Es gibt Entscheidungen der Jury „Spiel des Jahres“, bei denen nach vielen Jahren klar wird, eigentlich hätte ein anderes nominiertes oder empfohlenes Spiel in dem Jahrgang die Nase vorn haben sollen. Der Klassiker stammt aus der Frühzeit der Juryarbeit, 1986 wurde DAS VERRÜCKTE LABYRINTH nur empfohlen und HEIMLICH & Co. prämiert, das schon ein Jahr zuvor auf der Empfehlungsliste gelandet war. Der gefühlte Sieger von 2012 war LAS VEGAS, das gegen KINGDOM BUILDER unterlag.
Rüdiger Dorns Würfelspiel ist der typische Türöffner für Wenigspieler. Ein klassisches Zockerspiel, das immer wieder auf unseren Spieltischen landet. In Essen erschien im Herbst 2017 ein LAS VEGAS-Derivat, dem zumindest beachtliche Nähe zum Original attestiert werden darf.
Die beiden englischen Autoren Brett J. Gilbert und Trevor Benjamin veröffentlichen mit CAFÈ FATAL im Zoch-Verlag ein Mehrheitenspiel mit Würfeln, bei dem es nicht um Casinogewinne, sondern um Torten- und Pizzastückchen geht. Die Nähe zum Vorbild ist signifikant, trotzdem ist eine gewisse abgrenzende Eigenständigkeit von CAFÈ FATAL zu erkennen. Die ergibt sich hauptsächlich aus der Topologie der Cafétische. Wie in einem Pariser Bistro stehen sieben bis 13 Tische auf engstem Raum nebeneinander. Zufällig werden dort die Pizzahäppchen verteilt. Fast nichts wert sind die 30 Käseecken, die einen Gourmetpunkt bringen und als fünfteilige Käsepizza 10 Punkte. Die Salamipizza mit 20 Ecken verdoppelt die Punktwerte, schließlich bleibt die kostbare Heidelbeertorte mit nur zehn Tortenteilen, von denen jedes fünf Punkte wert ist. Wer eine vollständige Torte erwürfelt, ist sofortiger Gewinner, sonst reichen 40 Häppchenpunkte aus, um nach 20 bis 30 Minuten die Würfelschlacht in CAFÈ FATAL zu gewinnen.
Der Zusatzreiz, den die Caféhaus-Würfelei bietet, besteht in der Einschätzung der Startauslage. Wer sieht, dass sich viele andere um Heidelbeertische prügeln, kann sich in Sektoren bewegen, mit denen er mit weniger Konkurrenz schneller an fertige Käse- und Salamipizzen gerät, denn eine Ausbreitung der eigenen Würfel ist nur orthogonal angrenzend zum Starttisch möglich. Identische Augenzahlen eines Spielers dürfen nur an einem Tisch liegen, dafür entscheiden bei Gleichstand höhere Würfelwerte.
Der Würfelreiz mit viel Emotionen am Spieltisch kann auch im CAFÉ nachempfunden werden, allerdings hätte gerade der Zoch Verlag etwas mehr Liebe in die Umsetzung stecken können. Zur Würfelhaptik eines guten Zockerspiels gehören ordentliche Würfel und nicht solche Kleinstausgaben. Das gilt auch für die winzig kleinen Essenshäppchen, das ist Gourmetniveau angepasst und fast nur mit der Lupe erkennbar. Die grafisch sterilen Tischquadrate geben auch nicht viel her, hätten durchaus größer und atmosphärischer ausfallen dürfen. Nicht einmal eine HECKMECK-Schachtel wird damit zur Hälfe gefüllt.
Ich konstatiere durchaus Spielspaß, hätte mir aber eine viel attraktivere Umsetzung gewünscht. Wer LAS VEGAS kennt, wird allerdings beim Originalspiel bleiben.
Wertung: (Über)Nächsten Monat wieder
Titel: CAFÉ FATAL
Autoren: Brett J. Gilbert, Trevor Benjamin
Grafik/Design: Victor Boden / Dennis Lohausen
Verlag: Zoch Verlag
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 3 - 5 Spieler
Spielzeit: ca. 30 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 1/2018