verlag: Piatnik
Alter: ab 6 Jahren
Spielerzahl: 2 – 6 Spieler
Spielzeit: ca. 15 Min.
Preis: ca. 22 Euro