
Knizia, Maack, Vohwinkel heißt das Erfolgstrio von WETTLAUF NACH EL DORADO, einer ganz aktuellen Neuheit aus dem Hause Ravensburg. Reiner Knizia hat eine interessante Mischung aus Deckbuilding und Rennspiel entwickelt, deren Umsetzung André Maack und Andreas Greiner redaktionell begleitet haben, grafisch knüpft Franz Vohwinkel an alte Dschungelerfahrungen in der TIKAL – JAVA – MEXICA-Welt an. Die Goldmaske von Knizias EL DORADO hätte jedes der Kramer-Kiesling-Spiele zieren können.
Der Weg zum Goldland, den spielerisch in Deutschland bisher nur Rudi Hoffmann in Angriff nahm und das vor 44 Jahren, führt über „verschlungene Wege“, „Schlangenpfade“, durch „Hexenkessel“ und über „goldene Hügel“. Zusammengesetzt sind diese Dschungelpfade aus meist sechseckigen Geländetafeln, die aus 37 Feldern bestehen. Da finden wir überwiegend Dschungelfelder, Flüsse, Seen und Siedlungsgebiete, unüberwindbare Gebirgszüge und einige Spezialfelder.
Zwei bis vier Goldsucher treten an, um schnell und effektiv den Weg nach EL DORADO zu bewältigen. Als Startausrüstung besitzen alle acht Basiskarten, die aus einem blauen Matrosen, drei grünen Forschern und vier gelben Reisenden bestehen. Mit jeweils vier Karten aus diesem Deck werden die anstehenden Wettlaufrunden bewältigt.
Der Ablauf ist einfach: Karten ausspielen, zuerst für Bewegungen im Gelände, dann für die Optimierung des Decks. Ausgespielte Karten müssen die Spieler ablegen, das gilt auch für neuerworbene Karten. Am Zugende wird die Kartenhand wieder auf vier Handkarten ergänzt.
In der Regel optimieren alle erst einmal ihre Kartenauswahl. Für den Einkauf besonders interessant sind die gelben Reisenden, da besitzt jede Karte am Anfang einen Münzwert, die anderen Karten sind nur die Hälfte wert. Der Kartenmarkt eröffnet zu Beginn nur Optionen auf sechs neue Expeditionsteilnehmer, die jeweils dreimal zur Verfügung stehen. Erst wenn ein Dreierstapel leer ist, darf die Lücke durch einen der übrigen zwölf Stapel gefüllt werden.
Was man macht, hängt meist von der Analyse der Strecke ab, die auf dem Weg nach EL DORADO zu bewältigen ist. Da gibt es für alle Geländeteile nämlich nicht nur einfache Felder, sondern oft ist die doppelte oder dreifache Stärke nötig, um sich durch den Dschungel zu kämpfen oder über einen Fluss zu paddeln. Knizia erhöht diese Hürde insofern, weil er nicht die Addition von mehreren Karten zulässt, sondern fordert, dass der Stärkewert der Karte mindestens der des Feldes entsprechen muss. So lassen sich zwar drei Einerfelder mit einem Dreier-Entdecker einfach überwinden, aber drei Einer-Forscher reichen nicht für das Dreierhindernisfeld aus. Deshalb macht es Sinn, schnell bei den drei Entdecker-Karten zuzugreifen. Gerade in Vollbesetzung wird einer der Goldsucher leer ausgehen. Andere setzen vielleicht auf langfristigen Geldnachschub, sie greifen zur Fotografin, die den Wert der Reisenden verdoppelt. Einmal nutzbar ist die Schatztruhe, die eine Vervierfachung des Wertes bringt. Mit dem teuren violetten Fernsprechgerät erhält man sogar einen Zugriff auf sämtliche im Augenblick nicht zur Verfügung stehenden Karten. Wer beim Entdecker leer ausgegangen ist, kann so frühzeitig an einen Pionier kommen, der bis zu fünf Feldern überwinden darf.
Im Laufe des Spiels bringen Journalistin und Millionärin zusätzliches Geld. Wichtig sind aber auch weitere violette Karten wie Kartograph und Reisetagebuch, die die Handkartenoptionen deutlich verbessern. Jokerkarten wie Abenteurer und Propeller-Flugzeug, die für alle Felder einsetzbar sind, können am Ende spielentscheidend sein.
Die Optimierung der eigenen Ausrüstung stellt damit eine zentrale Aufgabe des Spiels dar. Dazu gehört aber auch die Reduktion des Kartendecks, damit die effektiven Karten schneller wieder zur Verfügung stehen. Das lässt sich mit Hilfe violetter Karten erreichen, aber auch mit dem Ansteuern von Basislagern auf dem Spielplan. Insofern ist die zweite zentrale Aufgabe die geschickte Wegeplanung ins Goldland. Wer vorauseilt, hat durchaus Vorteile, da er Wege blockiert, nachkommende Spieler zu Umwegen zwingt, weil sie besetzte Felder nicht betreten dürfen. Etwas ausgebremst werden die ganz schnellen Goldsucher dadurch, dass sie Blockaden zwischen den großen Geländetafeln beseitigen müssen. Das kostet meist ein oder zwei Stärkepunkte zusätzlich. Am Ende bringen Blockaden allerdings die Entscheidung beim Gleichstand, wenn zwei oder mehr Spieler in der abschließenden Runde das Goldland erreicht haben. Wer die meisten Hindernisse einsammeln konnte, ist in solchen Fällen der Sieger.
Die Mischung aus Kartenoptimierung und geschickter Wegeplanung ist rundum gelungen. Was besonders überzeugt ist die hohe Varianz. Neben einem Grundspiel bietet Ravensburger sechs weitere Ausbauvarianten an, die ganz unterschiedliche Planungen erforderlich machen. Eigene Zusammenstellungen der sieben beidseitig bedruckten Geländetafeln sind natürlich obendrein möglich. Für das Spiel zu zweit, erhält jeder zwei Goldsucher, sodass das Ende erst eintritt, wenn die zweite Figur in EL DORADO gelandet ist. Schließlich werden über eine „Höhlen-Variante“ noch die Gebirgsfelder einbezogen, auf denen man Plättchen für die Fortbewegung, Kartenentsorgung und für Sonderzüge erwerben kann.
Ein WETTLAUF NACH EL DORADO ist in Vollbesetzung spätestens ab der dritten Runde schon nach 45 Minuten beendet. Damit können Revanche-Partien problemlos folgen. Vom Anspruch ordnet Ravensburger das Spiel von Reiner Knizia als Erwachsenenspiel ein. Für mich bewegt es sich noch im oberen Anspruchsbereich der Familienspiele und maximal im untersten anthraziten Sektor. Sicherlich mögen anfangs Spieler, die DOMINION kennen, Vorteile beim Verbessern ihrer Kartenhand besitzen, aber die Grundidee des Wettlaufspiels in der Bewegung über unterschiedliche Spielfelder besitzt keinen hohen Anspruch. Der Lernzuwachs ist groß, sodass Viertklässler mit ihren Eltern schnell mithalten können. Das wollen sie auch, denn der Wiederspielreiz ist hoch. Das gilt auch für mich, da ich mich morgen schon gern wieder der Wegeplanung nach EL DORADO stelle.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: WETTLAUF NACH EL DORADO
Autor: Reiner Knizia
Verlag: Ravensburger
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 37 Euro
Spiel 20/2017