Montag, 26. Dezember 2016
BARRACUDA
BARRACUDA ist absolut kein typisches Cantzler-Spiel. Der Hamburger Autor ist eigentlich auf Kinder- und sehr einfache Familienspiele spezialisiert, mit seinen Pfeilhechten aus tropischen und subtropischen Bereichen wildert er in Gefilden der ganz gemeinen Spiele. INTRIGE von Stefan Dorra lässt grüßen, allerdings stellt Cantzler dessen Spielziel auf den Kopf. Geht es bei Dorras schon über 20 Jahre alten Geldgeschiebe um ständige Geldvermehrung, wird bei Cantzler das Ganze umgedreht und die Scheine im Anfangswert von 50.000 werden immer weniger. Da trifft er schon eher das Spielprinzip von PONZI SCHEME des taiwanesischen Autors Jesse Li, das 2015 erschien. Abgekupfert hat Cantzler hier aber keineswegs, seine Idee war schon vor 15 Jahren in seiner Entwicklungsschublade.
Mit dem Geld kaufen sich drei bis fünf Spieler als Pächter oder Partner in Bars ein, von denen am Anfang sechs bis zehn ausliegen. Alle sind vor der ersten Runde noch geschlossen, aber jeder besitzt fünf Spielfiguren, die bereitstehen, in den Bars tätig zu werden. Sollten alle fünf Figuren eine Runde lang in den Bars bleiben können, endet das Spiel. Jeweils eine sechste Figur haben alle in einem schwarzen Stoffsäckchen, aus dem die Zugreihenfolge immer wieder neu bestimmt wird.
In der ersten Runde eröffnet jeder eine Bar, die Pachtkosten für die Folgerunden liegen zwischen 2000 und 6000. In den teureren Bars ist es möglich, dass ein Partner mitmischt. Das heißt, ab der zweiten Runde wird das Geld weniger, es gibt zwar Rabatte, wenn ein Spieler drei oder gar vier Bars gepachtet hat, aber das Portemonnaie wird immer leerer.
Die Aktionsmöglichkeiten sind überschaubar. Anfangs kann man noch weitere Bars eröffnen, in voller Besetzung sind zehn von den zwölf Ausschänken im Spiel. Man kann sich aber auch als Partner in eine offene Bar einkaufen. Ist es die eigene, kostet das nichts. Bei einer fremden muss man dem Pächter eine Summe zwischen 1000 und 12.000 bieten. Nimmt er die Summe, steht eine eigene Figur in der Barlandschaft, die zwar einmalig Geld gekostet hat, aber in Zukunft keine Pachtkosten tragen muss. Daher wird jeder Pächter auch überlegen, ob er sich eine solche Laus in den Pelz setzen lässt. Sein Problem liegt aber noch auf einer anderen Ebene, denn nur einfach ablehnen darf er das Angebot nicht, er muss die gebotene Summe drauflegen und beide Geldstapel wandern dann in die Kasse. Die dritte Möglichkeit ist die aggressivste, man tritt in Übernahmeverhandlungen mit einem Pächter ein. Das Mindestgebot entspricht dabei der Pachtsumme, maximal dürfen wieder nur 12.000 angeboten werden, die Höhe des Gebots bleibt dabei geheim. Nimmt der Pächter das Geld, ziehen er und ein eventueller Partner aus der Bar aus, lehnt er das Angebot aber ab, muss er die gleiche Summe drauflegen und dem Bieter zurückgeben. Schließlich gibt es noch die Möglichkeit eine Bar zu versteigern.
Zeichnet sich durch die Übernahmeregelungen am Ende noch kein eindeutiger Sieger ab, kann das Spiel auch durch die Insolvenz eines Spielers beendet werden. Zünglein an der Waage ist dabei oft die Zugreihenfolge, wenn es mehrere Spieler in einer Runde treffen kann. Deshalb darf man in dieser Situation nach der „Last order!“ rufen. Die hat zur Folge, dass alle einen Geldbetrag auf die Zugreihenfolge bieten. Wer nichts oder am wenigsten geboten hat, ist dann sofort dran, wer am meisten bietet, macht den letzten Zug. Wer insolvent ist, beendet das Spiel sofort. Dann gewinnt der Spieler, der zu diesem Zeitpunkt die meisten Figuren in den Bars hat oder bei Gleichstand noch das meiste Geld besitzt.
Bis es dahin kommt, erleben wir aber ein ständiges Auf und Ab am Spieltisch. Die Hechte, die sich um die Bars tummeln, liefern sich spannende Duelle um Übernahme und Partnerschaft. Recht gut stehen meist die Spieler da, die am Anfang Bars mit niedrigen Pachtkosten abbekommen. Wer Glück hat, landet im Green Turtle, in der Gecko Bar und im Colibri, die kosten dank der Reduktion ab drei Bars nur 6000 pro Runde. Wer in der besonders angesagten Barracuda-Bar sitzt, zahlt allein für diese jedes Mal 6000.
In diesem Spiel, in dem es am Ende ganz eng kalkulatorisch um den letzten Tausender geht, ist mir das etwas zu viel Glück am Anfang. Der große Reiz von BARRACUDA liegt aber in der Interaktion der Bietgefechte. Da wird ausgelotet, ab wann es weh tun wird, da wird das letzte Geld herausgekitzelt, da man weiß, dass man mit vier Barkeepern recht gut dasteht. Richtig kribbelig geht es dann meist am Ende zu, wenn man sich mit dem restlichen Geld die letzte Zugposition verschafft, weil man sich sicher ist, dass mindestens ein Spieler davor pleitegeht. Das Problem ist allerdings auch, dass man dadurch leicht angreifbar wird und die Träume vom Spielsieg schnell ausgeträumt sein können. Das hat was! Zumal die Drei Hasen in der Abendsonne mit eindrucksvoller Schachtelgrafik und griffigem Spielmaterial einiges zur Atmosphäre beitragen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: BARRACUDA
Autor: Christoph Cantzler
Verlag: Drei Hasen in der Abendsonne
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 3 - 5
Spielzeit: ca. 25 - 45 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Trackbacks
Trackback-URL für diesen Eintrag
Keine Trackbacks
Kommentare
Ansicht der Kommentare:
(Linear | Verschachtelt)
Die Kommentarfunktion wurde vom Besitzer dieses Blogs in diesem Eintrag deaktiviert.