
Lang ist Veröffentlichungsliste von Johannes Schmidauer-König noch nicht. Bisher sind erst zwei Spiele des österreichischen Autors erschienen, die er beide bei Schmidt herausgebracht hat. 2012 veröffentlichte er das durchaus beachtete DOG ROYALl und heuer VIENNA. Für beide Ideen gilt, so ganz originär sind sie nicht. Sein erstes knüpft eng an den aus Kanada stammenden Schweizer Klassiker DOG an, bei dem aktuellen Spiel habe ich noch keine Spielrunde erlebt, die sich nicht an KINGSBURG (Heldelbeger) erinnert fühlte.
Die mit Würfeln zu besetzenden Felder sind in VIENNA touristische Höhepunkte der Donaumetropole, spielgeschichtlich versetzt der Autor, der in Österreich auch erfolgreicher Pianist ist, seine drei bis fünf Akteure eher in der Zeit des Walzerkönigs Johan Strauss. Nun geht es nicht im ¾-Takt zum Belvedere, sondern eher auf wienerische Art gemütlich mit dem Fiaker vom Prater zum Schloss Schönbrunn. Irgendwie muss dabei die Siegpunktgewinnung erklärt werden, deshalb sind die Kutschengäste Lebemänner, die in die High Society aufsteigen wollen. Genderkonform ist das nicht gerade, wenn schon so viel zurecht gebogen wird, dann hätten es doch auch Lebedamen sein können, die vorankommen wollen. Sie hätten es vielleicht auch leichter gehabt, denn, um Beziehungen anzuknüpfen, stehen deutlich mehr Männer zur Verfügung.
Die Fahrt durch Wien soll in überschaubarer Rundenzahl 25 Siegpunkte erbringen. Dafür hat jeder in der Regel vier Würfel zur Verfügung, im Spiel zu dritt sind es fünf. Die 24 Stationsfelder sind aufsteigend Würfelzahlen von 1 bis 12 zugeordnet, maximal zwei Würfel dürfen dabei pro Feld eingesetzt werden. Außerhalb der Reihe gibt es ein 25. Feld, über das man bei Geldknappheit Münznachschub erhält. Außerdem startet jeder mit seinem „Lebemann“, einer Personenkarte, die unterschiedliche Geld- und Beziehungsausstattung regelt. Ein bis drei Münzen können das sein, aber auch zwei bis drei Beziehungspunkte. Das sind Beziehungen zum Hof, zum Klerus und zum reichen Bürgertum, die durch passende Symbole angezeigt werden.
In der Regel werden die Würfel aufsteigend eingesetzt. Wer an der Reihe ist, würfelt, besetzt ein Spielfeld und kassiert Münzen, Siegpunkte und neue Personen- oder Sonderkarten, wenn alle ihre Würfel eingesetzt haben. Höhere Zahlen bringen natürlich bessere Erträge als die niedrigen. Geld ist variabel nutzbar, einmal lassen sich auf einigen Feldern Siegpunkte kaufen, so in der Hofburg für drei Münzen fünf Siegpunkte, dann kann man aber auch Einfluss auf sein Würfelergebnis ausüben. Für eine Münze dürfen beliebig viele Würfel neu geworfen oder ein Ergebnis um eine Zahl nach unten oder oben verändert werden. Wer genug Geld hat, darf das beliebig oft praktizieren. Wer die Einsatzfolge seiner Würfel verändern möchte, also zurückgehen will, kann das auch gegen Abgabe einer Münze tun, er besticht quasi den Kutscher zum Umkehren.
Schnell wird deutlich, dass neben der Hofburg, die Pestsäule, der Stephansdom und Schloss Belvedere besonders lukrative Felder sind. Wobei bei den letzten drei Stationen jeweils ein Einflussvergleich bei den Beziehungen zum Hof, Klerus und zum Bürgertum stattfindet. Verglichen wird der Stand jeweils mit dem rechten und linken Nachbarn. Bei einer Mehrheit kann das bis zu sechs Siegpunkte auf einem Schlag bringen. Um diese Mehrheiten zu erhalten, ist der Nachschub neuer Personenkarten in vier Traditionskaffeehäusern dringend erforderlich. Hilfreich ist auch die Sonderkarte „Sissi“, die man im Burgtheater für eine eingesetzte „4“ oder „5“ erhält. Solche Sonderkarten bringen Doppelzüge, einen Zusatzwürfel und weitere Vergünstigungen.
Das ist alles gut ineinander verwoben, bringt durchaus auch Spielspannung und –spaß mit sich. Vor allem stellt sich nach dem Wurf immer die Frage: Klappen die Planungen? Nimmt mir niemand mein Feld weg? Wer stark bei den Personenkarten ist, sichert sich meist aber bestimmte Felder und hat eine sichere Einnahmequelle für mehrere Runden. Im Idealfall kann so ein Spieler mit einer „8“ und einer „10“ auf einen Schlag elf Siegpunkte kassieren. Das führt auch dazu, dass die 25 Siegpunkte meist nach sechs, maximal sieben Würfelrunden erreicht werden, so dass VIENNA tatsächlich nur etwa 30 Minuten dauert und eine Anfängerrunde auch nicht mehr als eine dreiviertel Stunde braucht. Am Ende ist das Spiel des Herren König nicht ganz frei vom Königsmachereffekt. Wer hinterherhinkt, hat meist keine Chance mehr auf den Sieg, kann aber durch Besetzen bestimmter Felder über den ersten oder zweiten Platz mitentscheiden.
Der Ablauf ist insgesamt stark repetitiv, sodass zwar meist der Wunsch nach einer Wiederholungsrunde auftaucht, dann aber die Luft raus ist. Zur Fortsetzung wären heiterere Varianten hilfreich. Das hätte sich auch angeboten. Michael Menzel hat nämlich zwei tolle Wienpläne für den Spielplan gezeichnet, eine Tag- und eine Nachversion. Weshalb Helligkeit und Dunkelheit der einzige Unterschied bleiben, bleibt mir unverständlich. Neue Stationen mit neuen Funktionen auf der Nachtseite hätten das Spiel doch aufpeppen können. Da sind Möglichkeiten mit Blick auf die Langzeitwirkung vertan worden.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: Vienna
Verlag: Schmidt
Autor: Johannes Schmidauer-König
Spieleranzahl: 3-5
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 27 Euro