Montag, 2. April 2018
DIE QUACKSALBER VON QUEDLINBURG
Quickborn oder Quakenbrück hätte es auch treffen können, das Treffen der Quacksalber, das der Wiener Wolfgang Warsch so wunderbar eingängig entwickelt hat. Der Alliteration sei Dank ist die deutlich ältere, wunderschöne Fachwerkstatt Quedlinburg am Nordrand des Harzes zum Austragungsort des Wettkampfs der Kurpfuscher geworden, denen ständig ihre Braukessel um die Ohren fliegen.
Mit der 1100 Jahre alten Stadt, die seit 1994 auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes steht, hat Warschs Bag-Building-Spiel nicht wirklich etwas zu tun. Immerhin zeigt Dennis Lohausen auf dem Cover die romanische Stiftskirche im Hintergrund und den Platz um den alten Finkenherd als Treffpunkt der Wunderheiler.
Der Spielablauf ist ganz simpel, enthält aber eine Varianz, die DIE QUACKSALBER VON QUEDLINBURG zu einem anspruchsvollen Familienspiel macht. Zwei bis vier Tränkebrauer starten mit identischen Zutaten und je nach Spielerfahrung mit einem Ergänzungsset von Zutatenbüchern. Kürbis und Totenkopffalter gehören zur Standardausrüstung, Varianten der Krähenschädel, Kreuzspinnen und Fliegenpilze ergänzen die Grundausstattung, während der neun Brauvorgänge kommen noch Wurzeln der Alraune und der mystische Geisteratem dazu. Alle Quacksalber unterliegen dem Handicap, dass sie mit sieben Knallerbsen als Einer- bis Dreierchips starten müssen, zusätzlich besitzen sie einen Kürbischip und eine Kreuzspinne. Die Chips stecken in einem schwarzen Beutel, aus dem sie nacheinander gezogen werden. Jeder gezogene Wert wird auf einer Skala des Braukessels abgetragen, wobei á la CAN’T STOP das Ziehen jederzeit beendet werden kann. Das macht deshalb Sinn, da Knallerbsen den Kessel zur Explosion bringen und zwar dann, wenn ihre addierten Werte die Sieben überschreiten. Der Startvorrat reicht für elf Knallerbsenpunkte, sodass das Aufhören oft über das Ziehen des Dreier-Plättchens bestimmt wird. Explodiert der Kessel nicht, landet man im Idealfall in der ersten Runde vor dem Wertungsfeld „10“, das Einkäufe und das Vorankommen auf einer Siegpunktleiste ermöglicht. Sollte man vor dem Feld „13“ stehen, wird der Kessel explodiert sein und man muss sich entscheiden, ob die Siegpunkte kassiert werden oder das Geld zum Einkauf von ein oder zwei neuen Zutaten benutzt wird.
So werden neun Runden gespielt, die alle mit einer Ereigniskarte starten und teilweise neue Zutaten oder auch Knallerbsen bringen. Wer danach auf der Punkteleiste vorn liegt, gewinnt nach einer guten halben Stunde diesen Quacksalber-Kampf. Der besondere Reiz, der sich bei den QUACKSALBERn VON QUEDLINBURG ergibt, besteht in der Zusammenstellung der eigenen Ingredienzien für die folgenden Brauvorgänge. Für einige sind die Totenkopffalter unabdingbar, da sie den Start im Braukessel vorverlegen, andere setzen auf eine Kombination von Fliegenpilzen und Kürbissen, die zusätzliche Schritte im Kessel bringen. Ab der dritten Runde macht auch der Einkauf des Geisteratems Sinn, da gezogene Chips die Siegpunktbilanz verbessern. Hilfreich sind außerdem die teureren 4er Chips, die es von vier Zutaten gibt. Sie erleichtern das Vorankommen in punkteträchtigere Regionen.
Der explosive Wettkampf wird ergänzt durch reizvolle Zugaben, wie einen Nachteilsausgleich, der sich an Rattenschwänzen orientiert, die sich aus dem Abstand zum Führenden ergeben. Ein Zaubertrank kann eingesetzt werden, um eine zuletzt gezogene Knallerbse wieder im Beutel verschwinden zu lassen, zusätzlich können Rubine den Kesselstart vorverlagern oder die Zaubertrankflasche für die nächste Runde wieder nutzbar machen. Ob etwas langwierig gemeinsam die Zutaten aus den Säckchen gezogen werden oder jeder individuell seinen eigenen Rhythmus findet, muss jede Spielgruppe für sich entscheiden. In der letzten Runde sollte man allerdings der Spielregel folgen, die synchrones Ziehen empfiehlt. Hier bekommt die Explosion eine besondere Bedeutung, weil der Verlust eines Wertungsteils erhebliche Siegpunkte kostet, da für jeweils fünf Geld ein Siegpunkt gekauft werden kann.
Die Mischung stimmt und kann mit immer neuen Variationen der Zutatenbücher zu neuen Spielerlebnissen führen. Warsch erweist sich auch hier als magischer Künstler, der ein gutes Gespür für die Mischung von Mechanismen besitzt.
Wertung: Gerne Morgen wieder
Titel: DIE QUACKSALBER VON QUEDLINBURG
Autor: Wolfgang Warsch
Grafik/Design: Dennis Lohausen
Verlag: Schmidt Spiele
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 30 – 45 Minuten
Preis: ca. 32 Euro
Spiel 25/2018
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