Freitag, 6. April 2018
GANZ SCHÖN CLEVER
Einmal taucht er als Kurpfuscher und Illusionist auf, dann ist er esoterisch unterwegs, GANZ SCHÖN CLEVER, was Wolfgang Warsch so im aktuellen Autorengepäck hat.
Typisch für ihn ist sein Gespür für exzellente Mischungen bekannter Spielmechanismen. GANZ SCHÖN CLEVER hat Schmidt als Nachfolgespiel für NOCH MAL! von Inka und Markus Brand platziert, ein Pen&Paper-Spiel mit dem üblichen Eintragungsblock und der Mehrfachnutzung eingesetzter Würfel. Die Präsentation der Spielefirma aus Berlin-Neukölln hat schon was. Es liegen nicht nur wieder die dienlichen Filzstifte bei, sondern auch ein in die Schachtel integrierter Präsentierteller, auf den die Würfel serviert werden, die andere Spieler nutzen dürfen.
Der erste Zugang wirkt erst einmal sperrig, kein Farbfeldernetz, keine Landschaften, die anzukreuzen sind. Die Eintragungsseiten führen zu Beginn stets zu großen Fragezeichen über den Köpfen der Spieler. Diese Programmiertafeln scheinen ein unverständlicher Wirrwarr zu sein, zumal die Ikonographie zusätzliche Fragen aufwirft. Was soll da der Fuchskopf? Ändern wir ständig die Zugreihenfolge? Klar wird, das ist kein einfaches Familienwürfelspiel, sondern durchaus etwas für Kenner.
Lichtet sich der Nebel, wird schnell klar, dass fünf Farbwürfel jeweils einen eigenen Einsatzbereich mit unterschiedlichen Einsetz- und Gewinnoptionen besitzen. Ein weißer Würfel darf stets als Joker genutzt werden oder er kommt in der Zwangskombi mit dem blauen zum Einsatz. In der Regel können nur drei der sechs Würfel eingesetzt werden und da auch die Rundenzahl zwischen vier und sechs begrenzt ist, wird schnell deutlich, überall wird man kaum lukrativ aktiv sein können, wobei schlaue Füchse durchaus in Ansätzen alle fünf Farbbereiche bedienen.
Zu den Farbaufgaben: Das gelbe Raster bedient einfach die Würfelzahlen doppelt. Punktelohn kommt über fertige Spalten, zusätzlicher in den Reihen, der sich auf Eintragungen in anderen Bereichen oder auf die Schlusswertung auswirkt. Da die blauen Eintragungen sich stets aus der bairischen Farbkombi ergeben, sind hier zwar Boni auch wichtig, aber vor allem die Zahl der Eintragungen, die steigende Punkte bringt. Das gilt ebenfalls für die grünen Felder, in der vorgegebene Zahlen in einer fortlaufenden Reihe mindestens erreicht werden müssen. Am einfachsten ist der Einsatz der orangenen Würfel. In dieser Reihe tragen die Spieler beliebige Würfelergebnisse ein, die sie am Ende addieren, hierbei spielen Doppellungen und eine Verdreifachung eine besondere Rolle. Schließlich bleibt der lila Würfel, dessen Eintragungen stets wachsende Ergebnisse vorweisen müssen, nur nach der Sechs darf eine beliebige Zahl eingetragen werden. Die letzten drei Eintragungsreihen bringen auf vielen Feldern Zusatzboni, außerdem das Nachwürfeln und die Nutzung eines zusätzlichen Würfels.
Neben dieser Vielfalt bei den Eintragungen ist auch die Reihenfolge der Würfelnutzung nicht sofort eingängig. Nach jedem Wurf nutzt der aktive Spieler einen Würfel, den er auf sein Auswertungsblatt legt. Wer an hohe orangene und lila Eintragungen denkt, wird sich erst einmal zurückhalten müssen. Denn niedrigere Werte wandern sofort auf das Silbertablett für die Auswahl der Konkurrenz. Entsprechend wird nach neuem Wurf für den zweiten und dritten Würfel verfahren. Die passiven Spieler dürfen sich beliebig bei den drei restlichen Würfeln bedienen und sich einen davon aussuchen.
Für das Spiel in Vollbesetzung bedeutet das, dass in eigenen und fremden Aktionen jeweils 12 Ergebnisse eingetragen werden dürfen. Zusätzlich kommen durch Boni etwa weitere 12 Eintragungen hinzu, sodass von insgesamt 36 genutzten Feldern ausgegangen werden kann. Am Ende werden alle Teilergebnisse addiert, zusätzlich kommen die Fuchsköpfe zum Einsatz. Wer Fuchsboni eingesammelt hat, vervielfacht mit der Zahl der Köpfe seine niedrigste Wertung. Daher ist nicht unbedingt eine gleichmäßige Entwicklung sinnvoll, aber zumindest eine, die in allen Bereichen mindestens zehn Punkte abwirft.
Alleine, zu zweit und zu dritt finde ich GANZ SCHÖN CLEVER ganz schön klasse. Zu viert führen die vielschichtigen Möglichkeiten zu langen Überlegungen, die die Wartezeit, bis man selbst wieder aktiv an der Reihe ist, lang werden lassen. Da meist auch erst am Ende die Würfel auf dem Silbertablett serviert sind, bleibt nur Zeit fürs Däumchendrehen. Die angegebene Spieldauer von 30 Minuten konnten wir in Vollbesetzung noch nie erreichen. Zu zweit ist das gar kein Problem und zu dritt aushaltbar. Die Solovariante funktioniert übrigens richtig gut. Sechsmal würfelt man als aktiver und passiver Spieler, wobei in der passiven Situation die drei niedrigsten Würfel aufs Tablett kommen.
GANZ SCHÖN CLEVER spielt ab sofort für mich in der Kennerliga der Würfelspiele im Pen&Paper-Format mit. Ich setze mich jeden Tag gern mit zu einer Partie oder starte eine alleine, um meinen Highscore in Orange zu toppen. Im Augenblick gilt es, 85 Punkte zu knacken.
Wertung: Gerne Morgen wieder
Titel: GANZ SCHÖN CLEVER
Autor: Wolfgang Warsch
Grafik/Design: Leon Schiffer
Verlag: Schmidt
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 1 - 4
Spielzeit: 30 bis 45 Minuten
Preis: ca. 12 Euro
Spiel 28/2018
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