1992 nahm ich erstmalig als Juror beim Hippodice Wettbewerb für Spieleautoren teil. Schon in den Anfangsjahren erwies sich dieser Wettbewerb als wichtiges Sprungbrett für junge Autoren. So war Stefan Dorra gleich zweimal unter den Top-10 und belegte mit der PYRAMIDE DES PHARAOS immerhin den zweiten Platz. Auch Doris Matthäus und Frank Nestel ließen es sich in dieser Zeit nicht nehmen, Spiele einzuschicken. Ihr BANANA REPUBLIC belegte Platz 3, mit dem VERRÜCKTEN BUS landeten sie auf der Auswahlliste. Ebenfalls doppelt vertreten war das Duo Ralf zur Linde und Michael Hageböck, ihr MARINO, das die Finalrunde erreichte, veröffentlichte ein halbes Jahr später VSK in Essen. Günter Cornett schaffte es mit Autoscooter auf den vierten Platz. Uwe Rosenberg, der 1992 mit TIMES bei Salagames vor seiner ersten Veröffentlichung stand, war mit dem deduktiven INDAGO unter den besten Spielen vertreten. Mit dabei auch Heiko Wiese mit WASSERBURG und Martin Schlegel mit TANZ AUF DEM REGENBOGEN, das 1993 als „Spiel im Heft“ in der Zeitschrift Spielerei seine erste von inzwischen 50 Veröffentlichungen wurde. Sogar die Empfehlungsliste war damals interessant, hatten doch die Hippodicler AN DEN UFERN DES NILS von Hanno und Wilfried Kuhn ausgewählt, ein Spiel, das 1994 bei Abacus erschien.
Der Erfolg des Wettbewerbs basiert darauf, dass die Spiele Redakteuren bekannter Verlage vorgestellt werden, die damit den direkten Zugriff auf vorsortierte Spielideen erhalten. Atmosphärisch war das anfangs der 90er Jahre noch besonders spannend, wenn direkt zu beobachten war, wie Stefan Brück (damals F.X. Schmid), Reiner Müller (Kosmos) und Klaus-Dieter Kilz (Ravensburger) direkt beim Gewinner des Wettbewerbs vorstellig werden. Am zweiten Tag waren nämlich alle Autoren eingeladen und konnten direkt zu ihren Ideen befragt werden. Mit der Internationalisierung des Wettbewerbs ließ sich dieses schöne Autoren-Café leider nicht aufrechterhalten.
Mit in der Jury saßen außerdem Ben Leijten (Jumbo), Joe Nikisch (Amigo und Abacus), Peter Gehrmann (Salagames). Jochen Corts (Jury „Spiel des Jahres“) war neben mir als unabhängiger Juror mit dabei. Das Spiel, das wir mit deutlicher Mehrheit damals an die erste Position setzten, war BURGEN AM RHEIN von Reinhard Herbert. Von fast allen Autoren, die sonst noch vertreten waren, hat man danach noch ganz viel bis in unsere Tage hinein gehört, von Herbert leider nichts mehr. Ein Eintagserfolg, der uns damals begeisterte, so sehr, dass wir den Folgetag vor dem Spiele-Café mit Autoren gleich mit einer weiteren Partie BURGEN AM RHEIN starteten. Diese RISIKO-Variante als Ritterkampf um wertvolle Burgen faszinierte uns alle, sodass dem Autor wohl viele Versprechungen danach gemacht worden.
Den Zuschlag hat letztlich Ben Leijten für Jumbo erhalten. Ein Jahr später erschien es als RHEINGOLD, landete auf der Auswahlliste der Jury „Spiel des Jahres“ und erreichte den sechsten Platz beim Deutschen Spielepreis.
Nominieren für 10 Tage 10 Spiele möchte ich heute Karsten Höser, der über zwei Jahrzehnte hinweg mit einem engagierten Team des Hippodice Spieleclubs diesen Wettbewerb organisiert und geprägt hat. Dass ich ihm heute dafür Dank sagen kann, verdanke ich Stefan Gohlisch, der mich zu diesem Rückblick angeregt hat.
Zu den Bildern, deren Qualität zeitbedingt nicht mehr optimal ist:
Bild 1: Autorenrunde u.a. mit Martin Schlegel, Ralf zur Linde, Stefan Dorra, Peter Neugebauer und Uwe Rosenberg
Bild 2: Reiner Müller und Stefan Brück verhandeln mit Reinhard Herbert
Bild 3: Die Jury spielt BURGEN AM RHEIN (von links W.H., Joe Nikisch, Klaus-Dieter Kilz, Stefan Brück, Ben Leijten, Jochen Corts)
Bild 4: Der Autor mit dem Prototyp von BURGEN AM RHEIN