
DICE FORGE setzt die Aussage, dass jeder seines Glückes Schmied sei, wortwörtlich um. Régis Bonnessée, der 38jährige französische Autor, ist der Gründer von Libellud (DIXIT u.a.), bekannt vor allem durch HIMALAJA (2005 zum „Spiel des Jahres“ nominiert) und SEASONS (2012). Mit DICE FORGE knüpft er an die Würfelschmiede der Lego-Spiele an, die unter Betreuung von Reiner Knizia zwischen 2009 und 2012 mit rund 30 Spielideen neue Akzente setzen wollten. Die Grundidee der Veränderbarkeit von Würfelseiten schien gut, nur fehlte die zündende Gesamteinbettung. Bei DICE FORGE habe ich das Gefühl, dass die Knizia-Würfel zum ersten Mal sinnvoll in einem Spiel auftauchen. Bei den Lego-Ideen wirkte Vieles aufgesetzt und additiv, hier macht es Sinn und führt zumindest am Anfang zu einem richtig guten Spiel.
Bonnessée liebt phantastische Welten. Hier reisen wir sterblichen Helden zu himmlischen Inseln, um durch glorreiche Taten in den Status von Halbgöttern erhoben zu werden. Götterwürfel unterstützen uns dabei, sie bringen mit der Zeit immer mehr Gold, Sonnen- und Mondsplitter und schließlich auch Ruhmespunkte ein.
Das Gold brauchen wir vor allem, um im Tempelbereich die eingangs schwachen Würfel umzuschmieden. Da erreichen die vielen Einer-Goldseiten bald Erträge von drei, vier oder gar sechs Gold. Die Splitter vom Mond oder der Sonne sind anfangs ganz rar. Wenn wir aber in der Inselwelt der Götter punkte- und aktionsträchtige Aufträge erledigen wollen, benötigen wir viele Splitter aus unserem Sonnensystem, daher muss die Aufwertung diese Ressourcen mit einschließen. Wer zwischendurch vor der Endabrechnung schon Ruhm sammeln möchte, um der Halbgott-Rolle näher zu kommen, wechselt einige seiner zwölf Würfelseiten mit lorbeerbekränzten Siegpunktseiten aus.
Der Tempel bietet immerhin 40 alternative Würfelverbesserungen, die maximal viermal mehrfach vorkommen. 20 weitere und äußerst reizvolle sind nur über die Bewältigung von Heldentaten zu bekommen. Spätestens nach neun beziehungsweise zehn Runden ist der Heldenkampf um den Einzug in den Olymp beendet. Das läuft erstaunlich schnell und äußerst kurzweilig ab, da alle in jedem Spielzug beteiligt sind. Wenn der aktive Spieler würfelt, werfen alle anderen auch ihre persönlichen Würfel und bitten damit um die „große Göttergabe“. Alle bilanzieren auf den Vorratsleisten von Heldentableaus sofort ihre Ergebnisse. Nur der aktive Spieler geht dann entweder in den Tempel, um Würfelseiten zu schmieden, oder vollbringt in der Inselwelt der Götter Heldentaten. Gegen Abgabe zweier Sonnensplitter darf er eine der beiden Aktionen wiederholen. Ist am Anfang besonders das Wettrüsten der Würfel angesagt, kommen später punkteträchtige Heldenkarten dazu. Diese Karten bringen meist Ruhmespunkte, zusätzlich oft einmalige und Verstärkungseffekte, die die Spieler Runde für Runde nutzen können, wie beispielsweise einen dritten Würfelwurf oder Ressourcengaben. Beliebt gegen Ende ist die Hydra, die ohne Effekt ist, dafür aber 26 Ruhmespunkte in die Abrechnung einbringt. Sie kostet allerdings jeweils fünf Elemente von den Splittern des Mondes und der Sonne. Eine solche Heldentat muss schon mit in die Bilanz eingehen, um mit deutlich mehr als einhundert Punkten Sieger in diesem Heldenduell zu werden.
Die Spieler sind zwar ständig von der Huld der Götter bei den Würfelergebnissen abhängig, aber trotzdem bleibt der Eindruck, dass man sein Glück beeinflussen könne. In Vollbesetzung hat jeder immerhin 36 Würfelversuche, die 72 Ergebnisse relativieren dabei das reine Glück. Trotzdem kann es natürlich passieren, dass die sehr früh erworbene Sechser-Goldseite nur ein- oder zweimal im ganzen Spiel zum Tragen kommt. Subjektiv fällt das bei dem ständigen Würfeln aber gar nicht so sehr auf. Der Spannungsbogen trägt über weite Strecken des Spiels, aber leider nicht ganz bis zum Ende. Die Aktionsalternativen sind dann keine mehr, da es sich kaum noch lohnt neue Würfelseiten zu schmieden, zumal der Tempel bald gähnend leer ist. Auch bei den Heldentaten sind nachgefragte Karten schnell ausverkauft, sodass die letzte Runde langweilig werden kann. Das gilt besonders für den Startspieler, der auf seiner Heldenleiste zwar noch fleißig Splitter und Gold sammelt, was ihm aber überhaupt nichts mehr einbringt.
Das Gesamtprodukt überzeugt aber von der Schachtelgestaltung über die Sicherung der Würfelseiten durch einen extra Tempelschuber bis zu den tollen Grafiken der Inselwelten und der Karten der Heldentaten. Das ist vorbildlich und macht immer wieder Lust auf neue Runden, dazu trägt die schnelle Spieldauer bei. Die Regel hätte ich mir allerdings übersichtlicher gewünscht. Der Zeitaufwand der Rückverwandlung in das Ausgangsspiel und der Vorbereitung auf die neue Runde kostet fast ein Drittel der Zeit einer vollständigen Spielrunde. Das betrifft nicht nur die Würfelseiten, sondern auch die kaum erleichterte Positionierung der Heldentatenkarten auf den Götterinseln. Ich bin sicher, dass bei zusätzlicher Feinjustierung und noch reizvolleren Würfelseiten aus DICE FORGE ein ganz herausragendes Spiel werden kann. Bis jetzt ist es ein opulent gestaltetes ordentliches Familienspiel, das den meisten Spielrunden einiges an Unterhaltung bietet.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: DICE FORGE
Autor: Régis Bonnessée
Verlag: Libellud / Asmodee
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Spielzeit: ca. 30 Min.
Preis: ca. 22 Euro
Spiel 57/2017