Sonntag, 10. Mai 2015
DA LUIGI
Der 46jährige Handelslehrer Rüdiger Dorn kann alles und das sogar äußerst erfolgreich. Er sahnte beim Kennerspielpreis für ISTANBUL ab, ist mit LOS MAMPFOS für das Kinderspiel des Jahres und mehrfach u.a. mit JAMBO und DIE BAUMEISTER VON ARKADIA für das „Spiel des Jahres“ nominiert gewesen, wobei er mit LAS VEGAS 2012 sicherlich die größten Chancen hatte.
Auch der Kosmos Verlag kann Vieles und das sogar äußerst erfolgreich. Kinderspiel, Kennerspiel und sogar drei „Spiele des Jahres“ kann der Verlag aus Stuttgart vorweisen, meist auch hervorragendes Spielmaterial, ansprechende Grafiken und gute redaktionelle Bearbeitung der Spiele.
Bei der aktuellen Kooperation von Verlag und Autor scheint aber irgendwo kräftig etwas danebengegangen zu sein. Unsere ersten Runden bei Dorns Restaurantspiel DA LUIGI waren völlig frustrierend, bis allmählich durchdrang, dass der Autor eigentlich etwas zulassen wollte, was in der Regel ausdrücklich untersagt war. Inzwischen ist es auch verlagsoffiziell, die Regel ist geändert, natürlich nur im Internet. Wer ein Exemplar der ersten Auflage erwirbt, wird daher mit den Spielzutaten nicht viel anfangen können, denn die Zielgruppe der Familienspieler wird sich wohl kaum um Regelupdates bemühen.
Wichtigster Faktor in DA LUIGI ist die Zeit. Zeit, die die Restaurantgäste mitbringen, um ihr Essen zu bekommen. Zeit, die dem Koch zur Verfügung steht, um Produkte zu erwerben, die die Gäste auf dem Tisch sehen wollen. Der eigentliche Zubereitungsvorgang spielt keine Rolle, das Spiel pendelt zwischen Marktplatz und einer Ristoranteleiste hin und her.
Ins Restaurant können maximal sechs Gäste kommen, die je nach ihrer Bereitschaft zu warten, entsprechenden Zeitabschnitte zwischen 10 und 60 Minuten zugeordnet werden. Jeder der zwei bis vier Restaurantbesitzer erhält eine solche Leiste, außerdem zwei Gäste, die bereit sind vierzig und sechzig Minuten zu warten, der eine will vier Speisen und Getränke der andere zwei. Die Speisen können auf dem Marktplatz erworben werden, das sind kleine Holzwürfel, von denen insgesamt sechs im Spiel sind. Die kosten kein Geld, sondern maximal Zeit. Felder mit einem Würfel sind ganz kostenlos, Felder mit zwei bis vier Würfeln kosten eine bis drei Zeiteinheiten. Wer so vier Würfel einkauft, muss einen oder mehrere Gäste um zusammen drei Felder verschieben. Wichtig dabei ist, dass das Feld frei sein muss, auf das ein Gast geschoben wird. Diese Regel führte bei vielen Gästen zu Engpässen und Bewegungslosigkeit, da ursprünglich kein Gast freiwillig aus dem Ristorante geschoben werden durfte. Genau diese Regel ist jetzt aufgehoben und bringt damit etwas mehr Bewegung unter die Gäste.
Sind die „Zeitkosten“ bezahlt, werden die erworbenen Steine den Gästen zugeordnet oder in den Spielervorrat gelegt. Konnte dadurch eine Bestellung erfüllt werden, wandert der Gast zufrieden aus dem Lokal und bringt am Ende zwischen einem und fünf Siegpunkten. Wird ein Gast ohne fertige Bestellung aus dem Laden komplementiert, das heißt über den Zeitabschnitt „10“ hinausgeschoben, bekommt der Besitzer eine saure Zitrone, die in der Endabrechnung einen Minuspunkt bringt, während des Spielverlaufs aber schon durch dankbare Gäste mit Blumensträußen ausgeglichen werden kann. Neben der Gästebedienung ist die Begrüßung neuer Kunden das zweite entscheidende Moment im Spiel. Außer den jeweils zwei Startkarten stehen pro Spieler noch je zwölf Gästekarten zur Verfügung. Wer nicht auf den Markt geht, sorgt daher für Gästenachschub. Der Witz dabei, er kümmert sich nicht nur um eigene Gäste, sondern auch um die der Mitspieler. Dafür nimmt er stets eine Gästekarte mehr auf, als Mitspieler beteiligt sind, zwei sind für ihn, jeweils eine für die anderen Gastronomen. Da die neuen Gäste immer an die Tische gesetzt werden müssen, die ihrer maximalen Wartezeit entsprechen, tritt ein Verdrängungsmechanismus ein, der in vollen Lokalen zu vielen Verschiebungen führen kann und oft bedeutet, dass man in eine saure Zitrone beißen muss. Alle neuen Gäste bringen noch Extras mit, die sofort umgesetzt werden, wenn sie ins Lokal kommen. So kommt man an zusätzliche Speisewürfel, an die oben erwähnten Blumensträuße, teilweise kosten sie aber auch zusätzliche Zeit oder gleich eine weitere Zitrone.
Sobald die Gästekarten aufgebraucht sind, ist jeder Spieler noch einmal an der Reihe und kann seine Gäste bedienen, um offene und punkteträchtige Bestellungen zu erfüllen. Wer dann am Ende unter Abzug der Zitronenkarten die meisten Punkte erreicht hat gewinnt nach etwa einer dreiviertel Stunde DA LUIGI.
Mit der Regeländerung wird dieses Beköstigungsspiel zu einem ordentlichen Familienspiel mit leichten Ärgerkomponenten. Das Gerangel und damit auch die Interaktion finden vor allem auf dem Markt statt, da die Waren unterschiedlich häufig vorhanden sind. Die Dessert-Würfel mit Jokerfunktion gibt es nur zehnmal, die Pasta nur zwölfmal, Wein und Wasser sind teilweise doppelt so häufig vorhanden. Da ein Zuordnungszwang bei den Speisewürfeln besteht, kann es leider dazu kommen, dass Zutaten Gästen zugeordnet werden müssen, die kaum noch die Chance haben, alle ihre Wünsche erfüllt zu bekommen. Denn die Würfel verfallen, wenn ein Kunde das Lokal zwangsweise verlassen muss. Diese Regel ist auch in der überarbeiteten Version erhalten geblieben und sorgt manchmal für Frust.
Die grafische Gestaltung vor allem der Gästekarten durch Christian Fiore ist gelungen, schön dass sich auch der Autor verewigt sehen darf. Als sehr eiliger Gast übrigens, der neben seiner Pasta nur noch auf Wasser und Wein wartet, dafür aber auch nur 20 Minuten Zeit mitbringt. Wer seine Bedürfnisse befriedigen kann, erhält immerhin vier Siegpunkte für die Endabrechnung und vorher bringt er als Bonus immerhin noch einen Speisenwürfel mit. Die Autorenkarte ist fast symptomatisch für mein Resümee: Schnelle Kost für Zwischendurch. Fast Fastfood ohne großen Tiefgang. Wenn man auf Auszeichnungslisten 2015 schielt, wird DA LUIGI kaum zu finden sein, das Restaurant von CHEF ALFREDO aus dem Hause Queen Games dürfte da erfolgreicher auftreten.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: Da Luigi
Verlag: Kosmos
Autor: Rüdiger Dorn
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 40 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
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