Freitag, 13. Mai 2016
DAS LABYRINTH DER SPIEGEL
Inzwischen ist Camilleri, der im September schon 91 wird, bei 23 „Montalbanos“ angekommen. Die deutschen Übersetzungen hinken seit vielen Jahren hinterher. Mit DAS LABYRINTH DER SPIEGEL (EA 2011) ist gerade erst der 18. Roman um den auf Sizilien ermittelnden Commissario erschienen. Ärgerlich ist nur, dass die Verfilmungen schneller mit der Synchronisation sind, das Pendant "Im Spiegelkabinett" ist schon seit Februar 2015 gegen Bezahlung zu sehen (Amazone Instant Video, iTunes) und kostenfrei seit Juli letzten Jahres bei Servus TV.
Man muss ihn und seine Kulissenschieber mögen, dann hat man aber bei jeder neuen Lektüre das Gefühl, Teil der Montalbano-Familie zu sein. Immer dann, wenn Livia anruft und nach wenigen Minuten eifersüchtig das Gespräch wegdrückt, Immer dann, wenn Caterella sich in devoten Satzkonstruktionen verhaspelt und Namen verunstaltet. Immer dann, wenn Fazio die nötigen Detailinformationen einmal wieder übertreibt und Augello als Schürzenjäger agieren darf.
Die zentrale Idee des neuen Romans entnimmt Camilleri einem Klassiker Orson Welles, der Spiegel-Kabinettszene aus der „Lady von Shanghai“, mehrfach zitiert bei Bond aber auch Woody Allen. Montalbano sieht sich selbst in einer wunderbaren Spiegelwelt völlig desorientiert und gelangt erst allmählich zu korrekten Blickperspektiven.
Bei allem Verwirrspiel überzeugt dieser Roman des Altmeisters endlich wieder einmal durch eine stringente und gut nachvollziehbare Handlung. Zwei scheinbar sinnlose Explosionen, eine verirrte Kugel, die in Montalbanos Beifahrertür landet, ein verbrannter Körper und ein brutal vergewaltigter, Erzählstränge, die erst mit der Zeit zusammenpassen. Montalbano ist älter geworden, manchmal auch langsamer, trotzdem hat er seine Intuition nicht verloren, bleibt wachsam und zuversichtlich. Ein spannender, aber immer wieder auch unterhaltsamer Roman, dessen Lektüre lohnt.
Wertung: *****
Titel: DAS LABYRINTH DER SPIEGEL
Verlag: Lübbe
Autor: Andrea Camilleri
Seiten: 253 Seiten
Preis: 22 Euro
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