
Wer heute am Tag der Amtseinführung Donald Trumps am liebsten abtauchen möchte, kann dies sehr gut spielerisch tun. Am attraktivsten bietet sich dabei die Unterwasserwelt OCEANOS an, die der 7 WONDERS-Autor Antoine Bauza in drei Tauchgängen erforschen lässt.
Opulent sind Gestaltung und Ausstattung des iello-Spiels, das Jérémy Fleury fantastisch illustriert hat. Wer seine Gestaltung des HOFTHEATERs (Bombyx, vgl. meine Rezension in der spielbox Heft 4/2016) liebt, wird ebenso von OCEANOS begeistert sein.
Zwei bis fünf Forschungs-U-Boote sind unterwegs, um in den Tiefen des Meeres Fische einzusammeln, wertvolle Schätze zu entdecken und Korallenriffe zu untersuchen. Um unheimliche Kraken machen die Boote am besten kleine Umwege.
Jeder startet mit einem individuell gestalteten Puzzle-U-Boot mit identischer Grundausstattung. Da sorgt ein Periskop für Nachschub von zwei Entdeckungskarten für die Tauchgänge. Die Größe des Maschinenraums lässt am Anfang nur Platz für ein Treibstoffplättchen, das einmalig dafür sorgt, dass statt einer zwei Entdeckungsplättchen für die erforschte Tiefsee ausgelegt werden dürfen. Zentral ist der Platz des Aquariums, das anfangs gerade einmal Raum für drei Fische bietet. Ebenso düster sieht es mit dem Antrieb aus, die Schraube verfügt zu Beginn über null Kraft. Vorn in der Luftschleuse ist auch nur ein einziger Taucher, der Ausschau nach Schatzkisten hält.
Das Schöne an den U-Booten ist, dass alle Schiffsteile sich doppelt aufwerten lassen. Wer wann was verbessert, gehört zu den strategischen Überlegungen des Spiels, das in einer Art Minidrafting-System abläuft. Für die erste Tauchebene stehen dafür 40 Entdeckungskarten zur Verfügung, von denen am Anfang alle bis auf den Kapitän zwei bekommen. Auf den Karten sind in unterschiedlicher Kombination Fische, Korallen, Schatztruhen, außerdem kleine Stützpunkte, gelbe und grüne Kristalle und das rote Auge des Kraken abgebildet. Die Entdeckungskarten werden immer von links nach rechts ausgelegt. Befindet sich links von einem Stützpunkt ein gelber oder grüner Kristall, darf ein Abschnitt des U-Boots einfach ausgebaut werden. Wer den höchsten Endausbau erreichen will, benötigt beide Kristalle vor dem Stützpunkt.
Jeder sucht sich in fünf Durchgängen eine von den beiden Karten aus und draftet die übrige Karte an den aktuellen Kapitän, der nach dem ersten Durchgang wechselt. Wer aber Kristall und Stützpunkt gleich auf die Hand bekommt, wird eher beide Karten ausspielen wollen und dafür sein Treibstoffplättchen opfern. Die Auswahl für den Kapitän kann daher auch sehr beschränkt ausfallen, darf aber nie unter die ihm zustehende Kartenzahl fallen.
Mit Blick auf die Wertungen am Rundenende fallen wahrscheinlich die Entscheidungen für die Ausbauprioritäten. Da gibt es die Spieler, die mehr Optionen bei der Kartenauswahl haben möchten, die deshalb die Zahl ihrer Periskope auf maximal drei erhöhen, was ihnen vier Karten garantiert. Andere setzen auf schnelle Siegpunkte, die vor allem über das Aquarium abgerechnet werden. Jeder Fisch bringt dort zwei Punkte. Unter sechs Karten sind meist fünf Fische, sodass ein früher Ausbau auf diese Kapazitätsgröße schon einmal mindestens 10 Punkte für den ersten und die beiden folgenden Tauchgänge garantiert. Koppelt man dies mit einer Maschinenraumerweiterung, dürfen maximal drei Karten zusätzlich ausgelegt werden, sodass bei entsprechendem Aquariumausbau sogar 16 Punkte erzielt werden können. In der vergleichbaren Wertung für die Schiffsschraube können maximal nur 15 Punkte über die drei Runden erreicht werden. Wer auf Taucher für die Schatzsuche setzt, muss viel Glück in der dritten Tauchrunde haben. Wer es dabei geschafft hat, drei Schatztruhen in einer Spalte auszulegen, darf abschließend einen Taucher hochsteigen und Schätze für alle drei Truhen einsammeln lassen, die können sechs bis zwölf Siegpunkte bringen. Am Ende werden noch orthogonal zusammenhängende Korallenriffe gewertet, wobei jede Koralle aber nur einen Punkt bringt. Richtig lohnend ist das im Vergleich zu den anderen Boni nicht. Ebenso sind die Strafpunkte für die meisten Krakenaugen bei eher guten Karten zu vernachlässigen, da sie sich im Schnitt in etwa in der Höhe der Rundenzahl bewegen.
Der Glücksanteil in OCEANUS ist anfangs recht hoch, sinkt aber bei höherer Kartenauswahl. Wer in der ersten Runde nie eine Stützpunktkarte erhält, kann immerhin auf die garantierte Aufwertungsmöglichkeit am Rundenende bauen, denn die dann anzulegende Spielerhilfe zeigt eine Station, die in die Wertung gebracht wird. Trotzdem sind Ausbauverzögerungen oft schwer aufzuholen. Wer hier Pech hat, sollte zumindest auf die Taucherwertung am Ende setzen, die vielleicht für ausgleichende Gerechtigkeit sorgt.
Vielspieler fühlen sich daher meist gespielt und suchen echte Steuerungsmöglichkeiten vergeblich. Da verfliegt schnell die Begeisterung über das opulente Spiel, zumal ich produktionstechnisch selten so schlechte Puzzleteile erlebt habe. Da hakt es an allen Ecken und Enden, sodass wir inzwischen Ausbauteile gar nicht mehr einfügen, sondern einfach nur auf das U-Boot drauflegen. Für die vielen Bauteile hätte ich mir auch einen ordentlichen Sortierkasten in der Schachtel gewünscht, die beigefügten Zip-Tüten sind zu klein und reichen nicht aus. Das gilt übrigens auch für die Entdeckungskarten, die im Spiel zu fünft in der dritten Runde, wenn alle drei Periskope haben und vollen Maschinenausbau, auch nicht ausreichen.
Als glücksbetontes Familienspiel, das einen gewissen Anspruch besitzt, hat OCEANOS aber seine Berechtigung. Abtauchen, Fische sammeln, auf Schatzsucherglück hoffen, kann zwischendurch immer mal wieder 30 bis 45 Minuten Spaß bereiten.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: OCEANOS
Autor: Antoine Bauza
Verlag: iello / Vertrieb Huch! & friends
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2- 5
Spielzeit: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 35 Euro
Spiel 2/2017