Kinderspiele waren bisher eigentlich weniger das Genre, in dem sich Wolfgang Lehmann bewegt hat. Von einer Ausnahme zusammen mit seiner Frau Christine einmal abgesehen, aber GEISSLEIN VERSTECK DICH! (Haba) ist schon 15 Jahre alt. Aufgefallen ist der in der Nähe von Stuttgart lebende Autor zuletzt vor allem durch das raffinierte DRUIDS (Amigo) in der Kooperation mit Günter Burkhardt. Seit Herbst letzten Jahres gibt es aber ein ungewöhnliches Kinderspiel von ihm: DIE HÖRBIES, die wieder im Hause Haba erschienen sind.
Lehmann spielt mit den Sinnen kleiner Kratzmonster. Etwas unüblich beschränkt er seine Spielerzahl auf drei bis vier, die aber zu einem besonderen Hörerlebnis kommen. Verlassen wir einmal ganz schnell die etwas verworrene Ausgangsgeschichte von Bauleiter und Handwerkern und kommen zum Spielkern. Starten sollten alle erst einmal nur mit den 25 gelben und leichteren Aufgabenkarten, das sind einfache Strichzeichnungen von Alltagsgegenständen vom Apfel bis zum Würfel. Jeder hat hinter seinem Sichtschirm einen Überblick über alle Motive und eine Tafel, auf der er Gehörtes markieren kann. Der Startspieler erhält statt dieser Tafel ein „Kratzophon“, eine kleinere geriffelte Tafel, die Kratzgeräusche hinterlässt, wenn Kinder mit dem Stift darüber fahren.
Der „Kratzer“ nimmt sich eine Aufgabenkarte und zeichnet dieses Bild möglichst zusammenhängend auf dem Kratzophon nach. Linien und Kreise sollten stets als Einheit gehört werden, ganz einfach wird es bei den Punkten, die das kratzende Kind klopfen muss. Die Zuhörer zählen Punkte, Linien und Kurven und versuchen dazu auf ihrer Tipp-Karte ein passendes Bild zu finden. Wer unsicher ist, darf nochmaliges Kratzen einfordern. Dann wird aufgedeckt und bei richtigen Tipps gibt es aus einer verdeckten Auslage Häuserplättchen, mit denen jeder an einer Hörbiestadt bastelt, die möglichst viele Punkte wert ist. Wer als erster vier verschiedene Gebäude sammeln konnte, ist der Gewinner. Dieses Spiel neben dem Spiel hat wenig mit dem Hörerlebnis zu tun und ist eigentlich überflüssig. Zumal gut hörende Kinder mit Pausenplättchen und Häusern, die sie schon haben, nicht gerade belohnt werden. Einfache Gewinnchips hätten da ausgereicht, denn die Innovation der HÖRBIES liegt im Erraten der Kratztöne.
Diese Grundidee ist klasse. Herumwuselnde Kinder zu völliger Ruhe zu bringen, ist mit den HÖRBIES möglich. Die Erfolgserlebnisse bei der Tippauflösung hängen aber sehr von der Bildvorlage ab. Die Leiter mit ihren fünf Sprossen ist gut hörbar, alle Punktbilder werden ziemlich sicher abgezählt gehört, auch die Sonne mit ihren vielen Strahlen und die Regenwolke bekommen Fünfjährige meistens noch heraus. Dann wird es aber oft schwer und artet zu Rumgerate aus. Ein Trick zur Auflösung ergibt sich dann manchmal nicht durch das Zuhören, sondern das Beobachten der Handbewegung beim Malen. Mit den jetzigen Malvorgaben klappt das Spiel nur mit den leichten Aufgaben, wobei ich mir redaktionell mehr wirklich erhörbare Bilder gewünscht hätte. Lehmanns Idee sollte nicht in der Versenkung verschwinden, aber redaktionell noch einmal besser präsentiert werden, ohne MEMO-Schnickschnack mit besseren Bildern. Warum sollten nicht mindestens die Hälfte der Bilder mit Punkten versehen sein, wobei man bei gleichen Punkten auf das zeichnerische Hörumfeld achten muss. In der aktuellen Form eine erfrischende Höridee, die aber noch nicht ganz überzeugt.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: DIE HÖRBIES
Autor: Wolfgang Lehmann
Grafik/Design: Raimund Frey
Verlag: Haba
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 3 – 4
Spielzeit: ca. 15 - 20 Min.
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 21/2018