Freitag, 23. November 2018
CITY OF ROME
Was macht die Römer eigentlich so viel interessanter als die Griechen? Spielthematisch haben die Rivalen von Asterix und Obelix ständig die Nase vorn. Das lässt sich an Autoren wie Stefan Feld festmachen, der mit ROMA, TRAJAN, CARPE DIEM und Forum TRAJANUM viermal bei den Römern unterwegs war, den Griechen aber nur einmal mit dem ORAKEL VON DELPHI Tribut gezollt hat. Es scheint aber auch generell zu gelten oder kennen sie ein CITY OF ATHEN? Dabei hätte es dort auch den Markt, die Agora, gegeben, ein Stadion und Schulen. Bäder gab es lange vor den Römern vor 4000 Jahren schon auf Kreta, Kanalisation eingeschlossen. Mit Blick auf unsere demokratischen Wurzeln müssten wir sowieso die Griechen den Römern vorziehen, die das Amt des Diktators sogar verfassungsmäßig verankert hatten.
Da das Autoren und Verlage anscheinend wenig schert und wohl für sie das Motto „Rom sells“ gilt, kümmere ich mich auch jetzt nicht um die Polis Athen, sondern um CITY OF ROME. Verwundert durfte man sich nach der Spiel in Essen die Augen reiben, nicht Feld, nicht Warsch und Kiesling, ganz oben auf dem Treppchen der Essener Fairplay Scoutliste 2018 befand sich neben einem Kunstfälscher aus einem kleinen emsländischen Verlag das römische Städtebauspiel von Abacusspiele.
Die Briten Matthew Dunstan und Brett J. Gilbert, die aktuell auch mit ROLL FOR ADVENTURE (Kosmos) unterwegs sind, beweisen, dass Rom nicht an einem Tag erbaut wurde. 14 Runden benötigen die zwei bis vier Baumeister, um Wohngebiete zu schaffen, Aquädukte und Tempel zu errichten und für die öffentliche Infrastruktur zu sorgen.
Im Grunde genommen ist alles ganz einfach, im Grunde genommen hatten wir alles schon x-mal. Rom wird nicht auf sieben Hügeln errichtet, sondern in einem kleinen 4x4-Raster. Jeder startet mit einem Gemüsehof, der minimale Einnahmen beschert und einem Standardwohnhaus im Wert 2, das für die Schlusswertung Bedeutung hat. Zusammenhängende Wohngebiete einer Kategorie bringen addiert Punkte, die mit der Anzahl verschiedener angrenzender öffentlicher Gebäude multipliziert wird. Auf die Hand bekommt jeder eine weitere Karte, in den Folgerunden kann jeweils ein Gebäude zusätzlich aufgenommen werden.
Interessant geregelt sind Kartenaufnahme und Nutzung der Karten. Dafür gibt es Aktionsstreifen, die sich Runde für Runde ändern. Die Streifen zeigen stets drei Ziegelsteine und zwei Zahnräder in unterschiedlicher Reihenfolge. Wer seine eigene Spielfigur weit nach vorn in der Nähe des Kaisers abstellt, hat einen frühen Zugriff auf das Kartenangebot der aktuellen Runde, dafür aber wenige Bau- oder Produktionspunkte. Als Baukarten stehen neben vielen Wohnhäusern weitere Produktionsgebäude zur Verfügung, die beispielsweise zusätzliche Bau- und Einflusspunkte bringen. Außerdem gibt es vier Sorten von öffentlichen Gebäuden, die alle sofort Boni bringen und für die Häuserwertung am Ende von Bedeutung sind. Dann gibt es Aquädukte, die, wenn sie in jeder Reihe oder Spalte genau einmal vorkommen, am Ende 40 Siegpunkte wert sind. Schließlich kommen noch Tempel vor, die spezielle Wertungsaufgaben für das Spielende festlegen. Das Einsetzen auf der Aktionsleiste macht den eigentlichen Spielreiz aus. Das Abwägen zwischen Erstzugriff bei den Karten oder die Nutzung vieler Ressourcen, weil viele Karten drei Baustoffe für ihr Platzieren benötigen, ist stets spannend. Den direkten Einfluss darauf besitzt aber meist nur der Startspieler und der ihm nachfolgende Kontrahent. Wer zu wenig Baupunkte hat, darf diese nachkaufen, sie kosten aber zwei Geld. Daher sind Produktionsfelder, die Geld bringen, nicht zu vernachlässigen. Denn wer einmal nicht zum Bauen kommt, bekommt am Ende sein Raster nicht voll und erhält zum Beispiel die zehn Extrapunkte des Tempels der Minerva nicht. Nach der dritten, sechsten, zehnten und 14. Runde gibt es jeweils noch eine Zusatzwertung, deren Punktzahl dem Rundenwert entspricht. Der Spieler mit den meisten Einflusspunkten gewinnt diese Wertung.
Nach der letzten Einflusswertung endet das Spiel und es werden die Punkte für die Wohngebiete, Aquädukte und Tempel zu den Einflusspunkten addiert. Übriges Geld und restliche Einflussmarker werden auch noch verrechnet. Ein Wertungsblock vereinfacht das Abrechnungsprocedere.
Der Ablauf ist einfach, der Glücksanteil beim Städtebau relativ hoch. Letztlich hängt es immer davon ab, dass interessante Gebäude in dem Moment ausliegen, wenn ich Startspieler bin. Das gilt zum Beispiel für höherwertige Wohnhäuser. Wenn ich mit Glück vier von den fünf Vierer-Gebäuden ergattere und dann an diese Wohngruppe noch drei oder vier öffentliche Gebäude bauen kann, dann sind mir 48 oder 64 Siegpunkte sicher und der Spielgewinn auch.
Trotzdem macht mir CITY OF ROME Spaß. Das Puzzeln in das kleine Stadtraster hinein ist immer wieder spannend vor allem durch die Positionskämpfe auf der Aktionsleiste.
Der Verlag aus Dreieich hat für das Spiel einen schönen Sortierkasten in der Schachtel spendiert. Ich hätte aber auch Zip-Tüten akzeptiert, wenn man etwas mehr Geld für die Kartengrafik in die Hand genommen hätte. Wie schon bei Alea in Felds CARPE DIEM ist das Artwork enttäuschend. Manches ist auch schwer einzuordnen, so sind die Tempel in der Gebäudeübersicht ihren Göttern zugeordnet, auf den Karten fehlen aber diese Hinweise, das macht die Zuordnung beim Nachschlagen schwer. Auf dem ersten Platz wäre CITY OF ROME in meiner Essen-Wertung nicht gelandet, dazu bewegt sich das Spiel auf zu ausgetretenen Pfaden, aber es besitzt soviel Reiz, dass ich vorerst sage, morgen baue ich an meinem Rom in 14 Runden gerne wieder.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: CITY OF ROME
Autoren: Matthew Dunstan und Brett J. Gilbert
Grafik/Design: Martin Hoffmann, Claus Stephan
Verlag: Abacusspiele
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 45 - 60 Min.
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 68/2018
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