
Was ist das? 1882 begonnen und immer noch nicht fertig. Eines der bekanntesten und beeindruckendsten Gebäude der Welt mit jährlich über zwei Millionen Besuchern, die „ewig Unvollendete“, wie die Katalanen sagen: die Basilika SAGRADA Família von Antoni Gaudi, nördlich der Altstadt Barcelonas gelegen. Auffällig sind besonders die vielen spindelartigen Türme in einer Art moderner Gotik, deren Glasfenster zusätzlich beeindrucken.
Nur um diese geht es in dem Würfel-Puzzle SAGRADA der beiden kanadischen Autoren Adrian Adamescu und Daryl Andrews, das Pegasus in Deutschland veröffentlicht hat. 20 Würfel in fünf verschiedenen Farben spiegeln die Buntheit eines Kirchenfensters unter einer wunderschönen Rosette wider. Musterkarten machen in dem 4x5 Raster Vorgaben á la SUDOKU in Hinblick auf Würfelfarben oder -zahlen. Ganz wenige Legeregeln ergänzen die Ausgangslage: Würfel müssen stets orthogonal oder diagonal angrenzend gelegt werden, orthogonal dürfen Farbe oder Zahl sich nicht wiederholen.
Alle bedienen sich in zehn Runden jeweils aus einem Würfelpool, der einen Würfel mehr enthält, als Spieler beteiligt sind. Da jeder an der perfekten Organisation seines Fensters interessiert ist, finden Störaktionen so gut wie gar nicht statt. Im Blick haben alle zusätzlich drei allgemeine Aufträge wie vollständige Farbsätze, Reihen und Spalten in unterschiedlichen Farben oder Zahlenwerten und bestimmte Würfelkombinationen. Zusätzlich besitzt jeder eine Geheimfarbe, für die am Ende alle Würfelaugen als Siegpunkte addiert werden. Wenn einmal etwas nicht passt, kann durch Aktivierung einer von drei Werkzeugkarten versucht werden, Würfel zu tauschen oder Werte zu verändern. Je nach Schwierigkeit der Ausgangslage stehen dafür unterschiedlich viele Gunststeine zur Verfügung.
Nach einer guten halben Stunde hat jeder ein buntes Fenster vor sich mit möglichst wenig Glasbruch. Jedes nicht belegte Feld kostet einen Siegpunkt und verhindert zusätzlich Wertungen bei den öffentlichen Aufträgen. Ein wesentlicher Faktor in der Schlussbilanz sind die Punkte, die über die geheime Farbe erreicht werden, sie sind oft eher zufälliges Zünglein an der Waage. 18 Würfel gibt es von jeder Farbe, für eine gleichmäßige Verteilung sollten alle auch bei geringeren Spielerzahlen als in Vollbesetzung zu viert achten. Zählen Sie außerdem vorher die Würfel, in meinem Exemplar war ein 91. gelber Würfel im Spiel.
Auf BGG wird das Spiel in den höchsten Tönen gelobt, zur Zeit belegt es immerhin den siebten und 13. Platz bei den abstrakten und Familienspielen. An Michael Kieslings AZUL reicht es aber deutlich nicht heran, das in beiden Kategorien auf dem ersten Platz steht. Ein ordentliches Spiel, durchaus auch ästhetisches Vergnügen wie bei den Fliesenlegern, aber wahrlich kein haptisches Erlebnis. Dazu ist die Puzzlearbeit mit den kleinen Würfeln in den Gitterrastern der Fenster zu mühsam und fehleranfällig. Fummelig klein fallen zusätzlich die Wertungsmarker aus. Unabhängig von den Problemen bei Farbblindheit, die SAGRADA nicht löst, sind die Unterschiede zwischen violetten und blauen Würfeln bei schlechtem Licht kaum zu erkennen.
Die Interaktion hält sich in Grenzen. In Ansätzen tritt sie auf, wenn die Geheimaufträge offensichtlich sind und hohe Zahlenwerte zur eigenen Vorgabenerfüllung als kleiner Ärgerfaktor eingesetzt werden. Viel zu hoch bewertet, empfinde ich die geheime Farbe. Wer ein rotes Würfelergebnis wie auf dem Foto vorweisen kann, wird das Spiel kaum verlieren. In einer anderen Farbe werden dann aber vielleicht fast nur niedrige Ergebnisse gewürfelt, dieser Spieler mag noch so gut sein Fenster erstellen, er hat keine Chance auf den Sieg. Nicht jedes Spiel verläuft so extrem, aber diese Unterschiede gibt es häufiger. Gerechter wäre es, wenn jeder am Ende eine Farbe frei bestimmen könnte, die er in die Wertung mit einbringt. Sonst überzeugen die Varianz bei den Musterkarten und die Veränderungen im Spielablauf durch die unterschiedlichen Werkzeugkarten. Irgendwie geht es dem Spiel wie der Basilika, wunderschön, aber mit Luft nach oben und Verbesserungspotential.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: SAGRADA
Autoren: Adrian Adamescu und Daryl Andrews
Grafik/Design: Adrian Adamescu, Daryl Andrews, Peter Wocken
Verlag: Pegasus
Alter: ab 8 Jahre
Spielerzahl: 1 – 4
Spielzeit: ca. 30 – 45 Minuten
Preis: ca. 39 Euro
Spiel 49/2018