Die Bandbreite der empfohlenen Kennerspiele ist 2017 riesig. Sie reicht von der Nordsee bis zum Mars, von der Rätselspannung einer Escape-Reihe bis zum strategischen Viehtrieb nach Kansas, vom sensiblen Antikriegsspiel LES POILUS zum knallharten SCHIFFE VERSENKEN in CAPTAIN SONAR. Die beiden französischen Autoren Roberto Fraga und Yohan Lemonnier lösen sich beim letzten Spiel weit von der Papiervorlage und lassen hinter einem riesigen Sichtschirm zwei U-Bootmannschaften in Echtzeit gegeneinander antreten.
Damit etwas Distanz aufkommt, spielt CAPTAIN SONAR nicht im Zweiten Weltkrieg. Die Autoren verlegen ihr Kampfszenarium einfach in eine nahe Zukunft ins Jahr 2048, in gut dreißig Jahren soll ein Handelskrieg um Seltene Erden toben. Wir sind auch keine NATO-Offiziere oder gehören der Volksbefreiungsarmee Chinas an, sondern kämpfen unseren lautlosen Krieg für Großkonzerne.
Das Entscheidende bei CAPTAIN SONAR sind das Teamspiel und die Kommunikation in der Gruppe. Wahrscheinlich existiert bisher kein Spiel, das die vernetzte Zusammenarbeit so ernst nimmt, wie dieser Unterwasserkampf.
Die Auseinandersetzung tobt in unterschiedlichen Archipelen mit mehr oder weniger Inseln. Unterlegt sind diese Wasserwelten mit dem aus SCHIFFE VERSENKEN bekannten Raster. Hier sind es 15x15 Felder, unterteilt in neun Sektoren. In dieser Region bewegen sich nur zwei U-Boote, deren Mannschaften am Anfang nichts voneinander wissen. In jedem Team sind vier entscheidende Rollen zu besetzen. Da gibt es den kursbestimmenden Kapitän, der die wesentlichen Kommandos erteilt. In seinem Logbuch hält er seine Fahrt auf einer Seekarte fest. Die gegnerischen Abhörvorrichtungen sind so gut, dass sie im Funkraum die Kommandos der Kapitäne mithören können. Die Funker tragen daher den Kurs auf einer verschiebbaren Folie ein und versuchen mit der Zeit die Position des gegnerischen Bootes zu bestimmen. Der Erste Offizier kontrolliert die Waffen- und Ortungssysteme und kann Voraussetzungen für Schleichfahrten schaffen. Trotz technischen Fortschritts hakt es aber in den Systemen, das spürt der Maschinist ständig, denn er muss bei jedem Zug mit Systemausfällen kämpfen. Damit es immer wieder einmal zur Selbstreparatur kommt, ist seine enge Abstimmung mit dem Kapitän wichtig. Wenn bei ihm der Waffenbereich ausfällt, dann können keine Minen gelegt oder Torpedos abgeschossen werden. Am Anfang muss er die Ortungssysteme schadfrei halten, damit Drohnen und Sonar helfen, die Position des Gegners zu bestimmen.
Wird der Feind getroffen oder läuft er auf eine ausgelegte Mine gibt es Schadenspunkte. Die Mannschaft, die zuerst vier Schäden davonträgt, verliert das Spiel. CAPTAIN SONAR mag über die ersten Runden etwas holprig anlaufen. Deshalb ist dringend zu empfehlen, nicht sofort mit dem Echtzeitspiel zu beginnen, sondern rundenbasiert zu starten, damit beide Gegner erst einmal in Ruhe abwechselnd an der Reihe sind und sich das Zusammenspiel des Kapitäns mit seinen Mannschaftsteilen einspielen kann. Der Funker muss zuhören lernen, insofern müssen die Richtungssignale immer klar als Befehle gegeben werden. Der Erste Offizier muss eine Balance zwischen Ortung und vorbereitender Kampfhandlung im Blick haben, wogegen der Maschinist Einfluss auf die Selbstheilungskräfte des Systems nehmen muss. Ist ein Gefühl für alle Aspekte da, dann kann sich die Mannschaft möglichst in Vollbesetzung ins Echtzeitspiel stürzen.
CAPTAIN SONAR bietet ein außergewöhnliches Spielerlebnis, solange drei bis vier Partner in jedem Boot sitzen. Ursprünglich hatte Matagot sich sogar den Unterwasserkampf für zwei bis acht Spieler gedacht, das wäre zu zweit aber eine Zumutung. Pegasus fordert immerhin mindestens vier Spieler, die sollten dann aber besser rundenbasiert kämpfen. So richtig spannend wird es nur in der großen Gruppe, in der dann ein echtes Wir-Gefühl aufkommen kann, wenn die Maschinen gut geölt laufen, die Ortung funktioniert und die Minen geschickt gelegt sind.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: CAPTAIN SONAR
Autoren: Roberto Fraga und Yohan Lemonnier
Verlag: Pegasus Spiele
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 4 - 8 Spieler
Spielzeit: ca. 20 - 45 Min.
Preis: ca. 40 Euro
Spiel 45/2017