Kartenspielautoren greifen auf ein überschaubares Repertoire zurück. Da werden Klassiker variiert, Ravensburger probiert das aktuell mit MAU MAU, Pokerelemente aufgegriffen, perfekt zur Zeit in HALF PINT HEROES. Richtige Innovationen wie zuletzt bei HANABI sucht man vergeblich, dafür finden wir die 1001 Stich- oder Stichvermeidungsvariation.
KRASS KARIERT (Amigo) von Katja Stremmel ist ein solch bemühtes Produkt, das Genialität vortäuscht, aber letztlich Altbekanntes liefert. In Stremmels Erstveröffentlichung treffen BOHNANZA und KARRIEREPOKER (oder: DER GROSSE DALMUTI, DAS GROSSE UND DAS KLEINE A) aufeinander. Jedes Vorbild für sich ist klasse, in der karierten Fassung aber eher Krampf.
Mit 48 Zahlenkarten mit Werten von jeweils viermal 1 – 12 und drei Spezialkarten in doppelter Ausführung wird KRASS KARIERT gespielt. Jeder besitzt zwei bis drei Chips, die vorerst sein Überleben garantieren und erhält zehn Handkarten. Wie bei BOHNANZA werden die Karten ungeordnet auf die Hand genommen, sie dürfen auch später nicht sortiert werden. Immerhin gibt es zur Verbesserung der Ausgangslage zwei offene Reservekarten, die vor jedem der drei bis fünf Beteiligten ausliegen.
Der Spielablauf entspricht dem klassischen KARRIEREPOKER, jedes Kartengebot muss nachfolgend überboten werden. Da die Kombinationen durch die unsortierten Kartenhände in der Regel ziemlich eingeschränkt sind, reduziert Stremmel die Maximalzahl der abzulegenden Karten auf drei. Paare und Drillinge überbieten Straßen, die beste Kombination ist damit ein 12er Drilling. Wer nicht überbieten kann, darf eine Reservekarte aufnehmen und die immerhin passend einsortieren. Rettend sind oft auch die Spezialkarten, so ein Joker und eine Stopp-Karte, die sofort die Runde beendet, so dass man danach mit einer Einzelkarte starten darf. Wer den Durchgang verliert, gibt einen seiner Chips ab. Am Ende wird den Verlierern auch noch eine „Schwimmrunde“ zugestanden, erst wenn die verlorengeht, endet das Spiel, bei dem es dann nach einer halben Stunde mehrere Gewinner gibt.
Das Spiel funktioniert, die Regel ist ordentlich, das Kartenmaterial gut. Über die karierte Kartengrafik lässt sich wohl streiten. So richtig zünden will aber die Idee nicht. Mehrfach musste ich beim Ausprobieren Spielabbrüche erleben, wo schon nach der ersten Chipabgabe keine Bereitschaft mehr bestand, in die nächsten Runden zu gehen. KRASS KARIERT ist seelenloses Konstrukt, dem die Bemühtheit, die Vorbilder neu auszureizen, anzumerken ist. An die fantastischen Herbstspiele von Amigo wie DRUIDS und SCHÖNE SCH #!?E kommt dieses kleinkarierte Kartenspiel Katja Stremmels überhaupt nicht heran.
Wertung: Nächsten Monat wieder
Titel: KRASS KARIERT
Autor: Katja Stremmel
Grafik/Design: ?
Verlag: Amigo
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 3 - 5 Spieler
Spielzeit: ca. 30 Min.
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 3/2018